Samstag, 19. Dezember 2020

130 Lügen gute Menschen?

Ich habe mir das mit dem Himmel, Walhalla und Nirvana sowas von selber versaut. 
Und das ausgerechnet noch kurz vor Weihnachten.

Der Hintergrund: Mich hat eine junge Frau in himmelblauer Jacke am Bahnhof angesprochen. Sie war ziemlich hartnäckig, so dass ich wohl oder übel meine Beats von den Ohren nehmen musste.
Ich: "Entschuldigung?"
Sie: "Ei churzi Frag: Känned Sie d Pro Infirmis?"
Ich: "Ja, sowieso, da bin i scho lang Mitglied!"
Sie: "Super, alles klar, wünsche Ihne ganz en schönen Abig!"
Ich: "Gliichfalls!"

Ich hab sowas von gelogen. 

Oh, mann, ich hatte schon beim Weggehen ein schlechtes Gewissen. Ich habe auch das Gefühl, meine Nase ist seitdem deutlich länger. 
Ich finde Lügen ja eigentlich schrecklich. Aber manchmal kann ich einfach nicht anders.
Und gerade, wenn ich quasi auf der Strasse zur Wohltätigkeit gezwungen werde, weiss ich mir irgendwie nicht anders zu helfen. 



Der Spruch mit "Sorry, kei Zyt, ich mues wiiter!" ist doch genau so doof. Den hört die Frau in der blauen Jacke sicher 430223mal am Tag.
Dann kann man sich auch brav mal einfach alles anhören und dann am Schluss so: "Ok, ich überlegg mer's!". Aber dann werden diese Anwerbe-Leute oft ungeduldig und wollen grad lieber sofort eine Unterschrift.
Hab ich übrigens einmal gemacht vor x Jahren - dauerte leider seeeeeehr lange, bis ich aus diesem Vertrag wieder raus war....
Und seien wir ehrlich: Diese jungen Menschen, die auf der Strasse Mitglieder für Pro Infirmis, Greenpeace oder World Vision anwerben, die arbeiten ja eigentlich für einen guten Zweck. Wenn ich denen sage: "Sorry, Ihre NGO interessiert mich einfach nicht", dann stehe ich da wie das letzte, egoistische Arschloch.
"Ach, es interessiert Sie also nicht, ob die Kinder in Afrika eine Schuldbildung erhalten oder nicht? Dass die Wale in den Weltmeeren abgeschlachtet werden? Dass Menschen mit Beeinträchtigung vieles nicht machen können, das für SIE selbstverständlich ist??"

Moll, es interessiert mich natürlich schon!!!!! 
Aber dann kommt ja schon das nächste Dilemma: Für welche Organisation setze ich mich ein, für welche nicht? Sind mir die Wale wichtiger als die Kinder? Oder gebe ich einfach allen nur ein bisschen? Macht das überhaupt Sinn?

Und überhaupt: Was geht das die Leute in den blauen oder grünen Jacken an ihren Infoständen überhaupt an, ob ich ein guter Mensch bin oder nicht? Muss ich überhaupt ein guter Mensch sein? Ich will eigentlich, ja - aber MUSS ich??
Und bedeutet ein guter Mensch sein, Geld zu geben?
Müsste ich nicht eigentlich selber nach Afrika und dort ein Schulhaus bauen? Mich in einem betreuten Wohnheim um die Menschen dort kümmern?

Fragen über Fragen.

Deshalb manchmal: Einfach schnell lügen und weg. 
Die einfachste Methode, um nicht zu viel nachdenken zu müssen. Und Entscheidungen zu treffen. Und ein vermeintlich guter Mensch zu sein.
Darf ein guter Mensch eigentlich auch mal lügen? 

In diesem Sinne: Frohe Weihnachten, trotz Corona!

(Aber bald kommt ja die Impfung. 
Oder doch nicht.
Vielleicht bringt sie uns um.
Oder wir können durch sie direkt mit Bill Gates reden.
Oder wir bleiben einfach gesund.
Gott, das Leben ist kompliziert!)


Freitag, 20. November 2020

129 Mein neues Ich

Neulich im völlig überfüllten Tram zur Stosszeit am Morgen: 
Ich muss stehen, wie viele andere auch. Nicht so corona-konform, aber naja. Eine Frau neben mir hat auf dem Sitz ihr gegenüber ihre Tasche platziert. Eine andere Frau fragt sie höflich, ob sie sich da hinsetzen könne. 
Die Frau mit der Tasche: "Nö." Die andere: "Aber Sie, das cha doch nöd sii, das isch ja nur e Täsche!" Die Frau: "Nei, ich wott nöd." Die andere wieder: "Aso, Entschuldigung, das gaht doch nöd, chan ich jetzt bitte da ANESITZE??"
Die Frau packt ihre Tasche und verschwindet mit ihr, sichtlich erregt, in den hinteren Teil des Trams, wo sie demonstrativ stehen bleibt, bis sie aussteigen muss, ab und zu ein paar giftige Blicke in unsere Richtung werfend. Die andere Frau setzt sich unterdessen kopfschüttelnd auf den Taschenplatz und schaut mich dabei hilfesuchend an, weil ich grad daneben stehe. Ich schüttle solidarisch meinen Kopf mit und packe die Gelegenheit beim Schopf, mich auf den frei gewordenen Platz der Taschenfrau zu setzen.

Streiten mit Blümchenmaske 
Die ganze Szene war irgendwie auch noch melodramatischer und absurder, weil die Taschenfrau so eine Blümchen-Gesichtsmaske trug. Sie sah fast nett und herzig aus, war aber ein giftiges Aas. Überhaupt gaben die Schutzmasken dieser ganzen "Diskussion" einen komödiantischen Touch. Man wünscht sich die Pest an den Hals, aber so ganz ohne Mimik. Da kann man sich doch gegenseitig nicht wirklich ernst nehmen, oder?
Und ich weiss auch nicht, was das Problem der Taschenfrau war: Hatte Sie Angst, sich mit Covid anzustecken, wenn ihr jemand gegenübersitzt, trotz Maske? Oder ist sie einfach eine dieser TASCHEN-NAZIS, über die ich mich hier schon vor mehr als 6 Jahren das erste Mal aufgeregt habe??

So oder so: Diese Zeiten gerade sind einfach nur crazy. Das Virus holt das Schrecklichste aus uns raus und macht unsere dunklen Seiten noch dunkler. Wer vorher schon ein Arschloch war, ist jetzt ein noch grösseres. Wer vorher schon vor allem Schiss hatte, hat es jetzt noch mehr. Und die Nerven liegen blank. 


Die Sache mit dem Blumentopf um Mitternacht
Ich bin da keine Ausnahme, Asche auf mein Haupt. Erst letzte Woche hatte ich meinen allerersten Nachbarschaftsstreit. Es ging - ui, wie schlimm! - um einen kaputten Blumentopf im Garten. 
Woher kommt er, wer macht ihn weg, bringt er vielleicht unsere Kinder um?? 
Ich möchte euch die Details ersparen, aber jedenfalls fand ich mich um Mitternacht plötzlich vor der Tür einer Nachbarsfamilie wieder, die ich noch nie zuvor gesehen hatte, aber wir schrien uns einfach mal so an, bis mir die Tür unsanft vor der Nase zugeschlagen wurde. (Anmerkung: Am nächsten Tag entschuldigten wir uns bei einander und schämten uns alle kräftig für unser unreifes Verhalten, das ein Blumentopf hervorgerufen hatte, der keinem von uns gehörte, aber egal - jetzt sind wir innerhalb von 24 Stunden von Fremden zu besten Freunden geworden, immerhin ein Happy End!). 
Ach, und ein Mann hat sich über meine Vagina beschwert. Auch hier möchte ich nicht ins Detail gehen, aber sowas kann wirklich nur Covid verursachen - oder irre ich mich? 

Nein, unmöglich, meine Vagina ist super, da bin ich überzeugt. Von 35043 Männern bestätigt. HAHA!!!

Apropos Männer und Frauen: Auch sehr interessant finde ich, dass sich gerade sehr viele in meinem Umfeld über ihre Beziehungen beschweren. The significant other nervt, es ist langweilig, es gibt keinen Sex, Homeoffice zu zweit kommt der Todesstrafe gleich - auch hier möchte ich wetten: Das Virus hat ganze Arbeit geleistet. Auch wenn die Ehe vorher schon im Arsch war, dank Corona lässt sich das jetzt halt nicht mehr so leicht verdrängen.

Selbstfindung am Strand ist teuer
Also, kurz zusammengefasst: Überall schlechte Stimmung. Von dem her habe ich mich jetzt entschieden: Es ist glaube ich besser, mich mal eine Weile auf mich selbst zu konzentrieren. Mich selber zu verwöhnen, mir selber etwas wert zu sein, herauszufinden, was ich will und wer ich bin, meine Muster zu durchbrechen, etc. Das sagen sie jedenfalls in diesen Psychologie-Podcasts immer, die ich zur Zeit ständig höre. 
Also habe ich unbezahlten Urlaub eingegeben, ich denke, der hilft mir am meisten, mein neues Ich zu finden. So am Strand mit einem Drink in der Hand. Allerdings kann ich mir den wahrscheinlich gar nicht mehr leisten, weil ich auch grad noch sonst seeeeehr viel Geld für mich und meine neue Selfcare ausgegeben habe (warum sind neue Brüste aber auch so teuer? SCHHEEEERRRZZZ!!! Ich richte mir gerade ein Büro ein. Und meine Brüste sind wie meine Vagina: Unschlagbar!!). 
Mann, für so Selbstfindung muss man echt tief in die Tasche greifen, vor allem, wenn man wie ich nicht so viel mit Meditation oder Fasten oder Schweige-Retreats anfangen kann.

Mist, und "man" darf heutzutage ja auch nicht mehr benützt werden. Aber "frau" ist ja genau so sexistisch. Was dann, Passivsätze? Finde ich stilistisch oft unschön. 

Lassen wir das, zurück zum Urlaub. Naja, ok, ob und wann und wohin ich überhaupt wegfahren kann, ist ja auch noch offen, aber hey! Was wären wir ohne Hoffnung und Vorfreude?

Von dem her: Fick dich, du verdammtes 2020!! Zum Glück bist du ja bald zu Ende. Und dann hab ich mich hoffentlich endlich gefunden.

Bleibt gesund! 
(Auch so abgedroschen, aber "Bleibt mental stabil!" finde ich ein bisschen anmassend)

Montag, 26. Oktober 2020

128 I’m a survivor

Ich melde mich zurück aus der Isolation.

Jupp, richtig gelesen: Corona hat mich erwischt. Shit is reeeeaaallll!!!

Wird’s noch schlimmer? 
Gut, damit komme ich jetzt mittlerweile auch nicht mehr ins Fernsehen, bei rund 7000 Neuansteckungen täglich.
Aber immerhin in meinem Umfeld war ich die erste. Und damit der Star.
„Scheisse, und du häsch würkli kei Fieber?“
„Wird’s nöd schlimmer? Spürsch nüt?“
„Muesch jetzt in Spital?“
„Aber woher häsch du dänn das??“
„Wird’s würkli nöd schlimmer?“
„Schmöcksch no öppis?“
„Dörfsch nöd mal go poschte? Ui, und där Abfall, was machsch dänn mit em Abfall, de mues doch mal use…??!!“
„Was, nur so bitzli Halschratze und chli Pfnüsel? Scheisse, ich han im Fall letscht Wuche mal müese hueschte. Und ich bin so müed gsi. Shit, ich gang im Fall eifach au go teschte!!“
„Bisch ganz sicher, dass es nöd schlimmer wird?“
„Oh Gott, du bisch würkli di erscht, won ich känne! Das Corona git’s also würklich!“

Ja, offenbar. Und eben, ich hatte tatsächlich glücklicherweise nur ganz leichte Symptome. Ein bisschen erkältet. Keinen Husten. Müde. Eine Nacht mal kurz Fieber. Bei der Sache mit dem Geschmacks- und Geruchssinn bin ich mir nicht ganz sicher. So einen Tag lang hatte ich wirklich das Gefühl, das Mittagessen sei so komisch fad. Total alarmiert kaufte ich mir dann Schokolade, Salzbrezen, Zitronen und Ingwer und stopfte alles nacheinander in mich hinein. Schmecke ich jetzt die Schoggi wirklich oder nur die Süsse des Zuckers? Ist der Ingwer einfach nur scharf oder hat der nicht auch noch so einen signifikanten Eigengeschmack?

Isolation ist langweilig 
Ich kam irgendwie zu keinem Schluss Schluss.
Aber ja, der Verdacht war da, und der Test (dieser Stengel in der Nase ist übrigens fast so unangenehm wie der jeweils unten bei der Gynäkologin) bestätigte ihn.
Ich bin positiv.
Nicht unbedingt in meiner Denkweise, aber Covid-technisch.
Also sofort nach Hause und mich einschliessen. Der Kanton meldete sich auch schon am nächsten Tag per SMS und Mail mit Anweisungen für die Isolation, dem Code für die Corona-App und der Bitte, mir sämtliche Personen anzugeben, mit denen ich ungeschützt Kontakt hatte. Und das ist jetzt mal nicht im sexuellen Sinn gemeint, sondern im viralen. Wer befand sich länger als 15min mit weniger als 1,5 Meter Abstand und ohne Maske neben mir in den vergangenen zwei Wochen? Nachdem ich das alles geschrieben hatte, kam dann noch ein Anruf von derselben Stelle und ich musste das Ganze nochmal mündlich wiederholen. 
Von wegen, das Contract Tracing sei überlastet, hab ich jetzt in meinem Fall nicht so gespürt, zum Glück.
 

Und dann kam das lange Warten. 10 Tage die Wohnung nicht verlassen. Homeoffice. Das erste Mal Le Shop bestellt (könnte ich mich noch daran gewöhnen, aber liebe Migros: Meinen einzelnen Käse in einem RIIIIIEEESSSIGEN Plastiksack zu liefern finde ich nicht so nachhaltig. Andere wahrscheinlich auch nicht. Nur so als Tipp). Ein bisschen Training auf der Yoga-Matte, weil ich langsam einrostete. 490342mal gelüftet, weil die Luft in einer Wohnung einfach ziemlich schnell trocken wird (und darauf auch die Haut). Viel Musik gehört (und George Michael wiederentdeckt). Netflix. Ich hab sogar jeden Tag gekocht! Geputzt! Gewaschen!! Corona hat mich zu einer richtigen Hausfrau gemacht. 

Ich bin schuld 
Am schlimmsten aber war das schlechte Gewissen. Denn ich hatte jemanden angesteckt. Pretty obvious, man musste nur 1 und 1 zusammenzählen. Und die Person hatte leider um einiges heftigere Symptome. Zwei Wochen lang Fieber. Schweissausbrüche. Kopf- und Gliederschmerzen. Husten. Null Geschmack, null Geruch, null Energie.
Schöner Scheiss.
Deshalb ist das mit den Masken und dem Abstand und dem Händewaschen glaub’s doch nicht so verkehrt, liebe Aluhüte. Denn wenn man’s selber kriegt, ist das das Eine. Aber Corona anderen weitergeben das andere. Könnte schiefgehen.

Woher ich es habe: Keine Ahnung. Ich bin die zwei Wochen vor Symptombeginn immer und immer wieder durchgegangen – ohne Erfolg. Aber ich weiss jeweils ja auch nie, wo ich mich bei einer Erkältung angesteckt habe oder so. Oder welche Mücke es war, damals, als ich mit Dengue in einem kambodschanischen Spital vor mich hindarbte (ist das eigentlich überhaupt ein richtiges Wort?).

Anyway: I’m a survivor. Ich habe Dengue, Covid, Grippe, die wilden Blatern und x Nierenbeckenentzündungen überlebt. Aber andere haben dieses Glück halt nicht.

Drum: Besser schützen und nicht nur Rummaulen! Ist wie mit dem Telefonieren während dem Autofahren: 15mal passiert nichts, aber beim 16. Mal baut man einen Unfall und die Person im anderen Wagen stirbt.

Bleibt gesund!

Freitag, 9. Oktober 2020

127 Dini Muetter und selbstbestimung

Habt ihr mich vermisst?
Ich war in den Ferien, sorry. Und ich konnte die sogar noch ohne Masken im Freien und Quarantänepflicht geniessen. Gerade noch rechtzeitig.
 
Das heisst also, ich bin total tiefenentspannt jetzt. Nichts kann mich so leicht aus der Ruhe bringen. 
 
Halt, Korrektur: Ich WAR entspannt und bis vor Kurzem konnte mich nichts aus der Ruhe bringen. 
 
Bis zur jüngsten Medienkonferenz des Bundes.
Ich kucke die nämlich immer live auf Facebook. Nicht am Fernsehen, nicht über srf.ch, nein: NUR auf Facebook. Aus einem einzigen Grund: Ich will die Kommentare nicht verpassen, die die Userinnen und User fleissig raushauen, während die Konferenz läuft.
Und Leute, jetzt mal ganz ehrlich: Diese Kommentare lassen meinen Glauben an die Menschheit noch komplett sterben.

Das Mami wird auch noch beleidigt
Es fängt jeweils schon an, bevor die BAG- und Bundesratsmitglieder richtig am Tisch sitzen.
"Hallo!"
"Hello!"
"Ich bin auch da."
"Hoi" 
Yep, drum heisst es ja auch KOMMENTARspalte, oder? Weil es ja offenbar ein Whatsapp-Chat ist mit der gesamten Schweiz - Leute, um Himmels Willen, niemand kennt euch hier, ihr müsst eure Anwesenheit nicht erst ankündigen wie in einem Zoom-Meeting mit der Chefetage!!
 
Also schon mal Augenverdrehen ganz am Anfang.
Und dann geht es auch schon richtig los, die Konferenz-Teilnehmenden (Gender!) haben noch keine zwei Sätze gesagt.
"Hört mal auf mit diesem Theater!"
Aha, wir lauschen hier also einer kulturellen Darbietung und keiner offiziellen Stellungnahme des Bundes - dünkt mich aber ein recht eintöniges Stück, muss ich sagen.
 
"Der BAG sel au en Test mache aber ned wegen Corona sonder wägem IQ der wird negativ verlaufe" 
Ja, mein Lieber - deiner leider auch.
 
"Höret endlich uf lüge!"
Der Bund lügt uns an? Wer weiss dann aber die Wahrheit? Du etwa?

"Rot blau orange, sind wir im Kindergarten?"
Der User spricht auf die Corona-Plakate des BAG an, die regelmässig upgedatet werden und eine neue Farbe erhalten. Er empfindet das offenbar als kindisch. Oder Farben sind einfach doof. Ich komm nicht draus. Ich habe aber auch das Gefühl, das Farben zur Zeit nicht das wesentliche Problem der Schweiz sind.

"Wann ist das endlich vorbei mit diesem Covid?"
Richtig philosophisch. Die Frage aller Fragen. Wer wüsste das nicht gerne? Ich denke aber nicht, dass der Bund darauf eine Antwort weiss. Oder was hat die Fragenstellerin genau erwartet? "Am 17. März 2021 wird das letzte Virus auf dieser Welt verschwunden sein, das haben wir so eingerichtet" oder was?
 
Und dann kommt der Zeitpunkt, an welchem die Userinnen und User nicht nur auf die VertreterInnen des Bundes, sondern langsam auch gegenseitig auf sich losgehen:
"Dini Muetter glaubt au an de Osterhaas und suecht Eier zum lecke"
"Haha blockt nur mini Komentär ihr wüssed, das ich recht han!"
Nun, ICH weiss, dass die halbe Schweiz hier mitliest. Nur mal so als Input.
 
Grammatik für alle
Mich juckt's auch langsam in den Fingern, nur mit Mühe kann ich mich zurückhalten, nicht auch noch selber in die Tasten zu hauen, denn es wird immer besser:
"Ist das BAG übrigens eine reine Frauengruppe?"
Ja-haaa, klar, da jetzt gerade vier Frauen vor der Kamera sitzen, bedeutet das natürlich, dass das gesamte Bundesamt weiblich ist. Alle 600 Stellen dort sind von Frauen besetzt.
Zusätzlich spielt das Geschlecht des BAG überhaupt eine riesige Rolle in dieser ganzen Corona-Problematik. Da hat jemand den Durchblick und beschränkt sich auf das Wesentliche, gratuliere!!
 
"Wir wolen selbstbestimung keine Maskendiktatur!"
Und ich will: GRAMMATIK FÜR ALLE!!
Ich weiss nicht genau, ob das jeder und jede verstanden hat, aber tatsächlich können alle Menschen, die in irgendeinem staatlichen Gefüge leben, nicht komplett selbstbestimmt durch den Tag gehen. Es gelten nunmal auch Regeln im Leben, die man nicht selber erlassen hat, zum Beispiel, dass man erst ein Ticket kaufen muss, bevor man in einen Bus steigt. Oder dass es ohne Job keinen Lohn gibt. Hat keiner von uns erfunden, nein, ist aber trotzdem so.
Und jetzt gilt halt zusätzlich auch noch die Maskenpflicht. Die scheisst tüchtig an, mich auch, und ich bin wie die meisten von euch keine Virologin und kann den Nutzen der Maske weder beweisen noch beziffern. Aber ich weiss, dass ich nicht sterben werde, wenn ich ein paar Monate oder vielleicht sogar Jahre eine Maske tragen muss. Auch wenn ich Pickel kriege, meinen Atem nicht mehr riechen kann und mir sofort die Augen tränen, wenn ich mir unter der Maske einen Menthol-Kaugummi in den Mund stecke (schon mal ausprobiert?). Dass ich meine Masken auch ständig verlege und wegen der Pflicht auf meinen heissgeliebten Lippenstift verzichten muss, davon fange ich erst gar nicht an. Ja, Masken NERVEN, ich werde noch viel darüber fluchen und heulen - aber es gibt echt grössere Probleme auf dieser Welt!! Also einfach anziehen und Klappe halten. 
 
"Warum nehmt ihr die Kanaren nicht von der Liste?"
Weil es dort Corona hat. Wie fast überall.  


"Liebes SRF, kann man die Kommentarfunktion nicht ausschalten? Die meisten Beiträge hier sind unnötig und tragen nicht zu einer konstruktiven Diskussion bei."
Oh mein Gott, liebe Userin, ich könnte es nicht besser sagen - und auch nicht grammatikalisch korrekter! Ein bisschen kommt mein Glaube an die Menschheit zurück. Virtuelles Bussi für dich!
Aber die Kommentare sperren? Lieber nicht! Worüber soll ich mich dann sonst künftig noch so schön aufregen? Dann müsste ich mich ja tatsächlich noch auf das Gesagte an der Medienkonferenz konzentrieren und ZUHÖREN - Skandal!

Michael Wendler ist an allem schuld
"Was soll's? Der Wendler hat eh gesagt, wir müssen alle sterben! :-)"
Und der war jetzt mal richtig gut, drum macht er hier auch den Abschluss! :-)
 
Wir werden in dieser Pandemie wohl noch so einige Medienkonferenzen des BAG und des Bundesrats miterleben, und auf Facebook ist das für mich immer ein richtiger Nervenkrieg. 
Ich finde es toll, kann man hierzulande so easy und unbescholten seine Meinung kundtun, und es ist auch wichtig, kritisch zu sein und Dinge zu hinterfragen - aber ich finde es auch erschreckend, wieviel Ignoranz (inhaltlich und grammatikalisch) und Respektlosigkeit sich in den Kommentarspalten offenbaren. 
Spricht nicht so für uns. 

Und macht die Nach-Ferien-Entspanntheit wieder kaputt.

Bleibt gesund!

Donnerstag, 10. September 2020

126 Das andere Virus

So, Leute, jetzt lasst uns mal über ein anderes Virus sprechen, nicht immer über dieses Corona! Ich kenne da nämlich eines, das wahrscheinlich noch viel verbreiteter ist als Covid-19:

Es handelt sich um ein Angst-Virus. Es löst eine abstruse Panik vor Nähe und Bindung aus, die sich so mit Anfang, Mitte 30 langsam anschleicht und dann mit steigendem Alter immer grösser wird.
Vielleicht ist man irgendwann auch wieder immun, aber mit Anfang 40 jedenfalls noch nicht. Und ich kann ja nur vor meinem Alter sprechen.
 
Wie schlimm kann es denn sein?
Und ich kann auch sagen, dass ICH nicht wirklich an dieser Angst leide, sprich, offenbar noch nicht infiziert bin. Aber sehr viele Leute, die mir über den Weg laufen, eben schon. Und das hat nunmal auch grosse Auswirkungen auf mein Leben, denn es macht es verdammt schwierig, soziale Beziehungen aufzubauen. Kaum ist jemand da - ist er auch schon wieder weg. Aus unerfindlichen Gründen. Oft auch, ohne das vorher anzukündigen. Einfach aus einer diffusen Angst heraus, es könnte mit mir in der Nähe wohl etwas ganz Schreckliches passieren.

Oder wie genau soll ich dieses Verhalten sonst deuten?
Es muss ja wirklich grauenhaft sein, mich im Leben zu haben, mit mir Zeit zu verbringen, scheint eine einzige Tortur zu sein. 
Das jedenfalls wäre für mich der allereinzige Grund, um mit jemandem den Kontakt abzubrechen, den oder die ich noch kaum kenne. 
Das mag ja schon mal passieren, dass man jemanden trifft, und es geigt überhaupt nicht. Vielleicht findet man sich sogar ausgesprochen scheisse. Ja, dann verabschiedet man sich halt (oder auch nicht) und sieht sich nicht wieder. Aber wenn man zusammen eigentlich eine wirklich coole Zeit hat und die andere Person das genau so sieht (sagt sie jedenfalls), dann gibt es doch rein rational betrachtet keinen Anlass, diese coole Zeit nicht auch künftig miteinander zu verbringen, sondern sie von heute auf morgen einfach abzubrechen. Auf Nimmerwiedersehen.
 
 
Lieber Ghosten oder Lügen?
Passiert aber, und nicht wenig. Und nicht nur mir, wenn ich mich so umhöre. Und auch nicht nur Weibchen, sondern auch Männchen und wahrscheinlich auch Intersexuellen, etc. 
Es ist ein Zeichen unserer Zeit, sagt die Expertenzunft, die sich um solche sozialen Phänomene kümmert. Weil unsere Welt jetzt immer digitaler werde. Leuchtet ja auch irgendwie ein, ich meine, wenn einem der Freund nicht mehr passt, kann man ja im Internet einfach einen neuen suchen. Einen besseren. Und danach noch einen besseren. 
Die Freundinnen nerven? Dann pflegt man seine Kontakte halt nur noch virtuell, dafür gibt's ja social media und Computer Games. Und denn Freundinnen aus Fleisch und Blut muss ich auch nicht mehr erst ausdrücklich die Freundschaft kündigen - ich ghoste sie einfach: Messages nicht mehr beantworten, Anrufe nicht mehr annehmen, so tun, als kenne ich sie nicht.
Wer noch ein Fünkchen Respekt und Anstand besitzt und dem das Ghosten deshalb ein schlechtes Gewissen bereitet, der kann auch einfach lügen. 
"Ich würde dich eigentlich voll gerne wiedersehen, aber ich bin gerade auf Geschäftsreise in Schweden (geschrieben vom heimischen Sofa aus)".
"Ich muss jetzt ganz dringend lernen, ich melde mich nach der Prüfung! (ward nie mehr gesehen)".
Das klingt nach Sätzen aus sehr schlechten Groschenromanen, die man am Kiosk kaufen kann, aber sicher nicht in der Buchhandlung. Ist aber leider alles schon genau so passiert.
Zum Beispiel mir.

Fassen wir also zusammen: Kontakt abbrechen, Bezugspersonen, Liebschaften und Freundeskreise wechseln, ist heute dank Apps, Smartphones und Co. viel einfacher als früher, als man noch Briefe schreiben, in Vereine gehen oder tatsächlich mit den Leuten face to face reden musste.
Eine Psychiaterin hat es mir mal sehr gut erklärt: Dank des Handys lernen wir nicht mehr, Frustration auszuhalten und damit umzugehen. Wenn uns etwas frustet, dann zücken wir einfach den kleinen Computer und hauen unsere negativen Gefühle raus. Indem wir jemanden über Whatsapp zusammenscheissen oder ihn einfach aus unserer Kontaktliste löschen, indem wir im Netz nach neuem Glück suchen. Das bedeutet, dass wir nichts mehr eine Chance geben, das uns nicht absolut perfekt erscheint.
 
Mit dem Resultat, dass wir uns in der REALEN Welt immer weniger zurecht finden.

Das Leben ist halt Risiko!
Natürlich kann ich nicht für alle Menschen sprechen, die sich auf dem Globus tummeln, nein. Ich habe mir auch schon überlegt, ob diese Bindungsangst vielleicht etwas ethnisch-kulturelles ist. Wäre noch interessant herauszufinden, ob die Menschen etwa in Afrika genau so beziehungsscheu sind wie in Mitteleuropa. Allerdings haben Bekannte in Kolumbien, Thailand oder Österreich ähnliche Dinge erlebt wie ich, was in mir die Befürchtung weckt, dass das Angst-Virus ähnlich wie Covid-19 orts- und klimaunabhängig ist.... 
Sich auf andere Menschen einzulassen, auch wenn man die eigentlich mag, scheint für viele zu einem unüberwindbaren Hindernis geworden zu sein. 
Und ich rede jetzt nicht davon, eine Ehe einzugehen. Dass man da vielleicht kalte Füsse kriegt, weil man lebenslange Treue und Liebe schwören muss, kann ich ja noch irgendwie nachvollziehen. Ansonsten denke ich da eher pragmatisch: Jede Art von Bindung, sei es eine Partnerschaft, eine Freundschaft oder eine Geschäftsbeziehung, kann man ja auch wieder auflösen, wenn es wirklich nicht mehr passt. Das mag mit viel Schmerzen und Mühen verbunden sein, aber aus Angst vor diesen sich einfach gar nicht mehr auf andere Menschen einzulassen, finde ich jetzt auch nicht die Lösung. Und ehrlich gesagt auch furchtbar langweilig. Und feige. Sehr feige.
Das Leben ist Risiko, sonst kann ich mich ja gleich unter den Zug legen.  
 
Ein bisschen Wertschätzung wäre schön
Vor was hat man denn genau Angst, wenn man an diesem Virus leidet? 
Vor Verpflichtung? Wie gesagt, nichts ist für immer. 
Vor Einschränkung? Ja gut, wenn man sich eine Woche nach Kennenlernen schon eingeschränkt fühlt, dann stimmt wirklich etwas nicht. Das bezweifle ich aber. 
Vor Enttäuschung? Haha!
Wenn man nicht mehr 20 ist, ist der Erfahrungs-Rucksack auf dem eigenen Rücken halt schon prall voll gefüllt. Und glaubt mir: Jupp, ich habe auch schon so einiges, wirklich EXTREM ABGEFUCKTES erlebt, was mir Mitmenschen angetan haben. Auf der anderen Seite war ich zu gewissen Personen sicher auch ein richtig mieses Arschloch. 
Dass wir alle Vergangenes nicht noch einmal durchmachen wollen, ist mir auch klar. Gewisse Dinge gilt es zu vermeiden, wenn man sie früh genug wahrnimmt. 
Aber wenn doch eigentlich alles gut und friedlich ist, dann gibt es keinen Grund, das einfach so in den Sand zu setzen.
Meine Meinung. Hat für mich auch mit Wertschätzung zu tun. Und Dankbarkeit für alles Gute, was einem passiert.
 
Vielleicht kommt er ja bald, der Impfstoff gegen Covid-19. 
Ob Putin allerdings auch etwas gegen dieses andere Virus findet, bezweifle ich. Obwohl er das sicher behaupten würde. Trump auch. 
Also werden wir noch viel länger einsam bleiben, als dass wir Masken tragen müssen. 
 
 


 

Dienstag, 11. August 2020

125 BSSSSSSSSSSSSSSS!!!!!!!!!!!!!!!!

Erinnert ihr euch noch an Post 29, vor fünf Jahren?

Damals schrieb ich hier über mein grösstes Hass-Tier, die gemeine Stechmücke. Ein Tier, dass meine Aversion leider nicht teilt, sondern mich im Gegenteil heiss liebt. Deshalb haben wir ein grosses Problem miteinander.

Heute möchte ich über ein anderes Tier schreiben, dass auf meiner Hass-Rangliste gleich hinter der Mücke kommt: Die Wespe.

Oder soll ich lieber sagen: Die FUCKING Wespe??

Salami fürs Nest 
Man kann aber echt keine Minute im Freien sitzen und was zu trinken oder essen dabei haben, ohne dass einem diese Viecher nicht gleich die Hölle heiss machen!

BSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSS!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Am besten gleich noch mit der ganzen Familie!! Und immer schön um den Kopf herum! Fuchtel, Fuchtel! Gibt offenbar nichts zu essen in Wespenland, denn ansonsten müssten sie einem ja nicht gleich den Verdauungsbrei im Mund streitig zu machen! Wenn man schon mal EINMAL am Tag ohne Maske sein darf! Was machen die eigentlich mit diesen Stücken Salami, die sie kreisrund heraussägen? Fressen die das wirklich oder bauen sie sich daraus Nester oder was? Ich bin wirklich überfragt, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass so viel Fett denen gut tut. Uns ja auch nicht. Wobei, was weiss ICH schon, ich bin ja Vegetarierin. Weshalb es mich noch mehr wundert, dass mich diese Wespen heimsuchen, ich hätte jedenfalls noch nie gesehen, dass sie mir ein Rüebli oder ein Stück Seitan davongetragen hätten.

Anyway.

Und dann heisst es ja immer: "Nur nöd bewege, dänn mached's au nüt!" Ähääääää!! Neulich hat mich so eine Scheiss-Wespe in die Hand gestochen, und ich habe wirklich überhaupt nichts gemacht als am See zu sitzen mit einer Cola! Ich hab das Ding nicht mal gesehen, aber gespürt hab ich es ziemlich gut. Fuck, tut das weh!!!

Münzen und Wasser my ass! 
Aber in die Hand geht ja noch. An einem anderen Tag nahm ich einen Schluck aus meiner Dose Panaché - und was fliegt hinterher frischfröhlich aus der selben Dose raus? Genau, eine Arschloch-Wespe! Warum sie meine Zunge verschont hat, weiss ich nicht, aber wahrscheinlich muss ich der dummen Kuh noch dankbar sein!



Und kommt mir bloss nicht mit all diesen Hausmittelchen, die die Viecher fernhalten sollten!
Münzen auf den Tisch legen: Was soll da passieren, soll das die Insekten blenden oder was? Ist denen scheissegal.
  • Kaffeepulver verbrennen: Joah, das stinkt denen am Anfang, dann gewöhnen sie sich daran. Genau wie ich auch, übrigens.
  • Mit Wasser bespritzen: Wespen sollen ja dann angeblich glauben, es regne und sich verziehen. Nee, die duschen offenbar gerne!
  • Fallen aufstellen mit Süssgetränken: Wo sie drin ersaufen. Ja gut, ein, zwei sind vielleicht blöd genug, da reinzukrabbeln und nicht mehr rauszukönnen - aber hey, so ein Wespenschwarm ist gross, und die anderen Gangmitglieder kommen dann einfach schauen, wo die Ersoffenen abgeblieben sind. Und wenn man Pech hat, rächen sie sich gleich noch. 

Ist das auch Corona zu verdanken? 
Jaja, ich weiss: Wespen sind nützlich (anders als diese scheiss Mücken, die meines Wissens nur als Spinnen- und Froschfutter dienen in ihrem Leben): Sie bestäuben Blüten und vernichten Schädlinge und so (auch Mücken, das macht sie wieder sympathisch!). Alles klar, jedes Lebewesen hat seine Daseinsberechtigung (ausser der Mensch, haha!) - aber warum musste die Natur sie so NERVIG erschaffen??? Und warum muss die Biene für ihre Fehler sofort büssen, während Wespen gleich mehrmals zustechen können?

Der Sommer ist meine allerallerallerallerliebste Jahreszeit, aber diese Wespen lassen mich fast ein bisschen auf den Winter freuen. Meine das eigentlich nur ich oder hat es dieses Jahr tatsächlich mehr von diesen Viechern? Ist das etwa auch coronabedingt? Kann man alles auf dieses Virus schieben?

Übrigens, habt ihr gemerkt? Letztes Mal hatte ich die Zwischentitel vergessen, jetzt denke ich wieder dran. ☺

Ich wünsche noch einen schönen Sommer mit möglichst wenig BSSSSSSSSSS!!!!!!!!!!!! 



Freitag, 17. Juli 2020

124 Ich kann jetzt Tik Tok

Heiliger Bimbam, schon ein Monat wieder vorbei!!

Man könnte meinen, ich sei so wahnsinnig beschäftigt und in den Ferien - dabei ist ja Corona, also, aus den Malediven wird dieses Jahr eh nichts.
Gut, da wäre ich jetzt auch ohne Virus nicht hin, aber egal, ihr wisst, was ich meine. 

Nein, der Grund, weshalb ich mich hier erst jetzt wieder melde, ist wohl, dass ich einerseits seit einigen Wochen abends einem speziellen Unterhaltungsrogramm fröne, das euch aber weiter nichts angeht (und ich muss innerlich jetzt sehr lachen, weil ich weiss, dass es euch vor Neugierde fast zerreisst, hihi!!). Und andererseits, weil ich eine neue Art der kreativen Beschäftigungstherapie entdeckt habe: Tik Tok. 

Jahaaaa, ich höre euch schon stöhnen und murren und hämisch auflachen! 
"Die kommt aber früh, das gibt's doch schon eeewig!!"
"Waasss?? Da sind doch nur Teenies drauf, wie peinlich ist das denn??!!"
Leute: Ist mir scheissegal!!


Erstens ist es tatsächlich so, dass ich jemand bin, der sich vor technischen Neuerungen erst immer so ein bisschen sträubt.
Ich war sicher nicht die erste mit Smartphone, für Facebook musste man mir ungefähr 20340 Einladungen schicken, bis ich anbiss damals, Instagram hielt ich lange für etwas Essbares, und erst, als mich wirklich alle dafür auslachten, dass ich meine Lieblingssongs immer noch mittels so halblegaler Online-Tools von Youtube-Links in mp3-Dateien konvertierte, um sie in mein iTunes zu laden, legte ich mir ein Spotify-Abo zu.

Und jetzt also Tik Tok.
Falls es da draussen Leute gibt, die noch hinterwäldlerischer sind als ich: Das ist eine App fürs Handy, mit der man vor allem kurze Lip-Sync-Videos machen kann. Oder zu Musik tanzen. Letzteres mache ich aber nicht, dass überlasse ich wirklich den Teenies.
Aber lipsyncen (oder wie schreibt man das? Lipsynchen?) ist einfach zuuuuuuuu geil, das muss ich als teuer ausgebildete Schauspielerin wirklich sagen! :-)

Jedenfalls erreichen meine Freunde nun jeden Tag kurze Videos von mir, in welchen ich etwa als Anke Engelke an der Migros-Kasse stehe, Hilfs-DJ von Calvin Harris bin oder ein Kind oder die doofe Nadine aus Frauentausch ("Erdbeerkäse"!!!).
Jupp, damit Tik Tok auch wirklich lustig ist, tut man natürlich gut daran, wenn man sich ein bisschen in der Boulevard- und Trashszene auskennt. Check!
Geburtstagsgrüsse: Nur noch per Tik Tok.
Jemand geht dir auf den Sack? Sag es per Tik Tok!
Zu viel Stress auf der Arbeit? Reg dich ab mit einem Tik Tok!

Tik Tok ist für alle und alles da!
Und das Beste: Man braucht dazu nur ein Handy. Gut, anständiges Licht wär noch cool, wenn man es ein bisschen professionell aussehen lassen will. Aber den Rest besorgen die Filter, wirklich praktisch. Man kann sogar aussehen wie ein Model, obwohl man erst frisch aus dem Bett gestiegen und ungewaschen ist.

Klar, das stimmt: Wenn man sich so durch die Profile durchscrollt, werden einem auffallend viele Filmchen von auffallend jungen Menschen (in auffallend knappen Klamotten und mit auffallend viel Makeup) vorgespielt. Da muss man aber drüberstehen, denn die 40er*innen+ wie mich gibt es da auch, und die zelebrieren das auch richtig.
Einige sind wirklich verdammt gut: Perfektes Timing. Perfekte Beleuchtung. Perfektes Stativ. Da kann ich nicht mithalten, mein Handy steht jeweils in meinem Badezimmerschränkchen, da stimmt die Höhe so gut.
Einige sind aber auch einfach nur Schrott. Hauptsache im Internet sein, halt.

Egal, es macht so oder so ein bisschen süchtig! Jedenfalls kucke ich seit einigen Monaten kein Fernsehen mehr, sondern nur noch aufs Handy. Auf dem Sofa, im Tram, auf dem WC, im Bett. Aber wenigstens lasse ich mich nicht einfach nur stumpf berieseln, sondern mich inspirieren und meine Fantasie anregen, was dann wiederum meine eigene Kreativität fördert und mich zu Taten anregt.
Ich glaube, Pädagoginnen und Psychologen wären sich hier einig, dass ich wahrscheinlich nicht verdumme oder aggressiv werde und Amok laufe, was man ja von anderem Medienkonsum so behauptet.

Wer meine oscarverdächtigen Werke jetzt aber suchen geht auf der App, den muss ich leider enttäuschen: Frau B. hat kein Profil dort, das heisst ganz anders. Und ich habe kein einziges Video von mir auf Tik Tok veröffentlicht, sondern nur auf dem Handy gespeichert. Das bedeutet, nur ausgewählte Personen kommen in den Genuss meiner kreativen Ergüsse (ich bin aber übrigens bestechlich!).

Tja, die einen haben Corona genutzt, um sich das Spekulieren an der Börse beizubringen, um abzunehmen, mehr Sport zu treiben oder zu sich selber zu kommen.

Ich kann jetzt Tik Tok.
Congratulations to me!

P.s.: Meine Freund*innen finden es nicht alle cool, wenn ich sie jeden Tag mit meinen Videos bombardiere. Aber da müssen sie jetzt durch.

Dienstag, 16. Juni 2020

123 Spamulin

Mohrenkopf.

Ich weiss natürlich, was mit Mohren gemeint ist. Aber ehrlich gesagt, musste ich den Begriff erst mal googlen: „Mohr“ kommt offenbar vom lateinischen „maurus“, was „Bewohner Mauretaniens“ bedeutet und was wiederum auf das altgriechische „mauros“ zurückzuführen sei, was „braun, schwarz“ bedeutet. Und ja, die Bewohner Mauretaniens waren eben schwarz. Oder darf man das jetzt heute auch nicht mehr sagen? Was ist denn richtig? Farbig? Menschen mit dunkler Hautfarbe? Naja, Schwarze sind ja eigentlich so wenig schwarz wie wir Weisse richtig weiss sind. Also sind wir streng genommen alle farbig, denn mein Zeichenlehrer in der Schule hat mir damals beigebracht: Schwarz uns weiss sind keine Farben.

Kommt ihr alle noch mit? Komplizierte Sache.

Aber zurück zum Mohrenkopf.
Ja, seien wir ehrlich: Diese Bezeichnung ist echt nicht mehr zeitgemäss, denn „Mohr“ ist einfach ein negativ konnotiertes Wort (uuiii, „konnotiert!“ Ich bin so klug, ich kann so fancy Ausdrücke, ich hab studiert!). Wenn die Süssigkeit jetzt einfach Schwarzenkopf heissen würde, wäre der Namensstreit wahrscheinlich gar nie ausgebrochen, denn Fakt ist: Das Ding hat mit viel Fantasie die Form eines Kopfes und ist mit dunkler Schokolade überzogen. Wäre es immer weisse Schokolade, hätte man sie vielleicht Weissenkopf genannt. Und niemand würde sich darüber aufregen, weil „Du Schwarzer!“ oder „Du Weisse!“ keine Schimpfwörter sind. Sie beschreiben streng genommen einfach eine äussere Erscheinung, und daran ist nichts verwerflich, auch wenn ich weiss, dass einige vielleicht weiss besser finden als schwarz oder gelb besser als rot. Aber seien wir ehrlich: Farben kennen echt keine Ranglisten, sorry! Wer so denkt, dem ist sowieso nicht mehr zu helfen.  

Und ehrlich gesagt: Ich habe nie an einen Afrikaner gedacht, wenn ich in einen Mohrenkopf biss. Genau so wenig wie an einen Berliner, wenn ich einen solchen biss (und ich meine jetzt das Gebäck, ihr Ferkel!). Ich habe auch nie an einen Afrikaner gedacht, wenn ich als Kind „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?“ spielte. Da stellte ich mir mehr so eine unheimliche, unmenschliche Schattengestalt vor, ein Monster. Aber das hatte keine Ethnie.
Als Kind hatte ich übrigens auch ein Buch mit dem Titel „Zehn kleine Negerlein“. Eines nach dem anderem starb oder verschwand. Aber ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht, warum das ausgerechnet dunkelhäutige Kinder waren in dieser Geschichte. Für mich war das reiner Zufall. Das Buch hätte gerade so gut „Zehn kleine Schweizerlein“ heissen können, das hätte für mich keinen Unterschied gemacht.
Und im umstrittenen Erziehungs-Bestseller „Struwwelpeter“ von Heinrich Hoffmann las ich die Story mit diesem riesigen Tintenfass. Ein Typ steckt da einfach nervige Buben rein, und dann sind sie schwarz, „schwärzer als das Mohrenkind.“ Und das ist sehr blöd für sie.
Aber auch da dachte ich damals nicht: „Oh, jetzt sehen die ja so aus wie die Menschen in Afrika oder in der Karibik!“ Ich dachte: „Oh, scheisse, diese Tinte überall geht doch nie mehr weg!!“


Wieso ich das alles erzähle?

Um zu zeigen, dass mir sehr wohl bewusst ist, auf was diese Texte und Darstellungen abzielen und dass sie einen unverzeihlich rassistischen Hintergrund haben. Aber auch, dass der Konsum von diesen Büchern und Süssigkeiten mich selber nicht rassistisch gemacht hat. Und es auch nie machen wird.

Aber nein, das heisst nicht, dass wir all diese Bezeichnungen und Geschichten einfach weiterhin akzeptieren sollen. Im Gegenteil: Ich verstehe nicht, wie man an so veralteten Dingen ums Verrecken festhalten will!
Also, wieso musste die Migros jetzt unbedingt diese wirklich unglaublich schmackhaften Dickmacher aus den Regalen schmeissen, anstatt dass Dubler einfach diesen Namen rausgeschmissen hätte? Tradition hin oder her – nicht alles, was von früher stammt, ist auch besser. Und die Welt ändert sich nunmal. In ein paar Aspekten werden wir Menschen sogar klüger. Erstaunlich, aber wahr.
Also, weg mit dem Mohr und her vielleicht mit:
Schaumkopf?
Schaumgupf?
Schoggibomber?
Schleckerli?
Schlabberli?
Leipziger? (ja, ich hab auch das gegooglet: da kommt die Süssigkeit ursprünglich her!)
Oder einfach mit einem Fantasienamen: Krukidaua? Spamulin?

Haha, ich kann nicht mehr! :-) Spamulin, hmmmm, lecker! :-) Sämtliche Werbeagenturen sind gerade auf mich aufmerksam geworden, ich weiss, ich habe Talent!

Scheisse, jetzt hab ich Hunger.
Im Coop heissen sie Choco-Köpfli. Auch ein mega ausgeklügelter Name, so pseudo-franzdeutsch! Aber die kann ich wenigstens noch kaufen, bis Dubler seinen Kassenschlager endlich rebrandet.

Und dann können wir uns auch endlich wieder den richtigen Problemen auf dieser Welt widmen. Nämlich, dass es einfach zu viele Arschlöcher gibt, ganz unabhängig von ihrer Farbe.

Mittwoch, 3. Juni 2020

122 Corona macht frei

Neulich war ich in der Migros und musste niesen. Corona-konform tat ich das in den Ellbogen, und ich habe wirklich versucht, es sehr leise zu machen, damit ich kein Aufsehen errege.
 
Ist mir nicht gelungen.
 
Es war ein sehr lautes "ÄTSCHUUUUUUUUHHH!!!!!!!!!" - und für ein paar Millisekunden blieb die Welt stehen. Die Köpfe in meiner Nähe drehten sich alle zu mir. Nichts bewegte sich mehr. Totenstille. Dann ein paar kritische Blicke und alle begannen wieder zu atmen. Der Normalzustand kehrte zurück.

Aber während dieser paar Millisekunden fühlt man sich echt wie eine Aussätzige. 
 
Schnuder bedeutet heute: Klarer Tod 
Dabei schwöre ich, das war kein Corona, das war nicht mal eine Erkältung, der Nieser kam von meiner leichten Pollenallergie! Die lässt leider auch dauernd meine Nase laufen zur Zeit, und manchmal vergesse ich mich dummerweise und wische mir schnell mit dem Handrücken übers Gesicht, wenn ich grad kein Taschentuch dabei habe (was eigentlich immer der Fall ist - ich gehöre nicht zu diesen praktischen Frauen, die immer und jederzeit auf alle möglichen Fälle vorbereitet sind: Taschentücher, Tampons, Handcrème, Desinfektionsmittel, Nagellack, Haargummi, Kaugummi, Pflaster, Erfrischungsspray, Kondome: Mag man in vielen Handtaschen finden, in meiner genau nur Portemonnaie, Schlüssel und Handy. Ausserdem ist es immer ein Rucksack, keine Handtasche. Dies nur so als kleiner Einschub). 
Ein Taschentuch hervorkramen und sich schneuzen kommt aber zur Zeit eh genau so gut an wie sich mit dem Handrücken unauffällig die Nase wischen. In allen Gehirnen löst dieser Anblick sofort Alarm aus, Daniel Koch und den wöchentlichen Bundesratsauftritten sei Dank: "VIIIIIIRRREEEEENNNNNN!!!!! AAANNSSTTEECCCKKUUUUNNNNGGGG!!!!!!!!!!!!!!!!! TOOOOOOOOOOOOOOOOODDDDDDDDDDDDD!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!"
 
 
Ich bin wirklich saufroh,  tritt dieses scheiss Corona so langsam aber sicher seinen Rückzug an, jedenfalls bei uns und jedenfalls bis auf Weiteres. Ich trinke wirklich gerne wieder im Kafi Kaffee - obwohl ich mich ehrlich gesagt schon langsam daran gewöhnt hatte, dass ich jetzt zu Hause selber meine Pixie anwerfen und sogar kochen muss. Oder mir einen Kafi im Supermarkt kaufe und den dann in Gesellschaft draussen an der frischen Luft trinke und zum Znacht dann mit Gästen auf dem Balkon grilliere (Gott sei Dank kam der Lockdown nicht im Winter!!). Kann ich mit leben, eigentlich, gar nicht so schlimm. Aber die Rückkehr des Real life-Sozialen ist doch auch wieder schön. Zusammen Drinks schlürfen und die anderen Menschen beobachten (erst seit der Teilöffnung des Lockdowns wurde mir bewusst, wieviele Ferraris, Lamborghinis und Porsches es eigentlich gibt in dieser Stadt!!). 

Flugshaming gibt's nicht nach Corona!
Ich kann auch wieder freier atmen, seit ich weiss, dass die meisten Grenzen wieder offen sind. Dieses Gefühl von Eingesperrtsein, das mag ich nicht. 
Ein paar Flüge sind bereits gebucht - Flugshaming, my ass! Ich hab's wirklich versucht, aber wenn mir der Flixbus nur Routen mit 7mal Umsteigen und 26 Stunden Fahrtzeit vorschlägt, dann muss ich nach dem ganzen Corona-Stress (siehe Post 121) wirklich sagen: NOOPPPEEE!!!!! 
Corona macht frei vom schlechten Gewissen. Nein, das stimmt nicht, das Virus verdrängt es nur etwas. Später werde ich mich wieder bessern, ich schwöre! Sorry, Umwelt... aber jetzt mal ein bisschen weiter weg als auf den nächsten Hügel oder See, das muss einfach sein.
Das Meer ist ja schliesslich auch ganz angenehm "bebadbar". 

Apropos: Das mediterrane Wetter am Pfingstwochenende liess Covid-19 ja ziemlich in den Hintergrund rücken. Rund um den Zürichsee sah es schon wieder aus wie in einer Sardinenbüchse. Social Distancing? Nie gehört!
Da ertappe ich mich dann schon dabei, dass ich noch schön mit 2 Metern Abstand mein Tüechli ausbreite. Um dann zu Stosszeiten im Tram wieder an der Schulter meines Vordermannes zu kleben. 

Nein, ich hoffe wirklich, der grösste Spuk ist jetzt vorbei. Bitte keine zweite Welle! 
Und ich hoffe, das war mein letzter Corona-Post. Jetzt rücken  hoffentlich wieder andere Themen in den Vordergrund. 

Und hey, ich hab jetzt Zwischentitel, habt ihr gemerkt? Danke, andere Blogger für den Tipp! :-)
Und ja, das auf dem Bild ist ein Penis. Hat aber keine besondere Bedeutung.

Bleibt gesund!
(Auch so eine Corona-Floskel. Aber ich wünsche das wirklich allen. Immer.)

Sonntag, 10. Mai 2020

121 Corona macht tot

Wir wollen alle nicht, dass sich dieses scheiss Virus verbreitet, klar.
Allerdings frage ich mich, welches Risiko höher ist: An Corona zu sterben oder an Einsamkeit?

Ich rede nicht von mir, macht euch keine Sorgen.
Ich rede von all den alten, (chronisch) kranken Menschen, die keinen Besuch mehr erhalten dürfen. Zu Hause oder noch schlimmer, in Spitälern und Heimen. Meiner Meinung nach ist das Folter. Auch wenn ich verstehe, dass für sie eine grössere Gefahr besteht als für andere. Und sie eine potenzielle Gefahr für andere sind. 

Trotzdem ist es für mich eben auch ein Abwägen der Risiken. Und was da jetzt gerade geschieht, ist nicht menschenwürdig. Besuch dürfen solche Leute erst erhalten, wenn sie im Sterben liegen. Wie beschissen ist DAS denn?? Vorher sind sie es nicht wert genug oder was??

Und ich weiss, wovon ich spreche: Meine Mutter musste so sterben. Nur, weil eine Pflegefachperson sich nicht an die Anweisungen hielt, durfte ich in letzter Minute an ihrer Seite sein. Denn: Zu Corona-Zeiten abzuleben, ist offenbar schon nicht gern gesehen, noch weniger erwünscht ist es aber, sich zu erlauben, mitten in der Nacht zu sterben. Dann schlafen eben die Chefs und können die benötigte Erlaubnis für die Lockerung der Besuchsregeln nicht geben. Not kidding!! 
Aber eben, es gibt noch Menschen mit gesundem Verstand, zum Glück. Ein kleiner, aber nötiger Trost in diesen schwierigen Zeiten. Denn niemand, wirklich niemand, sollte diesen letzten Schritt auf diese Weise alleine gehen müssen.


Nein, meine Mutter starb nicht an Einsamkeit oder Corona. Dafür hat der Krebs schon gesorgt. Aber dass die letzten Wochen noch beschissener für sie waren als sonst schon, dafür hat das Virus gesorgt - und die Entscheidung des Bundes, Spitäler und Heime abzuschotten. Ich arbeite auch im Gesundheitsbereich und verstehe die Angst und den Wunsch, die Schwächsten schützen zu wollen. Aber vielleicht macht genau das ihnen das letzte bisschen Leben, das sie noch haben, noch mehr zur Qual. 

Ich habe auch keine Lösung für das Problem, ich bin weder Infektio- noch Virologin (im Gegensatz zu vielen aus meiner social media-Community, die plötzlich alle genau wissen, wie man sich in dieser Krise zu benehmen hat - danke, aber dass ich zu Hause bleiben soll, sagt mir schon der Bund, und nur auf den höre ich übrigens, auch wenn mir nicht alles gefällt. Und dass das Virus vielleicht nur eine Erfindung ist oder mit Yoga, Desinfektionsmittelspritzen oder Sperma geheilt werden kann, das wissen wir leider nicht so genau. Wobei doch, dass mit dem Sperma weiss ich ganz genau, sorry! So spare me, please!!)

In solchen Zeiten zu sterben ist noch beschissener als in "normalen", das hingegen ist klar. Kann man sich in grosser Runde besaufen und über alte Zeiten sinnieren? Nein! Kann man sich in den Armen liegen und heulen?? Offiziell auch nicht! Alles höchstens virtuell, wenn man sich an die Regeln hält, aber Regeln sind halt manchmal doof.

Anyway.
Ich hoffe, wir bleiben alle gesund.
Aber ich frage mich einfach, was mehr Schaden anrichtet: Die rigorosen Schutzmassnahmen oder die Einsamkeit.

Werden wir nie wissen. 

Figgsch dir, Corona!!!

Mittwoch, 15. April 2020

120 Corona macht sozial

Nun also, wie letztes Mal versprochen, mein Post zu meinen Freizeitbeschäftigungen während des Lockdowns.
(In welcher Woche sind wir eigentlich schon? Kein Zeitgefühl mehr...)

Eigentlich lassen sich diese mit einem Wort zusammenfassen: Spazieren. 
Ist ja auch das einzige, das man zur Zeit an Outdoor-Aktivitäten noch machen kann. 
Ich weiss gar nicht, wieviele Kilometer ich schon zurückgelegt habe: 
Vom Dolder über Witikon bis auf den Sonnenberg. 
Von meiner Wohnung (Oerlikon) runter an den Letten und dann den Fluss entlang bis zum Kloster Fahr und zurück.
Irgendwo bei Bremgarten die Reuss entlang.
23439mal durch den Irchelpark. 
43040mal einfach planlos durchs Quartier. Manchmal auch nachts.
Meistens spaziere ich mit Begleitung - aber höchstens zu zweit. Zu mehrt macht das aktuell gar keinen Spass, wegen der Abstandsregel. Und dann kämen auf den Feldwegen wahrscheinlich noch mehr Scheuchgeräusche wie "Scchhhht-ssccchhhhhhhtttttt!!!!" und dazu so abschätziges Händewedeln von Personen, die dir auf den Feldwegen mit Schutzmaske und Handschuhen entgegenwandern. 

Eine andere beliebte Outdoor-Aktivität von mir ist das Einkaufen geworden. Früher Alltag und langweilig, ist es heute ein Happening mit Hochspannung. 
Wie lange ist die Schlange diesmal vor dem Alnatura? In welchem Laden muss ich mir einen Plastiksack als Handschuh überstülpen und in welchem nicht? Wo stinkt das Hand-Desinfektionsmittel mehr, im Coop oder im Migros? (Antwort: Im ALDI!!!!)
Und wieviele Leute in Schutzanzügen direkt aus Tschernobyl werde ich diesmal zwischen den Regalen antreffen?



Apropos Essen kaufen: Grillieren bei Freunden war ich in dieser Zeit auch schon. Auch hier natürlich konform der Anweisungen des Bundes: Kein Händeschütteln, kein Knutschen, keine Risikogruppen, keine Erkältungssymptome, nichts. 
Einmal waren wir übrigens zu sechst - komme ich jetzt ins Gefängnis?

Überhaupt ist es interessant, wie sich die sozialen Kontakte in der Corona-Krise gestalten: Nicht alle  Freundinnen und Freunde sind noch fürs Grillieren mit "Auswärtigen" zu haben. Einige wollen mich nicht mehr physisch treffen, weil ich genau das mache und deshalb potenziell verseucht sein könnte. Andere wollen nicht mit mir spazieren gehen, aber ein Besuch bei ihnen zu Hause fänden sie voll ok - ich glaube, hier ist nicht Corona, sondern die Faulheit schuld, für die der Virus eine willkommene Ausrede ist. Wieder andere machen trotzig Ferien mit dem Wohnmobil in den Bergen. Und wieder andere schliessen sich komplett in der Wohnung ein und warten auf den Weltuntergang.
Fazit: Ich hänge ständig am Handy. Meinen Nackt-Fetisch (siehe Post 118) kann ich zur Zeit nicht mehr so gut ausleben, denn dauernd klingelt es und jemand will video-chatten - und je nach dem, wer das gerade ist und wieviele, sollte man vielleicht lieber Kleider tragen, wenn man den Anruf annimmt. 

Überhaupt habe ich seit social distancing eigentlich viel mehr Kontakt mit meinem Umfeld als früher. Ich finde das eine schöne Entwicklung, alle schauen, wie es der oder dem anderen geht und sind nicht mehr so hyperbeschäftigt, dass nicht mal mehr Zeit für ein WhatsApp bleibt, so wie in normalen Zeiten. Social distancing macht also eigentlich social, so paradox das auch klingt. 
Und ich bringe jetzt nicht auch noch den Spruch, man solle das doch bitte in physical distancing umbenennen... 

Das Feierabendbierchen (in meinem Fall ist es ein Eve, denn richtiges Bier finde ich gruusig) kann man auch sehr gut virtuell mit seinen Gspändli per Skype, Teams, Starleaf oder Zoom nehmen - also, der Alkohol ist dabei natürlich nicht virtuell, aber die Gspändli sind nur digital anwesend. Und es gibt lustige Online-Games, die man zusammen am Splitscreen spielen kann, zum Beispiel Begriffe pantomimisch darstellen ("Hund? Katze? Maus!!" - "Nei, das isch en Kameltriiber!!").

Wenn ich aber mal nicht am spazieren, skypen, facetimen oder sonstwie chatten bin, dann beschäftige ich mich intensiv mit meiner Wohnung.
Meine Balkonpflanzen erfreuen sich bester Gesundheit, weil sie nämlich alle neu und frisch gepflanzt sind - gut, mit der Bio-Diversität hält es sich ein bisschen in Grenzen, denn zur Zeit sind in den Läden ja nur noch Kräuter erhältlich, alles andere Lebendige wurde ausgeschlossen und vernichtet (die Bilder der Bagger, die in Holland die riesigen Tulpenberge beseitigen, verfolgen mich immer noch nachts!).
Durch meine Fenster sieht man neuerdings tatsächlich raus, denn ich habe die Scheiben das erste Mal seit meinem Einzug geputzt. 
Und meine Schränke sind schlanker geworden, denn ich habe die Kleider rigoros aussortiert und entsorgt. 

Bis jetzt ist es mir also eigentlich noch gar nicht so langweilig in diesem Lockdown. 
Obwohl ich die Spazierwege langsam alle gesehen habe. Und ich mich frage: Wenn das jetzt noch bis im Sommer anhält oder so - wieviele Kräutersorten gibt es eigentlich noch? 
Und wie oft  Fensterputzen ist normal, bevor ich als gipsy houswive durchgehe??


Samstag, 28. März 2020

119 Corona macht fett

Ich hoffe, ihr seid alle noch gesund. Crazy times!

Habe ich wirklich gedacht, ich würde nicht über Corona schreiben, siehe letzter Post
MUAHAHAHAHAHAAAAAAAAAAA!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Da hat mir der Lockdown ganz schön einen Strich durch die Rechnung gemacht. 
Zwei Wochen Heim-Isolation sind jetzt rum. Zeit also, um mal ein erstes bitterböses Update zu geben.

Früher war ich ja nie so mega Fan von Homeoffice, ich habe es nur sehr selten gemacht. Ist zwar bequem, aber ich lasse mich in meinen vier Wänden doch gerne ablenken. Plötzlich muss ich ganz dringend die Küche putzen, anstatt vor dem Laptop zu sitzen. Oder Wäsche falten. Den Geschirrspüler ausräumen. Dinge, die ich sonst nie freiwillig tun würde, wohlgemerkt. Und so ein ausgedehntes Mittagsschläfchen im eigenen Bett ist dann auch noch ganz schön... 

Jetzt, im Zwangs-Homeoffice sieht es etwas anders aus: Ich gewöhne mich langsam daran und kann mich gut auf meine Arbeit konzentrieren, dreckige Küche hin oder her. 
Ich finde es auch toll, muss ich am Morgen nicht erst ins Büro radeln, sondern kann einfach nur den Raum wechseln - und zwar genau so, wie ich aus dem Bett gestiegen bin: im Trainer. Keine Schmink- und Frisier-Session vorher im Bad, nein. Schön den ganzen Tag im Gammellook vor dem Bildschirm hocken. Im selben Trainer, eine Woche lang. Unterwäsche braucht's auch nicht. Und natürlich ganz ohne Makeup, freie Sicht auf alle Pickel und Augenringe. Und die Haare einfach irgendwie zuoberst auf dem Kopf festgezurrt, damit sie nicht stören. Verwahrlosung ahoi!
Chef: "Also, anstatt jede Tag Telefonkonferenz chönnted mer au mal e Videok..."
Ich: "NEEEEEEIIIIII, UF GAR KEIN FALL!!!!!!!"

Im selben (Anti-)Outfit kann man dann auch easy einkaufen gehen. Einfach Jacke drüber und Schuhe an. Kniehohe Stiefel über Trainerhosen sehen übrigens creepy aus.
Meine Lieblingstrainerhose ist mir dann auch noch zu gross und rutscht mir jeweils schon auf dem Velo bis unters Füdli. Zum Glück ist es wieder so arschkalt geworden, dass man einen langen Wintermantel tragen muss. 
Ich versuche ja, so wenig einkaufen zu gehen wie möglich, um möglichst keine Viren aufzulesen oder zu verteilen. Aber das hat sich als sehr schwierig entpuppt, denn leider verstärkt das Homeoffice meinen Fressdrang. 
Das ist auch eines der ungelösten Mysterien dieser Erde: Warum muss ich zu Hause beim Arbeiten ständig fressen, im Büro aber nicht?? Kennt ihr das auch? Und ich meine jetzt nicht, dass ich mir ständig Salate mache, Gemüsecurrys koche und Früchte aufschneide. Neeei-eeiiinn: Ein Tütchen Chips hier, ein Osterhäschen da, dann zum Dessert noch ein Kübelchen Ben&Jerrys und ein Döschen Wasabi-Nüsse.  Das passiert also, wenn das Personalrestaurant zu weit weg ist. Ich werde vielleicht bald ein Problem haben, denn die Kleiderläden haben ja alle zu... Corona macht nicht nur tot, sondern auch fett.
Jedenfalls habe ich meine Vorräte an einem Tag schon wieder aufgebraucht. Und was mir noch viel mehr Sorgen macht: Ich habe das erste Mal in meinem Leben Alkohol für MICH gekauft. Das bedeutet nichts Gutes, oder? Ich hatte nie viel für Alk übrig, aber jetzt stehen in meinem Kühlschrank diese Eve Biere und Smirnoffs... ich sauf aber nicht während der Arbeitszeit, ich schwör's!


Die Arbeit sonst läuft eigentlich ganz gut, auch von zu Hause aus. Natürlich vermisse ich meine Büro-Gspändli. Aber lästern kann man auch wunderbar per WhatsApp-Chat. Und der läuft zur Zeit sehr heiss bei uns... 
Dafür hab ich gemerkt, dass das Geschäftshandy immer im dümmsten Moment klingelt. Entweder sitze ich gerade auf dem WC (und auf meinem eigenen verbringe ich eindeutig mehr Zeit als auf dem im Büro) oder ich muss zuerst zum Radio rennen und es leiser machen, weil ich vorhin grad sehr laut Musik brauchte oder ich halte gerade Mittagsschlaf, anstatt dass ich mir was Anständiges zum Zmittag kochen und es zivilisiert mit Besteck von einem Teller essen würde... 

So viel zu meinem Berufsleben zu Zeiten von Corona.
Das nächste Mal erzähle ich euch von meinem wahnsinnig aufregenden und erotischen Privatleben in der Freizeit.
Spoiler Alert: Der Balkon ist neu bepflanzt! 

Bleibt gesund!

Sonntag, 15. März 2020

118 Spice up your quarantaine!

Nein, ihr liegt falsch: Das hier ist kein Post über Corona!

Wäre natürlich naheliegend in times like these, aber davon findet ihr sonst schon genug im world wide web, ich halte mich lieber noch zurück.
Was nicht bedeutet, dass mich diese Epidemie nicht auch trifft. Hart sogar. Ich darf für lange Zeit meine totkranke Mutter nicht mehr besuchen. Und einige Pläne begraben.
Gott, wenigstens durfte ich das letzte Konzert im Hallenstadion noch miterleben, Deichkind, sehr sehr geil!!

Aber lassen wir das.

Ich wollte heute eigentlich über Nacktheit reden - und auch wenn das auf den ersten Blick etwas seltsam klingt, wo die Medien doch sonst wegen dem Coronavirus gerade Amok laufen: Nein nein, diese beiden Themen liegen gar nicht so weit auseinander.
Jedenfalls sind wir wegen der Massnahmen des Bundes ja quasi unter Quarantäne, will heissen, wir verbringen alle wohl gerade mehr Zeit zu Hause als üblich.

Und hier setze ich an: Ich liebe es, zu Hause nackt zu sein.

Tatsächlich mache ich fast alles nackt: Schlafen. Aufräumen. Kochen. Geschirr spülen. TV kucken (im Sommer jedenfalls, wenn's genug warm ist). Pflanzen giessen. Duschen sowieso.
Mit sehr wenig Klamotten an liege ich auch gerne mal auf dem Balkon. Oder hole die Post. Oder geh in den Keller.



Und warum das? Because I can!
Das sind meine verdammten vier Wände und hier muss ich mich doch vor niemandem verstecken (vor allem, wenn die meiste Zeit eh niemand anderes zu Hause ist)! In meiner Wohnung werden sämtliche gesellschaftlichen Normen ausgeschaltet, sobald man die schnauzförmige Fussmatte vor der Türe übertreten hat.
Was draussen gilt, gilt drinnen nicht.
So.

Ich bin allerdings nicht so sicher, dass meine Nachbarn davon genau so begeistert sind wie ich. Oder ein ähnlich ungezwungenes Verhältnis zu ihren Körpern pflegen wie ich.
Jedenfalls hat sich die Zahl der Vorhänge in den Gebäuden rund um mich herum seit meinem Einzug erhöht.
Das ist mir natürlich aufgefallen.
Denn zugegeben: Erst die Rollläden zu ziehen oder das Licht auszumachen, wenn ich nackt ein Zimmer mit Fenster betrete, kommt mir eigentlich fast nie in den Sinn. Oder zu spät.
Ich find' s auch gar nicht so schlimm, wenn meine Nachbarinnen und Nachbarn mal etwas mehr von mir sehen als nur das blutte Gesicht. Andersrum würde mich das auch bei ihnen nicht stören.
Ich meine, versteht mich nicht falsch: Ich SUCHE das nicht, ich mache das nicht extra und präsentiere mich absichtlich vor dem Fenster oder so, sowas geilt mich nicht auf. Es interessiert mich nur einfach nicht, wenn jemand nackt ist. Nicht in diesem Kontext jedenfalls. Wenn er in meinem Bett liegt, dann schon eher.

Aber Fakt ist doch einfach: Wir haben alle einen Körper, der in seinem natürlichen Zustand nicht von Kleidern umhüllt ist. Und im Schwimmbad hab ich auch schon mal die eine oder den anderen aus dem Quartier getroffen. Dort trägt man ja auch nicht gerade einen Skianzug.
Warum soll ein Schwimmbad mehr Nacktheit erlauben als eine Privatwohnung?

Nacktsein zu Hause bedeutet für mich Freiheit. Ansonsten finde ich Kleider aber sehr toll. Wissen alle, die mich kennen - ich habe eine Menge davon und bin sehr stylebewusst.
Aber ich muss nicht meine schönsten Hosen tragen, wenn ich zu Hause den Kühlschrank ausräume. Oder mir Kaffee koche.
Ok, wenn ich den Kaffee für JEMANDEN koche, dann ziehe ich was an. Meistens. Sonst könnte das Ganze etwas seltsam rüberkommen.

Auf den Kontext kommt es eben an, auch bei der Nacktheit.

Jedenfalls bin ich mir mehr als sicher, dass mich einige Nachbarn bereits nackt gesehen haben. Unbeabsichtigt. Meine Theorie mit "Aber die Sonne verursacht eh ein Spiegeln in den Fensterscheiben, die können mich gar nicht erkennen" ging mindestens damals nicht auf, als ein paar Freunde auf dem Balkon gegenüber gerade eine Grillparty schmissen. Ich merkte das, als sich plötzlich etwa 10 aufgerissene Augenpaare auf mich richteten.
Das fand ich dann doch etwas creepy, solche Situationen versuche ich seither zu vermeiden.

Obwohl ich dem Typen am Grill etwas voraushabe: Ich sehe nämlich von meinem Schlafzimmer aus in seine Stube, direkt auf seinen TV-Bildschirm. Und ja, er hat eine Vorliebe für Pornos, die er dann auch gleich noch synchron nachahmt. Nackt. If you know what I mean.
War sicherlich auch keine Absicht, denn er sah mich nicht, wie ich auf seinen durchtrainierten Hintern starrte (ich schwöre, nur 3 Sekunden, solche Szenen verstören sogar mich!), aber irgendwie sind wir so jetzt wieder quitt.

Also: Der Coronavirus verbannt uns quasi in unsere Häuser. Das ist zum einen ziemlich nervig, zum anderen ist es auch befreiend, mal nicht im Deux-Pièces oder im Anzug ins Büro zu müssen. Und wer überprüft schon, ob ihr nackt oder im Einhornkostüm zu Hause vor dem PC sitzt.

Spice up your Homeoffice!
Aber Vorhänge nicht vergessen...