Mittwoch, 15. April 2020

120 Corona macht sozial

Nun also, wie letztes Mal versprochen, mein Post zu meinen Freizeitbeschäftigungen während des Lockdowns.
(In welcher Woche sind wir eigentlich schon? Kein Zeitgefühl mehr...)

Eigentlich lassen sich diese mit einem Wort zusammenfassen: Spazieren. 
Ist ja auch das einzige, das man zur Zeit an Outdoor-Aktivitäten noch machen kann. 
Ich weiss gar nicht, wieviele Kilometer ich schon zurückgelegt habe: 
Vom Dolder über Witikon bis auf den Sonnenberg. 
Von meiner Wohnung (Oerlikon) runter an den Letten und dann den Fluss entlang bis zum Kloster Fahr und zurück.
Irgendwo bei Bremgarten die Reuss entlang.
23439mal durch den Irchelpark. 
43040mal einfach planlos durchs Quartier. Manchmal auch nachts.
Meistens spaziere ich mit Begleitung - aber höchstens zu zweit. Zu mehrt macht das aktuell gar keinen Spass, wegen der Abstandsregel. Und dann kämen auf den Feldwegen wahrscheinlich noch mehr Scheuchgeräusche wie "Scchhhht-ssccchhhhhhhtttttt!!!!" und dazu so abschätziges Händewedeln von Personen, die dir auf den Feldwegen mit Schutzmaske und Handschuhen entgegenwandern. 

Eine andere beliebte Outdoor-Aktivität von mir ist das Einkaufen geworden. Früher Alltag und langweilig, ist es heute ein Happening mit Hochspannung. 
Wie lange ist die Schlange diesmal vor dem Alnatura? In welchem Laden muss ich mir einen Plastiksack als Handschuh überstülpen und in welchem nicht? Wo stinkt das Hand-Desinfektionsmittel mehr, im Coop oder im Migros? (Antwort: Im ALDI!!!!)
Und wieviele Leute in Schutzanzügen direkt aus Tschernobyl werde ich diesmal zwischen den Regalen antreffen?



Apropos Essen kaufen: Grillieren bei Freunden war ich in dieser Zeit auch schon. Auch hier natürlich konform der Anweisungen des Bundes: Kein Händeschütteln, kein Knutschen, keine Risikogruppen, keine Erkältungssymptome, nichts. 
Einmal waren wir übrigens zu sechst - komme ich jetzt ins Gefängnis?

Überhaupt ist es interessant, wie sich die sozialen Kontakte in der Corona-Krise gestalten: Nicht alle  Freundinnen und Freunde sind noch fürs Grillieren mit "Auswärtigen" zu haben. Einige wollen mich nicht mehr physisch treffen, weil ich genau das mache und deshalb potenziell verseucht sein könnte. Andere wollen nicht mit mir spazieren gehen, aber ein Besuch bei ihnen zu Hause fänden sie voll ok - ich glaube, hier ist nicht Corona, sondern die Faulheit schuld, für die der Virus eine willkommene Ausrede ist. Wieder andere machen trotzig Ferien mit dem Wohnmobil in den Bergen. Und wieder andere schliessen sich komplett in der Wohnung ein und warten auf den Weltuntergang.
Fazit: Ich hänge ständig am Handy. Meinen Nackt-Fetisch (siehe Post 118) kann ich zur Zeit nicht mehr so gut ausleben, denn dauernd klingelt es und jemand will video-chatten - und je nach dem, wer das gerade ist und wieviele, sollte man vielleicht lieber Kleider tragen, wenn man den Anruf annimmt. 

Überhaupt habe ich seit social distancing eigentlich viel mehr Kontakt mit meinem Umfeld als früher. Ich finde das eine schöne Entwicklung, alle schauen, wie es der oder dem anderen geht und sind nicht mehr so hyperbeschäftigt, dass nicht mal mehr Zeit für ein WhatsApp bleibt, so wie in normalen Zeiten. Social distancing macht also eigentlich social, so paradox das auch klingt. 
Und ich bringe jetzt nicht auch noch den Spruch, man solle das doch bitte in physical distancing umbenennen... 

Das Feierabendbierchen (in meinem Fall ist es ein Eve, denn richtiges Bier finde ich gruusig) kann man auch sehr gut virtuell mit seinen Gspändli per Skype, Teams, Starleaf oder Zoom nehmen - also, der Alkohol ist dabei natürlich nicht virtuell, aber die Gspändli sind nur digital anwesend. Und es gibt lustige Online-Games, die man zusammen am Splitscreen spielen kann, zum Beispiel Begriffe pantomimisch darstellen ("Hund? Katze? Maus!!" - "Nei, das isch en Kameltriiber!!").

Wenn ich aber mal nicht am spazieren, skypen, facetimen oder sonstwie chatten bin, dann beschäftige ich mich intensiv mit meiner Wohnung.
Meine Balkonpflanzen erfreuen sich bester Gesundheit, weil sie nämlich alle neu und frisch gepflanzt sind - gut, mit der Bio-Diversität hält es sich ein bisschen in Grenzen, denn zur Zeit sind in den Läden ja nur noch Kräuter erhältlich, alles andere Lebendige wurde ausgeschlossen und vernichtet (die Bilder der Bagger, die in Holland die riesigen Tulpenberge beseitigen, verfolgen mich immer noch nachts!).
Durch meine Fenster sieht man neuerdings tatsächlich raus, denn ich habe die Scheiben das erste Mal seit meinem Einzug geputzt. 
Und meine Schränke sind schlanker geworden, denn ich habe die Kleider rigoros aussortiert und entsorgt. 

Bis jetzt ist es mir also eigentlich noch gar nicht so langweilig in diesem Lockdown. 
Obwohl ich die Spazierwege langsam alle gesehen habe. Und ich mich frage: Wenn das jetzt noch bis im Sommer anhält oder so - wieviele Kräutersorten gibt es eigentlich noch? 
Und wie oft  Fensterputzen ist normal, bevor ich als gipsy houswive durchgehe??


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen