Donnerstag, 26. Mai 2016

50 Peinlicher geht's nicht!

Eins muss man mir lassen: In Sachen Peinlichkeiten hab ich in meinem Leben echt noch nicht viel ausgelassen bisher. 

Mehr als einmal bin ich am Zürcher Hauptbahnhof die Treppe runtergefallen, natürlich zu Stosszeiten. Manchmal war das Eis im Winter schuld daran, manchmal mein konzentrierter Blick aufs Handy. Manchmal auch gar nichts, ich bin einfach so schusslig, dass mich sogar Gehen überfordert.
Ich hatte auch schon öfters im vollgestopften Zug den Ipod unbemerkt etwas zu laut eingestellt, so dass ich mit eher gewöhnungsbedürftigen Songs, die ich offiziell natürlich nur heimlich höre, die gesamte Pendlerzunft amüsierte ("I LIKE BIG BOOTYS AND I CANNOT LIE!!!!!!").
Apropos Zug: ich stosse mir jeweils den Kopf an diesem Gepäckdings über den Sitzen, wenn ich aufstehe. Jedes Mal, wenn ich aufstehe.
Ah, und einmal machte mich meine Sitznachbarin darauf aufmerksam, dass an meinem neuen Mantel noch das Preisschild baumelte. Für alle sichtbar.
Various Nipplegates. Meist im Zusammenhang mit einem Bikini.
Ich hatte mal einen kongolesischen Nachbarn, und sozial, wie ich bin, half ich ihm eines Tages an seinem Marktstand mit afrikanischem Essen, den er zusammen mit Landsleuten führte. Allerdings merkte ich dann bald, dass ich die einzige war, die schuften musste, während er und seine Freunde lieber rauchend in der Ecke standen und Kaffeekränzchen machten. Da platzte mir irgendwann der Kragen, ich schmiss wortwörtlich das Handtuch und fauchte: "Ich mach doch für eu nöd dä Neger!!!"
Nein, ich bin keine Rassistin, im Fall!
Es gab da diese Hochzeit unter freiem Himmel, an der ich mitten im Ja-Wort in Ohnmacht fiel - nicht etwa, weil es mich so emotional berührte, sondern weil der heisseste Tag des Jahres war und weit und breit kein Schatten.
Womit wir schon wieder beim Fallen sind, darin bin ich offenbar besonders gut: ich fiel auch schon bei der Gynäkologin von diesem grässlichen Gebärstuhl. Schwächeanfall. Die schnippelte so in mir drin rum, und ich wollte mir den Schmerz nicht anmerken lassen, ich Superhero, ich, also verkrampfte ich mich dermassen, dass mein Kreislauf den Geist aufgab. Die Ärztin musste mich dann  so unten ohne auf die Liege nebenan schleppen, also, ICH unten ohne, nicht sie.
Dabei hab ich mit Nacktheit sonst eigentlich nicht so ein Problem. Jedenfalls denk ich mir regelmässig, ich könnte doch mal schnell in Unterhosen in die Waschküche runter, ist ja eh niemand im Treppenhaus. Natürlich treff ich dann ständig sämtliche Nachbarn, und das endet jeweils in so erbärmlich erzwungenen Gesprächen, wie "Hoi, hoi! Jajaaa, mir gaht's guet, sälber? Nei, ich lauf immer so ume, wieso, stimmt öppis nöd?".
Ich platzte auch schon in fremde Wohnungen von vermeintlichen Freunden, um meinen vergessenen Schirm abzuholen. Ich merkte jeweils erst zu Hause, dass ich mich im Stockwerk geirrt hatte und es ergo gar nicht MEIN Schirm war. Und der Typ in Boxershorts nicht der Bruder meiner Freundin.
Im Klassenlager hatte ich mal Küchendienst und musste Birchermüesli machen. Leider verwechselte ich Zucker und Salz. 
Ach, und die Make up-Unfälle, die Make up-Unfälle! Wie oft fuhr ich schon mit dem Velo durch den strömenden Regen und hatte dann die Mascara im ganzen Gesicht verteilt, merkte das aber erst, als mir irgend ein Passant mitleidig ein Taschentuch reichte? Oder der knallrote Lippenstift an den Zähnen beim ersten Date... der Cappuccino-Schaum, der am Lippenstift kleben bleibt - den ganzen Tag... oder sich mal schnell die Augen reiben und dabei vergessen, dass man ja eben Schminke aufgetragen hat... die Liste ist lang.
Change the subject.

Einmal lästerte ich mit einer Arbeitskollegin über den Chef - mein Mail ging aber nicht an sie, sondern an den Chef. Auch dieser verflixte "Antwort an alle"-Button wurde mir schon zum Verhängnis. Jedenfalls erfuhr so mein gesamtes Team, wie ich einem Gspändli zum neuen Job gratulierte, sei ja eh totlangweilig hier.
Da gab's diesen kleinen Zwischenfall, wo ich aus Versehen einer Katze den Kopf einklemmte ("Gopf, wieso chlämmt die Türe so? Ich schlah sie jetzt eifach es paar Mal zue..."). Die Katze ist übrigens wohlauf und erfreut sich blendender Gesundheit, keine Sorge!
Oh, und nicht zu vergessen, als ich mal ganz früh am Sonntagmorgen alkoholisiert in der Bahnhofsapotheke aufkreuzte und die Pille danach verlangte. Selbstverständlich musste mich auch noch der heisseste Apotheker des gesamten Planeten bedienen, danke, Universum! Er bugsierte mich in ein Hinterzimmer, wo ich ein Formular mit meinen Personalien ausfüllen musste, und er schaute so auf das Blatt und mir dann freudig in die Augen: "Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Frau Bitterbös!!"
Am Vorabend hatte ich übrigens noch auf das Sofa in der Bar gekotzt. So.
Da war der Tampon, den ich nicht mehr rausbrachte, wegen eines Unfalls, den ich hier nicht näher beschreiben möchte, und ich werde auch nicht das Wort SEX benützen, weil ich dann wieder zweideutige Zuschriften erhalte!

Wie ihr also seht, hab ich schon so einiges Peinliches geleistet in den vergangenen Jahrzehnten. Aber easy, ich steh dazu, ich kann darüber lachen, es gehört zu mir, ist Teil meiner Biographie.

Bis auf den jüngsten Faux-pas, der an Peinlichkeit wirklich alles übertrifft, was ich je schon geboten habe. Der ist absolut unverzeihlich, das muss ich gestehen, und es fällt mir wirklich schwer, darüber zu sprechen:

Ich hab DIE BACHELORETTE gekuckt.

Ja, hab ich.
Aber ich schwör's, wirklich nur eine Minute, und ich fand's mega scheisse, ehrlich!! Kommt nie wieder vor!!!

Dienstag, 10. Mai 2016

49 Ich kann auch Garten

Die Zürcher Balkone blühen wieder in allen Farben und Formen - es ist Frühling, langsam nicht mehr nur im Kalender, sondern auch beim Wetter, die Blumentöpfe werden also fleissig wieder aus dem Keller geholt und ausgestellt.

Nun, ich habe leider keinen Balkon. Aber ich habe ein breites Fenstersims. Und das ist mir schon seit langem ein Dorn im Auge. Es macht einfach nichts her, dieses leere Betonding. Das wird mir wieder mal klar, wenn ich all die herausgeputzten Balkone rundherum sehe. NEID! 
Ausserdem wird das Sims manchmal als Aschenbecher und Biertisch missbraucht, da ich im Hochparterre wohne und man es drum gut erreichen kann, wenn man sich auf die Zehenspitzen stellt. Andere schaffen es sogar, ganz raufzuklettern, das wurde mir schlagartig klar, als mal so ein Grüsel in meinem offenen Fenster hing, gerade, als ich nackt aus der Dusche kam. Er war zum Glück auch sofort wieder weg, freiwillig. Ich hoffe immer noch, das lag an meinem spitzen Schrei und nicht an meinem Anblick.

Das Sims ist also nicht nur hässlich, sondern auch noch gefährlich. Dem nächsten Perversling und den nächsten besoffenen Rauchern will ich es deshalb etwas schwerer machen.
Es müssen also Blumen her. Aber ich habe nicht nur keinen Balkon, ich habe vor allem auch keinen grünen Daumen. In meiner Wohnung gibt es nur Kakteen, die brauchen kaum Zuneigung und noch viel weniger Wasser. Alles andere stirbt mir sofort ab. Okeeeee, die Kakteen zwar auch ab und zu. Ich bin mir aber sicher, das liegt nicht an mir, sondern an der zuständigen Gärtnerei, die die armen Sukkulenten natürlich völlig überzüchtet und somit anfällig für Krankheiten macht. Jaja!


Ich kann einfach nicht so mit Pflanzen. Ich erinnere mich noch an den Zwischenfall mit den frischen Sonnenblumen während meiner Innendekorations-Feng-Shui-Phase in meiner ersten Wohnung in Zürich. Ich hatte die voller Stolz in einer riesigen Vase mitten in der Stube drapiert. Nur dumm, dass ich danach drei Wochen in die Ferien fuhr und die armen Blümchen dabei völlig vergass.
Abgestorbene Sonnenblumen in abgestandenem Sonnenblumenwasser - es gibt fast keinen ekligeren Gestank! So werden wohl biologische Waffen hergestellt!! Ich bin mir ziemlich sicher, ein paar Tage länger und meine Nachbarn hätten die Polizei alarmiert, weil sie in meiner Wohnung eine modernde Leiche vermuteten. 

Anyway. Was war, das war. Man muss ja schliesslich in die Zukunft schauen, nicht wahr?
Ich schleppe also drei Töpfe Blumen vom Migros nach Hause - ja, schleppe, denn ich hab ja kein Auto. Fragt mich nicht, was für welche. So verschiedene bunte und einen grossen Busch weisse, halt. Dazu noch Mini-Peperonis. Dann ess ich vielleicht auch endlich mal Gemüse, wenn das schon vor meinem Fenster wächst, denke ich. Ausserdem waren sie Aktion.
Schon an der Kasse im Laden treffen mich die mitleidigen Blicke der anderen Kunden. 'Oh Gott, wie bringt die Tussi das riesige Gestrüpp bloss nach Hause?', lese ich ihre Gedanken. Ja, weiss ich auch nicht. Grosse Tüten haben Sie an der Kasse jedenfalls nicht, ich muss sie noch extra teuer dazukaufen.  Ausserdem ist die Kassiererin not amused, weil ich mit den frisch gewässerten Pflanzen alles volltropfe - ja, sorry, hab auch nichts dafür, wenn sie hier zwar Topfpflanzen verkaufen aber keine Töpfe dazu! Ganz toll überlegt, bravo, Duttweiler würde sich im Grab umdrehen, echt!!
Einpacken hilft mir die Kassiererin grad auch nicht. Es ist aber noch schwierig, mit nur zwei Händen so einen  Riesenbusch hochzuheben und gleichzeitig noch die Tüte aufzuhalten. 
Interessiert keinen.

Naja, irgendwie bring ich das ganze Grünzeug dann doch noch nach Hause, hallelujah. Zum Glück hab ich irgendwo im Schrank auch noch eine Auswahl an Übertöpfen von meinen vergangenen (und  allesamt missglückten) Gummibaum- und Orchideen-Versuchen. Sie passen, wenn ich ein bisschen würge. Ich stelle mein Werk schön symmetrisch geordnet auf mein verhasstes Fensterbrett - und bin sogar zufrieden. Sieht hübsch aus!
Ich schiesse ein Foto und whatsappe es meiner Mutter. Sie beginnt fast zu weinen, denn sie hat fast 40 Jahre lang dafür gekämpft, dass ihre Tochter endlich mal Blumen vor ihre Fenster stellt, wie sich das für einen richtigen Schweizer Haushalt schliesslich auch gehört! 
Ich bin ein bisschen stolz. Vielleicht gibt es wirklich noch Hoffnung für mich? Nach den Blumen kommt vielleicht endlich auch noch das mit dem Kochen ("Mami, ich lüüte zrugg, ich bin am Znacht ässe" - "Ou, was git's Feins?" - "Es Pack Guetzli."), mit dem Früchte essen (zu Besuch bei meinen Eltern, Mami: "Lueg, ich han ganz vill Öpfel/Bire/Orange/Kiwis/Pfirsich/Aprikose kauft, das isch mega gsund! Wottsch chli? - "Nei, wäh!" - "Die sind mega guet! Vitamine! Bisch sicher?" - "Ja. Kei Hunger." - "Im Tüüfchüehler hät's no Gla..." - "Vanille, gern!") und mit dem Kleider-nach-dem-Waschen-richtig-aufhängen-dann-zerknittern-sie-nicht ("Bitterbös, die Hose gsehnd uus, als hett sie e Chueh i dä Schnorre gha! Wie häsch sie dänn ufghänkt?" - "Wieso ufghänkt...?").

Jedenfalls, ich hab jetzt mein Fenstersims schön. Das kann easy mithalten mit all diesen Frühlings-Balkonen in meiner Nachbarschaft, ätsch! Ich bin weit und breit das einzige geschmückte Hochparterre - and proud of it!
Und ich freu mich an meinem kleinen urban garden, solange ich kann. Denn ich weiss schon, dass mindestens die Peperonis mindestens einmal geklaut werden - Kreis 4 halt. Sorry, wenn mir hier schon zwei schrottreife Velos (ich hoffe, die Bremsen haben bei der Talfahrt versagt, du Arschloch-Dieb!) und meine bestellten Druckerpatronen aus dem Briefkasten abhanden kamen (und das nächste Mal kannst du die Verpackung im Fall im Abfall entsorgen und nicht auf dem Trottoir - und ich hoffe, du hast zu Hause gemerkt, dass du Canon hast und nicht HP!), warum sollten dann leckere, reife Mini-Peperonis verschont bleiben? Die Menschen haben keine Würde mehr.

Ich hoffe, dass dem Dieb dann wenigstens noch mein Riesenbusch weisse Blümchen samt Übertopf auf den Kopf knallt. 
Mami hätte auch Freude.