Sonntag, 26. Februar 2023

154 An das Arschloch in meinem Schlafzimmer

Liebe/r Einbrecher*in oder liebe einbrechende Person (damit sich der/die Betreffende auch wirklich angesprochen fühlt)

Ich weiss nicht, in was für einer Situation du dich befindest. Aber sie kann nicht sehr schön sein, wenn du eines schönen Tages oder Abends (die Polizei behauptet ja, es sei in der Dämmerung gewesen) einen Stein aus meinem Vorgarten nehmen und damit mein Schlafzimmerfenster einschmeissen musst. Noch heute finde ich übrigens gelegentlich klitzekleine Scherben in irgendeiner Ritze meines Bettes, das war eine ganz schöne Sauerei. 

Der Stein des Anstosses flog durch eine Dreifach-Verglasung
Anyway.
Dir muss es ziemlich scheisse gehen. Das Schmuckkästchen, dass du geplündert hast auf meiner Kommode, war wahrscheinlich mehr wert als viele der H&M-Ohrringe, die du dort raus- und dann mitgenommen hast. Einfach, damit du das weisst. Aber du hast es vorgezogen, das Kästchen in sämtliche Einzelteile zu zerlegen und quer im Raum zu verteilen. Wenigstens dieses bisschen Anstand hättest du noch haben können, und nicht noch zusätzlich ein Chaos veranstalten. Aber du hattest es offenbar sehr pressant. 
Warum eigentlich? Offenbar hat ja niemand in meiner Nachbarschaft den Stein gehört, obwohl er eine Dreifach-Verglasung durchdrungen und ein Loch hinten in meine Wand geschlagen hat. Es drohte also keine Gefahr. Haben offenbar grad alle Fernsehen geschaut zu der Zeit, in der du dein "Geschäft" erledigt hast. Oder waren einfach zu faul, um kucken zu gehen. "Wow, die im Parterre hat jetzt aber ein grosses Glas fallengelassen - egal."

Der emotionale Verlust tut mehr weh
Trotzdem, liebe einbrechende Person: Ich glaube nicht, dass du mit deiner Beute irgendwo reich wirst.  Wie gesagt: Das meiste davon ist Kitsch.
Allerdings waren auch ein paar Perlen darunter, deren Verlust mir niemand mit Geld aufwerten kann. Denn es geht dabei um etwas viel Wichtigeres, um Emotionen - ich weiss, sowas kennst du nicht, aber glaub mir, es ist etwas sehr Schönes und Trauriges zugleich: 

Du hast mir nämlich tatsächlich meine liebsten Erinnerungsstücke an meine Eltern selig gestohlen:
  • Ihre Eheringe
  • Den Verlobungsring meiner Mutter (oder ich glaube jedenfalls, dass er das ist)
  • Den speziellen Fliegenpilz-Ring meiner Mutter, den sie wahrscheinlich von meiner Oma geerbt hatte, und der mir schon einmal auf wunderliche Weise abhanden kam und dann auf noch wunderlichere Weise den Weg wieder zu mir zurück fand
  • Die Armbanduhr meines Vaters
  • Den goldenen Anhänger mit Geburtsdatum und Sternzeichen meines Opas



Ja, das Bild ist ironisch gemeint, im Fall. 
Und ja: Ich habe eine Versicherung, die mir den Schaden zahlt. Den finanziellen, den emotionalen kann eben niemand mit Geld begleichen. 

Der Profiler sah nicht aus wie im Fernsehen
So sehr es mir leid tut, dass du offenbar mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hast, liebe einbrechende Person, so wenig kann ich dir das verzeihen.
Obwohl dank dir mitten in der Nacht zwei sehr junge, sehr durchtrainierte Polizisten zu mir nach Hause kamen, um den Schaden zu begutachten (und in meinem Abstellraum nachzuschauen, ob du dich nicht doch dort versteckt hattest). 
Und obwohl ich das erste Mal in meinem Leben einen Profiler bewundern durfte, der aber gar nicht so spektakulär aussah wie in den Krimis, sondern eher so wie ein Hausmeister mit Putzwägelchen. Und der mir schon beim Eintreten in meine Wohnung völlig desillusioniert klar machte, dass es eher unwahrscheinlich sei, dich anhand DNA-Spuren oder Fingerabdrücken zu identifizieren. Denn wahrscheinlich wurdest du noch nie erwischt und bist ergo noch in keiner Datenbank registriert. Ganz zu schweigen davon, dass du wahrscheinlich bereits die Grenze überquert hättest. 

Ja, die Profis wissen eben, wie du und deinesgleichen funktionieren, ich bin ja nicht das erste Opfer dieser Art. Der Profiler sollte Recht behalten. 

NIEMAND. FÄSST. GODZILLA.AN!!!!!
Tja, und obwohl mir der Verlust der Andenken an meine Familie wirklich sehr, seeeeehr weh tut - am meisten sauer gemacht hast du mich damit, dass du meine Katze in die oberste Schublade meines Kleiderschrankes gesperrt hast!!!

WAS FÜR EIN ABARTIGES ARSCHLOCH MACHT DENN SOWAS???

Du kannst von mir aus in meinem Schlafzimmer wühlen, so viel du willst, aber du lässt ganz bestimmt deine Finger von Maunzilla (so nenne ich Godzilla zur Zeit - ihr könnt mich übrigens gerne für die Erfindung von Kosenamen buchen, ich bin sehr kreativ)!! Dafür würde ich dir wirklich gerne eine in die Fresse hauen - verzeih mir, dass ich so dreist bin, aber du bist es ja auch. Wahrscheinlich muss ich dir noch dankbar sein, dass du meine Katze nicht auch noch mitgenommen hast. Und das bin ich dir, tatsächlich. 

Ich hoffe allerdings, Godzi hat nur kurz vor deiner Begegnung mit dir wieder mal eine Maus gefressen und dich daraufhin gebissen, dann kriegst du jetzt nämlich eine schöne Blutvergiftung. Ich gäbe mich aber auch schon mit einem juckenden Ausschlag im Genitalbereich zufrieden!!

Armut zeigt sich nicht nur finanziell
Also, werde glücklich mit meinem Schmuck. Aber ehrlich gesagt weiss ich, dass du das ganz sicher nicht wirst. Und das ist ein bisschen Genugtuung für mich.

Liebe Grüsse

Deine Frau B.

P.s.: Godzilla geht es tipptopp. Sie hat zwar elendiglich geschrieen im Schrank, als ich sie wohl nach Stunden dort entdeckte. Und sie hat mir in ihrer Verzweiflung die Schublade zerkratzt. Nicht, dass dich sowas interessieren würde, ich weiss schon. Aber eben, es gibt sowas, das nennt sich "Emotionen". Das ist das Wertvollste, das wir haben können im Leben. Und du hast das nicht, was dich schon mal zu einem sehr armen Menschen macht, Schmuck hin oder her. 

Ich könnte dir sonst noch ein paar Ex-Freunde von mir vorstellen, die haben das mit den Emotionen auch nicht so. Ihr wärt ein tolles Team! 

Anyway.

Good luck!




Montag, 9. Januar 2023

153 Es como una manzana verde, pero con muchos sabores

HAPPY NEW YEEAARRR!!!!!!

Und ja, mit dem alten Jahr ging auch meine Reise zu Ende - leider. 

Hier also meine kleine Review zu Ecuador:

Ich muss sagen, ich war erstmal nicht so begeistert, als ich in Quito aus dem Flugzeug stieg. Es war nämlich arschkalt. Ich hatte während meinen Aufenthalten in der Karibik ein bisschen vergessen, dass die ecuadorianische Hauptstadt auf rund 3000 Metern Höhe liegt und das spürt man/frau halt. Kleidertechnisch war ich nicht sonderlich gut vorbereitet, und interessanterweise sind es die Häuser dort auch nicht so, jedenfalls fehlte es überall an Heizungen. 
Also war Schichtenlook angesagt. Sah scheisse aus und hielt auch nicht ganz so warm wie erwünscht, aber ich will mich ja nicht beschweren. 



Einmal der Mittelpunkt der Welt sein
Anyway. 
Quito ist nichtsdestotrotz (komischstes Wort ever - noch komischer als "komischstes") eine sehr schöne Stadt. Viele koloniale Gebäude, Kirchen und Marktplätze, die Atmosphäre schien mir sehr entspannt. Ich blieb länger als ursprünglich geplant, weil ich mich so wohl fühlte. Um so verwunderter war ich, als mir der Hostelbesitzer mitteilte, dass er bereits ab 18.30 Uhr die Tür zusperre und ich doch dann auch nicht mehr auf den Strassen unterwegs sein sollte, da zu gefährlich. 
Ich hielt mich nicht wirklich daran, denn was soll ich schon so früh am Abend in meinem Zimmer machen, ist ja totlangweilig. Passiert ist mir nie etwas, zum Glück. 

Natürlich ist in Quito ein Besuch bei der Mitad del Mundo, also am Erdmittelpunkt, ein Muss. Es ist eine ziemlich unspektakuläre gelbe Linie, die genau auf dem Äquator (jetzt wissen wir auch, warum das Land so heisst wie es heisst) liegen soll - es faktisch aber nicht tut. Aber das ist mir zu wissenschaftlich. Gibt gute Fotos das Ganze, das reicht mir schon 😝 Einmal der Mittelpunkt der Welt sein, halt!

Aber eben, das Klima... ich brauchte wieder Wärme, deshalb beschloss ich, in den Nordosten Ecuadors zu reisen, nach Cuyabueno in den Regenwald. Drei Nächte in einer Urwald-Lodge, die nur per Boot zu erreichen ist - ich sag euch, das ist nicht nur klimatisch ein Traum! Allerdings hatte ich in meiner Euphorie ganz vergessen, dass es im Regenwald kein wifi gibt, weshalb mich einige Leute in der Heimat schon für tot hielten, da mein Mitteilungsbedürfnis plötzlich abbrach. Tut aber auch mal gut, so ein bisschen digitales Detox. 

Ohne wifi und ohne Mann
Anstatt TikToks zu schauen, verbrachte ich die Tage mit viel Boot fahren, exotische (und sehr giftige!) Tiere bestaunen und durchs Gehölz laufen. Dabei wurde ich auch immer mal wieder nass - der Regenwald machte seinem Namen alle Ehre. Wir waren eine coole Truppe, rund fünf Pärchen, eine Französin und ich. Es hatte noch eine zweite Reisegruppe in unserer Lodge, die war offenbar nicht so cool wie wir. Denn eines schönes Tages überlegte sich ein Krokodil im Fluss, deren Boot anzugreifen, worauf es kenterte und sämtliche Insassen an Land schwimmen mussten, das Krokodil schön hinterher. Ich habe das zerbissene und zerbeulte Ruder gesehen, mit dem sie es in die Flucht schlagen konnten. Obwohl das Ganze echt nicht lustig ist, ist es lustig - versteht ihr, was ich meine? 😎

Ich möchte meinen Urwaldtrip auch gleich noch zum Anlass nehmen, um das Thema "alleinreisende Frau" aufzugreifen. Von uns gibt es ja wirklich genug auf dieser Welt, und ja, wir suchen uns das selbst aus. So einige Männer finden das aber immer noch seltsam und können sich einfach nicht vorstellen, dass wir uns tatsächlich alleine zurechtfinden können. Und nicht auf der Suche sind nach ihnen. 
So geschehen also auch im ecuadorianischen Regenwald. Als der Guide und ich mal zufällig etwas weiter weg vom Rest der Gruppe im Wald standen, nutzte er die Gelegenheit gleich aus, um sich über meinen Zivilstand zu erkundigen. Und sich mir anzubieten, denn ich wolle ja sicher einen Ehemann.


Ich weiss, ihr seid jetzt enttäuscht zu hören, dass ich sein Angebot ausgeschlagen habe. Wie übrigens auch einige Male in Kuba und Panamá. Sorry, keine Traumhochzeit in Weiss!

Aber der Guide war darüber gar nicht mal so traurig. Als ich nämlich abreiste, wurde ihm bewusst, dass die Französin nun alleine im Zimmer war (wir hatten uns eins geteilt). Also bot er ihr ganz selbstlos eine entspannende Rückenmassage an, wie sie mir später mal per Whatsapp mitteilte.

Überraschung: Auch sie lehnte ab. 

Und die Moral der Geschicht: Reisen geht auch wunderbar ohne starken Mann an seiner Seite. Ich jedenfalls hab den Weg noch immer allein gefunden.

Gut, ich habe mich auch sehr oft verirrt, aber das ist Teil des Abenteuers.

Kartoffelsuppe und Coiffeur vor dem Highlight
Jetzt aber weiter mit Ecuador.
Nach dem Urwald blieb ich wieder den Städten treu. Baños - sehr touristisch, aber auch sehr schön, umgeben von grünen Bergen. Ich hab mir dort Wasserfälle angesehen und sehr viel gegessen. Übrigens hab ich mich in Ecuador glaub ich am anständigsten ernährt auf meiner gesamten Reise. Es ist auch dort wie wohl in ganz Lateinamerika nicht ganz so einfach für VegetarierInnen, aber ich empfehle das Nationalgericht Locro: Kartoffelsuppe mit Käse und Avocado. Und Humitas, so eine Art süssliche Polenta im Maisblatt serviert. 


Dann Cuenca. Wirklich malerisch, mit 56 Kirchen, wenn ich mich richtig erinnere. Dort ging ich das erste Mal seit meinem Aufbruch in Tsüri mal wieder zum Coiffeur. Und liess mir die Nägel machen. Ich lieh mir ein Velo aus, um die Stadt besser erkunden zu können. Und ins Kino (SMILE, kann ich allen empfehlen, die so gerne Horror haben wie ich). Und bereitete mich so auf das Highlight vor, den Part meiner Reise, auf den ich mich eigentlich am meisten gefreut hatte:

Galápagos. 

Nach rund anderthalb Stunden Flug ist man/frau in einer komplett anderen Welt. Das wird einem schon am winzigen Flughafen von Santa Cruz klar, einer der Hauptinseln der Galápagos: Nach einem kurzen Spaziergang über das Rollfeld wird in ein Bus gestiegen, dann in ein Boot (das Gepäck dabei aufs Dach geschnallt, ich frag mich, wie die das bei einem Sturm machen) und wieder in einen Bus. Dann steht einem die Inselwelt offen. Vom Städtchen Puerto Ayora aus gehen sämtliche Schiffe und Touren los, und das Angebot ist schier unerschöpflich.
Und übrigens auch SAUTEUER!!! Galápagos ist wirklich once in a lifetime, denn danach musst du anschaffen gehen. Unglaublich, die Preise dort!

Eine Schifffahrt, die ist lustig
Vor allem für die Kreuzfahrten - aber leider ist das wirklich das absolut Geilste, das es auf dieser Inselwelt zu machen gibt, und ich lege das wirklich allen ans Herz. Auf diese Weise können all die kleinen Inseln und unzähligen Sehenswürdigkeiten am schnellsten und bequemsten erreicht werden, und es ist auch immer gleich ein Guide mit dabei. Das ist viel praktischer, als mehrere einzelne Touren zu buchen. Ausserdem ist das Leben an Bord auch ganz lustig - obwohl ich sagen muss, dass ich mir natürlich nur die Holzklasse geleistet habe, last minute, und auch nur drei Nächte. Trotzdem habe ich ein Vermögen ausgegeben, aber naja, eben, once in a lifetime. Ich teilte mir eine Kajüte so gross wie eine Schuhschachtel mit einer jungen Engländerin. Wenn eine von uns auf die Toilette wollte, musste die andere quasi aus dem Zimmer, weil die Badezimmertüre praktisch den gesamten Raum ausfüllte. Und ich lag übrigens oben - ich weiss heute noch nicht, wie ich es geschafft habe, bei diesen Wellengängen teils nicht aus dem Bett zu fallen nachts. Aber ich fand es eigentlich noch beruhigend, so hin und her geschaukelt zu werden, ich schlief tief und fest wie ein Baby in seiner Wiege. 

Essen an Bord bei voller Fahrt war aber nicht sehr angenehm. Wenn du beim Gang zum Buffet viermal in den Tisch, in die anderen Leute oder die Wand knallst, dann wird dir irgendwann so richtig schlecht. 
Ach, und in der Dusche war das Wasser braun (vom Rost, wurde mir versichert), und wurde nie richtig warm, und leider war ich nicht in der heissen Jahreszeit auf den Galápagos. Ihr kennt ja meine Aversion gegen kaltes Wasser auf der Haut, ich habe also sehr gelitten.
Und noch mehr in meinem (auch viiieeelll zu teuer!!!) geliehenen und etwas zerlöcherten wet suit beim Schnorcheln. Das Meer war zwar wunderschön türkisblau, aber SOOOO VERDAMMTSCHEISSEHUERESIECHARSCHKALT, dass ich mich den Haien schon bald freiwillig zum Frass vorgeworfen hätte, weil mir dieser Tod als angenehmer erschien als zu erfrieren. 

Pleite, aber happy
Aber hey, ich will mich wirklich nicht beschweren, denn trotz Frieren, leerem Konto und blauen Flecken sind die Galápagosinseln einfach das pure Paradies! Kein Wunder, hat es Darwin dort so gut gefallen und kam er dort zum Schluss, dass nur die Fittesten überleben.
Haie, Iguanas, Schildkröten, Flamingos, Boobies (das sind die Vögel mit den blauen Füssen und die heissen wirklich so), Pelikane, Seelöwen (die dort wirklich an jeder Ecke rumliegen, auch auf dem Trottoir und auf den Parkbänken), Krabben, Fische - you name it, alles gibt es dort und in unglaublichen Mengen. Dazu sind auch die verschiedenen Inseln komplett unterschiedlich: Mal gibt es Strand mit rotem Sand, mal Buschlandschaft, mal Lavaformationen. 
                                      



Kurz gesagt: Es gab keinen besseren Abschluss für meinen Lateinamerika-Trip als diesen. Und zum Glück war es der Abschluss, denn wäre ich gleich zu Beginn auf die Galápagos, hätte ich den Rest der Reise canceln müssen, weil ich pleite gewesen wäre (ich erläutere jetzt hier die Trinkgeld-Policy auf den Kreuzfahrtschiffen nicht noch näher, weil ich niemanden abschrecken möchte - aber hey, PUTA MADRE??!!). 
Aber wirklich wahnsinnig vielfältig, dieses Ecuador. Koloniale, sehr katholische Städte, Regenwald, Berge, Vulkane, Strände, Inseln - ein Einheimischer hat es mir so zusammengefasst: "Ecuador ist wie ein grüner Apfel, aber mit vielen Geschmäckern" ("Es como und manzana verde, pero con muchos sabores"). 

And finally: Godzi!
Obwohl ich mit meinem Rucksack gerne noch weitergezogen wäre, war ich jetzt bereit für Godzilla. Und ich bin der kleinen schwarzen Bitch wirklich sehr dankbar, hat sie mir es nicht übel genommen, dass ich sie in die Tierpension abgeschoben hatte. Sie war ja sooooooo happy, als ich sie in unserer Wohnung aus der Transporttasche befreite - und brachte mir zum Dank gleich drei tote Vögel an einem Tag nach Hause. 

Tja, nun bin ich also wieder hier. Und deshalb normalisiert sich auch der Blog wieder. Die nächste Ausgabe kommt auch wieder als Podcast, ich verspreche es. 

Und der nächste Flug nach Ecuador ist übrigens auch schon wieder gebucht. Nein, nicht nochmal auf die Galápagos, habe ich im Lotto gewonnen oder was? Der Grund ist ein anderer, aber dazu später mehr. Vielleicht. 

Falls ihr individuelle Reisetipps braucht, etwa, wie ihr nicht vom staatlichen Bus stehengelassen werdet, keine Bustickets auf windigen Fähren verliert und dann doppelt zahlen müsst und nicht von Typen geghostet werdet, die drei Chihuahuas zu Hause haben und euch noch eine Geburtstagsparty in Buenos Aires versprechen - I'm here. 

P.s.: Humitas wäre jetzt geil... 




Sonntag, 20. November 2022

152 Nuestro país es para todos

Ständig unterwegs, schlechtes oder nicht vorhandenes wlan, Schreiben auf dem ipad ist nicht so geil und einfach kein Bock auf nix, nur das Leben geniessen.

Das sind meine Ausreden, warum ich mich erst jetzt wieder melde. Aus Panamá. Also, da bin ich auch schon wieder weg, aber in diesem Post geht es jetzt um meinen Trip durch Panamá. Dorthin bin ich nach meinem Kuba-Aufenthalt geflogen - übrigens am Tag, an dem Hurrikan Ian in der Karibik auffuhr. Mein Flieger war der letzte, der noch abheben durfte, worüber ich nicht ganz unglücklich war. Für die Zurückgebliebenen war es nämlich nicht ganz so lustig, und manchmal frage ich mich, warum solche Naturkatastrophen auch immer diejenigen treffen müssen, die es sonst schon nicht einfach haben im Leben. 
                                
       


Erst ein bisschen "Heimweh"
Aber ich landete also in Panamá City, der Hauptstadt. Und am Flughafen fing es schon mal gut an, als der Typ, der meine Papiere checkte, mich total sorgenvoll fragte, was ich denn ganze ZWEI WOCHEN in Panamá machen wollte? Ich so: "Na, Sie machen mir jetzt aber nicht grad Lust auf Ihr Land!"- Er: "Doch doch, es ist schön hier, aber grad so lange... Sie kommen von Havanna, sind Sie Kubanerin?"- Ich: "Sie halten gerade meinen SCHWEIZER PASS in Ihrer Hand..." 

Egal.

Also, ich bin keine Kubanerin, weder im Pass noch äusserlich, und Panamá City ist auch ganz anders als Havanna. Es gibt dort nämlich LÄDEN, und ganz heimlich hatte ich mich mega darauf gefreut!! Ich konnte wieder einkaufen, was ich wollte, und mich endlich wieder meiner geliebten Völlerei widmen! Das hatte zur Folge, dass ich mich während meines gesamten Panamá-Aufenthaltes nur von Snacks (ich hatte vergessen, wie selten geil Cheetos sind, trotz der roten Finger hinterher, mit den man/frau Kleider, Handtücher und Bettwäsche rot einfärbt) und Süssigkeiten ernährte, weil ich in jeden Supermarkt ging, an dem ich vorbeikam. Ein Restaurant sah ich selten von innen, und wenn, dann auch nur um fettige Pommes oder Burger in mich reinzustopfen, weil ich doch tatsächlich ganze drei Wochen zuvor auf Fastfood und Konsum hatte verzichten müssen. 

Ansonsten aber ich muss ich sagen, dass ich in den ersten Tagen in Panamá irgendwie Kuba vermisste. Ich musste mich erst wieder an blitzblanke Hochhäuser gewöhnen (irgendwie haben Ruinen doch mehr Charme). Dann das panamensische (panamaische? panamesische?) Klima: Feuchtwarm. Meine frisch gewaschene Wäsche sollte auf der ganzen Reise nicht mehr richtig trocken werden und irgendwie fühlte sich die Haut immer so klebrig an. Wohingegen das kubanische Wetter perfekt für mich war: Heiss wie Sau 24 Stunden lang, du trittst auf die Strasse und schon hast du x Schweissflecken - ich liebe es!
Ah, und Heisswasser in der Dusche: In Kuba überall selbstverständlich. In Panamá nicht, wie ich leider feststellen musste. Und wer mich kennt, weiss: Lieber würde ich in ein Wespennest beissen als kalt zu duschen! Auch nicht in der Wüste bei 78 Grad! Geht einfach nicht, ich würde sofort an einem Herzinfarkt sterben. 

Panamá ist Party Place
Und deshalb muss ich gestehen, dass mich Panamá City erstmal irgendwie nicht so überzeugte und ich deshalb kaum das Hostel verliess. 
Ok, auch, weil dieses über eine sehr geile Rooftop-Bar mit toller Aussicht auf die Skyline der Stadt verfügte, gebe ich zu. Und hier wurde mir auch klar, was für eine Art Touristen Panamá hauptsächlich anlockte: Hippe, schöne Menschen um die 20, die gerne surfen und Party machen. Mit viiiieeeeel Alkohol. Diesen versuchte ich als alte, langweilige Schachtel nun für den Rest meiner Reise auszuweichen.

Ach, einmal verliess ich das Hostel übrigens doch noch, um mir kurz den Panamakanal anzuschauen und dort stundenlang zu warten, bis das Schiff endlich die Schleuse passierte (muss irgendwie ein furchtbar langweiliger Job sein, Panamakanal-Kapitän, aber unglaublich gut bezahlt, wie ich mitbekam).

Danach zog es mich schnell weiter an die südliche Pazifikküste, weil ich die Isla de Coiba sehen wollte - ich liebe Inseln und ich liebe Boote und Schnorcheln. Dafür musste ich aber zuerst irgendwie sechs Stunden Bus fahren, und zwar mit Dauerbeschallung aus einem Fernseher, der in Dauerschlaufe 80er-Jahre-Musikvideos von sehr schnulzigen Latino-Popsongs zeigte. Hat sich aber gelohnt, vor Coiba haben wir sogar Delfine gesehen. Und die weissen Sandstrände waren auch der Hammer, THE BEACH lässt grüssen. Das "Heimweh" nach Kuba war verflogen.


Kotz-Kafi für hunderte Franken
Als nächstes ging es weiter ins Landesinnere, nach Boquete, zu Panamás wunderschönen grünen Bergen. 
Dort war es allerdings so arschkalt, dass ich mir einen Alpaka-Pulli und gefütterte Leggings kaufen musste. Ausserdem regnete es ununterbrochen, weshalb ich leider die Wasserfälle und Aussichtspunkte dort nicht richtig erkunden konnte.

Haha, ich bin so eine gute Lügnerin! 😜

Ich meine, das Wetter war wirklich scheisse, aber ganz ein bisschen kam es mir auch gelegen, denn wer mich kennt, weiss: Ich hasse ja Wandern! Rumlaufen ja, das kann ich stundenlang und mache ich auch überall. Aber so richtig Wandern, bergauf und so, mit Wanderschuhen und schwerem Rucksack und Schwitzen und Wasserflasche dabei - nein, danke. Deshalb und natürlich hauptsächlich wegen dem Regen hab ich mir in Boquete nur eine Kaffeeplantage angesehen und weiss jetzt den Unterschied zwischen Arabica- und Robusta-Bohnen - hab ihn aber auch schon wieder vergessen. 
In Panamá wird übrigens der teuerste Kaffee der Welt angepflanzt, Geisha heisst er. Dafür blättern offenbar Asiaten gerne mal ein paar hundert Dollar hin pro Tasse, ich kann euch aber sagen: Er schmeckt zum Kotzen!


Schlimmer als die 20-jährigen!
Also schnell wieder ans Meer, in den Norden Panamás, zurück in meine geliebte Karibik! 
Und die enttäuscht einfach nie: Bocas del Toro, Leute, das ist mal ein Paradies! Also, nicht auf der Hauptinsel, wo einen an jeder Ecke eine Disco oder Bar erwartet, wo einem vor allem am Wochenende reihenweise betrunkene StudentInnen entgegentorkeln und sehr laute Salsa- oder Hitparaden-Musik entgegendröhnt. 
Aber ich empfehle euch eine der kleineren Inseln und ein Zimmer direkt am Meer - das ist wirklich der Himmel auf Erden! In Ruhe in der Hängematte fläzen, während unter einem bunte Fische hindurchschwimmen (und den Kompost fressen, der einfach ins Meer gekippt wird), was will Mensch denn mehr? 

Ich hielt es so fast eine ganze Woche aus, im wunderschönen Hostel einer Französin. Ich machte  da eigentlich nichts als einfach nur Sein. 
Bis ich am Wochenende ein schlechtes Gewissen bekam und dachte, ich müsse ja doch mal kurz zurück in die Zivilisation. Also nahm ich ein Taxiboot auf die Party-Hauptinsel und traf mich dort mit einem Brasilianer, den ich zuvor beim Taco-Essen kennengelernt hatte. Einen Gin Tonic wollte ich mir genehmigen und dann zurück in mein schönes Bett über dem Wasser, weeeiiit weg von der feiernden Jugend, die sich ja noch austoben muss, was ich in meinem Alter ja nicht mehr nötig habe.

Ähä.

Aus einem Gin Tonic wurden mindestens sieben, irgendwann konnte ich nicht mehr zählen. Und am nächsten Morgen wachte ich in einem Hostel auf, das nicht meines war, auf der falschen Insel, nicht in meinem bequemen Doppelbett, sondern in einem vollbesetzten 10er-Schlag, neben dem Brasilianer. Ein Bild für die Götter! Mit über 40 Jahren nochmal so einen Absturz durchzugeben, schlimmer als die 20-jährigen Surfer, die ich wohlgemerkt bisher für ihr Benehmen eher mitleidig belächelt hatte, so im Stil: "Hach, so herzig, bin ich echt au mal so peinlich gsi?", ist wirklich eine ganz grosse Leistung 😂
Die fremden Leute im Zimmer fanden es aber nicht mal komisch, dass im einen Bett jetzt plötzlich zwei Personen lagen, und die eine davon in einem eleganten roten Kleid, das sie sich extra für den Ausgang angezogen hatte, wahrscheinlich hatten sie hier schon so einiges erlebt. Beim Verlassen des unbekannten Hostels fand ich noch meine Unterhose neben der Tür - egal, ich will es gar nicht wissen 😆

Ich hab's nicht so mit Bussen
Jedenfalls hatte ich mein Frühstück bei der Französin verpasst, und da ich gerade ihr einziger Gast war, würde das auffallen. Auf dem Taxiboot zurück nach Hause (die Haare in alle Richtungen, das Makeup verschmiert und die Unterhose in der Bauchtasche) überlegte ich mir deshalb passende Ausreden - aber die Französin erwartete mich bereits mit einem breiten Grinsen am Steg und da war mir klar: She knows 😎 Sie sagte nur, sie hoffe, ich hätte eine tolle Nacht gehabt, weil sie nämlich schon, ihr Liebhaber sei zu Besuch gewesen - na, zum Glück war ich nicht zu Hause 😁                   
              

Und damit endete mein Aufenthalt in Panamá. Ich nahm das Boot zurück aufs Festland (und auf der sehr rasanten Fahrt war es so windig, dass mein Ticket für den Nachtbus davonwehte und ich mir nochmal ein neues kaufen musste - 17 Dollar futsch, juhe! Aber seit Kuba weiss ich ja, dass ich es mit Bussen nicht so habe...) und fuhr nach Panamá City zurück an den Flughafen. 

Mein Fazit: Panamá ist wunderschön, vor allem die Karibikinseln. Ganz klar Lateinamerika, mit Salsa an jeder Ecke, Männern, die einem hinterherpfeifen und einer Menge Lebensfreude und Gastfreundschaft ("Nuestro país es para todos", "Unser Land ist für alle da", wie es mir ein Einheimischer zusammenfasste), aber historisch bedingt auch ziemlich amerikanisch geprägt, was den Charme irgendwie ein bisschen schmälert - trotz Gin Tonics, haha! 

In Ecuador war er dann wieder da, auch ganz ohne Alkohol. Ihr werdet es erfahren, im nächsten Post. 

Hasta muy pronto!