Sonntag, 13. August 2023

156 Der Alptraum vom missratenen Haarfön

Wie war euer Sommer? 
Also, er dauert ja noch an, zum Glück, sprich, nimmt gerade einen neuen Anlauf. Ich habe ihn bisher sehr genossen. Auch ohne Ferien, denn ich habe gerade den Job gewechselt und bin mich immer noch am Eingewöhnen und Behaupten in der Probezeit. Aber keine Angst, es läuft gut und ich bin happy. Auch mit den derzeitigen Temperaturen über 30 Grad, die sind genau mein Geschmack. Sexuell läuft es auch top - hahaaaa, ich weiss genau, dass einige von euch jetzt hellhörig geworden sind 😝😝 Ihr Grüsel! Die Klickzahlen sind gerade in die Höhe geschnellt, nur wegen der einschlägigen drei Buchstaben 😅 Die ziehen einfach immer! Leider aber ist das heute nicht das Thema, sorry! Vielleicht später mal. Alles in allem kann ich euch einfach sagen: Sommer 2023, I love you!

Und ooooohhh maaaaann, dieser Sommer hatte ja auch soooo spannend begonnen! 

Ich spreche vom U-Boot Titan, dass auf dem Weg runter zur Titanic implodiert ist. 

Das Meer ist geil - und creepy
Ja, tatsächlich, ich habe das sehr intensiv verfolgt. Denn etwas müsst ihr über mich wissen: Ich liebe das Meer. Genauer gesagt, alles was unter der Meeresoberfläche ist. Noch genauer: Alles, was einem da unten so richtig Schiss macht. Grosse Haie. Giftige Fische. Schiffswracks. U-Boote. Die absolute Dunkelheit. Die Tatsache, dass es unter Wasser keinen Sauerstoff gibt. Und der Druck auf den Körper zunimmt. 
Ich verfüge ja seit mehr als 20 Jahren über einen Tauchschein. Gehe ich tauchen? Nein. Weil ich mir jedes Mal fast in die Hosen mache vor Angst. Nicht wirklich vor den Viechern. Aber das Wissen, dass ich von einer Sauerstoffflasche auf meinem Rücken abhängig bin, macht mich wahnsinnig. Ich stelle mir Ertrinken unglaublich schrecklich vor, aber offenbar sei es gar nicht so schlimm... hab ich von meinen geliebten True Crime-Serien gelernt. 

Also, das Meer ist geil, aber sowas von creepy!

Damit zurück zur Titan. 
Sorry, ich wäre ja die ERSTE gewesen, die mit einem U-Boot runter zur Titanic wäre, hätte mir das ein spendabler Millionär offeriert! Oder in den Marianengraben, zu den gigantischen Megalodons und Riesenkraken! 
Aber seit der Titan: Nä-ähh!!! 

Eine halbe Million für einen hässlichen Fön
Erstens habe ich nicht mal gewusst, dass es überhaupt möglich ist für Privatpersonen, zur Titanic runterzutauchen. Ich dachte, dass sei einzig der Wissenschaft vorenthalten.
Ok, wie immer ist mit Geld ja alles möglich, das hätte mir eigentlich schon vorher bewusst sein müssen. 

Zweitens: Habt ihr euch dieses Ding mal genau angekuckt?? Das ist winzig! Nicht mal anständig sitzen kann man/frau dort drin. Pardon, aber für eine halbe Million Dollar pro Ticket will ich gefälligst einen Stuhl, das ist ja wohl das Mindeste! Und sowieso: Ein U-Boot, dass ganze vier Kilometer in die Tiefe taucht, kann doch nicht aussehen wie ein missratener Haarfön! Ich habe Videoaufnahmen gesehen von ehemaligen Passagieren, die ihre Reise dokumentiert haben, und da wird zum Einsteigen einfach mal schnell vorne die Nase abgeschraubt und dann wieder drangemacht. Das sieht für mich als Laien ziemlich undicht aus. Wie gesagt: Die Titan muss ganz schön viel Druck aushalten, 4000 Meter unter der Wasseroberfläche. Ich darf mit meinem mickrigen Open Water-Ausweis ja gerade mal 20 Meter runtertauchen, und ich finde das schon eine ziemliche Herausforderung, vor allem für mein Trommelfell. Und darum stelle ich mir ein U-Boot, dass zur Titanic runtertaucht, eigentlich auch eher so ein bisschen vor wie dasjenige in "Roter Oktober" oder "Das Boot". Einfach massiv. Mit doppelt und dreifach gesicherten Luken. 
Und so einer superdigitalen Kommandozentrale mit ganz vielen Knöpfen, Schiebern und Bildschirmen. KEIN Joystick, ok? Das ist nicht Super Mario, das ist the real shit!! Da unten in der Tiefe ist niemand, der dir helfen kann, wenn dieser verdammte Joystick einen Wackelkontakt hat!
Und bitte mit einem grösseren Fenster oder mehreren! Habt ihr das Mini-Loch vorne bei der Titan gesehen? Da siehst du ja gar nichts! Du tauchst vier Stunden runter und schwebst dann vor dem Wrack der Titanic - aber musst zuerst noch mit allen anderen Passagieren um den Logenplatz rangeln! Und wie gesagt: Für 500'000 Dollar. Nein, danke!

Ein PLOPP!! und alles ist vorbei
Aber ja, was verstehe ich schon von Physik und vor allem von U-Booten. Gut, seit der Titan ein bisschen mehr. Offenbar können U-Boote ja nicht sinken, sie würden auftreiben, wenn der Motor ausfallen würde, wenn ich das richtig verstanden habe. Das wäre natürlich aber auch nicht ideal, wenn der Druck nicht ausgeglichen werden kann. Ich erinnere mich düster an meinen Tauchkurs am Great Barrier Reef von vor 20 Jahren, wo wir beim Auftauchen jeweils minutenlang an der Ankerkette ausharren mussten, während uns die Quallen in aller Ruhe zerstochen haben - yep, mein Wetsuit hatte leider kurze Hosen. 

Ja, und jetzt weiss ich auch, was eine Implosion bedeutet. Dass es bei zu viel Druck rundherum einfach irgendwann PLOPP!!!!! macht und dann auch ein U-Boot wie eine Cola-Büchse zusammengepresst wird. Und damit natürlich auch alles, was in ihm drin ist. In einer Millisekunde ist alles vorbei. 
Ich habe online x Animationen gesehen, die gezeigt haben, was bei einer Implosion mit menschlichen Körpern passiert. Es gab verschiedene Versionen: Die Körper würden sich bei so viel Druck komplett verflüssigen. Oder: Nur noch die Haut und die Kleider bleiben übrig. Oder: Die Körper werden in unzählige Teile zerfetzt. Auf jeden Fall geht es so schnell, dass Schmerzen kein Thema sind.
Trotzdem: Jede Version finde ich extrem eklig. Und noch ekliger ist, das darüber schon überall diskutiert wurde, während noch gar nicht klar war, was mit der Titan überhaupt passiert ist. Sprich: Auch die Angehörigen, die oben auf dem Schiff vielleicht noch ein bisschen Hoffnung hatten, haben diese Diskussionen im Netz wahrscheinlich gelesen und die Animationen dazu gesehen. "Wie ist mein Mann, mein Sohn gestorben?"

Kucken ist wichtiger als Mitgefühl
Was für eine grässliche Vorstellung! Ein Alptraum! Ein Alptraum mit hässlichem Haarfön! Hoffentlich hatten sie kein wlan dort auf dem Atlantik. Aber spätestens an Land prasselten dann all diese Infos auf sie ein. 
Die Welt ist wirklich ein unsensibler Ort. Es geht immer nur darum, die Neugierde und Sensationslust aller Unbeteiligter zu befriedigen. Aber diejenigen zu schützen, die von einer Katastrophe wirklich betroffen sind, daran denkt eigentlich niemand.
Und ja, ich muss mich da auch selber an der Nase nehmen, denn mich interessiert es ja auch, was mit einem verschwundenen U-Boot so alles passieren kann. 

Wo es allerdings dann aufhört: Wenn wir das Handy draufhalten, während jemand gerade von einem Hai gefressen wird. So geschehen auch in diesem Sommer in Ägypten. Wahrscheinlich habt ihr die Aufnahmen auch gesehen. Der ganze Strand war gesäumt von Schaulustigen, und der arme Typ im Wasser schrie verzweifelt nach seinem Vater, während der Hai immer wieder angriff. Meiner Meinung nach dauerte es echt viel zu lange, bis endlich mal jemand mit einem Boot zu ihm rausfuhr. Natürlich war es zu spät. 
Aber ja, die Frage ist: Was würde ich selber machen, wenn ich am Strand Zeugin eines solchen Vorfalls würde? Wegschauen? Selber in ein Boot springen und rausfahren? Zur betroffenen Person rausschwimmen und dabei riskieren, selber zu sterben?

Ich weiss es wirklich nicht.



Der Tod ist der Tod
Würden wir übrigens auch filmen, wenn vor uns ein auf dem Meer ein Boot mit Flüchtlingen untergehen würde? Oder würden wir alles daran setzen, um zu helfen?
Weil, die toten Flüchtlinge wurden in den Medien nicht so diskutiert wie die Millionäre in der Titan. Wie sie gestorben sind und ob sie gelitten haben, fragt sich irgendwie niemand. 
Wahrscheinlich, weil sinkende Flüchtlingsboote schon langsam zum Alltag gehören. Es ertrinken halt mehr Syrerinnen und Afghanen als dass sie von einem Hai gefressen werden. Oder im einem Haarfön zur Titanic runtertauchen. Das macht es zwar nicht weniger schrecklich, aber weniger sensationell. 

Ich finde alle Opfer komplett unnötig: Menschen, die auf der Flucht ums Leben kommen. Menschen, die in einer überteuerten Blechbüchse implodieren. Und Menschen, die von Raubtieren gefressen werden. Was sie verbindet: Sie haben sich alle wissentlich in Gefahr begeben. Der Unterschied: Einige von ihnen hatten einfach keine andere Wahl. 
Aber der Tod ist der Tod, und für die Hinterbliebenen immer eine Katastrophe. Hier sind wir alle gleich. Also zollen wir bitte allen Toten den selben Respekt. 

Ok, nicht ganz allen, vielleicht. Es gibt schon ein paar Menschen auf dieser Welt, die keinerlei Respekt verdienen.
Und nein, ich spreche jetzt nicht von meinem Ex. Aber ihr wisst, was ich meine.

So, ich fasse zusammen: MEIN Sommer war bisher gut. Aber meinen Traum von einem Tauchgang in einem U-Boot lege ich bis auf Weiteres auf Eis - ausser, das U-Boot hat James Cameron persönlich gebaut. Ich liebe Haie immer noch, bin mir aber bewusst, dass sie mich nicht lieben. Als Schwimmerin bin ich Gast in ihrem Reich, nicht umgekehrt. 
Und Krieg ist einfach scheisse 😡

Ich wünsche euch trotzdem noch einen schönen Rest des Sommers und bis zum nächsten Mal!

S.E.X.
Funktioniert einfach immer! 😂


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