Freitag, 17. Juli 2020

124 Ich kann jetzt Tik Tok

Heiliger Bimbam, schon ein Monat wieder vorbei!!

Man könnte meinen, ich sei so wahnsinnig beschäftigt und in den Ferien - dabei ist ja Corona, also, aus den Malediven wird dieses Jahr eh nichts.
Gut, da wäre ich jetzt auch ohne Virus nicht hin, aber egal, ihr wisst, was ich meine. 

Nein, der Grund, weshalb ich mich hier erst jetzt wieder melde, ist wohl, dass ich einerseits seit einigen Wochen abends einem speziellen Unterhaltungsrogramm fröne, das euch aber weiter nichts angeht (und ich muss innerlich jetzt sehr lachen, weil ich weiss, dass es euch vor Neugierde fast zerreisst, hihi!!). Und andererseits, weil ich eine neue Art der kreativen Beschäftigungstherapie entdeckt habe: Tik Tok. 

Jahaaaa, ich höre euch schon stöhnen und murren und hämisch auflachen! 
"Die kommt aber früh, das gibt's doch schon eeewig!!"
"Waasss?? Da sind doch nur Teenies drauf, wie peinlich ist das denn??!!"
Leute: Ist mir scheissegal!!


Erstens ist es tatsächlich so, dass ich jemand bin, der sich vor technischen Neuerungen erst immer so ein bisschen sträubt.
Ich war sicher nicht die erste mit Smartphone, für Facebook musste man mir ungefähr 20340 Einladungen schicken, bis ich anbiss damals, Instagram hielt ich lange für etwas Essbares, und erst, als mich wirklich alle dafür auslachten, dass ich meine Lieblingssongs immer noch mittels so halblegaler Online-Tools von Youtube-Links in mp3-Dateien konvertierte, um sie in mein iTunes zu laden, legte ich mir ein Spotify-Abo zu.

Und jetzt also Tik Tok.
Falls es da draussen Leute gibt, die noch hinterwäldlerischer sind als ich: Das ist eine App fürs Handy, mit der man vor allem kurze Lip-Sync-Videos machen kann. Oder zu Musik tanzen. Letzteres mache ich aber nicht, dass überlasse ich wirklich den Teenies.
Aber lipsyncen (oder wie schreibt man das? Lipsynchen?) ist einfach zuuuuuuuu geil, das muss ich als teuer ausgebildete Schauspielerin wirklich sagen! :-)

Jedenfalls erreichen meine Freunde nun jeden Tag kurze Videos von mir, in welchen ich etwa als Anke Engelke an der Migros-Kasse stehe, Hilfs-DJ von Calvin Harris bin oder ein Kind oder die doofe Nadine aus Frauentausch ("Erdbeerkäse"!!!).
Jupp, damit Tik Tok auch wirklich lustig ist, tut man natürlich gut daran, wenn man sich ein bisschen in der Boulevard- und Trashszene auskennt. Check!
Geburtstagsgrüsse: Nur noch per Tik Tok.
Jemand geht dir auf den Sack? Sag es per Tik Tok!
Zu viel Stress auf der Arbeit? Reg dich ab mit einem Tik Tok!

Tik Tok ist für alle und alles da!
Und das Beste: Man braucht dazu nur ein Handy. Gut, anständiges Licht wär noch cool, wenn man es ein bisschen professionell aussehen lassen will. Aber den Rest besorgen die Filter, wirklich praktisch. Man kann sogar aussehen wie ein Model, obwohl man erst frisch aus dem Bett gestiegen und ungewaschen ist.

Klar, das stimmt: Wenn man sich so durch die Profile durchscrollt, werden einem auffallend viele Filmchen von auffallend jungen Menschen (in auffallend knappen Klamotten und mit auffallend viel Makeup) vorgespielt. Da muss man aber drüberstehen, denn die 40er*innen+ wie mich gibt es da auch, und die zelebrieren das auch richtig.
Einige sind wirklich verdammt gut: Perfektes Timing. Perfekte Beleuchtung. Perfektes Stativ. Da kann ich nicht mithalten, mein Handy steht jeweils in meinem Badezimmerschränkchen, da stimmt die Höhe so gut.
Einige sind aber auch einfach nur Schrott. Hauptsache im Internet sein, halt.

Egal, es macht so oder so ein bisschen süchtig! Jedenfalls kucke ich seit einigen Monaten kein Fernsehen mehr, sondern nur noch aufs Handy. Auf dem Sofa, im Tram, auf dem WC, im Bett. Aber wenigstens lasse ich mich nicht einfach nur stumpf berieseln, sondern mich inspirieren und meine Fantasie anregen, was dann wiederum meine eigene Kreativität fördert und mich zu Taten anregt.
Ich glaube, Pädagoginnen und Psychologen wären sich hier einig, dass ich wahrscheinlich nicht verdumme oder aggressiv werde und Amok laufe, was man ja von anderem Medienkonsum so behauptet.

Wer meine oscarverdächtigen Werke jetzt aber suchen geht auf der App, den muss ich leider enttäuschen: Frau B. hat kein Profil dort, das heisst ganz anders. Und ich habe kein einziges Video von mir auf Tik Tok veröffentlicht, sondern nur auf dem Handy gespeichert. Das bedeutet, nur ausgewählte Personen kommen in den Genuss meiner kreativen Ergüsse (ich bin aber übrigens bestechlich!).

Tja, die einen haben Corona genutzt, um sich das Spekulieren an der Börse beizubringen, um abzunehmen, mehr Sport zu treiben oder zu sich selber zu kommen.

Ich kann jetzt Tik Tok.
Congratulations to me!

P.s.: Meine Freund*innen finden es nicht alle cool, wenn ich sie jeden Tag mit meinen Videos bombardiere. Aber da müssen sie jetzt durch.

Dienstag, 16. Juni 2020

123 Spamulin

Mohrenkopf.

Ich weiss natürlich, was mit Mohren gemeint ist. Aber ehrlich gesagt, musste ich den Begriff erst mal googlen: „Mohr“ kommt offenbar vom lateinischen „maurus“, was „Bewohner Mauretaniens“ bedeutet und was wiederum auf das altgriechische „mauros“ zurückzuführen sei, was „braun, schwarz“ bedeutet. Und ja, die Bewohner Mauretaniens waren eben schwarz. Oder darf man das jetzt heute auch nicht mehr sagen? Was ist denn richtig? Farbig? Menschen mit dunkler Hautfarbe? Naja, Schwarze sind ja eigentlich so wenig schwarz wie wir Weisse richtig weiss sind. Also sind wir streng genommen alle farbig, denn mein Zeichenlehrer in der Schule hat mir damals beigebracht: Schwarz uns weiss sind keine Farben.

Kommt ihr alle noch mit? Komplizierte Sache.

Aber zurück zum Mohrenkopf.
Ja, seien wir ehrlich: Diese Bezeichnung ist echt nicht mehr zeitgemäss, denn „Mohr“ ist einfach ein negativ konnotiertes Wort (uuiii, „konnotiert!“ Ich bin so klug, ich kann so fancy Ausdrücke, ich hab studiert!). Wenn die Süssigkeit jetzt einfach Schwarzenkopf heissen würde, wäre der Namensstreit wahrscheinlich gar nie ausgebrochen, denn Fakt ist: Das Ding hat mit viel Fantasie die Form eines Kopfes und ist mit dunkler Schokolade überzogen. Wäre es immer weisse Schokolade, hätte man sie vielleicht Weissenkopf genannt. Und niemand würde sich darüber aufregen, weil „Du Schwarzer!“ oder „Du Weisse!“ keine Schimpfwörter sind. Sie beschreiben streng genommen einfach eine äussere Erscheinung, und daran ist nichts verwerflich, auch wenn ich weiss, dass einige vielleicht weiss besser finden als schwarz oder gelb besser als rot. Aber seien wir ehrlich: Farben kennen echt keine Ranglisten, sorry! Wer so denkt, dem ist sowieso nicht mehr zu helfen.  

Und ehrlich gesagt: Ich habe nie an einen Afrikaner gedacht, wenn ich in einen Mohrenkopf biss. Genau so wenig wie an einen Berliner, wenn ich einen solchen biss (und ich meine jetzt das Gebäck, ihr Ferkel!). Ich habe auch nie an einen Afrikaner gedacht, wenn ich als Kind „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?“ spielte. Da stellte ich mir mehr so eine unheimliche, unmenschliche Schattengestalt vor, ein Monster. Aber das hatte keine Ethnie.
Als Kind hatte ich übrigens auch ein Buch mit dem Titel „Zehn kleine Negerlein“. Eines nach dem anderem starb oder verschwand. Aber ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht, warum das ausgerechnet dunkelhäutige Kinder waren in dieser Geschichte. Für mich war das reiner Zufall. Das Buch hätte gerade so gut „Zehn kleine Schweizerlein“ heissen können, das hätte für mich keinen Unterschied gemacht.
Und im umstrittenen Erziehungs-Bestseller „Struwwelpeter“ von Heinrich Hoffmann las ich die Story mit diesem riesigen Tintenfass. Ein Typ steckt da einfach nervige Buben rein, und dann sind sie schwarz, „schwärzer als das Mohrenkind.“ Und das ist sehr blöd für sie.
Aber auch da dachte ich damals nicht: „Oh, jetzt sehen die ja so aus wie die Menschen in Afrika oder in der Karibik!“ Ich dachte: „Oh, scheisse, diese Tinte überall geht doch nie mehr weg!!“


Wieso ich das alles erzähle?

Um zu zeigen, dass mir sehr wohl bewusst ist, auf was diese Texte und Darstellungen abzielen und dass sie einen unverzeihlich rassistischen Hintergrund haben. Aber auch, dass der Konsum von diesen Büchern und Süssigkeiten mich selber nicht rassistisch gemacht hat. Und es auch nie machen wird.

Aber nein, das heisst nicht, dass wir all diese Bezeichnungen und Geschichten einfach weiterhin akzeptieren sollen. Im Gegenteil: Ich verstehe nicht, wie man an so veralteten Dingen ums Verrecken festhalten will!
Also, wieso musste die Migros jetzt unbedingt diese wirklich unglaublich schmackhaften Dickmacher aus den Regalen schmeissen, anstatt dass Dubler einfach diesen Namen rausgeschmissen hätte? Tradition hin oder her – nicht alles, was von früher stammt, ist auch besser. Und die Welt ändert sich nunmal. In ein paar Aspekten werden wir Menschen sogar klüger. Erstaunlich, aber wahr.
Also, weg mit dem Mohr und her vielleicht mit:
Schaumkopf?
Schaumgupf?
Schoggibomber?
Schleckerli?
Schlabberli?
Leipziger? (ja, ich hab auch das gegooglet: da kommt die Süssigkeit ursprünglich her!)
Oder einfach mit einem Fantasienamen: Krukidaua? Spamulin?

Haha, ich kann nicht mehr! :-) Spamulin, hmmmm, lecker! :-) Sämtliche Werbeagenturen sind gerade auf mich aufmerksam geworden, ich weiss, ich habe Talent!

Scheisse, jetzt hab ich Hunger.
Im Coop heissen sie Choco-Köpfli. Auch ein mega ausgeklügelter Name, so pseudo-franzdeutsch! Aber die kann ich wenigstens noch kaufen, bis Dubler seinen Kassenschlager endlich rebrandet.

Und dann können wir uns auch endlich wieder den richtigen Problemen auf dieser Welt widmen. Nämlich, dass es einfach zu viele Arschlöcher gibt, ganz unabhängig von ihrer Farbe.

Mittwoch, 3. Juni 2020

122 Corona macht frei

Neulich war ich in der Migros und musste niesen. Corona-konform tat ich das in den Ellbogen, und ich habe wirklich versucht, es sehr leise zu machen, damit ich kein Aufsehen errege.
 
Ist mir nicht gelungen.
 
Es war ein sehr lautes "ÄTSCHUUUUUUUUHHH!!!!!!!!!" - und für ein paar Millisekunden blieb die Welt stehen. Die Köpfe in meiner Nähe drehten sich alle zu mir. Nichts bewegte sich mehr. Totenstille. Dann ein paar kritische Blicke und alle begannen wieder zu atmen. Der Normalzustand kehrte zurück.

Aber während dieser paar Millisekunden fühlt man sich echt wie eine Aussätzige. 
 
Schnuder bedeutet heute: Klarer Tod 
Dabei schwöre ich, das war kein Corona, das war nicht mal eine Erkältung, der Nieser kam von meiner leichten Pollenallergie! Die lässt leider auch dauernd meine Nase laufen zur Zeit, und manchmal vergesse ich mich dummerweise und wische mir schnell mit dem Handrücken übers Gesicht, wenn ich grad kein Taschentuch dabei habe (was eigentlich immer der Fall ist - ich gehöre nicht zu diesen praktischen Frauen, die immer und jederzeit auf alle möglichen Fälle vorbereitet sind: Taschentücher, Tampons, Handcrème, Desinfektionsmittel, Nagellack, Haargummi, Kaugummi, Pflaster, Erfrischungsspray, Kondome: Mag man in vielen Handtaschen finden, in meiner genau nur Portemonnaie, Schlüssel und Handy. Ausserdem ist es immer ein Rucksack, keine Handtasche. Dies nur so als kleiner Einschub). 
Ein Taschentuch hervorkramen und sich schneuzen kommt aber zur Zeit eh genau so gut an wie sich mit dem Handrücken unauffällig die Nase wischen. In allen Gehirnen löst dieser Anblick sofort Alarm aus, Daniel Koch und den wöchentlichen Bundesratsauftritten sei Dank: "VIIIIIIRRREEEEENNNNNN!!!!! AAANNSSTTEECCCKKUUUUNNNNGGGG!!!!!!!!!!!!!!!!! TOOOOOOOOOOOOOOOOODDDDDDDDDDDDD!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!"
 
 
Ich bin wirklich saufroh,  tritt dieses scheiss Corona so langsam aber sicher seinen Rückzug an, jedenfalls bei uns und jedenfalls bis auf Weiteres. Ich trinke wirklich gerne wieder im Kafi Kaffee - obwohl ich mich ehrlich gesagt schon langsam daran gewöhnt hatte, dass ich jetzt zu Hause selber meine Pixie anwerfen und sogar kochen muss. Oder mir einen Kafi im Supermarkt kaufe und den dann in Gesellschaft draussen an der frischen Luft trinke und zum Znacht dann mit Gästen auf dem Balkon grilliere (Gott sei Dank kam der Lockdown nicht im Winter!!). Kann ich mit leben, eigentlich, gar nicht so schlimm. Aber die Rückkehr des Real life-Sozialen ist doch auch wieder schön. Zusammen Drinks schlürfen und die anderen Menschen beobachten (erst seit der Teilöffnung des Lockdowns wurde mir bewusst, wieviele Ferraris, Lamborghinis und Porsches es eigentlich gibt in dieser Stadt!!). 

Flugshaming gibt's nicht nach Corona!
Ich kann auch wieder freier atmen, seit ich weiss, dass die meisten Grenzen wieder offen sind. Dieses Gefühl von Eingesperrtsein, das mag ich nicht. 
Ein paar Flüge sind bereits gebucht - Flugshaming, my ass! Ich hab's wirklich versucht, aber wenn mir der Flixbus nur Routen mit 7mal Umsteigen und 26 Stunden Fahrtzeit vorschlägt, dann muss ich nach dem ganzen Corona-Stress (siehe Post 121) wirklich sagen: NOOPPPEEE!!!!! 
Corona macht frei vom schlechten Gewissen. Nein, das stimmt nicht, das Virus verdrängt es nur etwas. Später werde ich mich wieder bessern, ich schwöre! Sorry, Umwelt... aber jetzt mal ein bisschen weiter weg als auf den nächsten Hügel oder See, das muss einfach sein.
Das Meer ist ja schliesslich auch ganz angenehm "bebadbar". 

Apropos: Das mediterrane Wetter am Pfingstwochenende liess Covid-19 ja ziemlich in den Hintergrund rücken. Rund um den Zürichsee sah es schon wieder aus wie in einer Sardinenbüchse. Social Distancing? Nie gehört!
Da ertappe ich mich dann schon dabei, dass ich noch schön mit 2 Metern Abstand mein Tüechli ausbreite. Um dann zu Stosszeiten im Tram wieder an der Schulter meines Vordermannes zu kleben. 

Nein, ich hoffe wirklich, der grösste Spuk ist jetzt vorbei. Bitte keine zweite Welle! 
Und ich hoffe, das war mein letzter Corona-Post. Jetzt rücken  hoffentlich wieder andere Themen in den Vordergrund. 

Und hey, ich hab jetzt Zwischentitel, habt ihr gemerkt? Danke, andere Blogger für den Tipp! :-)
Und ja, das auf dem Bild ist ein Penis. Hat aber keine besondere Bedeutung.

Bleibt gesund!
(Auch so eine Corona-Floskel. Aber ich wünsche das wirklich allen. Immer.)