Samstag, 9. Januar 2021

131 2021

Erstmal möchte ich euch allen ein gutes neues Jahr wünschen!
Ich weiss, reichlich verspätet.
Aber erstens darf man sich laut Knigge noch bis am 15. Januar ein gutes Neues wünschen, und zweitens hat mich 2021 mit einer kleinen Überraschung begrüsst - nein, nicht mit dem Mutanten-Corona, mit einer schönen, ausgedehnten Nierenbeckenentzündung. 

Ehrlich gesagt, bin ich mir aber gar nicht sicher, was mir lieber gewesen wäre. Nierenbeckenentzündung ist richtig fies. Und ich bin darin schon ein Pro, weil sie mich regelmässig heimsucht. Zum Glück blieb mir dieses Mal der Spitalaufenthalt erspart (da hätten mich aber auch keine zehn Pferde hingebracht - Spital während Corona? Kein Besuch und so? Nein, danke!!), und diagnostizieren kann ich mich mittlerweile auch ganz gut selber.
Ich: "Grüezi! Ich han e Nierebeckeentzündig. Ich bruch Antibiotika."
Ärztin: "Wo tuet's dänn weh?"
Ich: "Hine bim Rugge. Links."
Ärztin: "Dörf ich mal luege? Spüred Sie, wänn ich..."
Ich: "Bitte nöd! Ebe, hine links tuet's weh!"
Ärztin: "Ehnder im Chrüüz oder obe?"
Ich: "Nei, ebe bi dä NIERE!"
Ärztin: "Hueschte und Halsweh händ Sie aber nöd?"
Ich: "Es isch nöd Corona. Das han i scho dure, glaubed Sie mir."
Dann Blut und Pipi untersuchen. Die Laborwerte sind grässlich.
Ärztin: "Ha! Sie händ rächt gha! Eidüütig Nierebeckeentzündig! Und was für eini!"
Ich: "Jaaaa, bin ebe e gspürigi. Dörf i jetzt Droge?"

Also, ihr seht: Ich war in den ersten Tagen dieses neuen Jahres leider mit anderen Dingen beschäftigt als mit Schreiben. Und auch diesen Post hier habe ich ungefähr 17mal begonnen und dann wieder abgebrochen, weil mich Fieber, Schmerzen und Kotzen zur Pausen und zum halbtot herumliegen zwangen.

Aber jetzt geht's wieder los, und wir kommen zum eigentlichen Thema:

2021.

Noch nie sind wohl so viele Hoffnungen in ein Jahr gesteckt worden wie in dieses. Weil 2020 wirklich exzeptionell (die Rechtschreibung dieses Wortes musste ich übrigens kurz googlen) scheisse war. Für alle. Weil wir uns nicht mehr frei bewegen konnten und eingeschränkt wurden. Für nicht wenige war es sogar noch viel beschissener: Sie verloren ihren Job oder Menschen, die sie gern hatten. Klar, kann auch in einem Jahr ohne Corona passieren, aber in einem MIT Virus noch etwas mehr. Und die Situation ist dann auch automatisch noch schwieriger als sonst schon. 

Aber wer weiss das nicht: Wer Erwartungen hat, kann enttäuscht werden. Ging mir mit jedem Mann so, HAHA!!
Nein, aber meine Nierchen haben ja wohl bewiesen, dass es nicht einfach plötzlich Gold und Rosen regnet und sich alle liebhaben und in Freiheit und Wohlstand und ohne Angst leben, nur weil ein Datum wechselt.
Und ich wage mal zu sagen: Auch einem Virus ist es scheissegal, was auf dem Kalender steht. Das denkt sich ja nicht, oh, hui, jetzt ist eine andere Jahreszahl, jetzt gehe ich mal wieder. 

Das einzige was ändert: 2020 waren wir nicht vorbereitet auf das Ganze, 2021 sieht es schon anders aus.  Jetzt haben wir ja diese Impfung. Und interessanterweise gewöhnt sich Mensch ja auch schnell und passt sich an. Quarantäne, Masken, geschlossene Restaurants schockieren uns längst nicht mehr so wie vor fast einem Jahr. Ist alles irgendwie normal geworden. Von dem her: Viiiieeeeelll beschissener als 2020 kann es ja wirklich nicht mehr werden. Also, theoretisch schon, aber ich glaube, die Wahrscheinlichkeit ist ziemlich klein. 
Ich jedenfalls merke vor allem eins, und zwar nach jedem Sylvester: Ich HASSE Januar! Januar ist irgendwie weder Fisch noch Vogel, es ist alles so zäh, so nicht ausgereift, es hat begonnen, aber kommt nicht voran, niemand weiss, wo es hinführt, es ist arschkalt draussen und die Menschen sind so angespannt, weil sie eben so viele Erwartungen und Hoffnungen in die 11 noch verbleibenden Monate stecken und all ihr Geld im Dezember für Geschenke, Feiern und Saufen ausgegeben haben und jetzt sparen müssen und ausgelaugt sind (jedenfalls in Jahren ohne Corona), die schönen Weihnachtslichter und Glühweinstände sind weg (ich rede hier auch von VOR Corona), nach den Feiertagen ist nur wieder Arbeit angesagt, und darauf hat keine und keiner Bock - versteht ihr, was ich meine?
Februar ist auch ein arschiger Monat, finde ich. Immer noch kalt und grau und irgendwie nichts los, ausser Skiferien, wenn man die denn mag (ich nicht). Ab März geht's dann aufwärts, dann spüre ich meine Lebensgeister wieder.


Aber von dem her sind Jahreswechsel für mich ohnehin ein Graus, mit oder ohne Corona. 

Und ich habe auch nie Vorsätze. Kann ich mein Leben denn nur ändern, wenn es Januar wird? Kann ich nicht auch ab Mai oder Juli einfach alles viiiieeeelll besser machen (mach ich nie)? Aufhören zu rauchen (hab nie damit angefangen)? Vegi werden (bin ich schon ewig)? Verständnisvoller mit meinen Mitmenschen umgehen (nö!)?

Aber wir wollen ja jeweils nicht nur selber zu besseren Menschen werden, wir wollen ja vor allem auch immer, dass das neue Jahr uns bessere Chancen bietet. Tolle Gelegenheiten, glückliche Zufälle, verheissungsvolle Begegnungen. Eigentlich ganz schön fies, setzt man die kommenden Jahre immer so unter Druck: Dauernd müssen sie alles besser machen als ihre Vorgänger und uns noch glücklicher und erfolgreicher und verliebter und so. Das geht ja nicht nur 2021 so. Von 2020 wurde das sicher auch verlangt, es dachte sich aber: "Fuck you!!! Ich lasse mich doch nicht herumkommandieren, ich habe keinen Bock auf diesen Scheiss, euch werde ich's sowas von zeigen!!" 
Eigentlich auch sein gutes Recht. Vielleicht sollten wir daraus lernen, dass wir an neue Jahre nicht immer Erwartungen haben dürfen. 

Denn wie gesagt: Wer Erwartungen hat, kann enttäuscht werden. Aber klar, hoffen dürfen wir alle. Und sollen wir auch. Dass es besser wird, wenn es scheisse ist. 
Egal in welchem Jahr.

Und so viel Lebenserfahrung habe ich: Alles ist immer nur eine Phase. Auch dieses Corona. Oder wenn man sonst das Gefühl hat, man kommt gerade nicht weiter. Aber auch, wenn einem einfach alles gelingt gerade. Alles eine Phase. Nach einer guten kann eine doofe folgen. Nach einer doofen eine gute. Oder eine noch doofere, das weiss man im Voraus leider nie.

Ach, ich liebe es, wenn ich so philosophisch bin!

Somit ist für 2021 noch alles offen. Ok, hat für mich schon mal scheisse angefangen mit diesem Nieren-Zeugs, aber naja, kann ja noch werden. 
Ich hoffe jetzt einfach für uns alle, dass wir dieses Jahr in toller Erinnerung behalten werden!

That's it.

Und ja, ich habe einen Penis in den Schnee gemalt.

Samstag, 19. Dezember 2020

130 Lügen gute Menschen?

Ich habe mir das mit dem Himmel, Walhalla und Nirvana sowas von selber versaut. 
Und das ausgerechnet noch kurz vor Weihnachten.

Der Hintergrund: Mich hat eine junge Frau in himmelblauer Jacke am Bahnhof angesprochen. Sie war ziemlich hartnäckig, so dass ich wohl oder übel meine Beats von den Ohren nehmen musste.
Ich: "Entschuldigung?"
Sie: "Ei churzi Frag: Känned Sie d Pro Infirmis?"
Ich: "Ja, sowieso, da bin i scho lang Mitglied!"
Sie: "Super, alles klar, wünsche Ihne ganz en schönen Abig!"
Ich: "Gliichfalls!"

Ich hab sowas von gelogen. 

Oh, mann, ich hatte schon beim Weggehen ein schlechtes Gewissen. Ich habe auch das Gefühl, meine Nase ist seitdem deutlich länger. 
Ich finde Lügen ja eigentlich schrecklich. Aber manchmal kann ich einfach nicht anders.
Und gerade, wenn ich quasi auf der Strasse zur Wohltätigkeit gezwungen werde, weiss ich mir irgendwie nicht anders zu helfen. 



Der Spruch mit "Sorry, kei Zyt, ich mues wiiter!" ist doch genau so doof. Den hört die Frau in der blauen Jacke sicher 430223mal am Tag.
Dann kann man sich auch brav mal einfach alles anhören und dann am Schluss so: "Ok, ich überlegg mer's!". Aber dann werden diese Anwerbe-Leute oft ungeduldig und wollen grad lieber sofort eine Unterschrift.
Hab ich übrigens einmal gemacht vor x Jahren - dauerte leider seeeeeehr lange, bis ich aus diesem Vertrag wieder raus war....
Und seien wir ehrlich: Diese jungen Menschen, die auf der Strasse Mitglieder für Pro Infirmis, Greenpeace oder World Vision anwerben, die arbeiten ja eigentlich für einen guten Zweck. Wenn ich denen sage: "Sorry, Ihre NGO interessiert mich einfach nicht", dann stehe ich da wie das letzte, egoistische Arschloch.
"Ach, es interessiert Sie also nicht, ob die Kinder in Afrika eine Schuldbildung erhalten oder nicht? Dass die Wale in den Weltmeeren abgeschlachtet werden? Dass Menschen mit Beeinträchtigung vieles nicht machen können, das für SIE selbstverständlich ist??"

Moll, es interessiert mich natürlich schon!!!!! 
Aber dann kommt ja schon das nächste Dilemma: Für welche Organisation setze ich mich ein, für welche nicht? Sind mir die Wale wichtiger als die Kinder? Oder gebe ich einfach allen nur ein bisschen? Macht das überhaupt Sinn?

Und überhaupt: Was geht das die Leute in den blauen oder grünen Jacken an ihren Infoständen überhaupt an, ob ich ein guter Mensch bin oder nicht? Muss ich überhaupt ein guter Mensch sein? Ich will eigentlich, ja - aber MUSS ich??
Und bedeutet ein guter Mensch sein, Geld zu geben?
Müsste ich nicht eigentlich selber nach Afrika und dort ein Schulhaus bauen? Mich in einem betreuten Wohnheim um die Menschen dort kümmern?

Fragen über Fragen.

Deshalb manchmal: Einfach schnell lügen und weg. 
Die einfachste Methode, um nicht zu viel nachdenken zu müssen. Und Entscheidungen zu treffen. Und ein vermeintlich guter Mensch zu sein.
Darf ein guter Mensch eigentlich auch mal lügen? 

In diesem Sinne: Frohe Weihnachten, trotz Corona!

(Aber bald kommt ja die Impfung. 
Oder doch nicht.
Vielleicht bringt sie uns um.
Oder wir können durch sie direkt mit Bill Gates reden.
Oder wir bleiben einfach gesund.
Gott, das Leben ist kompliziert!)


Freitag, 20. November 2020

129 Mein neues Ich

Neulich im völlig überfüllten Tram zur Stosszeit am Morgen: 
Ich muss stehen, wie viele andere auch. Nicht so corona-konform, aber naja. Eine Frau neben mir hat auf dem Sitz ihr gegenüber ihre Tasche platziert. Eine andere Frau fragt sie höflich, ob sie sich da hinsetzen könne. 
Die Frau mit der Tasche: "Nö." Die andere: "Aber Sie, das cha doch nöd sii, das isch ja nur e Täsche!" Die Frau: "Nei, ich wott nöd." Die andere wieder: "Aso, Entschuldigung, das gaht doch nöd, chan ich jetzt bitte da ANESITZE??"
Die Frau packt ihre Tasche und verschwindet mit ihr, sichtlich erregt, in den hinteren Teil des Trams, wo sie demonstrativ stehen bleibt, bis sie aussteigen muss, ab und zu ein paar giftige Blicke in unsere Richtung werfend. Die andere Frau setzt sich unterdessen kopfschüttelnd auf den Taschenplatz und schaut mich dabei hilfesuchend an, weil ich grad daneben stehe. Ich schüttle solidarisch meinen Kopf mit und packe die Gelegenheit beim Schopf, mich auf den frei gewordenen Platz der Taschenfrau zu setzen.

Streiten mit Blümchenmaske 
Die ganze Szene war irgendwie auch noch melodramatischer und absurder, weil die Taschenfrau so eine Blümchen-Gesichtsmaske trug. Sie sah fast nett und herzig aus, war aber ein giftiges Aas. Überhaupt gaben die Schutzmasken dieser ganzen "Diskussion" einen komödiantischen Touch. Man wünscht sich die Pest an den Hals, aber so ganz ohne Mimik. Da kann man sich doch gegenseitig nicht wirklich ernst nehmen, oder?
Und ich weiss auch nicht, was das Problem der Taschenfrau war: Hatte Sie Angst, sich mit Covid anzustecken, wenn ihr jemand gegenübersitzt, trotz Maske? Oder ist sie einfach eine dieser TASCHEN-NAZIS, über die ich mich hier schon vor mehr als 6 Jahren das erste Mal aufgeregt habe??

So oder so: Diese Zeiten gerade sind einfach nur crazy. Das Virus holt das Schrecklichste aus uns raus und macht unsere dunklen Seiten noch dunkler. Wer vorher schon ein Arschloch war, ist jetzt ein noch grösseres. Wer vorher schon vor allem Schiss hatte, hat es jetzt noch mehr. Und die Nerven liegen blank. 


Die Sache mit dem Blumentopf um Mitternacht
Ich bin da keine Ausnahme, Asche auf mein Haupt. Erst letzte Woche hatte ich meinen allerersten Nachbarschaftsstreit. Es ging - ui, wie schlimm! - um einen kaputten Blumentopf im Garten. 
Woher kommt er, wer macht ihn weg, bringt er vielleicht unsere Kinder um?? 
Ich möchte euch die Details ersparen, aber jedenfalls fand ich mich um Mitternacht plötzlich vor der Tür einer Nachbarsfamilie wieder, die ich noch nie zuvor gesehen hatte, aber wir schrien uns einfach mal so an, bis mir die Tür unsanft vor der Nase zugeschlagen wurde. (Anmerkung: Am nächsten Tag entschuldigten wir uns bei einander und schämten uns alle kräftig für unser unreifes Verhalten, das ein Blumentopf hervorgerufen hatte, der keinem von uns gehörte, aber egal - jetzt sind wir innerhalb von 24 Stunden von Fremden zu besten Freunden geworden, immerhin ein Happy End!). 
Ach, und ein Mann hat sich über meine Vagina beschwert. Auch hier möchte ich nicht ins Detail gehen, aber sowas kann wirklich nur Covid verursachen - oder irre ich mich? 

Nein, unmöglich, meine Vagina ist super, da bin ich überzeugt. Von 35043 Männern bestätigt. HAHA!!!

Apropos Männer und Frauen: Auch sehr interessant finde ich, dass sich gerade sehr viele in meinem Umfeld über ihre Beziehungen beschweren. The significant other nervt, es ist langweilig, es gibt keinen Sex, Homeoffice zu zweit kommt der Todesstrafe gleich - auch hier möchte ich wetten: Das Virus hat ganze Arbeit geleistet. Auch wenn die Ehe vorher schon im Arsch war, dank Corona lässt sich das jetzt halt nicht mehr so leicht verdrängen.

Selbstfindung am Strand ist teuer
Also, kurz zusammengefasst: Überall schlechte Stimmung. Von dem her habe ich mich jetzt entschieden: Es ist glaube ich besser, mich mal eine Weile auf mich selbst zu konzentrieren. Mich selber zu verwöhnen, mir selber etwas wert zu sein, herauszufinden, was ich will und wer ich bin, meine Muster zu durchbrechen, etc. Das sagen sie jedenfalls in diesen Psychologie-Podcasts immer, die ich zur Zeit ständig höre. 
Also habe ich unbezahlten Urlaub eingegeben, ich denke, der hilft mir am meisten, mein neues Ich zu finden. So am Strand mit einem Drink in der Hand. Allerdings kann ich mir den wahrscheinlich gar nicht mehr leisten, weil ich auch grad noch sonst seeeeehr viel Geld für mich und meine neue Selfcare ausgegeben habe (warum sind neue Brüste aber auch so teuer? SCHHEEEERRRZZZ!!! Ich richte mir gerade ein Büro ein. Und meine Brüste sind wie meine Vagina: Unschlagbar!!). 
Mann, für so Selbstfindung muss man echt tief in die Tasche greifen, vor allem, wenn man wie ich nicht so viel mit Meditation oder Fasten oder Schweige-Retreats anfangen kann.

Mist, und "man" darf heutzutage ja auch nicht mehr benützt werden. Aber "frau" ist ja genau so sexistisch. Was dann, Passivsätze? Finde ich stilistisch oft unschön. 

Lassen wir das, zurück zum Urlaub. Naja, ok, ob und wann und wohin ich überhaupt wegfahren kann, ist ja auch noch offen, aber hey! Was wären wir ohne Hoffnung und Vorfreude?

Von dem her: Fick dich, du verdammtes 2020!! Zum Glück bist du ja bald zu Ende. Und dann hab ich mich hoffentlich endlich gefunden.

Bleibt gesund! 
(Auch so abgedroschen, aber "Bleibt mental stabil!" finde ich ein bisschen anmassend)