Sonntag, 10. Juli 2016

53 Schneeweisschen und Rosenrot

Jetzt wurde es ja endlich doch noch Sommer. Wenigstens vorübergehend. Mit 30 Grad und wolkenlosem Himmel und ganz viel Sonne und so.

Zeit für die Première der alljährlichen Fleischbeschau. Ganz Zürich schwärmt ans Wasser. Ich auch. Knallbunter Bikini auf schneeweisser Haut. Man erkennt mich schon von Weitem, so hell leuchte ich in der Sonne, es blendet richtig.
Das Tuch auf der Wiese ausgebreitet, zuerst etwas aufwärmen an der Sonne, den Rest im Schatten rumliegen. Alles wunderbar.

Abends geht es wieder nach Hause. Es folgt das übliche Sommerritual: mal im Badezimmerspiegel vor dem Duschen checken, ob man schon ein bisschen Farbe bekommen hat.
Und dann die grosse Ernüchterung: 
Nö.
Nicht ein bisschen Farbe. 

EINEN GESAMTEN FARBTOPF!!!
Es leuchtet mir im Spiegel eine feuerrote Leinwand entgegen, mit zwei schneeweissen Flecken im oberen Drittel und einem grösseren in der Mitte. "Barocker Fliegenpilz" würde ich das Gemälde nennen, hätte ich es selber gemalt (was ich ja ehrlich gesagt auch irgendwie habe). Oder "Schneeweisschen und Rosenrot". "Letzte Hexenverbrennung". Es ist so ein lächerlich schlechtes Bild, dass ich ein Selfie machen muss und es einer Freundin schicke.
Sie öffnet das whatsapp im komplett überfüllten Tram. 
Jetzt bin ich wahrscheinlich nicht nur rot, sondern auch noch berühmt.

Schöner Sommer, dieses Jahr. Gut, schifft's morgen wieder und ist kalt. Lange Hosen bei 30 Grad sind nämlich scheisse.

Montag, 27. Juni 2016

52 Ich will meinen Schnauz zurück!

Züri, du weisst, ich liebe dich. Dich und besonders deinen Kreis 4. Noch nirgends hab ich mich so wohl gefühlt. Hier bin ich zu Hause. 

Ich und ein paar Arschlöcher.

Sorry, dass ich das sage. Aber langsam bin ich es wirklich leid, dass man hier offenbar alles irgendwo anleimen oder auf einem ganz hohen Turm wegschliessen muss, damit es nicht wegkommt!!

Meine beiden Bahnhofs-Velos begreif ich ja noch. Mal schnell ein rostiges, altes Velo vor dem Haus mitnehmen, damit man auf dem Flohmi rasch ein paar Franken verdienen oder sich selber damit den Hals brechen kann - von mir aus. Oder meine online bestellten Druckerpatronen aus dem Briefkasten. Jaaa, warum auch nicht, wenn man zufällig grad denselben Drucker zu Hause hat? Sind ja auch sauteuer, so Patronen.
Alles stehlenswerte Objekte, muss ich ja irgendwie zugeben. Und wenn man halt grad in einer Notlage ist, also zum Beispiel an den See radeln will, aber halt grad kein Velo zur Hand hat. Oder einen Liebesbrief getippt hat, aber der HP ist ausgerechnet dann leer, wenn man ihn ausdrucken will.
Alles verzeihbar.

Aber jetzt kommt's:
Mein Schnauz.
Also, ich meine, meine Fussmatte.
Meine Fussmatte in Form eines Schnauzes.
Meine FUSSMATTE.
Dieses Stück Stoff, dass man vor die Wohnungstür legt, damit man sich die Schuhe darauf abtreten kann und nicht den ganzen Strassenmatsch in seine vier Wände importiert. Ja, meine verdammte F.U.S.S.M.A.T.T.E wurde geklaut!!
Was um Himmels Willen überlegt man sich da? "Oh, meine Schuhe sind grad so dreckig, lass ich doch schnell eine Fussmatte mitgehen, weil ich hab ja selber keine" - seriously?? Das ist KEINE Notlage! Kann ich nicht akzeptieren!

Ich hör euch schon: "Ja und? Was regst du dich so auf? Ist ja nur eine popelige Fussmatte."

HA!!


Eben nicht! 
Es war ja eben nicht nur so ein kommunes, rechteckiges Ding mit "Home sweet home" oder "Willkommen" oder so was ähnlich Todlangweiligem drauf.
Nein, MEINE Fussmatte war ein Schnauz. Tadaaa!!
Nie habe ich meine Schuhe lieber abgewischt! Nie habe ich mich jeweils mehr auf Zuhause gefreut, auf diesen Anblick unter mir beim Aufschliessen der Wohnung! Und nie hab ich mehr glückliche Gesichter im Treppenhaus gesehen, von Nachbarn, die an meiner Tür vorbeikamen, auf den schwarzen Schnauz schauten und lächeln mussten: "Dä isch ja huere cool, wohär häsch dä?"
Womit wir bei Zweitens wären: Einen Schlüssel zum Haus besitzt nur, wer auch darin wohnt. Ergo konnte mir also nur ein Nachbar meinen geliebten Schnauz klauen.
Ok, ausser, es hat mal wieder einer unten die Tür offengelassen. Theoretisch könnte dann also irgendein Wildfremder ins Haus reingekommen und mich beklaut haben.

Aber seien wir ehrlich: wie realistisch ist das? Ein Dieb kommt rein, merkt, scheisse, keine einzige Wohnungstür ist offen, TV und Laptop klauen is nich, Werkzeug zum Aufbrechen hab ich auch nicht dabei, also nehm ich halt wenigstens die geile Fussmatte mit - I don't think so!

Also muss man sich hier tatsächlich auch schon vor seinen eigenen Nachbarn in Acht nehmen!

Hallo?? Wo ist der Respekt geblieben??

Ist uns Menschen eigentlich nicht klar, dass wir in Zeiten von Brexit und Island im Fussball-EM-Final zusammenhalten müssen, damit es nicht zu Ende geht mit uns?? Wir haben wirklich grössere Probleme, als uns illegal Fussmatten zu besorgen, verdammt nochmal, wir haben eigentlich nicht mal wirklich ZEIT, um ans Klauen und an saubere Schuhe zu denken!! Wenn ich nicht mal mehr den Menschen in den Wohnungen neben, über und unter mir trauen kann - ja, wem denn dann??
"Lieber" Dieb, was genau gedenkst du, mit meinem Schnauz zu tun? Ihn vor deine Tür zu legen, in der Hoffnung, ich merke das nicht? Ich steige durchs Fenster in meine Wohnung und nicht durch unser gemeinsames Treppenhaus oder was?
Und Fussmatten IN der Wohnung sehen im Fall scheisse aus!

So, und damit endet dieser Text. Eine Pointe fällt mir grad nicht ein. Vielleicht euch.

Ich will meinen Schnauz zurück.



Sonntag, 12. Juni 2016

51 Natürlich der Böögg

Es ist jeden Tag das Gleiche:
Nach dem Aufwachen erst mal die Wetter-App öffnen. Klar, auch heute wieder Piss angesagt, gleich mehrmals, natürlich. Aber wann genau, ich meine, so auf die Minute, das kann wohl auch der beste Meteorologe der Welt nicht prophezeien. Und falls ja, würde ihm sowieso keiner glauben. Ich auch nicht.
Also, mal aufstehen, fertig machen, Schminke rauf, Haare richten. Leichte Kleider an, denn das Wetter entspricht zwar nicht meinen Frühlingsgefühlen, aber die Temperaturen schon eher. Wenigstens etwas.
Dann der prüfende Blick aus dem Fenster und die Hand ausgestreckt. Ja, doch, grau, aber noch trocken. Sollte halten, jaja, bin ja schliesslich Optimistin, sagt ja schon mein Name, haha!
Dann also ein Jäckchen übergezogen, raus aus dem Haus (huuiii, ist doch noch bitzeli frisch!), rauf aufs Velo und lospedalt. 

Der Hinweg geht meist gut. Das Wetter hält. Alles ok.
Aber auf dem Rückweg kommt dann jeweils die Quittung. Ganz unverhofft natürlich und erschreckend schnell:
Der Himmel öffnet seine Schleusen und das Wasser prasselt rücksichtslos runter auf die Welt. Und ich bin natürlich gerade erst wieder aufs Velo gestiegen. Absteigen, Velo stehen lassen, Bus nehmen? Neeeiin, neeeiin! Das schaff ich, wenn ich ganz schnell fahre, ist ja nicht weit! Komm, Bitterbös, tritt in die Pedale!!
Haha, "ganz schnell"! Zusammen mit dem Piss kommt natürlich auch noch ein fieser Wind, und natürlich von VORNE, woher auch sonst! Ich pedale wie bekloppt und komme kaum vom Fleck, ist fast wie auf dem Hometrainer. Dazu klatschen mir die Tropfen ins Gesicht, natürlich auch direkt von vorne, ist ja klar, und ich spüre, wie mir die Mascara von den Wimpern langsam in die Augen läuft. Und wahrscheinlich übers ganze Gesicht, danke auch! Ich sehe sicher aus wie der traurige August. Aber egal, ist ja eh niemand mehr auf der Strasse ausser mir. Die anderen haben sich schon längst in ihre Häuser geflüchtet oder unter gedeckte Bushaltestellen, oder sie sitzen im trockenen Auto, während das Wasser den Asphalt langsam dunkler und dunkler färbt. Ich bin schon ziemlich ausser Puste, dieser Scheisswind! Die Tour de Suisse gewinne ich so nicht, aber das passende Tenue trag ich schon fast, denn der Regen lässt meine Hosen schön eng an den Schenkeln kleben, sexy. Einmal mehr überlege ich mir, mir doch mal so einen hässlichen Regenmantel zuzulegen. Gibt's die eigentlich noch, diese gelben Zelte mit diesen furchtbaren Kapuzen, die so eine Mischung zwischen Ku Klux Klan-Masken und Amisch-Hauben sind? Die hatten in meiner Jugend alle Velofahrer. Aber ich weigerte mich stets, sowas zu tragen. Sorry, auch bei Scheisswetter muss man ja nicht auch noch sein letzte Bisschen Würde über den Haufen schmeissen.

Das Wasser tropft mir bereits von Haaren und Nase, meine Sicht ist getrübt und kalt ist mir auch. Aber ich pedale eisern weiter. Ich bin so hart, yes! Da vorne sehe ich schon meine Strasse. Wow, denke ich, war ja gar nicht so schlimm, soooo nass bin ich ja noch gar nicht - und da überholt mich auf den letzten paar Metern ein Auto, natürlich in einem Affenzahn, als müsste es vor dem Regen flüchten, weil es sich bei Nässe in seine Bestandteile auflösen könnte oder so. Und natürlich rast es dabei direkt durch die dreckige Pfütze, die sich in dieser Bodenwelle entlang des Mittelstreifens angesammelt hat. Und natürlich spritzt das hässliche Wasser rund anderthalb Meter hoch in meine Richtung und klatscht direkt auf mein helles Jäckchen (das glaub's nicht waschmaschinenfest ist) und auf meine helle Stoffhose und meine neuen Converse. 
Und ich komm zu Hause an, nass bis auf die Unterhosen, überall schwarzbraun gesprenkelt, geschminkt wie der traurige August, Haare wie das Geistermädchen aus dem Brunnen in THE RING und mit einer üblen Scheisslaune.

Und während ich dann so meine Kleider in Vanish Oxy einlege, sage ich mir einmal mehr: Jetzt lern's  doch einfach, der Böögg hat gesagt, es gibt keinen Sommer, glaub da nicht an Wunder, glaub nicht an Meteorologen, nicht an die Barmherzigkeit Gottes, Allahs oder Krishnas - nimm einfach künftig den Bus!