Sonntag, 4. September 2022

150 Sommerpause als Goldfisch

Tadaaaa!!!
Der Sommer haut langsam ab, und jetzt komme ICH wieder! Freut ihr euch?

Ich habe mal so eine traditionelle Sommerpause gebraucht. Ich habe einfach nur gearbeitet, viel getanzt, noch mehr Süsses gefressen, meine Garderobe aufgepeppt (noch nie so viel Geld für Kleider ausgegeben wie in diesem Jahr!!), angefangen, Russisch zu lernen und bin sogar schon als "Olga" in einem kleinen Theater aufgetreten (ich hatte ca. zehn Sätze, die kann ich aber bis heute nicht wirklich richtig aussprechen oder mir ihre Bedeutung merke), meine neue Wohnung mit einer Feier eingeweiht, bin an den Wochenenden in Europa herumgetingelt und habe einfach versucht, den ganzen Scheiss seit meiner Trennung aus dem Kopf zu kriegen und wieder Mensch zu werden.

Spoiler Alert: Es ist mir nicht gelungen.

Ich bin offensichtlich austauschbar
Meine Laune fährt immer noch Silverstar im Europapark. Mein Schlafbedürfnis ist immer noch 23 Stunden am Tag. Meine Aufmerksamkeitsspanne ist immer noch die eines Goldfisches (nicht, dass ich wüsste, an was sich ein Goldfisch alles erinnert, aber ich habe einfach das Gefühl, dass es in so einem Aquarium eh besser wäre, wenn man/frau nicht so viel denken kann). Mein Selbstwertgefühl ist immer noch nicht auffindbar.

Aber macht euch keinen Kopf: Das wird schon wieder. Ich merke, dass es bergauf geht - wenn auch nur langsam und stockend. Aber das Herz ist halt ein Arschloch. Oder eher das Hirn, meint meine Therapeutin. 
Auch um den Latino müsst ihr euch keinerlei Sorgen machen: Er ist direkt von unserer Wohnung zu einer neuen Frau gegangen. Es geht ihm BLENDEND, wie ich zwar erst ein halbes Jahr später dank Social Media erfahren habe (note to my Ex: Wenn du mich schon überall sperren musst, dann mache es bitte auch richtig, so bei allen Profilen und so)! Ich freue mich für ihn - NOOOOOTTT!!!! Aber es wäre ja auch schlimm gewesen, wenn er jetzt ALLEINE an die Hochzeit in Spanien hätte gehen müssen, zu der eigentlich ICH mit eingeladen gewesen wäre. Und ALLEIN zurück in das schöne Hotel in Lugano, zu dem ICH ihn damals zum Geburtstag eingeladen hatte. Auf den Bildern sehe ich auch, dass sich nicht mal die Frühstücksgewohnheiten geändert haben, seit ich weg bin. Oder die T-Shirts. Der Lifestyle bleibt also der selbe, nur heisst die Frau jetzt anders und ist 10 Jahre jünger. 

Anyway.




Goldfische machen keine Ferien
Meine Sommerpause ist nun also hier vorbei - wobei mein Sommer eigentlich erst noch kommt. Denn ich werde gleich länger verreisen, ganze neun Wochen, ätschibätsch! Wohin genau, werdet ihr erfahren, wenn ich dort bin und hier über meine Erlebnisse berichte. Und das wird wahrscheinlich gar nicht so langweilig, denn ich bin ja nicht gerade bekannt für mein wahnsinnig bürgerliches, traditionelles und problemloses Dasein. 
Ich bin die Dramaqueen der Clique. Das Haar in der Suppe. Der Knitter in der Bluse. 

Aber ich weiss nicht, ob es an meinem derzeitigen psychischen Zustand oder einfach an meinem Alter liegt, denn es ist mir noch nie so schwer gefallen, eine Reise vorzubereiten!
Ok, "Vorbereiten" können wir das eh nicht nennen, ich bin ja sowieso eher die Spontane, die einfach irgendwo aus dem Flugzeug steigt und dann mal schaut, wie es weiter geht. Und das klappt meistens ganz gut, aber manchmal ist es eben schon notwendig, gewisse Dinge vor Abflug zu klären und gegebenenfalls zu buchen.

Ist mir irgendwie nicht gelungen, sogar das war mir zu anstrengend, Goldfische können definitiv keine Ferien organisieren. Jetzt gehe ich halt einfach mal und schaue. Die very basics stehen, so viel schief gehen sollte also eigentlich nicht - HAHA, wenn ich mir die vergangenen 44 Jahre meines Lebens anschaue, weiss ich allerdings, dass das auch entgegen jeder Logik noch passieren kann!!

Naja, ich lasse mich einfach überraschen.

Im Alter wird der Rucksack voller
Auch meinen grossen Rucksack zu packen, war eine Tortur. Der war garantiert noch bei keiner Reise so voll wie dieses Mal. Aber voran liegt das? Bin ich damals in Brasilien, Japan oder Südafrika eigentlich nackt rumgelaufen oder was? War ich in meinen jüngeren Jahren einfach viel unbekümmerter?
Ich kann mich wirklich nicht erinnern. Aber es waren wahnsinnig harte Entscheidungen dieses Mal: Das blaue oder violette T-Shirt? Und wieviele Trägershirts? Wieviele Shorts? Bin ich überhaupt noch im Alter für Shorts? Der Rock hat auch einen gewagten Schlitz, stört das dort vielleicht jemanden? Und ist es überhaupt warm genug für so Zeugs...? 
(zum 70. Mal die Klimatabellen an den verschiedenen Destinationen googlen)
Hmmm, was Langärmliges braucht es auch noch. Aber diese Bluse ist mir also zu edel, wenn die verloren geht...! Also doch wieder der alte Hoodie wie seit zehn Jahren...
Dann noch das schwierigste Thema überhaupt: SCHUHE!! Wieviele Paar Sandalen? Absatz oder nicht? Brauchen die Turnschuhe ein bisschen Profil? Ich bin ja zu faul zum Wandern, aber was, wenn mich mal jemand dort einen Vulkan raufzwingt oder so? Dann werden sie auch noch dreckig, also lieber keine weissen... 
Und wieso bringe ich mein Necéssaire eigentlich nicht mehr zu?? Mache ich dort eine Kosmetikschule auf oder was?? Aber ohne diese Haarprodukte werde ich einfach scheisse aussehen! Und jetzt habe ich doch erst meine ganzen 2342893802 Muttermale checken lassen, da braucht es jetzt einfach drei Flaschen Sonnencrème Faktor 50!!

Dann habe ich dieses Mal auch noch meine Packmethode angepasst: Neu habe ich alle Kleidungstücke zusammengerollt, anstatt sie gefaltet zu stapeln wie im Kleiderschrank. Ich weiss nicht, ob das von dieser Marie Condo kommt oder so, ich hab mich zwar nie mit ihr befasst, aber es reden gerade alle davon, dass Kleider gerollt weniger knittern und handlicher verstaut werden können. 
Finde ich jetzt nicht so, ich habe komplett den Überblick verloren, was Hose und was Shirt ist, aber egal.  Und den Rucksack bringe ich auch kaum zu, also könnt ihr schon mal sicher sein, dass ich keine Souvenirs mitbringen werde - ausser Geschlechtskrankheiten, natürlich.
Sorry, kleiner Scherz am Rande! 😝😋

Eine Blutvergiftung zum Abschied
Godzilla ist übrigens bereits in ihren eigenen Ferien, in der Tierpension. Nach langem Hin und Her schien mir das einfach die beste Lösung und die einzige, die mir einen halbwegs ruhigen Schlaf gewährt. 
Wobei, als ich sie in der Pension abgab, fand sie das gar nicht lustig. Sind ja schliesslich auch noch andere Tiere dort, und die Queen duldet ausser Menschen keine anderen Lebewesen in ihrem Hofstaat! Sie hat also mächtig gefaucht, sich geweigert, aus der Transporttasche zu kommen und mich zum Abschied noch so richtig kräftig gebissen.
Wahrscheinlich werde ich nun irgendwo am Meer an einer Blutvergiftung sterben, aber hey, ich verdiene es auch!

Ich heule seither Wasserfälle - nicht, weil mir die Hand so weh tut, sondern weil ich mich wie die hinterletzte F* fühle, die ihr Tier einfach irgendwo abgibt, um eine hedonistische Reise zu tun! 
Dummerweise waren diese neun Wochen bereits geplant, bevor Godzilla überraschend in mein Leben trat - durch wen, muss ich ja hier nicht nochmal extra erwähnen. 

Sheba-Suppe ist der Shit!
Egal, ich will das schwarze Biest ja wirklich nicht missen, ich liebe niemanden so heiss auf dieser Welt wie diese Katze!! Und es zerreisst mir das Herz, wenn ich daran denke, dass sie jetzt zwei Monate lang keine Mäuse und Vögel mehr erlegen und heimbringen kann (um sie dann mitten in der Wohnung verrotten zu lassen - wobei, eine Maus hat sie nicht mal getötet, die hat dann eine Woche bei uns gelebt und uns jede Nacht terrorisiert, bis es mir gelungen ist, sie einzufangen), sich nicht mehr auf mein Gesicht legen kann, wenn ich am (sehr frühen!) Morgen auch nach dem fünften Weckversuch nicht aufstehen mag, nicht mehr auf meinem Schoss schlafen kann, wenn ich auf dem WC hocke, nicht mehr in sämtliche Parterrewohnungen eindringen und es sich auf den dortigen Sofas gemütlich machen kann (danke nochmals, liebe Nachbar*innen für das Verständnis!) und garantiert keine Sheba-Katzensuppe mit Pouletstückli zu Fressen kriegt, ihre absolute Leibspeise (in 30 Sekunden runtergeschlürft - machen die da Catnip rein oder was??). 

Ich werde also noch sehr oft weinen in den kommenden neun Wochen, das weiss ich jetzt schon. Und das Gefühl haben, dass ich ihr Glöckchen höre (sozusagen Phantom-Bimmeln). Ich hoffe aber, ich werde mindestens genau so viel lachen. Und ihr auch, wenn ihr es dann lest.
Und nur lest. Der Podcast geht weiter - und klingt ganz neu, wie ihr in der aktuellen Ausgabe hört (wäre auch mal noch der Moment, ihn zu abonnieren!). Aber für mein Mikrofon ist nun wirklich kein Platz in meinem Rucksack. 

P.s.: Ich weiss schon, ihr fragt euch innerlich alle: "Und der viel jüngere Lover??" - ist Geschichte. Ich bin eben doch nicht pädophil... 


Mittwoch, 8. Juni 2022

149 Adieu, Goodbye, Auf Wiedersehen

Letzte Woche traf der lang gefürchtete Supergau ein:
Das schwarze Elend kam nicht mehr nach Hause.

Nicht, dass ich nicht noch genug Elend zu Hause hätte, nein. 

Ich meine Godzilla. 

Die erste Nacht ohne sie
Die ist ja jetzt neu Freigängerin. Allerdings hält sie sich immer nur recht kurz draussen auf und kommt regelmässig in die Wohnung zurück. Aber letzte Woche kam ich des Nachts nach Hause – und keine Katze weit und breit. Das ist erst mal nichts Ungewöhnliches. Ich stelle mich dann auf die Terrasse und rufe sie leise (um die Nachbarn nicht zu wecken und nicht als kompletter Creep abgestempelt zu werden, der zu später Stunde im Dunkeln nach einem asiatischen Riesenmonster schreit). Wenn Godzi mich hört oder hören will, dann kommt sie sofort und begrüsst mich. Vielleicht zieht sie danach weiter, aber wenigstens weiss ich dann, dass sie noch am Leben ist. Eine Art soziale Kontrolle. Als könnte sie zwischen zwei Kontrollen nicht sterben, aber egal. Manchmal kommt sie auch erst irgendwann nach meinem Rufen angelaufen, wenn ich längst wieder drinnen bin. 

Aber in jener Nacht kam sie gar nicht. 

Ich hasse das. Ich kann erst schlafen, wenn ich das haarige Biest noch einmal gesehen habe vor dem ins Bett Gehen. Und bis dahin war das noch immer der Fall gewesen, deshalb wurde ich wirklich unruhig. So unruhig, dass ich um Mitternacht noch durchs Quartier schlich und nach Godzi suchte.
Vergeblich.

Das mit der Klappe klappte nicht sofort
Ich machte kein Auge zu, lag im Bett und lauschte in die Nacht hinein. Ich hoffte, bald die Klappe des neuen Katzentürchens zu hören. Es macht immer einen ziemlichen Krach, wenn meine Katze da durchgeht. Das hat damit zu tun, dass sie das Türchen glaub ich nicht so mag. Sie stösst immer erst mehrmals dagegen, klettert halb hinein, dann wieder hinaus, bis sie sich endlich doch bequemt und ziemlich dramaqueen-mässig hindurchzwängt. Es kostete mich satte zwei Wochen, ihr beizubringen, dass ihr der Ein- oder Ausgang nicht versperrt sind, auch wenn die Klappe zu ist. Sie muss sie doch einfach nur aufstossen! Das kapierte das kleine Arschloch aber lange nicht, weshalb ich die Klappe tagelang mit Klebeband offen halten musste. Fiel sie trotzdem mal zu, dann fühlte die Katze sich entweder ein- oder ausgeschlossen, je nach dem, wo sie gerade war. Dann blieb sie bei schönstem Wetter halt in der Wohnung oder schlief draussen unter einem Gebüsch, weil sie das Gefühl hatte, der Zugang zum weichen Bettchen sei ihr verwehrt. 
Ich zeigte ihr zig Mal mit einem Plüschtier vor, wie der Mechanismus funktioniert. Ich schmierte ihren heissgeliebten Liquid Snack an die Klappe. Ich raschelte mit Trockenfutter auf der anderen Seite, ich leuchtete mit dem Laserpointer hindurch – war Godzilla alles scheissegal. Als ich die Geduld verlor und sie einfach mit Gewalt hindurchstopfte, stellte sie sich an, als würde ich sie lebendig häuten! Ihre Krallen hinterliessen tiefe Spuren auf meiner Haut…
Schliesslich hatte ich keinen Bock mehr – weg mit den Plüschtieren, den Klebstreifen und Leckereien. 

Und das war der Moment, indem sie es checkte. 


Wer hat Godzi gesehen?
Seither: Freedom, here I go again!!
Aber immer mit regelmässigem Einkehren im sicheren Hafen. Und damit wären wir zurück beim Thema: Auch am nächsten Morgen liess sich der plüschige Hausdrache (ich finde ja ohnehin, Godzi sieht aus wie dieser Trickfilm-Drache Toothless da, kennt ihr den? Allerdings hat sie Zähne, und die tun echt weh!) leider nicht blicken.   

Jetzt kriegte ich Panik. 

Ich alarmierte alle meine Freunde. Die Rückmeldungen reichten von «Das ist nicht schlimm, ich kenne Katzen, die sind den ganzen Sommer draussen und kommen erst im Herbst wieder heim» bis «Was? Schon eine Stunde weg? Ruf mal die Gemeinde an, sie wurde sicher überfahren!».
Ich fackelte gar nicht erst lange: Ich meldete Godzi online als vermisst auf so einem Tierportal und lief das Quartier und vor allem alle anliegenden Strassen 432401 mal ab, schaute unter jedes Gebüsch, wo sie hätte liegen können, auf jeden Baum, auf den sie hätte klettern können, zählte sämtliche Kellertüren und Garagentore, wo sie potenziell hätte eingeschlossen werden können. 

Abschied nach 24 Stunden 
Ein guter Freund erbarmte sich und druckte mir meine Vermisstmeldung als Plakate aus, die hängten wir dann in der Gegend rund ums Haus an Fassaden, Laternenpfähle und Toi Tois von Bauarbeitern. 
Ich heulte die ganze Zeit wie ein Schlosshund (obwohl ich nicht mal weiss, was ein Schlosshund ist und auch bezweifle, dass Hunde literweise Tränen vergiessen können, so wie ich), ich war überzeugt, dass ich meine Godzilla nie mehr wiedersehen würde. Sie war noch keine 24 Stunden verschwunden, aber innerlich hatte ich schon Abschied genommen von ihr. «Adieu, Goodbye, Auf Wiedersehn» singen Rammstein (ganz geiles Konzert, übrigens!), und das kam mir dauernd in den Sinn. «Ein letztes Lied, ein letzter Kuss, kein Wunder wird geschehn». Wenn sie kein Auto erwischt hatte, dann vielleicht ein Fuchs im Wald oder der Riesengreifvogel, den ich vorhin noch über unserem Haus hatte kreisen sehen. Vielleicht war sie verletzt und hatte sich irgendwo verkrochen, ganz schlimm leidend. Vielleicht war sie aber auch nur weggelaufen, weil sie mich einfach scheisse fand, weil ich nur selten Homeoffice mache, weil ich oft unterwegs bin, weil mein viel jüngerer Lover sie traumatisiert hatte (die Schlafzimmertür war halt offen).



Das Leben ist ein cabrón!
Jetzt lebte sie bei anderen Leuten, die sich besser um sie kümmerten, die immer zu Hause waren, gutbürgerlich verheiratet, ohne Eskapaden und ohne Reiselust. Und dabei war ich doch extra aufs Land in eine Parterrewohnung gezogen für SIE, damit SIE auf Feld und Wiesen herumtollen und das beste Katzenleben überhaupt haben kann – ginge es nur um mich, wäre ich in einen Neubau im 5. Stock in einem Hipsterviertel gezogen, mit Bars und Shops um die Ecke. 
Ja, ich weiss, so ein tolles Katzenleben birgt natürlich auch Risiken. Aber hey, was ist das für eine undankbare Bitch, lässt mich schon zwei Wochen nach Einbau des viel zu teuren Katzentürchens einfach im Stich und sich überfahren oder von Fremden das Fell bürsten und mit ganz viel Liquid Snacks verwöhnen!!! Und da krieg ich doch auch grad noch mehr Wut auf den Latino, der mir dieses Viech überhaupt geschenkt hatte, um uns dann beide nur ein paar Monate später einfach so in den Wind zu schiessen!!! Danke auch für den doppelten Schmerz, cabrón!!!! Warum muss das Leben auch so ein verdammtes Arschloch sein und mir auch noch das Allerliebste nehmen, meine Godzilliding, mein Godz-Godz, mein Stinkybinky, warum muss es das letzte Stückchen meines komplett zerschmetterten Herzens jetzt auch noch aus dem Leib reissen????!!!! Wie können Menschen Kinder haben, wenn ich schon bei einer Katze komplett durchdrehe, wenn die mal nach der Disco nicht nach Hause kommt und das Handy nicht abnimmt?????!!!!!!!

Und in der nächsten Nacht stand Godzilla einfach plötzlich in meinem Schlafzimmer. 

Seither ist mein Leben wieder super, und ich habe mir geschworen, mich nie mehr über etwas zu beschweren – ok, vielleicht nicht für immer, aber für eine Zeit lang. Alles ist gut, am Ende zählen nur ich und sie, nothing else matters.

Deshalb wünsche ich euch jetzt eine friedvolle Zeit und bis zum nächsten Mal!

Oh, es klingelt. Der Lover kommt. Sorry, Godzi, geh doch ein bisschen raus, spielen.
 

Sonntag, 8. Mai 2022

148 Der Marder, der Igel, Godzilla und ich

Neulich kam ich in der Nacht nach Hause, auf dem Velo und schaute vor der Garageneinfahrt in den Garten meines Nachbarhauses. Ein vierbeiniges Viech bewegte sich ziemlich flink über die Wiese, grau und pummelig - ein riesiger Igel. "Welcome to the countryside!", dachte ich. Weil da lebe ich jetzt, am äussersten Zipfel von Zürich, sozusagen im Grünen.

And I like it!

Das Land ist gar nicht so anders als die Langstrasse
Nach vielen Jahren im Langstrassenquartier glaubte ich ja immer, ich könnte nie "ab vom Schuss" wohnen. Aber ich habe mich schon sehr an das Landleben gewöhnt und es sehr schätzen gelernt. Die Ruhe, das Feld mit den Tulpen zum selber Schneiden hinter dem Haus, das Vögelgezwitscher am Morgen, der Marder vor meinem Schlafzimmerfenster... hab ich tatsächlich mal fast ein Jahrzehnt lang im Langstrassenquartier gelebt? BOOORRIIINNGG!!!

Obwohl: So anders ist es eigentlich gar nicht. Auch "im Chrachen usse" gibt es eine Menge schräger Leute. Letzte Woche sass ich im Bus (dem einzigen Bus, der zu mir fährt, übrigens), und neben mir war eine ältere Frau, die lauthals sang. Ich und alle anderen Passagiere versuchten, sie so gut es geht zu ignorieren, weil ein Augenkontakt in solchen Situationen ja ziemlich peinlich sein kann. Als die Dame ihr Medley beendet hatte, schaute sie in die Runde und meinte enttäuscht: "Es klatscht ja gar niemand für mich."

Ja, so geht es mir auch öfters, wenn ich was vermeintlich ganz Tolles mache und das keine Sau interessiert. Ich denke da an die elf Rollos, die ich neulich eigenhändig an meinen Fenstern montiert habe, damit mich die Nachbarschaft nicht so schnell beim Blütteln erwischt. Kein Beifall dafür, gar nix. 


Die Rache des schwarzen Elends
Godzilla findet das Landleben übrigens auch super. Wir warten seit x Wochen sehnsüchtig auf ihr Katzentürli, aber wahrscheinlich steckt das auf irgendeinem Frachtschiff in einem chinesischen Hafen fest.    Meine Hoffnung ist, dass das kleine schwarze Elend ein bisschen erträglicher wird, wenn sie dann regelmässig Vögel tötenund in die Gärten der NachbarInnen machen kann, weil zur Zeit lässt sie mich ziemlich spüren, dass sie es scheisse findet, dass ich sie einsperre und kaum Homeoffice mache. Meine allereinzige Topfpflanze, die ich mir wegen diesem Biest noch gönne, wird regelmässig ausgebuddelt. Sämtliche Blätter sind mehrfach gespalten, zerbissen oder gleich ganz abgerissen. Was einst ein buschiges Urwald-Gewächs war ist jetzt noch so ein dünnes, tristes Stängelchen. Jeden Tag werden sämtliche Shampoos, Duschgels, Rasierer und Kämme in die Badewanne geschubst, was besonders in der Nacht einen ganz tollen Krach macht. Meine Lieblings-Lederjacke, Erbstück meiner Mutter, musste ich zum Schuhmacher zum Flicken bringen, weil halt plötzlich ein riesiger Riss drin klaffte, der wahrscheinlich von einer unerlaubten Kletteraktion im Kleiderschrank herrührte. Und das mit dem WC-Papier kennt ihr ja schon, aber ist ja eigentlich noch praktisch, wenn es schon abgerollt ist, wenn man es braucht. Auch hier wäre ich wieder mal froh um Tipps von anderen Crazy Cat Ladies und Gentlemen. Gibt es einen Weg, solche Sperenzchen (existiert dieses Wort überhaupt oder nur in meinem Kopf?) zu unterbinden oder muss ich die nächsten 15 Jahre tatsächlich auf schöne Dinge und ruhige Nächte verzichten?

Es geht bergauf
Ich hoffe wirklich, dass sich die Situation mit dem Katzentürli dann etwas beruhigt. Godzilla wird auch in guter Gesellschaft sein, denn es gibt in meinem Quartier definitiv mehr Katzen als Hipster. Die Nachbarskatze hat mich schon mal uneingeladen in meiner Wohnung besichtigt, zum Glück mag ich Spontanbesuche. Godzilla hingegen gar nicht, und die beiden Bitches fauchten und keiften sich so laut und schrill an, dass es das ganze Haus hörte. Ich musste die eine Katze dann ins Büro sperren und die andere aus dem Fenster schmeissen (keine Angst, ich wohne im Parterre!), worauf sie mich vor lauter Empörung gebissen hat. Ich hoffe, die Gute ist geimpft, sonst habe ich vielleicht bald Katzen-AIDS. 

Und nicht, dass ich jetzt hier einen völlig falschen Eindruck erwecke: Godzilla und ich sind sonst also ein Herz und eine Seele! Unser Frauen-Haushalt läuft ausgezeichnet. Wir teilen uns sogar das Bad: Ich habe zum Glück zwei Lavabos, und das eine ist jetzt ihr Bett. Ja, jeder hat halt so seine Vorlieben, nicht?

Ok, bevor dieser Blog hier zu einem reinen Cat Content ausartet: Mir geht es besser, danke der Nachfrage! Nicht, dass ich die Trennung und die zwei Umzüge innert drei Monaten jetzt schon komplett verdaut hätte. Nicht, dass ich nie mehr unter der Dusche heulen würde. Nicht, dass ich fände, ich könnte das Geld für meine Therapeutin langsam sparen. Aber es geht definitiv bergauf. Spätestens, nachdem ich am ganzen Körper einen sehr hässlichen Ausschlag bekam, wegen dem ich eines schönen Wochenendes in einer Notfallpraxis landete, der sich dann zum Glück als harmlos, aber sehr langlebig herausstellte und deren Ursache ein Virus oder meine verkorkste Psyche sein könnte, war mir klar: Jetzt ist fertig rumdeprimieren, jetzt muss es wieder bergauf gehen! Und das ging es dann auch. 

Das hat unter anderem auch mit meinem viel jüngeren Liebhaber zu tun.

Scherz.

Nein, eigentlich nicht.

Ach, ich lass euch selber entscheiden 😋

Und übrigens, falls ihr euch fragt, wo denn mein Podcast geblieben ist: Keine Angst, er kommt bald wieder! Er wird nur grad einer Generalüberholung unterzogen, genau so wie mein Leben. Danach sind wir in alter Frische zurück. Ah, nein, eben nicht: in neuer!

Der Marder, der Igel und ich sagen danke und bis bald! Grüsse vom Land!