Dienstag, 1. Mai 2018

86 Futterneid

Neulich war ich mit einer Freundin im Restaurant. Mach ich eigentlich total gerne, auswärts essen. Wenn mich dabei nicht immer die selbe, grässlich Angst plagen würde. Nämlich die, dass mein Gegenüber diese eine teuflische Frage stellt:

"Nimmsch du das und ich das, und dänn chömmer teile?"

AAAAAAAAHHHHHHHHHHHHH!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Ich hasse das!!
Ich kann diese Phobie und Abneigung nicht erklären, aber es ist einfach eine Tatsache, dass ich beim Essen nicht gerne teile. Du kannst alles haben: Mein Velo, meine Kleider, meinen Badge im Büro, meinen Staubsager - aber nicht meinen Food! Mich macht das einfach wahnsinnig nervös. Wahrscheinlich meldet sich bei mir bei dieser Frage jeweils sofort dieser Ur-Überlebensdrang, der in uns allen schlummert, und mein Hirn gibt mir das Signal: Du könntest verhungern, wenn dir die anderen etwas wegfressen, nur der Stärkste überlebt, es hat hier keine Platz für Nächstenliebe! 

Das mit dieser Teilerei ist ja eh so eine Sache. Ich meine, kriegt man da sicher immer haargenau gleich viel Essen wie der andere? 
I doubt it.
Vor allem nicht beim System: "Aso, mir essed doch eifach mal d Hälfti und dänn tuusched mer dä Täller, oder?" - ähääää! Ganz sicher frisst du nur die Hälfte!! Logisch kommt da noch ein Schnäfel mehr Pizza weg oder drei Spaghetti zu viel! DAS GEHT NICHT!! Körper schreit: ALAAAARRRMMMM!!!!
Futterneid sagt man dem, oder? Muss genetisch sein, damit kommt man zur Welt. Also, bei mir jedenfalls ist das so, scheint sogar ein seeeeehhr ausgesprägtes Allel zu sein (ich bin sehr stolz, dass mir dieser Begriff aus dem Biologieunterricht im Gymi im Gedächtnis geblieben ist - und ja, tatsächlich, ich habe eine Matura, da staunt ihr, was?).


Noch viel beschissener allerdings finde ich, wenn man mir im Restaurant eröffnet: "Also, ich mag im Fall eh nöd e ganzi Portion, bstelled mer eifach einen Teller für eus beidi?"
Ähm, nein? Weil ICH mag eine ganze Portion, ehrlich gesagt, mögte ich deine gleich noch mit!
Wenig essen - sorry, aber so etwas gibt es nicht in meiner Welt. Wie gesagt, es könnten ja mal ganz harte Zeiten kommen, wir könnten eingeschneit werden, die Russen könnten vor der Grenze stehen, Trump uns mit immensen Zöllen belegen - und was mach ich dann ohne Fettreserven? Will ich als erste sterben? NEIN! 

Und NEIN, ich geb dir auch nicht von meinem Food zu probieren! 
"Dörf i en Biss?" - oh Gott, da wird mir jeweils ganz anders! Der Biss ist eh immer der eines Pottwals! Und eine fremde Zunge an meinem Glacé finde ich auch nicht so prickelnd.

Ja, so bin ich dann. 
Sälber ässe macht feiss. 

Aber zurück zum Restaurantbesuch, mit dem dieser Text hier eigentlich begann.
Meine Freundin wollte zum Glück nicht teilen und mochte auch eine ganze Portion alleine essen.
Nur einmal fragte sie so nebenbei: "Isch diis guet?"
Und da wurde ich für einen kurzen Moment nervös.

Sonntag, 15. April 2018

85 Weiblich, ledig, "jung" sucht...

Es gibt zwei sehr, sehr beschissene Sachen im Leben, bei denen aber so ziemlich alle mal durchmüssen:

Job suchen und Wohnung suchen. 

Bei mir steht gerade letzteres an.
Nicht, weil ich unbedingt müsste. Der Vermieter hat mich nicht vor die Tür gesetzt und ich werde auch nicht gentrifiziert oder so. 
Aber irgendwann weiss man einfach, dass es Zeit ist weiterzuziehen. Hat vielleicht auch mit dem runden Geburtstag zu tun, der sich mit grossen Schritten nähert im Sommer. Und jetzt muss eine neue Wohnung her, ganz einfach. Nicht unbedingt seniorentauglich und rollstuhlgängig, aber sicher grösser, schöner, grüner.
Basta.




Jetzt durchforste ich also wieder tagtäglich alle einschlägigen Portale mit Wohnungsinseraten - heisst, ich muss eigentlich rund um die Uhr im Netz sein, denn sonst verpasse ich eine Gelegenheit, und die Gelegenheiten in dieser Stadt sind furchtbar schnell weg! Oh mann, das ist purer Stress, es gibt wirklich geilere Hobbys, echt. Eine Wohnung suchen in Zürich, wenn man nicht über das Budget eines Novartis-CEOs verfügt, aber trotzdem nicht wie eine Kellerassel hausen will - gaaaaaanz schlecht für die Laune!
Und jetzt, lange nach meiner Studenten- und Ausprobierzeit hab ich doch tatsächlich auch noch ein paar Ansprüche, die die Sache noch schwieriger machen: Mindestens 3 Zimmer (der Held muss schliesslich auch reinpassen - siehe Blogpost Nummer 59. Und meine Schuhe). So ein Terrässchen wär schön. Ein Gärtchen. Mindestens ein sehr grosser Balkon. Zentral, logo. Okeeeee, bitz ausserhalb geht auch. Natur drum herum ist ja auch schön. Aber nicht in Seebach oder Schwamendingen. Witikon steht auch nicht zuoberst auf meiner Liste. Leimbach ok, wenn nicht grad in der hintersten Ecke. Oerlikon - jo, vielleicht im neuen Teil? Glaskeramik und Geschirrspüler, bitte. Parkett auch. 

Jedenfalls ist es jetzt nicht so, dass ich mich vor Besichtigungsterminen kaum retten könnte oder so. Ehrlich gesagt, greif ich nach dem Lesen eines Inserats selten zum Hörer. 
Oftmals sind nur schon die Titel verdächtig:

"Charmant" ist immer gefährlich - was so umschrieben werden muss, um an den Mann oder die Frau gebracht zu werden, hat irgendeinen Haken, der schöngeredet wird. Charmant kann nämlich alles sein. Der Schimmel an der Wand, zum Beispiel. Der Herd aus dem Zweiten Weltkrieg. Der grässliche, verschlierggte Laminatboden, der aussieht, wie aus einer Turnhalle.

"Interessant geschnitten" finde ich auch immer sehr schön. Heisst, die Zimmer sind 4m2 gross. Und die Badewanne in der Küche. 

"Wohnen im historischen Blablabla für 1000 CHF pro Monat" ist so ein anderer Fall. Dahinter steckt keine besonders menschenfreundliche Genossenschaft. Es bedeutet schlicht, dass man das neue Zuhause wohl höchstens ein halbes Jahr geniessen kann, weil es dann abgerissen wird. Oder gentrifiziert. 

"Keine Haustiere erlaubt" ist mir per se schon unsympathisch, ob ich jetzt ein Viech habe oder nicht. Ich weiss nicht, aber das impliziert so: Hey, in dieser Wohnung wird im Fall nichts, aber auch gar nichts dreckig gemacht, und wenn es irgendwo an irgendeiner Wand mal irgendeinen Kratzer geben sollte in 10 Jahren, dann fliegst du!

"Herzig" = winzig klein.

"Zentral" = am Arsch der Welt.

"Provisionsfrei" = "ist eh nichts wert".

Keine Fotos = Vergiss es!!

Und dann findest du vielleicht tatsächlich mal eine Perle unter den Säuen und rufst sofort an - aber der Vermieter geht gar nicht mehr ans Telefon, weil nämlich schon 345930 vor dir die selbe Idee hatten.
Oder du stehst am Besichtigungstermin mit 939402 anderen in der Schlange und versuchst, dich beim Vermieter einzuschleimen ("Mega schöne Wohnung, wow, genau das hab ich gesucht!! Noch nie so was Tolles gesehen! Und dann noch um die Ecke von meinem Arbeitgeber, wie praktisch! Ich hab nämlich einen gaaaaanz wichtigen Beruf, jaja, unentbehrlich und wahnsinnig gut bezahlt! Perfekter Leumund, und uhuere nett und sauber und mucksmäuschenstill bin ich auch, rufen Sie mal meinen Chef an, der bestätigt ihnen das!"). 

Und am Schluss kriegt sie dann doch ein anderer. 

Also, meine lieben Zürcher Leserinnen und Leser: Ich bin offen für jegliche Tipps. 
Sonst zieh ich nämlich einfach aufs Land. Und dann müsste ich diesen Blog hier umbenennen.
Das wollen wir nicht, oder?

Danke!

Donnerstag, 22. März 2018

84 "Weisch..."

Oh mein Gott, oh mein Gott, so viel Stress, ich komme ja gar nicht mehr zum Schreiben!
Neulich hat sich tatsächlich ein Leser bei mir beschwert über meine laaaaaaannnngggeeen Pausen zwischen den Blogbeiträgen. Ich möchte mich hier bei allen entschuldigen, die auch so empfinden.
Und bei denjenigen, die froh waren, halte ich so lange die Klappe, möchte ich mich ebenfalls entschuldigen: Denn hier bin ich wieder, ÄTSCH!!! :-)

Aber hey, mich gibt's seit Kurzem übrigens auch auf Twitter (@fraubitterboes, natürlich)! Dort gibt's auch ab und zu mal was von mir, also followed mir doch. Plus kann man mir dort Anregungen schreiben, Grüsse und Beschwerden. Also, kann man natürlich auch hier. Und auf Facebook (Frau Bitterbös, natürlich). Don't be shy!

So, jetzt aber zurück zum wirklich Wichtigen des Lebens.

Neulich sass ich mal wieder im Zug, und mein Blick fiel auf meine Handtasche, wo immer noch ein "Nein zu No Billag"-Pin prangte. Ich dachte, Abstimmung ist ja jetzt vorbei, nehm ich den mal weg, und legte ihn aufs Tischchen unter dem Fenster. Eine Station weiter setzt sich mir ein Mann gegenüber, so in meinem Alter. Wollmütze auf dem Kopf, Jeans, Pulli, Bart. Tsüri, halt. Ich nehme höflich den Pin von der Mitte des Tisches, weil er ja vielleicht dort sein Getränk absetzten möchte oder so. Folgenden Dialog möchte ich euch nicht vorenthalten:


Mann: "Isch das diine?"
Frau Bitterbös: "Ja."
M: "Wie chasch du nur für d Billag sii??"
B: "Wie chasch du nur degäge sii??"
M: "Naja, all die Lokalsänder da, die lueg ich eh nie. Weisch, das wäred eh die einzige gsi, wo weggfalle wäred."
B: "Nei, das wäred die einzige gsi, wo no bliebe wäred, will die sich ja über Werbig finanziered, hauptsächlich. Weggfalle wär d SRG."
M: "Ha! Das isch doch alles nur Angschtmacherei!! Im ene Land wie dä Schwiiz schafft doch niemert dä einzig öffentlich-rächtlich Sänder ab! 'Echo der Zeit' find i im Fall super!"
B: "Naja, aber du wettsch ja offebar nöd defür zahle. Ohni Geld keis 'Echo der Zeit'."
M: "Aber für das brucht's doch kei Billag! D Schwiiz hät doch gnueg Geld! Weisch, mer müessti das nur umlagere, und dänn chönnti mer au d SRG finanziere!"
B: "Ja, aber über das hämmer ja nöd abgstumme. Mir händ drüber abgstumme, öb mer wännd Rundfunkgebühre zahle oder nöd. Also. Ohni Gebühre kei SRG."
M: "Weisch, ich säg der, wänn nur alli Politiker i dem Land anstatt 8000.- pro Monet nume 6000.- würed isacke, dänn hetted mer au Geld für Radio und Fernseh!"
B (staunt über die Zahlen. Alle Politiker des Landes erhalten 8000.- pro Monat? Ist das im Politiker-GAV so festgelegt?)
M: "Und nomal öppis: Wänn jede Verwaltigsratpräsident zerscht sälber müesst 100'000 Stutz ischüüsse, bevor er dä Job überchunnt, dänn gächt er au aständiger mit em Konzern um! Dänn müessted mir mit eusne Stüüre kei Banke rette!"
B: "Villicht."
M: "Das gaht doch au nöd, dass mer däne Wichser dänn au no Millione-Boni in Arsch schopped!!"
B (nickt)
M: "Weisch, ich find sowieso, mir sötted alli eusi Kontene schlüüsse und euses Geld abzieh! Eso chönnted mer d Banke zwinge, eus wieder aständigi Zinse z zahle! Als Chind han ich no 3 Prozent Zins übercho, stell der vor! Und d Banke mached sit do im Fall nöd weniger Gwünn!"
B: "Hmmm..." (und denkt: Ahaaaa, wir driften vom Billag-Thema ab....) 
M: "Weisch, ich han scho in Dütschland und Frankriich gschaffed, und überall händ mir d Lüüt gseit wenn sie hetted chöne über d EU abstimme, dänn wäred sie sicher nie biträtte! Die sind niidisch uf eus Schwiizer, dass mir da so vill chönd mitrede!"
B:  "Das isch ja au s Guete a eusem System - mir chönd aktiv mitbestimme."
M: "Ebe. Wie du gsehsch, ich mach mir scho Gedanke. I mim Kollegechreis chömed die im Fall guet aa."
B: "Aber denn setz dini Idee doch um und mach e Volksinitiative oder so. Profitier vo eusem System!"
M: "Jaaa... asoo... pfff... weisch, dasch ja huere ufwändig. Wivill Underschrifte? 100'000?"
B: "Genau."
M: "Weiss nöd. Für die meischte vo mine Idee chämt i eh is Gfängnis!"
B (steht auf): "Also, du, ich mues jetzt usstiege. Wünsch der en schönen Abig!"
M: "Tschau, gäll, mach's guet!"

Und die Moral von der Geschicht'?
Alle wissen wir, was besser wäre fürs Land. Aber aktiv was ändern, tun wir dann doch nicht. Oder nur die wenigsten von uns. Weil, uns geht's ja ganz gut hier in Züri, so oder so. Nicht?