Dienstag, 28. Mai 2019

106 Peinlich kann ich

Neulich war ich sehr konzentriert auf dem Trottoir unterwegs, den Blick starr aufs Handy gerichtet, wie so ein digitaler Zombie.
Es war zur Abwechslung mal nicht ganz so beschissenes Wetter, und ich hatte mir ein luftiges Kleidchen, gepaart mit dünnen schwarzen Strumpfhosen angezogen. Diese Nylon-Dinger, an dem die Röcke auch so richtig schön kleben bleiben - kennt ihr die? Richtet sich jetzt etwas mehr an die Frauen, diese Frage, aber vielleicht haben ein paar Männer unter euch auch Strumpfhosen-Erfahrung.
Jedenfalls ist es tatsächlich so, dass sich ein Rock so richtig schön an diesen Strümpfen hochhangeln kann, wenn man sich bewegt, im Takt der Schritte, sozusagen. 

Ich ging also völlig gedankenversunken entlang meines Weges und merkte plötzlich, wie es an meinen Beinen und vor allem an meinem Hintern merklich kühler wurde. Komisch, dachte ich, ohne den Kopf zu heben, vorhin hatte der Stoff den Wind doch noch ganz gut abgehalten...?

Und dann dämmerte es mir.
Aber es war schon zu spät. Ich spürte eine Hand auf meiner Schulter, und eine nette junge Frau deutscher Herkunft sah mir ganz sorgenvoll ins Gesicht.
"Ihr Rock ist hochgerutscht!"

Was macht man in so einem Moment? Aufschreien und sich hinter einem Baum oder einem Auto verstecken? So schnell wie möglich davonrennen? Weinend zusammenbrechen und das Mami anrufen? Oder einfach Suizid?
 
 
Ich entschied, total cool zu bleiben. 
 
"Oh", lächelte ich lapidar, "stimmt!". Dann ging ich einfach weiter, in der einen Hand immer noch das Smartphone, mit der anderen griff ich ganz ruhig nach meinem Rock, und HERRJEMINEH!!!! der hatte seinen Weg schon unter meine Jacke geschafft! Ich musste gefühlte 67 Stunden lang am Jackensaum entlang tasten - die Augen immer noch starr auf das Display geheftet, als gäbe es dort etwas viiiiieeeeellll Interessanteres zu sehen als all die neugierigen Augenpaare um mich herum - bis ich den Rock endlich erspüren und energisch wieder an seinen Platz zupfen konnten, der nämlich AUF meinem Arsch war und nicht DARÜBER!
 
Apropos Arsch: So dünne schwarze Nylon-Strumpfhosen sind ja alles andere als blickdicht. Das bedeutet also, dass wahrscheinlich gerade der halbe Zürcher Hauptbahnhof meine zartrosa Unterhose gesehen hatte. 
Ja, ihr habt richtig gelesen: Der HB. Ich war bei meiner major wardrobe malfunction natürlich ausgerechnet am belebtesten Ort dieser Stadt unterwegs. 
Das kann ja auch nicht auf einem einsamen Waldspaziergang oder nachts in einem ausgestorbenen Gässchen passieren.
 
Nein. Am Feierabend. Zur Rush Hour. Am HB Tsüri. Klaro.
 
Peinlich kann ich.



Sonntag, 12. Mai 2019

105 Ich, Greta Thunberg

Plastik ist böse.
Er verpestet unsere Meere und macht Wale tot.

Ausserdem ist Plastik auch einfach superhässlich. Das muss jetzt einfach mal gesagt sein. 
Ein Grund mehr, weshalb ich dem Plastik den Kampf angesagt habe. Alles muss raus!!

Dabei wurde ich ja in den späten 70ern geboren, als Plastik gerade meeeega schick war. Alle meine Spielzeuge waren aus Plastik. Plastikgeschirr war in, Plastiklampen, ich hatte als Baby ein Plastiklätzchen. Und tatsächlich, meine Eltern hatten sogar Stühle aus Plastik. Pfui!

Auf diese Plastiksäckchen beim Einkauf bei Migros und Coop versuche ich schon lange zu verzichten. Mal ehrlich, die knallt man zu Hause ja eh gleich wieder in den Müll. Ich renne nun also dauernd mit Stofftüten rum, die ich irgendwo in den Rucksack oder die Handtasche stopfe, für den Fall, dass ich mir noch ein Brot hole oder Milch.

(Haha, ich hole mir nie Brot, aus irgend einem mir unbekannten Grund esse ich zu Hause kein Brot. Im Restaurant aber jeweils das ganze Körbli. Und Milch trinke ich auch nicht, die brauch ich nur für den Kaffee, den ich aus unerfindlichen Gründen auch nie zu Hause trinke, sondern nur im Büro und auf Dates. Und nur aus richtigen Tassen mit richtigen Löffeln, auch hier kein Plastik! Ausser ich nehme einen Kafi to Go, das kommt manchmal vor, das geb ich zu. 
Das mal so als Einschub hier.)

Jedenfalls - Plastiksäcke sind schon länger out. 
Und vor ein paar Tagen habe ich mich auch von den unzähligen Plastikbehältern getrennt, in denen ich meine Vorräte aufzuheben pflegte. Ihr wisst schon, Nudeln, Reis, Salz, Mehl, Zucker. Das hab ich jeweils alles fein säuberlich in so Plastikdosen mit superdichtem Verschluss gelagert, damit sich da keine Viecher reinschleichen können. Hat mir Mami beigebracht. 
Jetzt bin ich aber auf Glas umgestiegen. Die Dinger musste ich bestellen und mir nach Hause schicken lassen, die sind recht schwer in der Menge, in der ich sie benötige. Und übrigens auch teurer als die Plastikteile.

Umweltschutz kostet.


Die Plastikbehälter habe ich übrigens nicht einfach weggeschmissen. Nein nein, verkauft auf dem Facebook Market an jemanden, der sich offenbar nicht so viele Gedanken über Wale macht. Aber ich muss mich hier auch nicht als Gutmensch hinstellen jetzt, hab ja aus dem bösen Plastik noch Profit geschlagen, ich Bitch!

Aber trotz all dieser Bemühungen: Ganz wegzudenken ist der Kunststoff also noch nicht aus meinem Leben. 
Wann gibt es endlich Shampoo, Duschgel und Bodylotion im Glas? Gut, diese Schlepperei will ich mir gar nicht vorstellen, und mir grad alles nach Hause liefern lassen, liegt auch nicht drin, geht ganz schön ins Geld.
Ich könnte mir Shampoo selber machen, habe ich gesehen auf Youtube. Bin ich halt ehrlich gesagt etwas zu faul dafür, das geb ich zu. Und es hat mich schon Jahre gekostet, passende Shampoos für mein nicht ganz so alltägliches Haar zu finden, ich bin mir also nicht sicher, ob da ein bissen Seifenlauge und Kamillentee das richtige ist. Aber hey, immerhin verzichte ich auf teure Conditioner in der Plastiktube, ich schmiere mir herkömmliches Kokosöl auf dem Kopf, aus dem Glas! Funktioniert super, und man riecht dann tagelang lecker nach Makronen!

Bei den Lebensmitteln könnte ich auch noch mehr auf die Verpackung achten. Aber das ist doch auch recht schwierig. Ich hab gestern meine drei Schoggi-Osterhasen gegessen, die ich geschenkt bekommen habe (JA, auf's Mal - so what??), die gibt es halt nicht offen. Genau so wenig wie Pasta und Reis. Ämel nicht bei Coop und Migros. 

Es ist nicht ganz leicht, wenn man ein verantwortungsvoller Gutmensch mit Weitblick werden will. 
Aber ich arbeite dran. 
Heute der Plastik, morgen das Wasser. Das müsste ich auch mehr sparen. 
Weniger Kleider. Aber das Thema hatten wir schon (update dann Ende Jahr).
Und weniger fliegen. Oh Gott, VIEL weniger fliegen.

Oha - es gibt viel zu tun... 

Freitag, 19. April 2019

104 Porno

Neulich sass ich mit meinen Arbeitskolleginnen und - kollegen (Genderkonformität!) beim Zmittag. Es waren auch noch Leute aus anderen Abteilungen mit dabei, die ich nicht so gut kenne, plus Mitglieder der Geschäftsleitung. Und ein Herr, den ich noch nie gesehen hatte hier auf der Arbeit, aber der mir einfach wahnsinnig bekannt vorkam. Gross, schlank, so Mitte 30.

Er ist auf Besuch und stellt sich bei allen vor, aber als er seinen Namen sagt, klingelt nichts bei mir. Die ganze Zeit während des Essens lässt es mich nicht mehr los: Ich muss den Typen dauernd quer über den Tisch heimlich anstarren und grübeln, wieso er mir irgendwie so vertraut ist.
Irgendwann entscheide ich mich für den direkten Weg und spreche ihn an.

"Sorry, kennen wir uns nicht von irgendwoher?"
Er: "Hmmm. Nein, wüsste ich nicht."

Gopferdelli, auch seine Stimme kommt mir bekannt vor!

Ich: "Warst du nicht am Geburtstagsfest von Anja?"
"Nein. Ich kenne keine Anja."
"Hast du auch an der Uni Zürich studiert?"
"Nö."
"Ah, genau, ich hab neulich diese Impro-Show gekuckt! Du hast dort mitgemacht!"
"Improtheater?" Er lacht. "Das ist gar nichts für mich!"

Jetzt steht er auf und holt sich ein Glas Wasser.
Auch die Art, wie er sich bewegt, erinnert mich irgendwie an etwas. Langsam werde ich nervös. Jetzt huere Siech, ich kenn den Typen doch von irgendwo her!!

"Aaaaaahhh, jetzt weiss ich!!", gehe ich ihn an, als er an den Tisch zurückkehrt. "Du warst in Australien in diesem fürchterlichen Backpacker! Dort irgendwo im Norden, wie hiess der Ort noch gleich...?"
"Ich war noch nie in Australien."
"Riga?"
"Nope."
"Gopf, aber du kommst mir so bekannt vor! Hast du einen Youtube-Kanal oder so? Bist du Influencer?"
"Porno-Darsteller."


Es wird urplötzlich mucksmäuschenstill am Tisch. Alle Blicke haften auf mir. Arbeitsgspändli (Genderkonformität!), Chefs, eigentlich die ganze Welt - alle kucken sie dich an. Und du weisst nicht, sollst du jetzt lachen oder weinen.
Eher so: "Was? Porno? Was ist das?" oder lieber "Ah ja, genau! 'Anale Grande', hab ich sieben Mal gesehen - war super!"?
Ich entscheide mich für den Mittelweg, ignoriere alle Augen um mich herum, esse einfach weiter und sage kurz: "Cool!".

Was für eine Geschichte!

Und drum bin ich froh, ist sie mir nicht wirklich passiert.

Aber geil wäre es eigentlich schon noch.
Haha, stellt euch diese Szene vor, und das auch noch ausgerechnet auf der Arbeit, wo du dann wieder jeden Tag hingehen musst! :-) Schön auch die Situation dann im nächsten Meeting, wenn du als verruchtes, sexsüchtiges Luder ernst genommen werden willst, aber das ist einfach schwierig, wenn du halt die einzige bist im Raum, die jemals nackte Menschen auf einem Bildschirm gesehen hat!

Aber nein, alles nur ein lustiges Hirngespinst. Und ich esse im Fall nicht mit der GL Zmittag.

In diesem Sinne: Frohe Ostern wünsche ich!

(Hihi, Eier, hihi!)