Freitag, 25. Januar 2019

100 Die Memme auf dem Eis

Ich hab eine Phobie, eigentlich schon mega lange, aber erst in diesem Winter wurde sie mir so richtig bewusst:

Eine Phobie vor rutschigen Strassen.

Oder besser gesagt, vor vermeintlich rutschigen. 
Das ist vor allem im Winter der Fall. Ok, wir müssen ja wohl zugeben, dass der Winter 18/19 ein Pussy-Winter war - meinen fettesten Mantel hab ich jedenfalls nicht mal aus dem Schrank genommen bisher, ich komme ohne Handschuhe und lange Unterhosen aus.
Aber jetzt sind die Temperaturen doch noch ein bisschen gefallen - und schon sind sie da, diese fiesen, glänzenden Eiskristalle auf dem Trottoir!!
Und sie verwandeln mich regelmässig in eine komplette Memme.

Schon zwei Meter vor dem Schneematsch, dem Wasser oder Eis verlangsame ich meinen Schritt um etwa 70%. Mit Adleraugen suche ich nach einer Ausweichmöglichkeit, aber die ist natürlich meistens nicht gegeben. Dann schaue ich halt, ob ich mich irgendwo festhalten kann, während ich mich todesmutig über die arschglatte Fläche wage. Meistens ist das ein Gebüsch am Trottoirrand, ein Geländer oder ein anderer Mensch. 
Und dann geht es in Zeitlupe hinüber, mit Schritten so gross wie von einem Chihuahua. Ich versuche auch, gar nicht erst den ganzen Fuss abzusetzen, so als hätte ich Hoffnung, ich könnte einfach über das Eis schweben. Ich glaube, von aussen sehe ich aus wie eine Mischung aus einer 115-jährigen Seniorin, einer Geisha (wegen der Schrittchen) und einer Besoffenen.

Links und rechts stapfen Menschen im Stechschritt an mir vorbei, scheinbar furchtlos und unbeeindruckt von der Todesfalle, die da unter ihren Füssen lauert. 
Nur ich zittere vor Angst und klammere mich krampfhaft am Ast oder wahlweise an mir selber fest, die Augen weit aufgerissen, die Atmung wie nach einem Hürdenlauf, und taste mich Millimeter um Millimeter vorwärts. 


Ich muss mir dann immer vorstellen: Wenn jetzt ein Tornado nahen würde, wenn mich ein Serienkiller mit dem Messer jagte - scheissegal, ich würde nicht rennen. Der Schiss vor der nassen oder gefrorenen Fläche unter mir wäre einfach grösser. Lieber zerstückelt werden als mir ein Bein brechen!

Das Geile ist ja, dass in Zürich praktisch überall gesalzen und gekiest wird. Das heisst, auch verschneite oder spiegelglatte Strassen sind eigentlich gar nicht rutschig. Und wenn ich ehrlich bin, merk ich das auch, dass meine Sohlen einen guten Halt haben, wenn ich sie (wenn auch nur halb) aufsetze. 
Aber die Vorstellung, wie ich einfach plötzlich den Boden unter den Füssen verliere, nach hinten wegkippe, einen halben Salto drehe und mich dann voll auf den Hintern - oder noch schlimmer - auf den Kopf pflanze, ist einfach stärker! Wie in dieser Suzuki-Werbung!!!
Und dann beide Arme und Beine im Gips. Oder ein grosses Loch im Kopf. HORROR!!!!!

Dann doch lieber wie eine besoffene Memme, die gerade laufen lernt, über die vermeintlich eisige Strasse. Und das gebe ich hier jetzt öffentlich zu, in meinem 100. Post!!
Wenn ihr also in den nächsten Tagen eine Frau seht, die aus unerfindlichen Gründen im Gebüsch oder am Geländer klebt - das bin ich. Sagt Hallo zu Frau B.!

Donnerstag, 3. Januar 2019

99 Ein besserer Mensch werden

HAPPY NEW YEAR!!!

Ich wünsche euch allen ein tolles, gesundes, erfolgreiches, lustiges und reiches 2019 - aber findet ihr diese Zahl eigentlich auch so hässlich wie ich? 2018 war hübscher, irgendwie...

Anyway, ich nehme mir ja nie was vor an Sylvester. Ich finde das blöd. Sport mach ich ja dann doch wieder nicht. Nichtraucherin bin ich schon. Alkohol sagt mir nicht viel. Und überhaupt versuche ich, Dinge, die mich stören, grad ad hoc zu ändern, und nicht erst den Jahreswechsel abzuwarten.

Aber dann war 2019 (igitt!!) noch keine zwei Tage alt und ich wühlte im Ausverkauf in den Auslagen, auf der Suche nach Schnäppchen, da durchfuhr es mich plötzlich wie ein Blitz und ich hörte eine göttliche Stimme, die mahnte:

Wieso um alles in der Welt kaufst du dir jetzt schon wieder neue Kleider?? Hast du wirklich nicht schon genug im Schrank? Respektive: in deinen SCHRÄNKEN!!!

Und ein Blick auf meine Budget-App auf dem Handy (jaaaaaa, ich dokumentiere meine Ausgaben ganz pingelig!) bestätigte mir dann auch: Letztes Jahr hätte ich mit dem Geld, das ich für Klamotten ausgegeben hatte, eine schöne Fernreise machen können. Oder ein afrikanisches Dorf mit einer Wasserleitung versorgen. 
Stattdessen habe ich es eingekleidet. 
Ha! Das schlechte Gewissen packte mich urplötzlich, und nun ist tatsächlich der Moment gekommen, an welchem auch ICH meine Jungfräulichkeit verliere und mir etwas vornehme für das neue Jahr:

Keine. Klamotten. Kaufen!
Kein. Einziges. Teil!
Bis am 31. Dezember 2019 (uääksss!!)! 

Nein, auch keine Socken oder Unterhosen! Denn auch von denen hab ich mehr als genug! 
Gut, höööööööööchstens, sollte ich irgendwo im Ausland meinen Koffer verlieren oder ähnlich. Aber erst, wenn ich mindestens drei Tage abgewartet habe. Na gut, vier.
Fertig jetzt, Bitterbös, du alte Fashionista! Jetzt werd mal endlich ein besserer Mensch und steck dein Geld lieber in die Vorsorge oder in eine Stiftung oder in funktionierende Velowege oder sonst irgendwas Sinnvolles!

Irgendwas sagt mir, ich werde kläglich scheitern. 
Drückt mir die Daumen!

Montag, 17. Dezember 2018

98 Massierte Minderwertigkeitskomplexe

Neulich wollten sich eine Freundin und ich etwas Gutes tun, und wir entschieden uns für eine Massage. Und zwar für eine Partnermassage - klingt versaut, ist es aber nicht. Es ging einfach nur da drum, dass wir beide zur selben Zeit massiert werden wollten, ob im selben Raum oder nicht. Damit die eine nicht auf die andere warten musste.

Wir entschieden uns also für einen fancy Yoga Place (was mich an Blogpost Nummer 89 erinnert - meine Yogakarriere ist übrigens schon wieder vorbei!), wo schon beim ersten Betreten alles nach Gesundheit und Veganismus und Entspannung und SeineMitteFinden schrie. Die besten Voraussetzungen also, um ein neuer Mensch zu werden!
Als wir am Empfang den Termin für den nächsten Tag machten, witzelten wir schon, was die uns wohl für Masseurinnen oder Masseure zuteilen würden. Sicher so zwei männliche Topmodels, damit die Situation ja noch akwarder würde, als sie sonst schon ist. Ich meine, an einer medizinischen Ganzkörpermassage OHNE HAPPY END ist ja nichts dabei, aber immerhin liegt man halbnackt dort und der andere knetet überall an einem rum, man kann also nicht abstreiten, dass das eigentlich schon was ziemlich Intimes ist und man so einiges von sich preisgibt, ob man will oder nicht. Da ist es einem lieber, wenn einem die Masseurin oder der Masseur wirklich gar nicht gefällt, denn sonst bekommt das Ganze irgendwie einen noch peinlicheren Touch.

Tja, Pech gehabt.
Natürlich standen am nächsten Tag tatsächlich die beiden männlichen Topmodels im fancy Yoga Place, um uns in Empfang zu nehmen. Be careful what you wish for, sag ich da nur!

Auf dem Weg in den Massageraum mussten sich meine Freundin und ich das Lachen verkneifen, und als uns die beiden durchtrainierten Adonisse dann kurz zum Umziehen (oder besser gesagt Ausziehen) allein liessen, konnten wir uns nicht mehr zurückhalten: "Oh Gott, das erinnert mich jetzt  irgendwie an Sex and the City!" - "Verarscht uns hier jemand? Haben die uns hier gesehen und gedacht: 'Na, die haben's nötig, denen schicken wir gleich das grosse Geschütz!' oder was?" - "Ui, zum Glück habe ich heute nicht die ganz hässliche Unterhose an!" - "Ich nur einen Tanga! Das ist mir jetzt aber mega unangenehm!" - "Was meinst du, wer massiert wen? Willst du lieber den dunklen oder den blonden?" - "Wie war das nochmal in Sex and the City?" - "Samantha flog aus dem Spa, weil sie sich an den heissen Masseur ranmachte." - "Ah, ja?"


Ist das jetzt übrigens so ein Fall für #metoo? Liebe Männer, falls ihr euch gedemütigt fühlt: Das war alles nur "Lockerroom talk", wir machten uns einfach nur lustig über die Situation. Und versuchten so, unsere Nervosität etwas zu dimmen. Denn ehrlich gesagt, war es für mich mit der Tiefenentspannung erstmal vorbei. Und das hat nichts mit den Masseuren zu tun, die natürlich so gut aussehen dürfen wie sie wollen, sondern mit mir und meinen Minderwertigkeitskomplexen.
Ja, jetzt liegt man also eben so halbnackt auf diesem Schragen und hat das Gefühl, kein Fettpölsterchen, kein Fältchen, keine Delle bleibt dem anderen verborgen. Gott, nicht so fest rütteln am Gesäss, das schwabbelt doch so! Wieso kann der so easy unter mein Schulterblatt greifen? Hab ich dort so viel Fett?!
Und man hat auch das Gefühl, man könnte für diese vermeintlichen Unzulänglichkeiten verurteilt werden: "Oh mein Gott, frisst die Gute denn nur Fast Food oder was? Und was sind das denn für komische Verspannungen hier? Wie kriegt man denn sowas? Schon mal was von Sport gehört??"
Solche und ähnliche Gedanken liessen mich während der ganzen Massage nicht los - obwohl sie wirklich top war! Wie ein junges Geisslein sprang ich hinterher vom Tisch, mit total lockeren Muskeln, dafür etwas angespanntem Kopf.

Meine Freundin, ich und die beiden Masseure unterhielten sich hinterher noch ein wenig. Ihrer (der dunkle) machte ihr ein Kompliment: Er habe schon gemerkt, dass sie sehr athletisch sei, diese Beinmuskeln seien beeindruckend und es freue ihn, dass sie ihrem Körper Sorge trage.
Meine Freundin zählte daraufhin ihre sportlichen Aktivitäten auf, und ich lachte nur nervös und meinte: "Tja, ich mache gar nichts davon!"
Insgeheim hoffte ich, mein Masseur (der blonde) würde nun etwas erwidern, so im Stil: "Och, das merkt man aber gar nicht" oder so.

Aber leider schwieg er beharrlich.