Ich werd am Flughafen von Siem Reap mit dem tuk tuk abgeholt, damit hat man mich schon im Sack. Der Driver ist auch ziemlich geschäftstüchtig, er überredet mich, übermorgen schon um 5 Uhr bereit zu stehen, um zum Angkor Wat zu fahren. Das müsse man beim Sonnenaufgang sehen, sonst könne man nicht in Ruhe sterben.
Ok.
Das Hotel ist auch hübsch. Viel Grün. Allerdings rund 15 Minuten vom Zentrum entfernt, dort, wo das Ganze Leben stattfindet, mit den Nachtmärkten und so. Und da es in Kambodscha offenbar nicht so Gng und Gäbe ist, Troittoire einzurichten, ist der Weg dorthin ziemlich beschwerlich. Ich werde nicht nur einmal fast überfahren. Ja, und auf dem Heimweg passiert’s dann: ich find das Hotel nicht mehr. Irgendwie sieht alles gleich aus. Ich gehe also in eine kleine Wäscherei und frage. Die beiden jungen Männer dort haben den Namen meines Hotels noch nie gehört, liegt aber vielleicht auch an ihren mangelnden Englischkenntnissen. Zum Glück hab ich die Telefonnummer mit dabei. Einer von Ihnen ruft an und lässt sich den Weg erklären. Dann steigt er auf sein Motorrad und bedeutet mir, hinten aufzusitzen. Er fährt mich einfach so nach Hause, wie nett ist das denn? Ich bedanke mich tausendmal und will ihm eigentlich für seine Hilfe etwas Geld geben, aber da ist er schon wieder weg. Vielleicht auch doof von mir, immer alles mit Geld aufwerten zu wollen.
Am nächsten Tag klingelt der Wecker dann also um halb fünf – igitt, ist ja wie beim Frühdienst, wenn man NICHT Ferien hat! Der tuk tuk Fahrer wartet schon gut gelaunt. Es geht also zum Angkor Wat, dieser riesigen Grabanlage, wegen der die Touristen überhaupt nach Siem Reap kommen.
Ich bin natürlich bei Weitem nicht die Einzige, die die Idee mit dem Sonnenaufgang hatte. Tausende andere tummeln sich schon vor dem Gebäude – und das seh ich am Anfang gar nicht, weil’s noch stockfinster ist. Aber sobald es immer heller wird, merke ich, wie ich mich strategisch am wirksamsten positionieren muss, um dann auch als eine der ersten ins Gebäude hineinzukommen. Wenigstens dort will ich ein bisschen ungestört sein.
Nun, leider muss ich sagen: ich hätt auch ausschlafen können. Es ist zu bewölkt für einen wirklich dramatischen Sonnenaufgang. Aber egal, imposant ist Angkor Wat allemal, mit diesem dunklen Gemäuer und den spitzen, ausgefransten Türmen – fast etwas unheimlich. Und es riecht so, wie es halt in diesen alten Gebäuden riecht: nach Moder, nach Geschichte, und auch ein bisschen nach Tod. Jedenfalls hat man dann immer das Gefühl, man seit jetzt an einem ganz wichtigen Ort.
Hinterher finde ich fast meinen Fahrer nicht mehr, vor den Toren Angkor Wats hat es eine ganze Flotte von tuk tuks. Mehr dank Glück denn dank Verstand begegnen wir uns dann aber doch noch. Er fährt mich zu weiteren Gräbern und Tempeln, eindrückliche Gemäuer, zum Teil durchwachsen von den Wurzeln riesiger Bäume. Es sieht aus, wie in Tomb Raider – oh, Angelina Jolie hat die Filme ja auch tatsächlich hier gedreht. Die perfekte Kulisse, wenn man ein bisschen Angst machen und zugleich faszinieren will.
So viel zum schönen Teil meiner Kambodscha-Reise. Der endet hier nämlich schon.
Als ich nämlich von der Tempeltour wieder zurückkomme, geht es los mit 40 Grad Fieber, übelsten Gliederschmerzen und einer Kotzerei. Es gelingt mir zwar noch, mich per Bus nach Phnom Penh zu schleppen, und ich habe schon Hoffnung, jetzt komme alles wieder gut – aber in der Hauptstadt geht’s dann grad direkt ins Spital: Dengue Fieber.
ARSCHLOCH-MÜCKEN! Ausrotten, die Viecher, ehrlich!!!
Das wünsch ich meinem schlimmsten Feind nicht.
Ok, doch, eigentlich schon.
Der Arzt will mich im Spital am Tropf behalten, ich lehne dankend ab. Das Spital sieht mehr aus wie ein Lagerhaus, es ist schmutzig und sehr veraltet. Als sie bei mir ein EKG machen, glaube ich zuerst, ich erhalte jetzt Elektroschocks, so wie in „Einer flog übers Kuckucksnest“.
Ich gehe also wieder zurück ins Hotel, ganz viele Pillen in Plastiksäckchen im Gepäck. Nützt aber nix, geht mir immer noch hundeelend. Der Hotelbesitzer schnallt mich schliesslich hinten auf sein Motorrad und bringt mich in ein anderes Spital (wie ich in das vorher kommen konnte, kann er nicht begreifen), und das sieht nun auch tatsächlich seriös aus. Die Diagnose bleibt gleich, aber die Pillen in den Säckchen nehmen sie mir grad wieder weg.
Jetzt geht’s aufwärts. Gott, Allah, Buddha, der Natur sei Dank!!
Immerhin hab ich jetzt was zu erzählen am Stammtisch künftig, und kann was abhaken auf meiner NOT-to do-list: Mal Dengue haben. In Kambodscha. Geil.
Ich bleib im Bett bis zum Tag meiner Abreise. Dort raff ich mich auf und lass mich per tuk tuk noch in die killing fields chauffieren, damit ich auch noch etwas kambodschanische Geschichtsschreibung mitbekomme. Gut, der Genozid unter Pol Pot hebt meine Stimmung jetzt nicht gerade, aber ich finde es wichtig, sich auch mit den dunklen Kapiteln eines Landes auseinanderzusetzen. Wie ein Zombie taumle ich also durch diese killing fields, mein Kreislauf will noch nicht so richtig mitmachen, viel zu heiss ist es auch. Um ein Haar kotze ich in die Stupa mit den aufgetürmten Schädeln von Pol Pots Opfern.
Mein Körper braucht dringend eine Veränderung.
Südafrika wartet.