Sonntag, 7. Februar 2016

43 REISESPECIAL: ARSCH. LOCH. MÜCKEN!!!

Kambodscha.
Ich werd am Flughafen von Siem Reap mit dem tuk tuk abgeholt, damit hat man mich schon im Sack. Der Driver ist auch ziemlich geschäftstüchtig, er überredet mich, übermorgen schon um 5 Uhr bereit zu stehen, um zum Angkor Wat zu fahren. Das müsse man beim Sonnenaufgang sehen, sonst könne man nicht in Ruhe sterben.
Ok.

Das Hotel ist auch hübsch. Viel Grün. Allerdings rund 15 Minuten vom Zentrum entfernt, dort, wo das Ganze Leben stattfindet, mit den Nachtmärkten und so. Und da es in Kambodscha offenbar nicht so Gng und Gäbe ist, Troittoire einzurichten, ist der Weg dorthin ziemlich beschwerlich. Ich werde nicht nur einmal fast überfahren. Ja, und auf dem Heimweg passiert’s dann: ich find das Hotel nicht mehr. Irgendwie sieht alles gleich aus. Ich gehe also in eine kleine Wäscherei und frage. Die beiden jungen Männer dort haben den Namen meines Hotels noch nie gehört, liegt aber vielleicht auch an ihren mangelnden Englischkenntnissen. Zum Glück hab ich die Telefonnummer mit dabei. Einer von Ihnen ruft an und lässt sich den Weg erklären. Dann steigt er auf sein Motorrad und bedeutet mir, hinten aufzusitzen. Er fährt mich einfach so nach Hause, wie nett ist das denn? Ich bedanke mich tausendmal und will ihm eigentlich für seine Hilfe etwas Geld geben, aber da ist er schon wieder weg. Vielleicht auch doof von mir, immer alles mit Geld aufwerten zu wollen.

Am nächsten Tag klingelt der Wecker dann also um halb fünf – igitt, ist ja wie beim Frühdienst, wenn man NICHT Ferien hat! Der tuk tuk Fahrer wartet schon gut gelaunt. Es geht also zum Angkor Wat, dieser riesigen Grabanlage, wegen der die Touristen überhaupt nach Siem Reap kommen.
Ich bin natürlich bei Weitem nicht die Einzige, die die Idee mit dem Sonnenaufgang hatte. Tausende andere tummeln sich schon vor dem Gebäude – und das seh ich am Anfang gar nicht, weil’s noch stockfinster ist. Aber sobald es immer heller wird, merke ich, wie ich mich strategisch am wirksamsten positionieren muss, um dann auch als eine der ersten ins Gebäude hineinzukommen. Wenigstens dort will ich ein bisschen ungestört sein.

Nun, leider muss ich sagen: ich hätt auch ausschlafen können. Es ist zu bewölkt für einen wirklich dramatischen Sonnenaufgang. Aber egal, imposant ist Angkor Wat allemal, mit diesem dunklen Gemäuer und den spitzen, ausgefransten Türmen – fast etwas unheimlich. Und es riecht so, wie es halt in diesen alten Gebäuden riecht: nach Moder, nach Geschichte, und auch ein bisschen nach Tod. Jedenfalls hat man dann immer das Gefühl, man seit jetzt an einem ganz wichtigen Ort.

Hinterher finde ich fast meinen Fahrer nicht mehr, vor den Toren Angkor Wats hat es eine ganze Flotte von tuk tuks. Mehr dank Glück denn dank Verstand begegnen wir uns dann aber doch noch. Er fährt mich zu weiteren Gräbern und Tempeln, eindrückliche Gemäuer, zum Teil durchwachsen von den Wurzeln riesiger Bäume. Es sieht aus, wie in Tomb Raider – oh, Angelina Jolie hat die Filme ja auch tatsächlich hier gedreht. Die perfekte Kulisse, wenn man ein bisschen Angst machen und zugleich faszinieren will.

So.

So viel zum schönen Teil meiner Kambodscha-Reise. Der endet hier nämlich schon.
Als ich nämlich von der Tempeltour wieder zurückkomme, geht es los mit 40 Grad Fieber, übelsten Gliederschmerzen und einer Kotzerei. Es gelingt mir zwar noch, mich per Bus nach Phnom Penh zu schleppen, und ich habe schon Hoffnung, jetzt komme alles wieder gut – aber in der Hauptstadt geht’s dann grad direkt ins Spital: Dengue Fieber.
ARSCHLOCH-MÜCKEN! Ausrotten, die Viecher, ehrlich!!!

Das wünsch ich meinem schlimmsten Feind nicht.
Ok, doch, eigentlich schon.
Der Arzt will mich im Spital am Tropf behalten, ich lehne dankend ab. Das Spital sieht mehr aus wie ein Lagerhaus, es ist schmutzig und sehr veraltet. Als sie bei mir ein EKG machen, glaube ich zuerst, ich erhalte jetzt Elektroschocks, so wie in „Einer flog übers Kuckucksnest“.
Ich gehe also wieder zurück ins Hotel, ganz viele Pillen in Plastiksäckchen im Gepäck. Nützt aber nix, geht mir immer noch hundeelend. Der Hotelbesitzer schnallt mich schliesslich hinten auf sein Motorrad und bringt mich in ein anderes Spital (wie ich in das vorher kommen konnte, kann er nicht begreifen), und das sieht nun auch tatsächlich seriös aus. Die Diagnose bleibt gleich, aber die Pillen in den Säckchen nehmen sie mir grad wieder weg.

Jetzt geht’s aufwärts. Gott, Allah, Buddha, der Natur sei Dank!!

Immerhin hab ich jetzt was zu erzählen am Stammtisch künftig, und kann was abhaken auf meiner NOT-to do-list: Mal Dengue haben. In Kambodscha. Geil.

Ich bleib im Bett bis zum Tag meiner Abreise. Dort raff ich mich auf und lass mich per tuk tuk noch in die killing fields chauffieren, damit ich auch noch etwas kambodschanische Geschichtsschreibung mitbekomme. Gut, der Genozid unter Pol Pot hebt meine Stimmung jetzt nicht gerade, aber ich finde es wichtig, sich auch mit den dunklen Kapiteln eines Landes auseinanderzusetzen. Wie ein Zombie taumle ich also durch diese killing fields, mein Kreislauf will noch nicht so richtig mitmachen, viel zu heiss ist es auch. Um ein Haar kotze ich in die Stupa mit den aufgetürmten Schädeln von Pol Pots Opfern.
Mein Körper braucht dringend eine Veränderung.
Südafrika wartet.

Donnerstag, 28. Januar 2016

42 REISESPECIAL: Von Nussschalen und Mückenstichen

Thailand.
30 Grad, endlich! Hier braucht's definitiv keine beheizten WC-Ringe. Dafür gehört das WC-Papier nicht in die Schüssel - bei mir fällt's aber bei jedem zweiten Geschäft rein, ganz automatisch, da kann ich es mir noch so vornehmen, dieses Papier-Loslassen ist einfach in mein Gehirn eingebrannt, da kann ich meinen Fingern noch so lange Befehle geben,  geht nicht.

Anyway.

Ich verbringe den ersten Tag in Thailand in Bangkok. Und zwar im 4er-Schlag eines Hostels. Ich will mir beweisen, dass ich das auch mit Ende 30 noch kann, pah, Luxus, ICH doch nicht! Und dem Portemonnaie tut' s auch gut, nämlich. Gut, ich teil mir das Zimmer also mit zwei 20-jährigen Briten, Mädchen und Junge, das vierte Bett bleibt leer. Ausschlafen ist schon mal nicht, denn die beiden wollen Sightseeing machen und ich könne gerne mitkommen, finden sie. Gut, also raus aus dem Bett am frühen Morgen, will ja keine Spielverderberin sein!

Als erstes lassen wir uns mal auf einem Boot durch den Chao Phraya River kutschieren, vorbei an prächtigen Tempeln, ärmlichen Hütten und schwimmenden Händlern. Ich bin sofort im Südostasien-Groove! Es duftet abwechselnd nach Räucherstäbchen, Curry und Abwasserkanal, nach der ganzen Palette des Lebens halt. Dann zum riesigen, goldenen, liegenden Buddha. Ein feines Pad Thai. Und danach etwas Shopping an der Khao San-Road - also, die anderen, ich nicht, hab ja keinen Platz im Rucksack, musste schon meinen Pulli in Japan lassen, weil Pullis werd ich jetzt definitiv nicht mehr brauchen. Und am Abend auf eine sehr geile Rooftop-Bar am Siam Square, mit atemberaubenden Blick auf die Stadt. 

Ich bereue fast, habe ich am Morgen im Affekt einen Flug nach Krabi gebucht für den nächsten Tag, denn ich habe Bangkok nach nur 24 Stunden schon ziemlich ins Herz geschlossen. Aber eigentlich 
bin ich ja nach Thailand gekommen, weil ich ans Meer wollte.
 
Es geht also ohne meine neuen, halb so alten (ich glaub aber, die haben gar nicht gemerkt, dass ich ihre Mutter sein könnte, das kann man jetzt positiv oder negativ werten, haha!) britischen Freunde nach Krabi, im Süden des Landes. Die Stadt bietet nichts, ausser Häfen, von wo die Fähren auf die verschiedenen Inseln ablegen. Ich nehm ziemlich bald eine nach Koh Phi Phi. Und nach einem Tag kommt auch noch die Engländerin aus dem 4er-Schlag in Bangkok dazu, wir sind wieder vereint, judihui! Jetzt hat aber jede von uns ein eigenes Zimmer. Ich bin eben doch zu alt für dorms und bunk beds, ich will mein Zeug ausbreiten können, nackt rumlaufen, wann ich will, nicht anklopfen müssen und eine Dusche nur für mich alleine! Das sind die Privilegien des Alters, ich darf das jetzt, so!
Wir beschliessen, schnorcheln zu gehen in der Maya Bay. Um da hinzukommen, nehmen wir ein sogenanntes Longboat, also, so ein Motorboot aus Holz. Naja, eigentlich eine Nussschale. Und ausgerechnet an diesem Tag ist das Meer aufgewühlt und irgendwie sauer auf die Welt und so, jedenfalls wirft es unsere Nussschale herum wie ein Zirkusakrobat seine Jonglierkegel - manchmal
fühlt es sich an, als befänden wir uns im freien Fall, manchmal wie auf der Achterbahn, und wieder manchmal, als sässen wir in einem Twingo, und der würde grad von einem Lastwagen gerammt. Wir krallen uns verkrampft an allem fest, was es an Bord gibt, und das ist nicht viel. Wir werden herumgeschleudert, wie in einer Waschmaschine, und das tut zum Teil ganz schön weh. Trotzdem muss ich sagen: ich find's ja geil! Wie im Europapark, Silver Star, Adrenalin, YEEEAAAAHHH!!!! Meine einzige Sorge: mein nigelnagelneues iphone 6 ist auch mit an Bord, und wenn die Nussschale kentert, dann kann ich zwar schwimmen, aber mein iphone nicht.
 
Anders die Engländerin: sie hat die totale Panik, und ihr iphone ist ihr da herzlich egal. Ich versuch sie regelmässig zu beruhigen: "Don't worry, it's getting better, it's calmer now..." - und prompt kommt dann die nächste Riesenwelle, und die Engländerin schreit mich an, ich solle gefälligst "shut the fuck up!", ich verärgere die Meeresgötter ja nur noch mehr.
Kein Wort kommt von unserem Steuermann. Keine Tipps, wie wir am besten NICHT über Bord fallen und ertrinken und wo auf dem Kahn die Ueberlebenchancen am grössten wären. Nö, stoisch
schweigend stemmt er sich gegen die Wellen, lenkt das Boot zielgerichtet durch das Minenfeld und überlässt uns ganz unserem Schicksal.
Aber die Strapazen lohnen sich, wir haben die türkisblaue, glasklare Maya Bay fast für uns alleine und die Fische dort auch.

Nach der Schnorcheltour zieht die Engländerin um. Sie gönnt sich nämlich für eine Nacht ein poshes Hotel, so mit Bambus-Baumhäuschen, Infinitz-Pool und Meeressicht (sie ist nicht so die Sparfüchsin wie ich, offensichtlich). Wir müssen ihren ganzen Kram zu Fuss einmal quer über die gesamte Insel schleppen, denn auf Phi Phi ist autofrei, keine Taxis, keine Tuktuks, nix. Und das bei sengender Mittagshitze! Da haben wir uns die Sex on the Beaches am Pool ihrer neuen Bleibe aber mehr als verdient! Trotzdem wollen wir uns noch einmal überanstrengen und mieten uns ein Kanu, mit dem wir vom Hotelstrand rüber zum Monkey Beach paddeln. Paddeln my ass! Und  zum Affen machen wir uns auch selber! Nett aber auch, haben uns die Kanu-Leute nicht vor der Ebbe gewarnt, denn dann verwandelt sich die Bucht nämlich in ein Felsgebirge. Die Hinfahrt schaffen wir grad noch so, aber zurück müssen wir das verdammte Kanu ziehen, im Schneckentempo über die messerscharfen Korallen kletternd, mit blutigen Füssen im Slalom zwischen all den Seeigeln hindurch. Ich bin ganz schön sauer! Vielleicht auch ein bisschen, weil ich mir beim Schnorcheln einen Sonnenbrand geholt habe, und Sonnenbrand macht mich jeweils ein bisschen aggressiv. Mein Rücken ist pink. Ich kombiniere: die Erkältung aus Japan ist praktisch überstanden, dafür krieg ich jetzt Hautkrebs. Und die geilen Thai-Massagen kann ich auch erstmal eine Weile vergessen. AUA!
Und wo wir schon bei den Nachteilen des tropischen Klimas sind: Arschloch-Mücken! In Hülle und Fülle! Schon an meinem ersten Tag in Thailand fallen sie über mich her und lassen mich aussehen wie Quasimodo, einfach mit mehreren Buckeln. Danke auch! Ich kann mich und die Hotelzimmer noch so mit Insektenspray einnebeln, die einzige, die sich dabei vergiftet, bin ich! Ich hör die Mücken
richtig lachen, die sind doch schon längst immun gegen das Zeug und warten jeweils nur darauf, dass ich mich im Nebel sicher fühle und seelenruhig ins Bett gehe, und dann greifen diese Arschlöcher aus dem Hinterhalt an, und am Morgen hab ich jeweils wieder fünf Beulen mehr, die ich mir den gesamten Tag lang blutig kratzen muss!

Die Engländerin, deren Mutter so alt ist wie ich (ok, ich übertreibe, aber fast!), bleibt auf Phi Phi, ich nehm die Fähre nach Phuket. Mein Zeitplan ist eng, und ich will noch was anderes sehen. Phuket ist aber nicht ganz so meins: überfüllte Strände, auf der Schnorcheltour seh ich nur tote Korallen und das Boot ist diesmal gross und aus Metall, und ich muss es mit 20 anderen  teilen, darunter einer Familie aus China, deren zwei seekranke Kinder die gesamte Fahrt über kotzen.
Allerdings verfügt Phuket über einen Flughafen, und den brauch ich, wenn ich an mein nächstes Ziel kommen will: Kambodscha.

 

Donnerstag, 21. Januar 2016

41 REISESPECIAL: Getrockneter Tintenfisch in Disneyland

Japan.
Als wir vom Flughafen in die Hauptstadt Tokio hineinfuhren, ging die Sonne gerade unter und der Himmel schimmerte rötlich. In den spiegelglatten Wolkenkratzern darunter brannten schon alle Lichter, die Stimmung war irgendwie romantisch, melancholisch – und da wusste ich: hier würde es mir gefallen!


Und so war es dann auch. 
Gut, wahnsinnig umgewöhnen musste ich mich nach Taipeh ja sowieso nicht: wieder eine topmoderne asiatische Grossstadt, einfach noch topmoderner und noch cleaner. Wieder Menschen mit Mundschutz. Wieder Linksverkehr. Wieder blinkt und winkt und piept und bewegt sich alles, einfach eben noch ein bisschen mehr. Tokio, mit mehr als 9 Millionen Einwohnern eine der grössten Städte der Welt, lebt und liebt den Gigantismus. Ich habe hier die grössten Sushi meines Lebens gegessen, so riesig, dass sie gar nicht in meinen Mund passten, etwa fünfzehn Mal zurück in die Sojasauce platschten und das gesamte Restaurant verspritzten. Der arme Kellner brachte mir immer wieder feuchte, warme Lappen – die sind hier eigentlich zur Erfrischung gedacht, bei mir mussten sie allerdings zum Putzen herhalten. 
Apropos Zweckentfremdung: in der Spielwarenabteilung eines Kaufhauses hab ich eine riesige, mutierte Kakerlake aus Plüsch gefunden. 
Geil. 
Ich stell mir das so vor: „Oh, die Aya hat ihr Kind bekommen, was könnte ich wohl in den Spital mitbringen? Ah ja, so eine süsse, kuschlige Mega-Kakerlake von Steiff, die kann sie dem Kleinen in die Wiege legen, und an der hat er sicher bis 15 Freude!“ – ich sag euch, hätte die in meinen Rucksack gepasst und müsste ich das Ding nicht noch zwei Kontinente weiterschleppen, ich hätte so ein Vieh gekauft, echt jetzt!
Wo wir gleich beim Thema „eklige Tiere“ sind: dass man in Asien so auf Tintenfisch steht, das begreif ich ja echt nicht! In Japan auch wieder: Tintenfisch-Bällchen hier, getrockneter und gepresster Tintenfisch da, Chips mit Tintenfisch-Geschmack, Tintenfisch frittiert, Tintenfisch am Spiess, eine Tentakel in der Miso-Suppe – WÜÜÜRRRRRGGGGG!!!! Sonst find ich das Essen ja super (und krieg jetzt grad Lust auf ein Mochi mit Rote-Bohnen-Füllung), aber Tintenfische gehören für mich in Horrorfilme und nicht auf den Teller.
 
Oh, etwas ist nach Taipeh doch anders: das Regime in der U-Bahn scheint in Tokio etwas weniger strikt zu sein, jedenfalls sah ich Leute essen und trinken (jupp, inklusive mir). Und auf der Rolltreppe steht man jetzt links und geht rechts, also genau andersrum wie in Taiwan, aber auch da halten sich nicht alle so genau daran. Trotzdem gab’s nie Chaos, nicht mal zur Rush Hour – stoisch wurde auf den völlig überfüllten Perrons schön hintereinander angestanden, und wenn der Zug dann kam, 
schichtete man sich schön brav und ohne Drängeln in die Wägen. Dort harrte man dann aus, wie Sardinen in der Büchse, mit viiiieeel Körperkontakt, wenn du Niesen musst, kannst du nicht mal die Hand vor den Mund heben, so eng ist es – langsam verstehe ich den Vorteil dieser Schutzmasken! Aber die Japaner ertragen das alles mit Würde, keiner motzt, keiner haut dir den Ellbogen in die Rippen, lieber zocken sie seelenruhig auf dem Smartphone Candy Crush oder Ähnliches. Ich müsste das ja nicht jeden Feierabend haben, DAS nenn ich mal Dichtestress, meine Lieben! 

Mein Kumpel und ich sind denn auch etwas bequemer nach Osaka gefahren: mit dem Shinkanzen, dem Hochgeschwindigkeitszug. Rast mit rund 300 Stundenkilometern durchs Land, kostet allerdings auch ganz schön, mehr, als die gleiche Strecke mit dem Flieger zurückzulegen. Egal, es geht ja ums Erlebnis! Und für uns Europäer ist das schon eins, denn wenn der Shinkanzen in den Bahnhof einfährt, hat man das Gefühl, man sei in Star Wars. Von vorne erinnert er nämlich an den Helm eines Stormtroopers oder an ein fancy Raumschiff. Ja, ist ja schliesslich auch fast so schnell! 
 
Allerdings merkt man das gar nicht, wenn man dann drinsitzt, es drückt einen also nicht grad in den Sessel oder so.Eigentlich
schade. Wenn man allerdings aufsteht, um aufs WC zu gehen, dann spürt man schon irgendwie, dass es rasanter vorwärts geht als bei der SBB. Man muss sich gut festhalten, weil’s einen richtig durchschüttelt und ein bisschen flau im Magen wird, mir jedenfalls. Der Shinkanzen hat 
übrigens die edelsten Toiletten, die ich jemals in einem Zug gesehen habe! Riesige Kabinen, alles supersauber und – Achtung! – beheizte WC-Ringe! Scheisse, ich könnte mich so an diesen ökologischen Unsinn  gewöhnen, vor allem jetzt im Winter! Der erste WC-Gang in Japan kann allerdings auch anstrengend werden, denn erstmal findet man die Spülung nicht. Es hat zwar unzählige Knöpfe an der Schüssel, aber entweder kommt ein Wasserstrahl, Musik oder nur ein Spülgeräusch (sehr süss, für Schüchterne, die sich für ihre Bisi- und Gaggigeräusche schämen) – aber das verrichtete Geschäft bleibt „liegen“. Nun, ich habe schnell gelernt, der Knopf für die Spülung befindet sich meistens eben nicht am WC selber, sondern irgendwo an der Wand oder hinter der Schlüssel. Logisch, oder?

Osaka ist übrigens Disneyland. Wer Tokio in punkto Werbeflächen und Geblinke schon verrückt fand, wird Osaka für wahnsinnig erklären. Da hängen riesige, bewegliche Krabben über Restaurants, Drachen kommen aus Hausfassaden, Mega-Sushis baumeln über der Strasse, die jungen Japanerinnen und Japaner tragen noch krassere Emo-Frisuren in noch krasseren Farben, noch kürzere Röckchen (hab ich schon erwähnt, dass WINTER ist??) und noch blauere Kontaktlinsen. Mir war die Stadt trotzdem sympathisch. Ich mag crazy.
Und übrigens will ich damit nicht sagen, dass Japaner irgendwie weird sind oder so. Ok, über gewisse Modegeschmäcker lässt sich streiten, aber das dachten die bei mir und meiner Wollmütze wohl auch. Nein, ich habe die Japaner als sehr korrekt, offen und höflich erlebt. Auch wenn hier die Englischkenntnisse wieder nicht überall vorhanden sind, sind sie doch stets bemüht, einem weiterzuhelfen und zufriedenzustellen. Wenn man was kauft, wird es einem stets mit beiden Händen überreicht, und die Verkäufer an der Kasse lassen beim Bezahlvorgang jeweils einen ganzen Sermon
ab, den ich zwar nicht verstehe, aber mit „Sie haben sich für das Produkt XX entschieden, dafür danken wir Ihnen ganz herzlich, das macht dann 2500 Yen, bitte sehr, Sie können gerne mit Karte oder in Bar bezahlen. Sie geben mir 3000 Yen, herzlichen Dank, zu gütig von Ihnen, das bedeutet, 500 Yen zurück, hier sehen Sie, 300, 400, 500 Yen in Münzen. Ich danke Ihnen herzlich für Ihren Einkauf, beehren Sie uns bald wieder und haben Sie einen wundervollen Tag!“ Dazu immer eine kleine Verbeugung oder zwei oder drei, ich kenne die Höflichkeitsregeln nicht, aber wahrscheinlich habe ich sämtliche gebrochen.

Zurück zum Winter, zu dieser fucking Jahreszeit, die meiner Meinung nach ruhig einen anderen Planeten heimsuchen dürfte als meinen oder von mir aus irgendwo am Nordpol versauern soll, zusammen mit dem getrocknetem Tintenfisch, wenn sie mich dann nur beide nicht mehr belästigen, dammi nomal – also eben, zu diesem Winter, der sich auch in Japan breit macht, ausgerechnet dann,
wenn ich dort bin: ja, es war arschkalt!! Und obwohl ich keine kurzen Röckchen ohne Strumpfhosen trug, fing ich mir natürlich eine üble Erkältung ein. Kennt ihr Kabuki, das traditionelle japanische Theater, in dem sich die Schauspieler die Gesichter ganz weiss schminken und die Augen so rot umranden? Ja, genau so seh ich zur Zeit aus. 
Es wird Zeit für anständiges Wetter. 
Off to Thailand.