Notiz an mich selber: Nicht mit langem Rock Velo fahren!!
Wobei: Kann ich ja auch gar nicht mehr. Hab ja jetzt keinen langen Rock mehr. Weil, genau das hab ich mit ihm gemacht letztens: Velo fahren. Und es hat zu einem typisch bitterbösschen Zwischenfall geführt – halb tragisch, halb saukomisch.
Aber von Anfang an.
Ich habe nur zwei lange Röcke in meinem Kleiderschrank. Lange Kleider habe ich noch etwas mehr, aber lange Röcke, nein. Mag ich eigentlich gar nicht so. Ich bin mehr so der Kleidertyp. Röcke – soso-lala. Lange Röcke – noch mehr soso-lala. Offensichtlich fördere ich aber die Diversität in meinem Kleiderschrank, denn sie hängen da trotzdem an der Stange. Und werden nie getragen.
Ich übersehe sie regelmässig, wenn ich was zum Anziehen suche (und natürlich jedes Mal überzeugt bin, dass ich üüüüüüberhaupt keine Kleider habe). Aber letzthin sind mir meine beiden langen Röcke plötzlich ins Auge gestochen. Wahrscheinlich, weil sie so verstaubt waren, mein Kleiderschrank hat nämlich keine Türen.
Dank Rock halbnackt im Morgenverkehr
Den einen finde ich eigentlich doch noch ganz schön. So lachsfarben und leicht glänzend. Ich erinnere mich, dass ich ihn das letzte Mal zu einer Sommerhochzeit trug – vor 5 Jahren. Und seither nie mehr. Vorher eigentlich auch nicht. Es wurde also Zeit!
Ich habe schon so eine Vorahnung, als ich dann in meinem neuen alten Outfit am Morgen vor meinem E-Bike stehe. So langer Stoff und drehende Räder, das ist eigentlich nicht so SUVA-konform, oder? Egal, der rutscht dann schon hoch, wenn ich am Pedalen bin!
Ist das jetzt eigentlich Rock ‚n‘ Roll, wenn man/frau mit Rock Velo fährt? Haha! :-)
Auf dem Sattel und in voller Fahrt merke ich dann, dass ich noch ganz andere Probleme habe: Weil der Rock auf den Seiten Schlitze hat, sieht es zeitweise so aus, als wäre ich unten ohne unterwegs, weil meine nackten (und sehr weissen) Beine ständig entblösst werden. Könnte im dichten Morgenverkehr für Aufsehen sorgen. Also muss ich das unpraktische Ding mit einer Hand über meinen Knien festhalten und mit der anderen Hand das Velo manövrieren.
Das nervt mich schon mal ziemlich. Aber es geht noch weiter:
Auf der Arbeit angekommen, merke ich, dass lange Röcke auch auf Treppen nicht so das ideale Beinkleid sind – und mein Büro ist im 4. Stock. Es gibt einen Lift, aber der funktioniert 6 Monate im Jahr nicht. Und ausserdem gehört Treppenlaufen zu meinem Sportprogramm.
Ich muss den Stoff also wieder so zusammenzwirbeln und hochhalten. Das sieht schon mal ziemlich bescheuert aus. Und es geht nicht, wenn man noch was in den Händen hält, zum Beispiel Laptop und Kaffeetasse gleichzeitig. Da bleibt keine Hand mehr für den Rock übrig – und schwupps! tritt man/frau auf den Saum und fällt vornüber. Oder, um es anders auszudrücken: Man/frau fliegt auf die Fresse! Sagen wir es doch so, wie es ist!
Spätestens jetzt, als ich so unfreiwillig auf den Stufen liege, Kaffee und Laptop weit von mir gestreckt, um sie zu schützen, wie so ein verbogener Seestern, wird mir klar: Lange Röcke sind lebensgefährlich! Das gebe ich wieder auf! Nur noch nach Feierabend schnell nach Hause fahren, ausziehen und dann weg damit!
Übermut kommt vor dem Fall
Gesagt, getan. Des Abends wieder auf dem Velo bin ich erstaunt, wie leicht es diesmal geht. Hab wahrscheinlich schon Übung jetzt mit dem Rock Halten. Geht bestimmt auch ohne! Ist ja auch bequemer, so beide Hände am Lenker. Ich werde übermütig. Rock ‚n‘ Roll halt! Und tatsächlich, es geht gut – so fünf Minuten. Dann gibt es plötzlich einen Ruck. Die Räder blockieren, ich drücke reflexartig beide Bremsen und halte an. Mein E-Bike lässt sich nicht mehr bewegen, das Hinterrad ist wie festgezurrt.
Ich drehe mich um schaue runter.
Und da sehe ich die Misere: Mein Rock hat sich im Hinterrad verheddert, irgendwo zwischen Motor, Bremse, Kette und Kettenblatt (und ja, ich musste diese Teile googlen, ich kenne mich wirklich null aus mit der Anatomie von E-Bikes) – jedenfalls genau in der Mitte des Rads. Und der Rock hat es auch noch geschafft, sich dabei zweimal um diese Stange da zu wickeln, die Velo und Rad verbindet, fragt mich nicht! Ah, Sitzstrebe, sagt Google.
Ich zerre und klaube und reisse, aber nichts geht. Der Rock sitzt fest, und ist untenrum eigentlich komplett kaputt. Aber ich komme nicht raus aus dieser misslichen Lage. Das Rad sitzt fest, das Velo lässt sich nicht mehr fahren und schieben auch nicht.
Und das auf einer wirklich gut befahrenen Hauptstrasse in Zürich am Feierabend. Sprich: Ich biete hier unzähligen Autofahrenden gerade ein gratis Schauspiel. Eine Tragikomödie, wenn wir so wollen. Sieht wahrscheinlich total lustig aus, wie ich da so gebückt am Strassenrand an meinem Rock rumzerre. Aber mir ist gar nicht zum Lachen zu Mute: Ich will hier raus!!
Bleibt nur eine Möglichkeit: Ich muss das Velo tragen, und dabei aufpassen, dass ich mir nicht noch unabsichtlich den Rock vom Körper ziehe.
Wisst ihr, wie verdammt schwer so ein verficktes E-Bike ist??
Rettung per Telefon
Jetzt sind wir wirklich komplett in der Komödie angekommen, eigentlich hätte ich mich gerne selber gefilmt. Die lachsfarbene Bitterbös mit dem Velohelm auf dem Kopf schleppt ein E-Bike die Strasse entlang und versucht dabei so auszusehen, als wäre das die normalste Sache der Welt!
Zum Glück habe ich es nicht mehr so weit nach Hause. Aber leider muss ich das Velo am Schluss immer noch eine steile Treppe hinaufhieven zum Veloständer.
Sie haben Veloständer gebaut in diesem Quartier, aber keine Zufahrten. Auch sehr geil. Nervt mich jeden Tag.
Aber ein E-Bike die Treppe raufkriegen mit einem eingeklemmten Rock ist noch ein kleines bisschen beschissener als sonst schon, das könnt ihr mir glauben.
Schweissüberströmt beim Ständer angekommen stellt sich mir nun die Frage: Und wie komme ich nun in die Wohnung rein? Ja wohl kaum mit einem Velo am Rockzipfel! Ist aber auch wirklich verdammt anhänglich, mein Cilo! Den Rock husch ausziehen und unbemerkt in Unterhosen reinhuschen ist in diesem Fall auch keine Option: Ich bin umzingelt von Balkonen, if you know what I mean.
Das Alleinsein hat ja Vor- und Nachteile. In dieser Situation bin ich nun aber mal so richtig froh, bin ich zur Zeit gerade liiert. Denn so kann ich den Mann telefonisch bitten, zum Veloständer zu kommen – und eine Schere mitzubringen.
Sein Blick übrigens: Priceless!
Und so bin ich nun um eine Erfahrung reicher und um ein Kleidungsstück ärmer.
Aber lange Röcke stehen mir eh nicht so.