Samstag, 21. Dezember 2019

115 Das Klamotten-Fazit

Erinnert ihr euch an meinen Post Nummer 99? Es war der erste in diesem Jahr.
Damals wollte ich ein besserer Mensch werden. Minimalistischer, nachaltiger, ökologischer und sparsamer.

Ich wollte im gesamten 2019 kein einziges Kleidungsstück kaufen. Kein. Einziges.
Und das als Fashionista.

So, und jetzt ist das Jahr fast fertig, und ich bin mir sicher, ihr könnt es kaum erwarten, dass ich euch verrate, wie meine Bessere-Mensch-Werdung gelaufen ist.

Ich fasse es mal so zusammen: 

MUAAAHAAAAHAAAHHAAAHHAAAAHHAAAAAAAAAHHAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Bitterbös und keine Klamotten kaufen, ja, schon klaaaar!! :-)) Und Bolsonaro ist kein Nazi!!


Hey, versteht mich nicht falsch: Ich habe es wirklich versucht!
Aber das Leben ohne schöne Kleider ist einfach SCHEISSE!!
Ich meine, wenn auf der Arbeit jemand nervt, man Streit mit der besten Freundin hat, das Auto stehen bleibt, wenn einem der 15. Typ mit "Sorry, ich bin leider bindungsunfähig" kommt, man eine Prüfung verhaut, wenn es keine Tickets mehr für das Konzert der Lieblingsband gibt, wenn man die antike Ming-Vase der Oma fallen lässt, Netflix kaputt ist, die Frisur nicht sitzt, man 1 Kilo zugenommen hat - was gibt es dann Schöneres, als einen neuen Trenchcoat, ein neues Paar Stiefel oder schicke neue Unterwäsche auszuführen (oh mein Gott, es geht nichts über Intimissimi - Männer, bitte merken! Frauen: Ich glaube, er hat bald wieder Ausverkauf!!!) 

Also war bald klar: Ich musste dieses Verzicht-Konzept ein bisschen anpassen, für mein Seelenheil - und natürlich auch aus Rücksicht auf meine Mitmenschen, denn ich kann ja nicht das ganze Jahr über eine ungeniessbare Bitch sein, oder? 
So ganz ohne Textilien-Konsum geht's nicht, aber stark einschränken, das sollte ich wohl noch hinkriegen.

Ich versuchte also verschiedene Tricks:

Trick 1: Ich darf nur gebrauchte Klamotten kaufen. Das ging eigentlich ganz gut, ich stöbere gerne in Vintageläden oder im Facebook Marketplace. Aber so ganz alles findet man dort halt auch nicht, die Auswahl ist ziemlich beschränkt. Und zu verschlissen ist auch nicht meins, ausserdem habe ich irgendwie Mühe mit stark gebrauchten Schuhen, wenn die Sohlen dann schon so auf einer Seite abgelaufen sind. Stört mich wahnsinnig. Ist so ein Anti-Fetisch von mir, so etwas, das richtig ekelt, obwohl es gar keinen Grund dafür gibt.
Ich merke gerade, dass ich noch einige solcher Anti-Fetische habe, muss ich auch mal drüber schreiben...  

Trick 2: Ich darf nur Sachen kaufen, die im Sale sind. Also nur zu bestimmten Zeiten im Jahr. Finde ich sehr schön, gibt einem auch das Gefühl, man hätte kein Geld ausgegeben, sondern gespart. Aber auch hier: Auswahl eingeschränkt, und sicher hat es am Sales-Ständer genau meine Grösse nicht mehr.

Trick 3: Ich darf nur etwas kaufen, wenn ich dafür etwas anderes VERkaufe. Also alter Pulli raus, dann erst neuer rein, zum Beispiel. Das finde ich eigentlich ein super Konzept, allerdings bin ich nicht alles losgeworden, das ich am Flohmarkt oder im Internet feilbot. Und dann gab's zum Beispiel keine neue Jacke, weil die alte niemand sonst wollte. Und das erzeugte Frust. 

Heute lebe ich eine Mischung aus allen drei Tricks. Und das hat Folgen, denn meine Budget-App zeigt: Dieses Jahr habe ich nur einen Drittel des Betrages für Kleider und Schuhe ausgegeben verglichen mit 2018. Ich habe also weniger eingekauft, aber auch günstigere Sachen. Ich schone Ressourcen, sowohl die auf unserem Planeten als auch die in meinem Portemonnaie, ich verursache weniger Abfall und lerne, dass man auch mit weniger Fashion-Konsum nicht gleich tot umfällt. 

Obwohl: Ein bitzli schon. 
Es hat ja auch einen Grund, dass ich euch den genauen Betrag meiner Kleider-Ausgaben nicht nenne..

Nein, Scherz, ist nicht so schlimm, ich schwöre! 
Besserer Mensch werden: Ich bin auf Kurs!

Sonntag, 1. Dezember 2019

114 Kurz

Gestern hat mir eine Teenagerin im Bus ihren Platz frei gemacht, so dass ich mich hinsetzen konnte. 
Und ich habe angenommen.

Mehr möchte ich dazu nicht sagen.

(Oh. My. GOOODD!!!!!!)


Freitag, 1. November 2019

113 Pinke Elefanten

Ihr wollt Halloween? Ihr kriegt Halloween!

Denn was noch fast ein bisschen grusliger als Wahlplakate (siehe Post 112) ist, ist ein Alptraum, den wahrscheinlich schon jede® von uns hatte: Man muss tanzen, kann es aber nicht. Und alle sehen zu!

In diesem Fall war der Alptraum leider Realität, und passiert ist er mir und einer Freundin. Wir haben uns nämlich zu einem Tanzkurs angemeldet. Sie, weil sie wirklich sportlich ist, ich, weil ich dachte, das könnte doch etwas Athletisches sein, in dem sogar ICH noch ein kleines bisschen Talent besitze. Rhythmus und so, kann ich.

Aber eben, ich kann es eben noch nicht, denn zuerst fängt man mal ganz von vorne an, Grundschritte, etc. Ich und meine Freundin haben jedenfalls null Erfahrung im Paartanz, und da wir auch sonst ein bisschen verpeilt und faul sind, haben wir uns im Vorfeld auch nicht ganz so gut informiert. Wir haben uns einfach mal angemeldet in der Tanzschule und sind an besagtem Abend hin, vollkommen überzeugt, den anderen im Raum dort vor dem grossen Spiegel geht es ganz genau so wie uns.

Aber jetzt kommt's: Es dauerte ca. 15 Sekunden, bis wir merkten: Moment mal, die anderen da im Kurs, die lernen aber furchtbar schnell...? Wieso wissen die, was dieses Quadrinha und dieses Saída ist, hätten wir uns ein Tutorial anschauen müssen oder so...? Haben wir irgendwo die Logik verpasst, sind wir einfach ein bisschen dümmer als die anderen oder noch schlimmer - können wir nicht lesen und sind etwa im falschen Kurs??

Unmöglich!




Moll, möglich.
Spätestens, als der erste Tanzpartner, den ich vollkommen in die Verzweiflung trieb, mich mit mitleidigem Blick fragte: "Oje, s erschte Mal?" wurde klar: Yep, wir können wirklich nicht lesen. Und yep, Faulheit zahlt sich nie aus.

Fortgeschrittene, nicht Anfänger! HORROR!!!!

Es folgte die schlimmste Stunde unseres Lebens. Halloween at its best, das wahre Grauen!
Ich weiss nicht mehr, wieviele Füsse ich plattstampfte, wieviele peinliche Zusammenstösse ich hatte und wieviele gequälte Lächeln ich dafür erntete.
"Dä Maa füehrt im Fall!"
"Aha. Vo mir uus, aber wo ane?"
Wir machten offenbar einen so erbärmlichen Eindruck, dass uns die anderen TanzschülerInnen, deren  Kurs wir gerade zur Hölle machten, nicht mal böse sein konnten.
Geduldig bugsierten sie uns durch den Raum, zählten laut die Schritte vor und machten uns Mut: Sei ihnen damals (wann?? Vor 7 Jahren??) auch so gegangen, wir sollten uns einfach mal ein paar Videos anschauen, das helfe.
Und vor allem sollten wir den Kurs am Freitag besuchen, nicht den am Montag.

Als wäre das Ganze nicht schon blamabel genug gewesen, fielen ich und meine Freundin nicht nur durch unseren nicht vorhandenen Tanzstil auf, sondern auch mit unserem Outfit: Wir hatten uns angezogen wie fürs Fitnesscenter, Leggings und pinke Turnschuhe, ja, was man halt so trägt zum Sport, Standard, oder?
Wir wunderten uns schon, dass die anderen alle Strassenklamotten und die Frauen hohe Schuhe trugen. Und merkten das erst ein paar Tage später, dass das gross auf der Website der Tanzschule stand: "Turnschuhe = Pfui, Tanzschuhe besorgen!"

Yep, jetzt könnt ihr euch das noch besser vorstellen, wie das aussah: Zwei pinke Elefanten im Porzellanladen. Schlanke Elefanten, natürlich. In Leggings.

Und deshalb sage ich euch auch nicht, was für eine Schule und was für ein Tanz das ist, Ätsch! Ein bisschen Würde möchte ich mir noch bewahren.

Jedenfalls haben wir es mittlerweile in den richtigen Kurs geschafft, manchmal wird jetzt auch uns auf die Füsse getreten.

Und an dieser Stelle möchte ich mich auch noch ganz herzlich für das Foto in diesem Post bedanken. Es stammt nämlich mal nicht von mir selber und aus Tsüri, sondern von einer Freundin, die es in Sardinien geschossen hat. Aber es ist einfach zu gut, also konnte ich es euch nicht vorenthalten.

Pimmel gehen immel (haha!).


Donnerstag, 17. Oktober 2019

112 Wahl-Halloween

Jetzt verfolgen Sie einen wieder auf Schritt und Tritt, diese Augenpaare. An jeder Ecke hängen sie und starren einen an.
 
Nein, es geht nicht um Halloween, es geht um die Wahlplakate. Es ist ja Wahlkampf, und überall auf der Strasse setzen sich die Kandidierenden (=genderkonform!) in Szene. 
Und ich rede jetzt wirklich nur von den Plakaten mit den Menschen drauf, nicht die mit zerdrückten Globi (oder was ist die Mehrzahl von Globus? Globusse? Globüsser?) oder wurmbefallenen Äpfeln.

Und doch, eigentlich ist es wirklich ein bisschen wie Halloween, sogar besser, denn diese Porträtfotos sind ja echt so ein bisschen Horrorshow - und zwar durchs Band, von links nach rechts, Partei egal. 
Wahrscheinlich haben sie einfach alle den selben Fotografen. Ich stelle mir das ein bisschen so vor: 
"Also, Herr/Frau Soundso, händ Sie ihres Sakko scho aagleit? Guet, denn jetzt eifach unlocker anestah, d Schultere ganz liecht zu mir dreihe, grad i d Kamera luege und lächle. Das isch ganz wichtig: LUEGE UND LÄCHLE! GRAD! Und probiered Sie uf kein Fall, irgendwie natürlich uszgseh! Mached Sie's so stief wie möglich, das würkt seriös!"
Und die Fotomodelle haben natürlich alle ganz sicher DAS aus dem Schrank genommen, was sie JEDEN TAG tragen - ein grauenhaftes Deux-Pièces, einen totlangweiligen Anzug mit hässlicher Krawatte oder einen furchtbar altmodischen Blazer, und das alles in gedeckten Farben, weil: Bloss nicht auffallen! Bloss keine Freude an Mustern haben!  Ja, sie zeigen sich halt so, wie sie auch jeden Tag aussehen wollen: Zum Kotzen!
So ein Scheiss, echt! Kann mir jetzt keine sagen, dass sie sich so nur schon ins Tram getraut. Und ich glaube auch nicht, dass jeder männliche Kandidat im Anzug arbeiten geht, vor allem nicht, wenn er Landwirt oder Arzt ist. 

Überhaupt: Wieso muess es denn immer Blazer, Sakko oder Anzug sein? Weil es seriös wirken soll? Glaubhaft? 
Ist ein Mann im Trainer automatisch ein schlechter Politiker? Eine Frau im modischen Jumpsuit unfähig, Vorstösse im Parlament zu machen?
I doubt it. Und die Fotos wären doch so viel hübscher!
Ich jedenfalls könnte schon allein der Kleidervorschriften wegen nicht in den Nationalrat - ich würde mich so unwohl fühlen, dass ich mich nicht auf die Dossiers konzentrieren könnte. 
 
 
Ich überlege immer, wie man solche Wahlplakate etwas ansprechender und individueller gestalten könnte, abgesehen von den Klamotten (und übrigens auch von vielen Frisuren). 
Vielleicht muss der Kandidierende mich ja auch nicht immer direkt anschauen. Vielleicht müssen auch alle nicht immer stehen in diesen Fotos. Sie könnten grad irgendwas am Machen sein oder so. Fände ich schon interessanter. Und einen Unbekannten, der vielleicht gerade am Kochen ist, möchte ich spontan auch viel eher wählen als einen, der mich einfach freundlich anstarrt. 
"Was hat denn Kochen mit einem Wahlprogramm zu tun??", hör ich schon einige von euch jetzt denken. 
Ja, und was hat in die Kamera lächeln mit Politik zu tun?
Eben, auch gar nichts.
 
Zu den Plakaten kommen auch die zahlreichen Videos, die mir vorzugsweise auf social media ausgespielt werden. Da sprechen Rats-Willige in die Kamera und rattern ihre politische Einstellung runter. Ich schlafe jeweils schon nach 2 Sekunden ein. Ein bisschen unterhaltender sind die, die ihre Videos noch etwas inszeniert haben, zum Beispiel in Form eines Interviews oder eines Testimonials. Obwohl: Soll mich das jetzt wirklich überzeugen, wenn mir jemand seinen Freund, seine Chefin oder seinen Cousin als National- oder Ständerat empfiehlt?
Nö.
 
Fazit: Wahlwerbung hilft mir nicht bei meiner Entscheidung am 20. Oktober.
Dafür bei meinem Sinn für Ästhetik.

Gewählt hab ich trotzdem schon. Ich habe einfach meine Intuition mit dem Resultat von smartvote.ch vermischt und so einen Kompromiss geschaffen. Denn gibt es wirklich jemanden von all denen, die mir da vom Papier runter entgegenlächeln, der oder die genau das selbe will wie ich?
 
Nein, so einfach ist das Leben nicht. 

GEHT WÄHLEN, IST MEGA WICHTIG!!




Dienstag, 24. September 2019

111 Der Anti-Fetisch aller Anti-Fetische(r)

111 - yeah, Schnapszahl!

Und Schnaps könnte ich manchmal ganz gut gebrauchen im Alltag. Weil, kennt ihr das? Manchmal wird man von einer Sekunde auf die andere aggressiv. Und der Auslöser ist meistens total banal. Aber jeder hat so einen Auslöser. So eine Art Anti-Fetisch. Woher das kommt - keine Ahnung. Psychologisch sicher höchst interessant, hier aber nicht relevant.
Ich habe jedenfalls einige Anti-Fetische (oder -FetischeR?), aber einer ist besonders schlimm und mir erst gestern wieder begegnet:

Das Mini-Headset.

Ich meine damit nicht diese Kopfhörer mit dem Mikrofon vorne dran, wie man das zum Beispiel im Callcenter hat.
Ich meine dieses kleine, längliche Ding, das man sich in EIN Ohr steckt. Vorzugsweise ist es schwarz-silbern, und wenn man auch wirklich die hässlichste Arschloch-Ausführung hat, blinkt es auch noch irgendwo! Das Ding verwandelt den Träger sofort von einem Menschen in einen lächerlichen Möchtegern-Cyborg. Und es sieht so DÄMLICH aus, dass man es dem Unbekannten am liebsten einfach runterreissen würde, und es wäre einem scheissegal, wenn gleich das ganze Ohr oder das halbe Gesicht mitkämen!!!

Also, jedenfalls, wenn ich so eine Person mit so einem Mini-peinlicher-Cyborg-Agenten-für-Arme-Headset im Ohr sehe, dann fängt mein Herz urplötzlich an, bis zum Hals zu klopfen. Mir stellen sich alle Haare auf, nicht die auf dem Kopf, aber am übrigen Körper, es wird mir erst kalt und dann sofort heiss, und in meinen Ohren macht sich ein Rauschen breit. Das bedeutet einfach, dass mein Organismus irgendeinen Botenstoff ausschüttet, der meinem Gehirn sagt: "Töten. TÖTEN! TÖÖÖTTEEEEENNNNN!!!!!!!!!!" 
Ich kann dann auch gar nicht mehr wegsehen, weil mich die Hässlich- und Sinnlosigkeit dieses Dings einfach komplett schockiert!

Wieso tut ein Mensch sich so etwas freiwillig an?? 
Gibt es denn überhaupt kein Schamgefühl mehr auf dieser Welt??
Anyway, zurück zu gestern: Ich war an einem Kaffee-Stand und wollte mir - oh, Wunder! - einen Kaffee erwerben. Dafür musste ich Schlange stehen. Und genau vor mir stand so ein Typ mit diesem scheiss Mini-Headset im Ohr. Vielleicht braucht man sowas ja dringend als IT-Spezialist oder Banker oder Bodyguard, oder was auch immer der Mann vor mir war. Jedenfalls trug er Hemd und Anzugshose, Gärtner war er also wahrscheinlich nicht. 
Und NATÜRLICH musste er auch noch eine Glatze haben, so dass das Ding an seinem Kopf mich noch mehr anspringen konnte! Da war nix mit dezent hinter dem Haar verstecken!
Also, von mir aus, vielleicht braucht er das Gerät ja dringend. Allerdings ganz bestimmt nicht gerade JETZT. Denn es war ja nicht so, dass er gerade am Telefonieren war, neeeeiiinnnn: Er sprach die ganze Zeit über in der Schlange kein Wort. Und ich glaube kaum, dass man neuerdings einohrig Musik hört, oder?
Als er an die Reihe kam am Tresen vorne, gab er ganz normal seine Bestellung (doppelter Espresso!) auf, und irgendetwas sagt mir: Der Verkäufer hätte ihn ganz bestimmt auch OHNE MINI-SCHEISS-FUCKING-HEADSET verstanden, verdammt nochmal!!!!Als er an die Reihe kam am Tresen vorne, gab er ganz normal seine Bestellung (doppelter Espresso!) auf, und irgendetwas sagt mir: Der Verkäufer hätte ihn ganz bestimmt auch OHNE MINI-SCHEISS-FUCKING-HEADSET verstanden, verdammt nochmal!!!!
Leute mit solchen Dingern im Ohr sind ja das eine.
Aber Leute, mit solchen Dingern im Ohr die ganze Zeit über, ohne dass sie es überhaupt brauchen, machen mich RASEND!!! Habt doch bitte ein bisschen Würde und nehmt diese Beleidigung fürs Auge weg, wenn es nicht in Betrieb ist!!
Oder nein, viel besser: Werft es in den Güsel und kauft euch Beats!! Und einen SPIEGEL!!!!!
Jedenfalls war meine Laune schon in der Sekunde im Keller, in der ich den Möchtegern-Cyborg entdeckt hatte.
Ich stand hinter ihm und nagte auf meinen Lippen herum, wie ich das immer tue, wenn ich sehr nervös und ungeduldig bin.
Meine Hormone gingen sofort in Angriffstellung, in Anti-Fetisch-Modus, und es zuckte schon in meinen Fingern, weil sie soooooo gern nach dem elektronischen Arschloch dort im Ohr gegriffen hätten. Ich musste mich wirklich sehr, SEEEEHHHRR beherrschen, um es nicht zu machen. Und ich suchte ganz intensiv nach einem Grund, weswegen ich den Cyborg anschnauzen könnte - vielleicht, weil er seinen Espresso auf meine Lieblingsjacke schüttet oder mir auf den Fuss trampelt oder irgendwie so. Denn in einem Kaffee-Haus auszuticken und alles kurz und klein zu schlagen, weil einer dort ein Mini-Headset trägt, hätte ich meiner Versicherung wohl nicht so gut unterjubeln können.
Aber leider geschah nichts dergleichen, und ich konnte den Typen nur mit meinem absolut verächtlichsten Blick bestrafen - den er glaube ich nicht einmal wahrnahm. 

Ich hatte mal einen Lover, der jahrelang ein Parfüm trug, dessen Geruch mich in Null Komma Nichts aggressiv machte.
Wenn jemand im Zug sein Tupperware mit dem selbstgemachten Essen auspackt, wird es mir auch gleich anders.

Aber der erste Platz aller Frau Bitterbös-Anti-Fetische geht unangefochten an das Mini-Arschloch-Möchtegern-Cyborg-Headset. 
Und ja, ich stehe dazu! Und nein, Schnaps hilft da eigentlich auch nicht!



Donnerstag, 22. August 2019

110 Das Power-Geschlecht

Starke Frau. 
So hat man mich auch schon genannt. "Du bist eben eine starke Frau, damit können halt nicht alle umgehen."

Aha.


Könnten sie denn besser mit mir umgehen, wenn ich ein starker MANN wäre?
"Du bist eben ein starker MANN, deshalb können nicht alle mit dir" kriegt wahrscheinlich nie ein Mann so zu hören. Der ist einfach stark, basta.
Wieso aber muss man dann das Geschlecht dann so explizit betonen, wenn man eine Frau "stark" nennt? Oder "Frauenpower". Kann ja auch einfach "Power" sein, nicht? Das sei eine volle Ladung "Frauenpower" hab ich neulich irgendwo gelesen, weil ein paar Frauen zusammen irgend einen neuen Laden eröffnet haben. Und wenn Männer einen Laden haben, ist das dann "Männerpower"?
Mal ehrlich, manchmal geht mir diese Geschlechterdebatte so richtig auf den Sack. Jupp, heikles Thema, ich weiss. Und bevor ihr mich fertig macht mit 345043 wutentbrannten Kommentaren: Nein, ich bin keine Feministen-Hasserin oder ein halber Mann oder doof oder was auch immer.
Mir ist klar, dass in ganz vielen Themen auf dieser Welt das eine oder andere Geschlecht noch immer benachteiligt ist. Und das soll und darf nicht sein.
Wir alle wollen Gleichberechtigung.
Also, die meisten von uns wollen das. Jedenfalls hier in Tsüri. Gehe ich mal davon aus...? 
Egal.
Wir wollen also Gleichberechtigung, egal welches Geschlecht wir haben, aber ersticken das zarte Pflänzchen ja schon mit unserer Sprache und unserem Denken im Keim. Wieso müssen wir denn das Geschlecht dauernd so hervorheben? Die biologischen Unterschiede herausschälen?
Das können wir gerne tun, wenn es um Themen geht wie Schwangerschaft, Bartwuchs oder Mode, wo die unterschiedlichen körperlichen Attribute tatsächlich eine unabdingbare Rolle spielen.
Aber ein Mensch ist stark oder nicht stark, ob er jetzt ein Schnäbi oder eine Vagina hat, ist da doch eigentlich vollkommen egal. Und es ist auch nicht besser oder schlechter, ob jetzt ein Mann stark ist oder eine Frau. Stark ist stark, basta!

Ich finde es auch nicht besonders förderlich, wenn Frauen sich so zusammentun und dann so: "Yeeeaaaahhh, voll die Frauenpower!" - öhm, ja, schön, es ist jetzt halt einfach Power. Weil, ein spezifisches Geschlecht noch so zu betonen, verleiht ihm einen Hochstatus, setzt es auf ein Podest."Yeaaaahhh, was ihr Männer könnt, können wir Frauen noch viiiieeeelll besser: POOWEERRR!!"
Aber gerade wir Frauen sabotieren uns damit gleich selber. Denn das Wort 'Frauenpower' impliziert ja, dass 'Power' alleine nur männlich ist. Deshalb spezifieren wir es extra noch mit einem Geschlecht.

Sinnlos.

Power ist einfach Power. Stark ist stark. Toll ist toll. Liebe ist Liebe. Dummheit ist Dummheit. Da gibt es kein weiblich, männlich, Transgender oder ich weiss nicht was.
Es ist wie es ist und für alle gleich.

Ich wünschte, ich könnte das für alles andere auf der Welt auch behaupten.

Mittwoch, 31. Juli 2019

109 Leider geil

Also, wie im letzten Post angekündigt nun: Flugshaming.
Gibt ja kein anderes Thema mehr hier in Tsüri. Liegt wohl auch daran, dass wir es einfach gut haben und uns deshalb überhaupt überlegen KÖNNEN, ob wir noch in ein Flugzeug steigen wollen oder nicht. Andere können sich das schlicht und einfach nicht leisten und müssen sich diese Frage gar nicht erst stellen.

Wer mich so ein bisschen verfolgt hat über die letzten Jahre, der weiss: Ich bin recht häufig unterwegs. Ich LIEBE das Reisen! Ja, eigentlich gibt es nichts Besseres.
Aber natürlich geht auch mir die Umwelt nicht am Arsch vorbei. Und in letzter Zeit kommen auch immer mal wieder so subtile Anstupser von aussen, so im Stil: "Ah, du gehst da und da hin, schön... also... fliegst du? ICH fliege ja nicht mehr..." 
Und JA, ich fliege oft und JA, ich gebe es auch zu. Allerdings habe ich mir nun natürlich auch, so wie viele andere, vorgenommen, öfters mal mit dem Zug irgendwo hinzufahren. Oder meinetwegen mit dem Schiff. Allerdings komme ich damit wohl kaum bis nach Japan oder Argentinien. Also, schon, aber ich habe 5 Wochen Ferien pro Jahr, die bräuchte ich dann wahrscheinlich schon allein für die Anreise. Und dazu mehr Lohn, weil Zugtickets oft teurer sind als Flüge, was total absurd ist. Ausserdem machen mich lange Zugfahrten wahnsinnig. Irgendwann weiss ich nicht mehr, wie mich unterhalten. Ich finde Züge langweilig, sorry. 
Aber noch mehr sorry: Ich will nicht auf gewisse Länder verzichten, nur weil sie zu weit weg liegen. Da bin ich nunmal eine egoistische Bitch! Ich will da hin gehen, wo es mich auch hinzieht, sonst kann ich sowieso gleich zu Hause bleiben. Ausserdem bin ich seeeehr der Meinung, dass es echt wichtig ist, wenn man auch mal ganz fremde Kulturen sieht und wie andere Leute auf dieser Welt leben müssen. Immer nur in der eigenen, komfortablen Bubble zu hocken, tut nicht gut - einem selber nicht und auch nicht dem Umfeld. 
"Die krasse Slums, häsch die au gseh?" "Ui nei, da gang ich doch nöd ane..."

Aber das ist wieder mal ein anderes Thema und wird auf einen nächsten Beitrag verschoben.

Ja, vielleicht müsste ich tatsächlich einfach viiieel weniger reisen, dafür dann länger und alles ohne Flugzeug. Allerdings werde ich so oder so meine Spuren hinterlassen: Auch Züge und Schiffe sorgen für Sauereien, für CO2-Ausstoss, für Abfall und Energieverschleiss. Vielleicht weniger als Flugzeuge, aber ich frage mich sowieso: Wie kann man so etwas überhaupt so genau berechnen? Jaaaa, eine Zugfahrt nach Rom sorge irgendwie für 4320 Tonnen CO2 und ein Flug nach Tokio für 6750014328 Tonnen... Echt, so genau kann man das erfassen? 
Ist ja auch egal, es ist sicher viel, daran zweifle ich nicht. 

Also, dann gar nicht mehr reisen.


Neeeeeeiiiinnnn, das kann ich nicht! FERTIG! Ich habe dieses einzige Leben, und ich will da einfach mehr sehen als nur das, was ich in Gehdistanz erreichen kann (und jemand so Unsportliches wie ich kommt nicht wirklich weit). Nicht reisen = Suizid. Ich bin nicht auf die Welt gekommen, um zu Hause zu hocken. Da müssten wir die Zeit ja komplett zurückdrehen, da hin, wo die Menschen noch einfach draussen in der Natur lebten, ihr Essen von den Bäumen pflückten und nichts anderes taten, als sich fortzupflanzen. Das war wahrscheinlich auch der ursprüngliche Sinn des Menschen, aber sorry, we came too far now, so mit Häusern und Ackerbau und Internet will ich jetzt halt auch die Welt sehen - basta!
"Leider geil", um es wieder mal mit den Worten von Deichkind auszudrücken.

Und dazu kommt: Ich LIEEEEBBEEEE Flugzeuge!! Ich liebe Langstreckenflüge mit diesen kleinen, aber vielen Essensportionen und dem Film Schauen auf diesem kleinen Bildschirm in der Lehne des Vordersitzes und die lustigen Falttüren an den WCs, die komischen Produkte im Airline-Katalog, ich liebe es auch, wenn es ruckelt und schüttelt, und wie man unter den Füssen spürt, wenn die Räder ausgefahren werden - herrlich...!
Aber ja, das schlechte Gewissen fliegt immer mit. Es ist aber auch im Zug mit dabei und im Schiff. Die Batterie meines E-Bikes sei ökologisch auch böse, sagte man mir jüngst. 
Und nichts kann dieses schlechte Gewissen ausradieren, keine Kompensationszahlungen (die mache ich nicht mal, weil ich mir dann irgendwie so vorkomme, als würde ich mir eine weisse Weste KAUFEN), nicht mein Vegetarismus, mein Verzicht auf ein Auto, auf Plastik, etc. 

Und jetzt muss ich leider aufhören, weil ich einen Flug erwischen muss. Kein Witz jetzt. 

Ich habe nie behauptet, ich sei ein guter Mensch. Aber ich arbeite dran. Immer noch.




Dienstag, 16. Juli 2019

108 Fremdshaming

Letztens habe ich mich mal wieder aus der grossen Stadt herausgewagt und fuhr ins Engadin.

Ich sass also in der Rhätischen Bahn auf der Albula-Linie (für die, die diese nicht kennen: Die fährt von Thusis nach St. Moritz und gehört zum UNESCO Weltkulturerbe) und genoss die schöne Aussicht. 

Es ist ja nun nicht wirklich so, dass ich mich im Kanton Graubünden auskennen würde. Ok, eigentlich überhaupt ausserhalb der Stadt Zürich, das muss ich zugeben. Geografie war nie mein Lieblingsfach, und dazu kommt auch noch, dass ich andere Länder besser kenne als mein eigenes - Klimaschutz und Flugshaming ahoi! Aber dazu ein ander Mal mehr. 

Jedenfalls war mir erst klar, dass ich auf der Albula-Linie fahre und dass diese so speziell ist, als mich die nette Frauenstimme aus den Lautsprechern im Zug darauf aufmerksam machte, auf Deutsch und Englisch, wenn ich mich richtig erinnere. Jedenfalls  wurden die koreanischen Touristen mit mir im Abteil grad sehr nervös und drängten an die Fenster.
(Als ob ich Koreanisch könnte, aber ich behaupte das jetzt einfach mal, weil ich fand, sie klingen nicht wie Chinesen oder Japaner. Als ob ich auch diese Sprachen beherrschen würde, wink wink! Und als ob es nur drei Länder in Asien gäbe, aber egal...)
Und wenn ich dann jeweils so in einem anderen Kanton als in meinem eigenen unterwegs bin, dann gebe ich mir seeeeehhr Mühe, eben nicht wie diese Touristen zu sein und dass man mir mein Unwissen und Fremdsein nicht gerade ansieht. Am liebsten ginge ich gleich als Einheimische durch. Ein Unterfangen, dass gerade in der Schweiz nicht so easy ist, da es ja in jedem Kaff einen anderen Dialekt gibt. 
Bedeutet also einfach: am besten die Klappe halten.


Das tat ich dann auch schön in der Rhätischen Bahn auf der Albula-Linie.

Leider denken aber nicht alle Zürcherinnen und Zürcher so wie ich und mögen es, undercover zu reisen. Denn ein paar Reihen vor mir brüllte ein Landsmann von mir SEEEEHHR LAUT in sein Smartphone, so dass es auch ja ALLE im Bündnerland mitbekamen.

"JA, WEISCH, ICH BIN JETZT IM ZUG UF SAMEDAN!! HÄ??!! JA, SO I 20 MINUTE CHÖMED MER AA!! JAJAAA, GENAU!!"

Die Lautstärke war das Eine. Das Andere war: Er sprach Samedan genau so aus, wie es geschrieben wird. S-a-m-e-d-a-n. Mit Betonung auf der letzten Silbe. Same-dan.
Also, ich bin ja jetzt wirklich eine Züri-Tussi, aber sogar ICH weiss, dass das falsch ist. Sa-maadä sagt man. Oder Sa-meedä, je nach Dialekt. 

Und es war echt so ein bisschen Fremdschämen. Fremdshaming. Aber auch Schämen für das eigene Volk. Wie wenn du andere Schweizer in Indien triffst, die alles, was sie dort anfassen, erst mit dem mitgebrachten Desinfektionsspray behandeln müssen (weil, "die sind ja so dreckig dort"). Oder irgendwo in Afrika, und sie regen sich über die "Neger" auf. 

Und doch war es auch ein bisschen Genugtuung. Denn so eine schlimme, ahnungslose Unterländerin kann ich ja doch nicht sein, wenn ich wenigstens die Ortschaften in anderen Kantonen richtig aussprechen kann, oder?


Dienstag, 25. Juni 2019

107 Die geilen Arschlöcher

Entschuldigt meine längere Abwesenheit, aber ich war in den Ferien.
Seid froh darum: Ich habe euch richtig geiles Wetter mitgebracht!

Neulich hatte ich eine richtig gute Unterhaltung mit einem Freund. Er fragte mich, warum Frauen eigentlich immer an den Arschlöchern festklammern würden, während sie die richtig netten Männer, die alles für sie täten, links liegen liessen. Er nannte mir das Beispiel einer Kollegin, die ihren Mann mit einem Typen betrügt, der sie aber eigentlich nur rumdirigiert, null Wertschätzung zeigt, whatsapps nicht beantwortet (das ist für uns Frauen im Fall so ähnlich wie wenn jemand vor unseren Augen Katzenbabys töten würde!!) und sie herumschubst, wie es ihm grad gefällt. Und sie macht alles mit und kommt nicht von ihm los, während zu Hause der ahnungslose Ehegatte sitzt und ihr jeden Wunsch von den Augen abliest. Und mein Freund sieht sich das mit an und versteht die Welt nicht mehr.
"Sind wir anständigen Männer denn einfach zu langweilig? Muss ich auch Arschloch werden?", fragte er mich weiter. Denn er ist Single. 

Das fand ich eine richtig gute Frage.
Und ich muss zugeben: Ich fühlte mich ertappt. Wievielen Typen, die mich garantiert NICHT wollten und mich garantiert NICHT gut behandelten, mich anlogen und verarschten, habe ich monate-, nein, wahrscheinlich jahrelang hinterhergeheult?
Mindestens 4333019.

Ich dachte also darüber nach und versuchte dann eine Antwort, beziehungsweise mehrere:

1. Das Problem ist natürlich, wenn der Mann zwar ein respektloser Vollidiot ist, dafür aber verdammt gut aussieht. Und noch schlimmer: Auch noch gut im Bett ist. Da muss ich zugeben, fällt das Loslassen leider manchmal sehr schwer. Lassen wir uns halt verarschen, wenn er einen nachher wieder so geil anfasst und einfach so unglaublich schöne Augen hat (und anderes Schönes)! 
Er ist nicht marriage material, aber sex material. Und für ein paar Stunden lässt er einen seine Arschlochigkeiten dann vergessen... Richtig gutes Zeug - haha, kennt ihr den gleichnamigen Song von Deichkind? :-) Trifft es auf den Punkt.
Und ja, voll oberflächlich, ist aber so.

2. Das mit dem Loslassen ist ja eh so eine Sache. Meiner Erfahrung nach haben Frauen damit sowieso mehr Mühe als Männer, aber vielleicht seid ihr da ja anderer Meinung. Ich und so einige meiner Freundinnen reden sich halt doch immer ein: Ich kann damit umgehen, ist gar nicht so schlimm - aber insgeheim wissen wir alle: Doooooooch, ist voll mega schlimm und wird immer schlimmer!!!

3. Wir Frauen fühlen uns gerne exklusiv. Und wir bilden uns gerne ein: ICH allein kann den guten Mann retten von seiner Arschlochigkeit, nur dank MIR wird er erfahren, dass man ohne Lügen und Betrügen viel besser durchs Leben kommt, er wird merken, dass nur ICH es wert bin, ein besserer Mensch zu werden, und allein für MICH wird er sich ändern.
Ja, klar.

4. Wären wir nicht eigentlich alle mal gerne ein bisschen Arschloch? So ein bisschen andere ausnützen und dann einfach fallen lassen. Extra wehtun und so. 
Viele von uns halten sich da zurück, weil es ja unmoralisch ist und man dann später in die Hölle kommt, et cetera. Aber es steckt wahrscheinlich irgendwie auch ein bisschen in den menschlichen Genen, böse sein zu wollen. Und einige Menschen sind es dann einfach und schämen sich nicht mal, die scheren sich einen Dreck um Moral und Nächstenliebe und so. Und eigentlich wären wir anderen gerne so wie sie... und deshalb bewundern wir sie und kleben an ihnen und lassen eine Menge Scheiss mit uns machen. 

5. Und ja, vielleicht ist es tatsächlich langweilig, wenn man von jemandem alles haben kann, was man sich vorstellt. Wenn alles einfach immer so glatt läuft, man nie streitet, sich nie aneinander reibt (wahrscheinlich aber auch nicht im Bett), nie unterschiedlicher Meinung ist. Oder nein, ich glaube, "langweilig" ist nicht das richtige Wort. "Suspekt" oder "widernatürlich" finde ich besser.
Denn ich persönlich kann mir so eine Bilderbuchharmonie ja eh gar nicht vorstellen. Ich mag es nicht, wenn jemand immer nur Ja und Amen zu mir sagt, man darf mir sehr gerne auch mal widersprechen. Das Wichtigste überhaupt für mich ist wohl Ehrlichkeit. Auch wenn sie wehtut. Lieber bluten als belogen zu werden, ich meine so richtig belogen, nicht nur "Jaja, ich finde dein T-Shirt schön", dabei findet man es zum Kotzen. 
Und wenn alle immer ehrlich sind, dann gibt es glaube ich automatisch auch mal Auseinandersetzungen. Und das ist voll ok so. Und natürlich. Fazit: Wenn man jemanden immer nur toll findet und der sich immer genau nur so verhält, wie man es sich wünscht, dann ist er vielleicht halt nicht so anziehend wie jemand, mit dem es auch mal knallt.


Aber jemanden absichtlich verletzen oder wie Scheisse behandeln oder für dumm verkaufen - das geht gar nicht!

Das sind also meine Gedanken auf die Frage meines Kumpels hin, wieso so viele Frauen auf Arschlöcher stünden. 
Übrigens weiss ich natürlich, dass es auch viele weibliche Arschlöcher gibt, keine Angst, liebe Männer. Ich freue mich auf eure Erfahrungsberichte!

Und noch mehr übrigens: Eben, mein Kumpel ist sich ganz sicher, kein Arschloch zu sein (kann ich bisher bestätigen) und wäre noch zu haben. 
Interesse, liebe Single-Frauen?

Dienstag, 28. Mai 2019

106 Peinlich kann ich

Neulich war ich sehr konzentriert auf dem Trottoir unterwegs, den Blick starr aufs Handy gerichtet, wie so ein digitaler Zombie.
Es war zur Abwechslung mal nicht ganz so beschissenes Wetter, und ich hatte mir ein luftiges Kleidchen, gepaart mit dünnen schwarzen Strumpfhosen angezogen. Diese Nylon-Dinger, an dem die Röcke auch so richtig schön kleben bleiben - kennt ihr die? Richtet sich jetzt etwas mehr an die Frauen, diese Frage, aber vielleicht haben ein paar Männer unter euch auch Strumpfhosen-Erfahrung.
Jedenfalls ist es tatsächlich so, dass sich ein Rock so richtig schön an diesen Strümpfen hochhangeln kann, wenn man sich bewegt, im Takt der Schritte, sozusagen. 

Ich ging also völlig gedankenversunken entlang meines Weges und merkte plötzlich, wie es an meinen Beinen und vor allem an meinem Hintern merklich kühler wurde. Komisch, dachte ich, ohne den Kopf zu heben, vorhin hatte der Stoff den Wind doch noch ganz gut abgehalten...?

Und dann dämmerte es mir.
Aber es war schon zu spät. Ich spürte eine Hand auf meiner Schulter, und eine nette junge Frau deutscher Herkunft sah mir ganz sorgenvoll ins Gesicht.
"Ihr Rock ist hochgerutscht!"

Was macht man in so einem Moment? Aufschreien und sich hinter einem Baum oder einem Auto verstecken? So schnell wie möglich davonrennen? Weinend zusammenbrechen und das Mami anrufen? Oder einfach Suizid?
 
 
Ich entschied, total cool zu bleiben. 
 
"Oh", lächelte ich lapidar, "stimmt!". Dann ging ich einfach weiter, in der einen Hand immer noch das Smartphone, mit der anderen griff ich ganz ruhig nach meinem Rock, und HERRJEMINEH!!!! der hatte seinen Weg schon unter meine Jacke geschafft! Ich musste gefühlte 67 Stunden lang am Jackensaum entlang tasten - die Augen immer noch starr auf das Display geheftet, als gäbe es dort etwas viiiiieeeeellll Interessanteres zu sehen als all die neugierigen Augenpaare um mich herum - bis ich den Rock endlich erspüren und energisch wieder an seinen Platz zupfen konnten, der nämlich AUF meinem Arsch war und nicht DARÜBER!
 
Apropos Arsch: So dünne schwarze Nylon-Strumpfhosen sind ja alles andere als blickdicht. Das bedeutet also, dass wahrscheinlich gerade der halbe Zürcher Hauptbahnhof meine zartrosa Unterhose gesehen hatte. 
Ja, ihr habt richtig gelesen: Der HB. Ich war bei meiner major wardrobe malfunction natürlich ausgerechnet am belebtesten Ort dieser Stadt unterwegs. 
Das kann ja auch nicht auf einem einsamen Waldspaziergang oder nachts in einem ausgestorbenen Gässchen passieren.
 
Nein. Am Feierabend. Zur Rush Hour. Am HB Tsüri. Klaro.
 
Peinlich kann ich.



Sonntag, 12. Mai 2019

105 Ich, Greta Thunberg

Plastik ist böse.
Er verpestet unsere Meere und macht Wale tot.

Ausserdem ist Plastik auch einfach superhässlich. Das muss jetzt einfach mal gesagt sein. 
Ein Grund mehr, weshalb ich dem Plastik den Kampf angesagt habe. Alles muss raus!!

Dabei wurde ich ja in den späten 70ern geboren, als Plastik gerade meeeega schick war. Alle meine Spielzeuge waren aus Plastik. Plastikgeschirr war in, Plastiklampen, ich hatte als Baby ein Plastiklätzchen. Und tatsächlich, meine Eltern hatten sogar Stühle aus Plastik. Pfui!

Auf diese Plastiksäckchen beim Einkauf bei Migros und Coop versuche ich schon lange zu verzichten. Mal ehrlich, die knallt man zu Hause ja eh gleich wieder in den Müll. Ich renne nun also dauernd mit Stofftüten rum, die ich irgendwo in den Rucksack oder die Handtasche stopfe, für den Fall, dass ich mir noch ein Brot hole oder Milch.

(Haha, ich hole mir nie Brot, aus irgend einem mir unbekannten Grund esse ich zu Hause kein Brot. Im Restaurant aber jeweils das ganze Körbli. Und Milch trinke ich auch nicht, die brauch ich nur für den Kaffee, den ich aus unerfindlichen Gründen auch nie zu Hause trinke, sondern nur im Büro und auf Dates. Und nur aus richtigen Tassen mit richtigen Löffeln, auch hier kein Plastik! Ausser ich nehme einen Kafi to Go, das kommt manchmal vor, das geb ich zu. 
Das mal so als Einschub hier.)

Jedenfalls - Plastiksäcke sind schon länger out. 
Und vor ein paar Tagen habe ich mich auch von den unzähligen Plastikbehältern getrennt, in denen ich meine Vorräte aufzuheben pflegte. Ihr wisst schon, Nudeln, Reis, Salz, Mehl, Zucker. Das hab ich jeweils alles fein säuberlich in so Plastikdosen mit superdichtem Verschluss gelagert, damit sich da keine Viecher reinschleichen können. Hat mir Mami beigebracht. 
Jetzt bin ich aber auf Glas umgestiegen. Die Dinger musste ich bestellen und mir nach Hause schicken lassen, die sind recht schwer in der Menge, in der ich sie benötige. Und übrigens auch teurer als die Plastikteile.

Umweltschutz kostet.


Die Plastikbehälter habe ich übrigens nicht einfach weggeschmissen. Nein nein, verkauft auf dem Facebook Market an jemanden, der sich offenbar nicht so viele Gedanken über Wale macht. Aber ich muss mich hier auch nicht als Gutmensch hinstellen jetzt, hab ja aus dem bösen Plastik noch Profit geschlagen, ich Bitch!

Aber trotz all dieser Bemühungen: Ganz wegzudenken ist der Kunststoff also noch nicht aus meinem Leben. 
Wann gibt es endlich Shampoo, Duschgel und Bodylotion im Glas? Gut, diese Schlepperei will ich mir gar nicht vorstellen, und mir grad alles nach Hause liefern lassen, liegt auch nicht drin, geht ganz schön ins Geld.
Ich könnte mir Shampoo selber machen, habe ich gesehen auf Youtube. Bin ich halt ehrlich gesagt etwas zu faul dafür, das geb ich zu. Und es hat mich schon Jahre gekostet, passende Shampoos für mein nicht ganz so alltägliches Haar zu finden, ich bin mir also nicht sicher, ob da ein bissen Seifenlauge und Kamillentee das richtige ist. Aber hey, immerhin verzichte ich auf teure Conditioner in der Plastiktube, ich schmiere mir herkömmliches Kokosöl auf dem Kopf, aus dem Glas! Funktioniert super, und man riecht dann tagelang lecker nach Makronen!

Bei den Lebensmitteln könnte ich auch noch mehr auf die Verpackung achten. Aber das ist doch auch recht schwierig. Ich hab gestern meine drei Schoggi-Osterhasen gegessen, die ich geschenkt bekommen habe (JA, auf's Mal - so what??), die gibt es halt nicht offen. Genau so wenig wie Pasta und Reis. Ämel nicht bei Coop und Migros. 

Es ist nicht ganz leicht, wenn man ein verantwortungsvoller Gutmensch mit Weitblick werden will. 
Aber ich arbeite dran. 
Heute der Plastik, morgen das Wasser. Das müsste ich auch mehr sparen. 
Weniger Kleider. Aber das Thema hatten wir schon (update dann Ende Jahr).
Und weniger fliegen. Oh Gott, VIEL weniger fliegen.

Oha - es gibt viel zu tun... 

Freitag, 19. April 2019

104 Porno

Neulich sass ich mit meinen Arbeitskolleginnen und - kollegen (Genderkonformität!) beim Zmittag. Es waren auch noch Leute aus anderen Abteilungen mit dabei, die ich nicht so gut kenne, plus Mitglieder der Geschäftsleitung. Und ein Herr, den ich noch nie gesehen hatte hier auf der Arbeit, aber der mir einfach wahnsinnig bekannt vorkam. Gross, schlank, so Mitte 30.

Er ist auf Besuch und stellt sich bei allen vor, aber als er seinen Namen sagt, klingelt nichts bei mir. Die ganze Zeit während des Essens lässt es mich nicht mehr los: Ich muss den Typen dauernd quer über den Tisch heimlich anstarren und grübeln, wieso er mir irgendwie so vertraut ist.
Irgendwann entscheide ich mich für den direkten Weg und spreche ihn an.

"Sorry, kennen wir uns nicht von irgendwoher?"
Er: "Hmmm. Nein, wüsste ich nicht."

Gopferdelli, auch seine Stimme kommt mir bekannt vor!

Ich: "Warst du nicht am Geburtstagsfest von Anja?"
"Nein. Ich kenne keine Anja."
"Hast du auch an der Uni Zürich studiert?"
"Nö."
"Ah, genau, ich hab neulich diese Impro-Show gekuckt! Du hast dort mitgemacht!"
"Improtheater?" Er lacht. "Das ist gar nichts für mich!"

Jetzt steht er auf und holt sich ein Glas Wasser.
Auch die Art, wie er sich bewegt, erinnert mich irgendwie an etwas. Langsam werde ich nervös. Jetzt huere Siech, ich kenn den Typen doch von irgendwo her!!

"Aaaaaahhh, jetzt weiss ich!!", gehe ich ihn an, als er an den Tisch zurückkehrt. "Du warst in Australien in diesem fürchterlichen Backpacker! Dort irgendwo im Norden, wie hiess der Ort noch gleich...?"
"Ich war noch nie in Australien."
"Riga?"
"Nope."
"Gopf, aber du kommst mir so bekannt vor! Hast du einen Youtube-Kanal oder so? Bist du Influencer?"
"Porno-Darsteller."


Es wird urplötzlich mucksmäuschenstill am Tisch. Alle Blicke haften auf mir. Arbeitsgspändli (Genderkonformität!), Chefs, eigentlich die ganze Welt - alle kucken sie dich an. Und du weisst nicht, sollst du jetzt lachen oder weinen.
Eher so: "Was? Porno? Was ist das?" oder lieber "Ah ja, genau! 'Anale Grande', hab ich sieben Mal gesehen - war super!"?
Ich entscheide mich für den Mittelweg, ignoriere alle Augen um mich herum, esse einfach weiter und sage kurz: "Cool!".

Was für eine Geschichte!

Und drum bin ich froh, ist sie mir nicht wirklich passiert.

Aber geil wäre es eigentlich schon noch.
Haha, stellt euch diese Szene vor, und das auch noch ausgerechnet auf der Arbeit, wo du dann wieder jeden Tag hingehen musst! :-) Schön auch die Situation dann im nächsten Meeting, wenn du als verruchtes, sexsüchtiges Luder ernst genommen werden willst, aber das ist einfach schwierig, wenn du halt die einzige bist im Raum, die jemals nackte Menschen auf einem Bildschirm gesehen hat!

Aber nein, alles nur ein lustiges Hirngespinst. Und ich esse im Fall nicht mit der GL Zmittag.

In diesem Sinne: Frohe Ostern wünsche ich!

(Hihi, Eier, hihi!)

Samstag, 23. März 2019

103 Die Reinkarnation des Bösen

Neulich habe ich irgendwo im Internet einen Test gefunden, anhand dessen man seine eigene Bosheit feststellen konnte. Man musste 70 Fragen beantworten, beziehungsweise 70 Sätze bewerten, darunter so eindeutige wie "Ich bin der Meinung, anständig und bescheiden zu sein bringt einen im Leben nicht weiter" oder "Rache, von langer Hand geplant, gibt mir die grösste Befriedigung". 
Der Test sei von führenden Psychologen entwickelt worden und somit sehr aussagekräftig, stand dabei.

Ich war beim Ausfüllen deshalb auch wirklich sehr ehrlich und gab beispielsweise zu, dass ich es jemandem, der meeeeeeeega fies zu mir war, gönnen würde, wenn er durch die Abschlussprüfung fiele. 
Aber siehe da: Mein Resultat war nur sehr durchschnittlich.
Ich bin offenbar nicht sehr böse, sogar eher sozial eingestellt. 

Wenn das dieser psychologisch abgesicherte Test so sagt, dann muss das wohl auch so sein. Trotzdem bin ich sicher, dass der Teufel auch mich fest im Griff hat. Und manchmal ist er stärker als ich.

Jüngstes Beispiel: Ich bin auf meinem E-Bike unterwegs (siehe Post 101). Plötzlich tritt ein Typ genau vor meinem Vorderrad auf die Strasse, den Blick irgendwohin gerichtet, aber sicher nicht auf mich.
Ich mache eine Vollbremsung, so dass es mich fast vom Sattel haut! Proaktiv verziehe ich auch noch das ganze Gesicht zur Grimasse und kneife die Augen zusammen, damit ich den Aufprall auch ja nicht mitansehen muss. Meinen Puls fühle ich bis ans Gurgeli.
Aber es geht gerade noch mal gut, ich schätze, mein Vorderrad kommt so 2 Millimeter vor dem Knie des Mannes zum Stillstand. Und schliesslich bemerkt er mich auch und macht noch rasch so einen theatralischen Hopser rückwärts Richtung Trottoir - viel zu spät natürlich, aber naja.
Ich starre ihn jetzt mit weit aufgerissenen Augen an, schnaufe wie nach einem Marathon, alle Muskeln immer noch angespannt. Ich glaube, ich sehe aus wie die typische Protagonistin in einem Horrorfilm, die gerade alleine (!) im Dunkeln (!) die Kellertreppe (!!) runtergegangen ist und jetzt völlig unerwartet vor dem Monster steht.


Der Typ, Mitte 50, gepflegter Anzug, schaut mich auch so eine Sekunde lang in Schockstarre an, wie ein Reh im Scheinwerferlicht - dann entspannt er sich wieder und lächelt süffisant.
"Naja, s git Schlimmers, gäll?" Und als wäre sonst nichts passiert, macht er sich davon.

In mir brodelt ein Vulkan. Oder besser gesagt: Ich BIN ein Vulkan, und in einem Vulkan brodelt immer Lava, aber manchmal steigt diese auch und der Vulkan bricht aus.
Das ist jetzt der Fall, der Teufel in mir nimmt Überhand.
'S git Schlimmers', hat er gerade gesagt?? Das ist alles?? Keine Entschuldigung, nichts???
Die Lava schiesst aus mir raus, ein gewaltiger Ascheregen prasselt rund um mich auf die Strasse. Ich bin völlig enthemmt, habe keine Kontrolle über meinen Körper mehr.
Ich drehe mich um, zum fast überfahrenen Typen, der non-chalant weiter über die Strasse läuft, und es brüllt einfach so aus mir raus:

"UM DICH WÄR'S IM FALL NÖD SCHAD GSI!!!!"

Und dann lässt der Teufel meine Zunge wieder los, die Lava verschwindet im Inneren des Vulkans, und ich bin wieder Herrin über meine Körper.
Es ist nur eine Millisekunde vergangen seit diesem Satz, aber ich bereue ihn schon. Sofort drehe ich mich wieder um und trete in die Pedale. Schnell weg! Ich spüre den verdutzten Blick des Mannes in meinem Rücken, ich hab ein bisschen Angst, dass er mir hinterherrennt und mir eins in die Fresse haut. Also den Motor am E-Bike lieber noch eine Stufe höhersetzen!
'Oh mein Gott, Frau Bitterbös, wie konntest du nur so etwas sagen??', schiesst es mir durch den Kopf. 'Du bist die Reinkarnation des Bösen! Jetzt hast du es dir aber garantiert völlig versaut mit dem Himmel! Und für den Rest deines Lebens wirst du bestraft! Der Blitz wird dich treffen, der Blitz!!'

Drum: Ich glaube, der Test stimmt nicht.

Samstag, 2. März 2019

102 Nicht so der Gemälde-Typ

Ich glaube, ich bin ein Kunstbanause. 
Ja, ich wähle hier extra die männliche Form, weil ich nicht sicher bin, ob es eine "Banausin" überhaupt gibt. Und es klingt auch noch beschissener.

So oder so: Es ist nicht gut, weil "Kunstbanause" ist ein Schimpfwort. Und wenn man in einer Stadt wie Tsüri wohnt, dann hat man sich gefälligst für Kunst zu interessieren, um eine anständiges Socialite zu sein.

Nun, versteht mich nicht falsch: Ich stehe selber auf der Bühne, ich mache Videoclips und so, ein bisschen Kunst hab ich auch im Blut. Theaterstücke mit reihenweise Nackten und verrückten Kostümen schrecken mich nicht ab. Crazy Kreationen auf den Laufstegen, in denen die Models kaum laufen können, kann ich auch noch irgendwie beklatschen. Und so ein bisschen verstehe ich auch, dass es Leute gibt, die Helene Fischer gut finden.
Der Knackpunkt bei mir sind mehr Museen und Bilder, die Könige und Königinnen der Kunst, sozusagen. 
Und da muss ich jetzt leider zugeben: Ich bin einfach nicht so der Gemälde-Typ. 

Ich stehe jeweils davor, und eigentlich denke ich mir immer eine von drei Sachen.
Entweder: Wow, mega aufwändig, wer das gemalt hat, konnte wirklich etwas!
Oder: Nicht schön, aber auffällig. 
Oder: Drei Striche und ein Flecken? Kann ich auch!


Ich spüre jetzt, wie die Kunstfreunde unter euch auf den Tisch springen und mich zum Teufel wünschen (haha, dort bin ich wahrscheinlich schon, spart euch die Mühe!). Aber eben, ich bezeichne mich nicht umsonst als Kunstbanause/-in. Mir ist schon klar, dass nicht alle Bilder gefallen müssen, dass sie einfach etwas ausdrücken, die Handschrift des Künstlers oder der Künstlerin tragen oder ein Zeichen ihrer Zeit sind. Trotzdem verspüre ich nicht den Drang, sie anzustarren und dafür auch noch Eintritt zu bezahlen. Und ich möchte sie mir auch nicht an die Wand hängen. 

Das sorgt bei mir regelmässig für ein schlechtes Gewissen. Wenn andere wieder erzählen, wie toll der Monet im Kunsthaus sei oder ähnlich, dann denk ich jeweils: "Ich muss auch da hin und das auch gut finden." Aber soll ich euch jetzt etwas verraten? Ich war noch nie im Kunsthaus.
OH. MEIN. GOTT!!!!
Ja, ich war nur in der Kunsthaus-Bar, wenn das die Sache ein bisschen besser macht. Aber irgendwie zieht es mich einfach nicht hinein zu diesen Bildern. 
Ich war im MoMa in New York. 99% dort fand ich langweilig. 
Ich war im Louvre in Paris. Same thing.

Wer sagt eigentlich, welches Gemälde ein Kunstwerk ist und welches nicht? Weshalb ist die Mona Lisa mehr wert als das Porträt einer anderen Frau?
Wieso soll ein Banksy hübscher oder interessanter sein als das Werk eines Künstlers, dessen Gesicht man kennt?
Wieso will niemand Millionen ausgeben, wenn ICH auf einer Leinwand einen Farbkübel ausleere, bei anderen aber schon?

Keine Ahnung. Gemälde sind anders als Filme oder Songs, denke ich. Es geht nicht darum, dass besonders viele Leute öffentlich bekunden: "Das ist sooooo geil!" und die Downloads dann in die Höhe schnellen, sondern ein geiles Bild wird schon als geil verkauft. Oder so. 

So geht es mir jedenfalls mit Gemälden. Zu Fotos hingegen habe ich einen ganz anderen Zugang. Vielleicht, weil sie ein genaues Abbild der Realität sind. Fotos sind Fotos, da haben die porträtierten Menschen darauf keine schwarzen Ränder oder drei Augen oder so. Ein Foto von drei Strichen will sich auch niemand ansehen. Vielleicht sind Fotos einfach ehrlicher als Gemälde. 

Oder vielleicht bin ich halt einfach wirklich nur eine Kunstbanausin und habe keine Ahnung. 


Dienstag, 12. Februar 2019

101 Vom Berge überwinden

Der Titel lässt Esoterisches vermuten, aber keine Angst:
 
Ich habe jetzt nur ein E-Bike.
 
Jupp, ich bin definitiv alt, faul und langweilig geworden. 
Wobei, nein: Faul war ich schon immer. 
Trotzdem will ich mich gleich zu Beginn rechtfertigen: Ja, man muss im Fall beim E-Bike trotz Motor in die Pedale treten, das Ding läuft nicht von alleine. Ja, man kann es im Fall auch ganz ohne Motor fahren, man kann ihn nämlich ausschalten. Und ja, bei mir ist er immer ausgeschaltet, ausser, ich muss irgendwo ganz steil rauf. Und genau deshalb hab ich mir ein E-Bike zugelegt, denn meine neue Wohnung liegt jetzt nunmal "ennet dem Hügel", mit reiner Muskelkraft in die Altstadt und zurück ist mir schlicht zu anstrengend. Ich finde, das alles legitimiert so ein bisschen Elektroantrieb. Und auch die Tatsache, dass ich einfach immer und überall zu spät komme - hat sich drastisch verbessert jetzt... 

Bis vor Kurzem fand ich E-Bikes ja ein totales No-Go, da potthässlich. Und ja, die meisten sind es immer noch, mit diesen fetten, unförmigen Mittelstangen, die schon aus 10 Kilometern Entfernung schreien: "Ich bin kein normales Velo, ich bin mit Motor und teuer, also klau mich, bitte!" - PFUI!!! 
Aber die Veloindustrie hat mich erhört und in letzter Zeit ein paar wirklich hübsche E-Bikes auf den Markt gebracht, sogar im Retro-Style, und genau so eines hab ich mir am Black Friday letzten November zu einem Spottpreis ergattert. 
Ok, nicht gerade zu einem Spottpreis, aber doch günstig im Vergleich zum Originalpreis. Und wenn irgendwo ein Rabattschildchen dran prangt und man es dann kauft, dann fühlt man sich ja sowieso besser, oder geht es nur mir so?
 
 
Jedenfalls, jetzt hab ich dieses E-Bike und finde es ganz toll. Vorbei ist es mit der Panik eines jeden unsportlichen Velofahrenden, "Oh Gott, jetzt kommt wieder diese verdammte Rämistrasse!! AAAAAAAHHHH!!!!", und dann trampelst du um dein Leben und schaffst doch nur die ersten 20 Meter und den ganzen Rest bis zur Seilbahn Rigiblick schiebst du den Göppel mühsam dem Berg hinauf und fluchst vor dich hin oder hievst ihn ins Tram und alle glotzen so blöd und du vergisst, dass du fürs Velo ja auch ein Billett bräuchtest, und natürlich kommt genau in diesem Moment ein Kontrolleur und... 
HORROR!!!
Da hat mich das E-Bike wirklich gelassener gemacht. Zum ersten Mal in meinem Leben freue ich mich über Steigungen. Knöpfchendrück und ab geht's!
 
Kleiner Einschub: Beim Halten am Rotlicht Knöpfchen wieder wegdrück, am besten. Anfahren auf der höchsten Stufe ist wie von 0 auf 100 in einem Rennauto. Es drückt einen in den Sitz. Nur hat ein Velo keinen Sitz, nur einen Sattel, if you know what I mean... ich spreche einmal mehr aus Erfahrung.
 
Man kann also sagen, das E-Bike hat mich gelassener gemacht im Leben. Sogar ein bisschen erwachsener, denn ich habe mir auch einen Helm gekauft. Den trug ich früher auf dem normalen Velo ja nie. 
Ok, ich gebe zu, ich bin jetzt immer noch nicht 100-prozentig konsequent im Helm-Anziehen - vor allem, weil man ja nie weiss, wohin mit diesem Ding, sobald man angekommen ist! Auf dem Velo lassen kann man ihn nicht, ämel nicht in Tsüri, der ist sofort weg (gut, das Velo ja auch, ich erinnere an Post Nummer 79 hier). Und den Helm mittragen ins Restaurant, ins Theater oder auf die Shoppingtour, sieht - Entschuldigung! - einfach ein bisschen weird aus und ist auch noch saumässig umständlich! 
Dazu musste ich gerade jetzt im Winter auch einsehen, dass Helm über Wollmütze nicht so gut geht. Aber ohne Mütze und nur mit Helm geht eben auch nicht, da friert man sich die Ohren ab! Man muss sich also entscheiden: Frieren oder Hirnverletzung. 
 
Da sieht man wieder, wie unreif und verantwortungslos ich bin.

Aber kommt mir jetzt bloss nicht mit so Allwetter-Velosport-Multifunktionskleidung, die unter jeden Helm passt!! 
Meine Antwort ist: Nein. NEIN. NEEIIINNN!!!!!!
Hey, ich habe jetzt ein E-Bike, reicht das nicht, um offiziell BORING zu sein, muss ich wirklich auch noch vollkommen scheisse aussehen dabei??

Freitag, 25. Januar 2019

100 Die Memme auf dem Eis

Ich hab eine Phobie, eigentlich schon mega lange, aber erst in diesem Winter wurde sie mir so richtig bewusst:

Eine Phobie vor rutschigen Strassen.

Oder besser gesagt, vor vermeintlich rutschigen. 
Das ist vor allem im Winter der Fall. Ok, wir müssen ja wohl zugeben, dass der Winter 18/19 ein Pussy-Winter war - meinen fettesten Mantel hab ich jedenfalls nicht mal aus dem Schrank genommen bisher, ich komme ohne Handschuhe und lange Unterhosen aus.
Aber jetzt sind die Temperaturen doch noch ein bisschen gefallen - und schon sind sie da, diese fiesen, glänzenden Eiskristalle auf dem Trottoir!!
Und sie verwandeln mich regelmässig in eine komplette Memme.

Schon zwei Meter vor dem Schneematsch, dem Wasser oder Eis verlangsame ich meinen Schritt um etwa 70%. Mit Adleraugen suche ich nach einer Ausweichmöglichkeit, aber die ist natürlich meistens nicht gegeben. Dann schaue ich halt, ob ich mich irgendwo festhalten kann, während ich mich todesmutig über die arschglatte Fläche wage. Meistens ist das ein Gebüsch am Trottoirrand, ein Geländer oder ein anderer Mensch. 
Und dann geht es in Zeitlupe hinüber, mit Schritten so gross wie von einem Chihuahua. Ich versuche auch, gar nicht erst den ganzen Fuss abzusetzen, so als hätte ich Hoffnung, ich könnte einfach über das Eis schweben. Ich glaube, von aussen sehe ich aus wie eine Mischung aus einer 115-jährigen Seniorin, einer Geisha (wegen der Schrittchen) und einer Besoffenen.

Links und rechts stapfen Menschen im Stechschritt an mir vorbei, scheinbar furchtlos und unbeeindruckt von der Todesfalle, die da unter ihren Füssen lauert. 
Nur ich zittere vor Angst und klammere mich krampfhaft am Ast oder wahlweise an mir selber fest, die Augen weit aufgerissen, die Atmung wie nach einem Hürdenlauf, und taste mich Millimeter um Millimeter vorwärts. 


Ich muss mir dann immer vorstellen: Wenn jetzt ein Tornado nahen würde, wenn mich ein Serienkiller mit dem Messer jagte - scheissegal, ich würde nicht rennen. Der Schiss vor der nassen oder gefrorenen Fläche unter mir wäre einfach grösser. Lieber zerstückelt werden als mir ein Bein brechen!

Das Geile ist ja, dass in Zürich praktisch überall gesalzen und gekiest wird. Das heisst, auch verschneite oder spiegelglatte Strassen sind eigentlich gar nicht rutschig. Und wenn ich ehrlich bin, merk ich das auch, dass meine Sohlen einen guten Halt haben, wenn ich sie (wenn auch nur halb) aufsetze. 
Aber die Vorstellung, wie ich einfach plötzlich den Boden unter den Füssen verliere, nach hinten wegkippe, einen halben Salto drehe und mich dann voll auf den Hintern - oder noch schlimmer - auf den Kopf pflanze, ist einfach stärker! Wie in dieser Suzuki-Werbung!!!
Und dann beide Arme und Beine im Gips. Oder ein grosses Loch im Kopf. HORROR!!!!!

Dann doch lieber wie eine besoffene Memme, die gerade laufen lernt, über die vermeintlich eisige Strasse. Und das gebe ich hier jetzt öffentlich zu, in meinem 100. Post!!
Wenn ihr also in den nächsten Tagen eine Frau seht, die aus unerfindlichen Gründen im Gebüsch oder am Geländer klebt - das bin ich. Sagt Hallo zu Frau B.!

Donnerstag, 3. Januar 2019

99 Ein besserer Mensch werden

HAPPY NEW YEAR!!!

Ich wünsche euch allen ein tolles, gesundes, erfolgreiches, lustiges und reiches 2019 - aber findet ihr diese Zahl eigentlich auch so hässlich wie ich? 2018 war hübscher, irgendwie...

Anyway, ich nehme mir ja nie was vor an Sylvester. Ich finde das blöd. Sport mach ich ja dann doch wieder nicht. Nichtraucherin bin ich schon. Alkohol sagt mir nicht viel. Und überhaupt versuche ich, Dinge, die mich stören, grad ad hoc zu ändern, und nicht erst den Jahreswechsel abzuwarten.

Aber dann war 2019 (igitt!!) noch keine zwei Tage alt und ich wühlte im Ausverkauf in den Auslagen, auf der Suche nach Schnäppchen, da durchfuhr es mich plötzlich wie ein Blitz und ich hörte eine göttliche Stimme, die mahnte:

Wieso um alles in der Welt kaufst du dir jetzt schon wieder neue Kleider?? Hast du wirklich nicht schon genug im Schrank? Respektive: in deinen SCHRÄNKEN!!!

Und ein Blick auf meine Budget-App auf dem Handy (jaaaaaa, ich dokumentiere meine Ausgaben ganz pingelig!) bestätigte mir dann auch: Letztes Jahr hätte ich mit dem Geld, das ich für Klamotten ausgegeben hatte, eine schöne Fernreise machen können. Oder ein afrikanisches Dorf mit einer Wasserleitung versorgen. 
Stattdessen habe ich es eingekleidet. 
Ha! Das schlechte Gewissen packte mich urplötzlich, und nun ist tatsächlich der Moment gekommen, an welchem auch ICH meine Jungfräulichkeit verliere und mir etwas vornehme für das neue Jahr:

Keine. Klamotten. Kaufen!
Kein. Einziges. Teil!
Bis am 31. Dezember 2019 (uääksss!!)! 

Nein, auch keine Socken oder Unterhosen! Denn auch von denen hab ich mehr als genug! 
Gut, höööööööööchstens, sollte ich irgendwo im Ausland meinen Koffer verlieren oder ähnlich. Aber erst, wenn ich mindestens drei Tage abgewartet habe. Na gut, vier.
Fertig jetzt, Bitterbös, du alte Fashionista! Jetzt werd mal endlich ein besserer Mensch und steck dein Geld lieber in die Vorsorge oder in eine Stiftung oder in funktionierende Velowege oder sonst irgendwas Sinnvolles!

Irgendwas sagt mir, ich werde kläglich scheitern. 
Drückt mir die Daumen!