Samstag, 2. März 2019

102 Nicht so der Gemälde-Typ

Ich glaube, ich bin ein Kunstbanause. 
Ja, ich wähle hier extra die männliche Form, weil ich nicht sicher bin, ob es eine "Banausin" überhaupt gibt. Und es klingt auch noch beschissener.

So oder so: Es ist nicht gut, weil "Kunstbanause" ist ein Schimpfwort. Und wenn man in einer Stadt wie Tsüri wohnt, dann hat man sich gefälligst für Kunst zu interessieren, um eine anständiges Socialite zu sein.

Nun, versteht mich nicht falsch: Ich stehe selber auf der Bühne, ich mache Videoclips und so, ein bisschen Kunst hab ich auch im Blut. Theaterstücke mit reihenweise Nackten und verrückten Kostümen schrecken mich nicht ab. Crazy Kreationen auf den Laufstegen, in denen die Models kaum laufen können, kann ich auch noch irgendwie beklatschen. Und so ein bisschen verstehe ich auch, dass es Leute gibt, die Helene Fischer gut finden.
Der Knackpunkt bei mir sind mehr Museen und Bilder, die Könige und Königinnen der Kunst, sozusagen. 
Und da muss ich jetzt leider zugeben: Ich bin einfach nicht so der Gemälde-Typ. 

Ich stehe jeweils davor, und eigentlich denke ich mir immer eine von drei Sachen.
Entweder: Wow, mega aufwändig, wer das gemalt hat, konnte wirklich etwas!
Oder: Nicht schön, aber auffällig. 
Oder: Drei Striche und ein Flecken? Kann ich auch!


Ich spüre jetzt, wie die Kunstfreunde unter euch auf den Tisch springen und mich zum Teufel wünschen (haha, dort bin ich wahrscheinlich schon, spart euch die Mühe!). Aber eben, ich bezeichne mich nicht umsonst als Kunstbanause/-in. Mir ist schon klar, dass nicht alle Bilder gefallen müssen, dass sie einfach etwas ausdrücken, die Handschrift des Künstlers oder der Künstlerin tragen oder ein Zeichen ihrer Zeit sind. Trotzdem verspüre ich nicht den Drang, sie anzustarren und dafür auch noch Eintritt zu bezahlen. Und ich möchte sie mir auch nicht an die Wand hängen. 

Das sorgt bei mir regelmässig für ein schlechtes Gewissen. Wenn andere wieder erzählen, wie toll der Monet im Kunsthaus sei oder ähnlich, dann denk ich jeweils: "Ich muss auch da hin und das auch gut finden." Aber soll ich euch jetzt etwas verraten? Ich war noch nie im Kunsthaus.
OH. MEIN. GOTT!!!!
Ja, ich war nur in der Kunsthaus-Bar, wenn das die Sache ein bisschen besser macht. Aber irgendwie zieht es mich einfach nicht hinein zu diesen Bildern. 
Ich war im MoMa in New York. 99% dort fand ich langweilig. 
Ich war im Louvre in Paris. Same thing.

Wer sagt eigentlich, welches Gemälde ein Kunstwerk ist und welches nicht? Weshalb ist die Mona Lisa mehr wert als das Porträt einer anderen Frau?
Wieso soll ein Banksy hübscher oder interessanter sein als das Werk eines Künstlers, dessen Gesicht man kennt?
Wieso will niemand Millionen ausgeben, wenn ICH auf einer Leinwand einen Farbkübel ausleere, bei anderen aber schon?

Keine Ahnung. Gemälde sind anders als Filme oder Songs, denke ich. Es geht nicht darum, dass besonders viele Leute öffentlich bekunden: "Das ist sooooo geil!" und die Downloads dann in die Höhe schnellen, sondern ein geiles Bild wird schon als geil verkauft. Oder so. 

So geht es mir jedenfalls mit Gemälden. Zu Fotos hingegen habe ich einen ganz anderen Zugang. Vielleicht, weil sie ein genaues Abbild der Realität sind. Fotos sind Fotos, da haben die porträtierten Menschen darauf keine schwarzen Ränder oder drei Augen oder so. Ein Foto von drei Strichen will sich auch niemand ansehen. Vielleicht sind Fotos einfach ehrlicher als Gemälde. 

Oder vielleicht bin ich halt einfach wirklich nur eine Kunstbanausin und habe keine Ahnung. 


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