Donnerstag, 28. Januar 2021

132 Schön wie Oma

Ich habe neulich diesen SRF Dok geschaut über das perfekte Gesicht. Es ging um Frauen, die sich Schönheitseingriffen unterziehen, weil sie nicht mehr zufrieden sind mit ihrem Aussehen. (Männer machen das auch, im Fall, aber das war offenbar nicht das Thema)

Nun, ich bin ja jetzt langsam in einem Alter, in welchem man sich im Spiegel anschaut und denkt: "Joah, isch au scho besser gsi!"
Grad letzte Woche stand ich zusammen mit einer Freundin vor dem Wohnzimmerspiegel, und wir übertrafen uns gegenseitig mit Beschwerden:
"Lueg, es lamped doch eifach!"
"Und mini Huut isch so gschägget!"
"Immer trochener isch sie au!"
"Die Linie da, die stört mi am meischte!"
"EI Linie? Ich ha ganz vill!"
"Und das sind im Fall kei Püggel. Das sind Fläcke. Die gönd nüme weg!" 
"I dä Haar han ich die im Fall au!"
 
Und dann überlegt man sich schon: Was könnte man denn optimieren und wie?
 
Das Gesicht ist kein hässlicher Pulli
Die erste Reaktion (und ich bin sicher, dass ich mit der nicht alleine bin): Ach komm, sowas machst du doch nicht, das ist so oberflächlich, das ist Tussi-Zeug, du bist doch viel mehr als dein Äusseres!
Und dann kommt die zweite: Ist eh viel zu teuer! Mit dem Geld könntest du was viel Geileres machen!

Aber Fakt ist einfach: Dein Äusseres ist das, was dich ein Leben lang begleitet. Das du nicht einfach abstreifen kannst wie einen hässlichen Pulli. Und  an dem dich andere Leute erkennen. 
Das Äussere ist also schon was Sauwichtiges, auch wenn dich noch ganz viele andere Sachen zu dem Menschen machen, der du bist.
 
Das Leben hinterlässt Spuren, auch im Inneren. Aber dort sieht sie halt keine und keiner. Auf deinem Körper allerdings schon. 
Die eine Protagonistin im Dok hat das schön auf den Punkt gefasst: Es habe eine Zeit gegeben, in der sie sehr viel geweint habe, und das sehe man ihren Augen jetzt an. Nun sei diese Zeit aber lange vorbei, und sie wolle nicht, dass ihr Gesicht immer noch davon zeuge.

Kenne ich nur zu gut.
 

Auch ich sehe im Spiegelbild vor allem meine Vergangenheit. Gut, ist ja auch klar, ich sehe halt einfach meine fast 43 Jahre. Aber ich sehe auch, was ich in dieser Zeit alles mitgemacht, erlebt, überlebt, verschmerzt, erlitten und erduldet habe. Und ich finde das auch nicht so gut, denn Fakt ist: Ich fühle mich eigentlich immer noch wie 25. 
Wirklich jetzt. Mir tut nichts weh, müde war ich eh schon immer, Alk habe ich noch nie vertragen, meine sportlichen Leistungen waren schon immer scheisse. Mein körperliches Befinden hat also nicht wirklich abgegeben, aber rein äusserlich sehe ich natürlich schon, dass ich eben keine 25 mehr bin. Dass mich das Leben geprägt hat. Und noch schlimmer: Ich sehe es im Gesicht. Sozusagen dem exponiertesten Teil meines Körpers.
Und ja, das nervt. 
Und ja, da finde ich es auch berechtigt, sich zu überlegen, ob es da nicht doch eine Möglichkeit gibt, etwas zu verändern, zu verbessern. Dass beim Blick im Spiegel Erscheinung und Befinden wieder zusammenpassen.  

Leider bin ich nicht wie Oma
Und ich spreche jetzt nicht davon, dass ich es befürworte, wenn sich jemand überlegt: Ich will jetzt halt unbedingt die Nase von Kim Kardashian oder die Lippen von Angelina Jolie. Lieber die Körbchengrösse C als B. Ein Füdli wie diese Sport-Influencerinnen auf Instagram. Oder lieber asiatische Augen als kaukasische.
Das ist in meinen Augen Quatsch, hier denke ich wirklich: Ich bin ich, du bist du - und es wäre saulangweilig wenn alle ich oder du wären!
Nein, ich spreche wirlich nicht davon, seinen Typ ändern oder ein Schönheitsideal nachahmen zu wollen.

Ich spreche davon, Dinge loszuwerden, die die Zeit einem ins Gesicht gezaubert hat und die einem wie Fremdkörper vorkommen. Es ist doch erleichternd, wenn man etwas loswird, das irgendwie nicht zu einem gehört. Ob es jetzt normal ist oder nicht.

Ich bewundere jede Frau und jeden Mann, der kein Problem mit dem Altern hat und jedes graue Härchen und Fältchen um den Mund einfach dankbar annimmt. Meine Grossmutter war so. Ich kann mich nicht erinnern, dass sie sich einmal über das Älterwerden beschwert hätte. Und ich kann mich auch nicht erinnern, dass ich sie hässlich gefunden hätte mit ihren Falten und dem weissen Haar. Im Gegenteil. Und ich weiss noch, dass sie total stolz war auf ihre schöne Haut, mit über 90. Ihr Beautytipp? Einfach mit kaltem Wasser abreiben einmal täglich. That's it.
 
Oje, ich wünschte, ich wäre wie Oma. Aber leider bin ich eine eitle Tusse. Und drum kann ich die Frau mit den verweinten Augen im SRF Dok gut verstehen.
Und ich verstand ihr Glück nach dem Besuch beim plastischen Chirurgen: Sie sah wirklich gut aus, natürlich gut, einfach zufrieden und so, wie sie sich auch fühlte. 

Ach, das Alter ist eine Bitch!

Und ich bin froh, dass hier niemand weiss, wie ich aussehe. Und was ich vielleicht schon hab machen lassen - HAHAAAA!!!!


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