Oh mein Gott, oh mein Gott, so viel Stress, ich komme ja gar nicht mehr zum Schreiben!
Neulich hat sich tatsächlich ein Leser bei mir beschwert über meine laaaaaaannnngggeeen Pausen zwischen den Blogbeiträgen. Ich möchte mich hier bei allen entschuldigen, die auch so empfinden.
Und bei denjenigen, die froh waren, halte ich so lange die Klappe, möchte ich mich ebenfalls entschuldigen: Denn hier bin ich wieder, ÄTSCH!!! :-)
Aber hey, mich gibt's seit Kurzem übrigens auch auf Twitter (@fraubitterboes, natürlich)! Dort gibt's auch ab und zu mal was von mir, also followed mir doch. Plus kann man mir dort Anregungen schreiben, Grüsse und Beschwerden. Also, kann man natürlich auch hier. Und auf Facebook (Frau Bitterbös, natürlich). Don't be shy!
So, jetzt aber zurück zum wirklich Wichtigen des Lebens.
Neulich sass ich mal wieder im Zug, und mein Blick fiel auf meine Handtasche, wo immer noch ein "Nein zu No Billag"-Pin prangte. Ich dachte, Abstimmung ist ja jetzt vorbei, nehm ich den mal weg, und legte ihn aufs Tischchen unter dem Fenster. Eine Station weiter setzt sich mir ein Mann gegenüber, so in meinem Alter. Wollmütze auf dem Kopf, Jeans, Pulli, Bart. Tsüri, halt. Ich nehme höflich den Pin von der Mitte des Tisches, weil er ja vielleicht dort sein Getränk absetzten möchte oder so. Folgenden Dialog möchte ich euch nicht vorenthalten:
Mann: "Isch das diine?"
Frau Bitterbös: "Ja."
M: "Wie chasch du nur für d Billag sii??"
B: "Wie chasch du nur degäge sii??"
M: "Naja, all die Lokalsänder da, die lueg ich eh nie. Weisch, das wäred eh die einzige gsi, wo weggfalle wäred."
B: "Nei, das wäred die einzige gsi, wo no bliebe wäred, will die sich ja über Werbig finanziered, hauptsächlich. Weggfalle wär d SRG."
M: "Ha! Das isch doch alles nur Angschtmacherei!! Im ene Land wie dä Schwiiz schafft doch niemert dä einzig öffentlich-rächtlich Sänder ab! 'Echo der Zeit' find i im Fall super!"
B: "Naja, aber du wettsch ja offebar nöd defür zahle. Ohni Geld keis 'Echo der Zeit'."
M: "Aber für das brucht's doch kei Billag! D Schwiiz hät doch gnueg Geld! Weisch, mer müessti das nur umlagere, und dänn chönnti mer au d SRG finanziere!"
B: "Ja, aber über das hämmer ja nöd abgstumme. Mir händ drüber abgstumme, öb mer wännd Rundfunkgebühre zahle oder nöd. Also. Ohni Gebühre kei SRG."
M: "Weisch, ich säg der, wänn nur alli Politiker i dem Land anstatt 8000.- pro Monet nume 6000.- würed isacke, dänn hetted mer au Geld für Radio und Fernseh!"
B (staunt über die Zahlen. Alle Politiker des Landes erhalten 8000.- pro Monat? Ist das im Politiker-GAV so festgelegt?)
M: "Und nomal öppis: Wänn jede Verwaltigsratpräsident zerscht sälber müesst 100'000 Stutz ischüüsse, bevor er dä Job überchunnt, dänn gächt er au aständiger mit em Konzern um! Dänn müessted mir mit eusne Stüüre kei Banke rette!"
B: "Villicht."
M: "Das gaht doch au nöd, dass mer däne Wichser dänn au no Millione-Boni in Arsch schopped!!"
B (nickt)
M: "Weisch, ich find sowieso, mir sötted alli eusi Kontene schlüüsse und euses Geld abzieh! Eso chönnted mer d Banke zwinge, eus wieder aständigi Zinse z zahle! Als Chind han ich no 3 Prozent Zins übercho, stell der vor! Und d Banke mached sit do im Fall nöd weniger Gwünn!"
B: "Hmmm..." (und denkt: Ahaaaa, wir driften vom Billag-Thema ab....)
M: "Weisch, ich han scho in Dütschland und Frankriich gschaffed, und überall händ mir d Lüüt gseit wenn sie hetted chöne über d EU abstimme, dänn wäred sie sicher nie biträtte! Die sind niidisch uf eus Schwiizer, dass mir da so vill chönd mitrede!"
B: "Das isch ja au s Guete a eusem System - mir chönd aktiv mitbestimme."
M: "Ebe. Wie du gsehsch, ich mach mir scho Gedanke. I mim Kollegechreis chömed die im Fall guet aa."
B: "Aber denn setz dini Idee doch um und mach e Volksinitiative oder so. Profitier vo eusem System!"
M: "Jaaa... asoo... pfff... weisch, dasch ja huere ufwändig. Wivill Underschrifte? 100'000?"
B: "Genau."
M: "Weiss nöd. Für die meischte vo mine Idee chämt i eh is Gfängnis!"
B (steht auf): "Also, du, ich mues jetzt usstiege. Wünsch der en schönen Abig!"
M: "Tschau, gäll, mach's guet!"
Und die Moral von der Geschicht'?
Alle wissen wir, was besser wäre fürs Land. Aber aktiv was ändern, tun wir dann doch nicht. Oder nur die wenigsten von uns. Weil, uns geht's ja ganz gut hier in Züri, so oder so. Nicht?
DIE WELT IST SCHLECHT, ODER EINE ZÜRI-TUSSI MITTE 40 GEHT MIT DEM LEBEN UM. Ein satirischer Blick auf den alltäglichen Wahnsinn und die Luxusprobleme eines Lebens in der coolsten Stadt der Schweiz, geworfen von einer Frau, die mehr oder weniger fest mitten im Leben steht. Was Frau Bitterbös beschreibt, hat sie wirklich erlebt. Nicht nur in Zürich, sie blickt regelmässig über den eigenen Tellerrand hinaus. Und hat eine Katze namens Godzilla.
Donnerstag, 22. März 2018
Donnerstag, 1. März 2018
83 Im Schussfeld
Letzte Woche wurde ich Zeugin eines Mordes.
Jupp, das können wohl nicht so viele Menschen von sich
behaupten (zum Glück!). Aber tatsächlich habe ich das Beziehungsdelikt an der
Europaallee aus nächster Nähe miterlebt.
Der Zufall wollte es eben, dass ich mit einer Freundin auf
dem Weg zum HB war. Wir schlenderten gemütlich schwatzend der neuen Zürcher
Einkaufsmeile entlang, als wir es knallen hörten. Mehrmals.
Nun, niemand wurde unruhig oder so. Denn seien wir ehrlich:
In Zürich knallt es ja oft mal. Irgendwer hat offenbar immer irgendwo
irgendwelche Böller zur Hand und Freude daran, damit den Mitmenschen auf den
Geist zu gehen. Aber da es dieses Mal ziemlich oft knallte, dachte ich noch: «Ok,
du Arschloch, s isch Friitigmittag, hellliechte Tag zmittst i de Stadt – GIB’S
DOCH ENDLICH UF!!»
Zirka 50 Meter vor uns stürmen dann plötzlich zwei Personen
aufs Trottoir, es knallt weiter, und es sieht so aus, als würden sie sich
verfolgen. Die eine verliere ich bald aus den Augen, die andere bleibt mitten
auf dem Weg stehen, und da sehe ich, dass sie eine Waffe in der Hand hält.
Für den Bruchteil einer Sekunde schiesst es mir durch den
Kopf, ok, wenn das jetzt so ein Typ ist wie der in Florida, dann sind wir jetzt
ganz schön fucked.
Aber hey, wir sind in Zürich, und der Gedanke verfliegt
sofort wieder. Ich gehe unbehelligt weiter, auf den Bewaffneten zu, kein
bisschen nervös. Das ist einfach wieder irgend so ein durchgeknallter Idiot,
der besoffen oder verdrögelet irgendwelche Spielchen spielt, denke ich. Wahrscheinlich
findet er es aus irgendeinem unerfindlichen Grund geil, mit einer
Fasnachtspistole seinen genau so verdrögeleten Kumpel zu verfolgen. Alles schon
erlebt. Langstrasse, Baby!
Irgendwie hält er die Waffe aber seltsam.
Knall!
Er fällt zu Boden. Bleibt liegen.
Voll theatralisch, so schlecht gespielt, echt!
Steh wieder auf Kumpel, es ist arschkalt auf dem Asphalt!
…
Steh auf!
…
Wann kommt die Kamera?
…
…
Ich und meine Freundin stehen eine gefühlte Ewigkeit einfach
nur da und schauen. Nichts passiert. Totenstille. Von einer Panik, die
ausgebrochen sein soll, wie verschiedene Blätter später schreiben, ist keine
Rede. Es ist ja auch kaum jemand auf der Strasse. Es ist Mittag und Winter, die
Leute sitzen im Warmen, am Essen.
…
Meine Freundin: «Du wottsch mer jetzt aber nöd öppe säge,
das sind richtigi Schüss gsi?»
Ich: «Äch, nei, eh nöd… nä-ä… dä staht gad uuf, wirsch gseh.
Irgend en Film oder so!»
Dann gehen aber links und rechts die Türen auf, Menschen
kommen aus den Gebäuden und schauen auch ungläubig hin. Einer hat noch seinen
Coiffeur-Umhang an.
Wir gehen noch näher.
…
Komm, steh jetzt auf!
Aber ok, so wie der daliegt, so ohne jegliche Körperspannung,
das sieht wirklich auffällig… tot aus, irgendwie.
Jetzt geht ein Passant ganz nah hin und beugt sich über den
Körper. Scheisse, Moment, es sind ja zwei Körper! Die andere Person liegt auch,
sehe ich plötzlich. Und sie ist ebenfalls völlig bewegungslos.
Nur wenige Sekunden sind vergangen, meine Freundin zieht
entschieden ihr Handy aus der Tasche.
«Ich lüüt jetzt dä Polizei aa!»
Aber die weiss schon Bescheid, und das Sirenengeheul hüllt
uns ein. Schwer bewaffnete Frauen und Männer in Uniform rennen plötzlich herum,
die Strasse ist verstellt mit Polizeiautos und Krankenwagen, der Raum wird mit
weissorangem Band abgesperrt und wir weggeschickt.
Tja, das also meine Wahrnehmung von meinem ersten echten
Live-Mord.
Ich dachte, das war ein Amoklauf oder Banküberfall,
schliesslich geschah es ja direkt vor der UBS. Dass hier aber ein Familienvater
seine Noch-Ehefrau und dann sich selber gerichtet hatte, erfuhr ich erst später
aus den Medien.
Und ich muss immer denken: Nur 30 Sekunden später, und ich
und meine Freundin wären genau im Schussfeld gestanden. Es hätte sich nur eine
Kugel verirren müssen… Ja, das hat uns an diesem Freitag ehrlich gesagt am
meisten beschäftigt: Leck, wir leben noch! Was ein Glück wir doch hatten!
Aber jetzt, nur eine Woche später, finde ich es irgendwie
gar nicht mehr so schlimm, dass ich tatsächlich mitangesehen habe, wie zwei
Menschen durch Gewalt gestorben sind. Wahrscheinlich ist das ein
Schutzmechanismus des Gehirns. Und vielleicht kuck ich auch einfach zu viel «Walking
Dead» und «Game of Thrones». Abgestumpft.
Was mich aber beschäftigt, sind die zwei kleinen Mädchen,
die das tote Ehepaar hinterlässt. Denn die stehen richtig im Schussfeld. Mit was haben die das verdient, ohne Eltern
aufwachsen zu müssen? Und später jedem erklären zu müssen, ja, der Papi hat das
Mami umgebracht und dann sich selber?
Ich wünsche den beiden nur das Allerbeste und ganz viel
Liebe und Glück im Leben.
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