Dienstag, 7. März 2017

67 Midlife crisis

Wir müssen reden.
Mir geht's nicht so gut.
Ich habe midlife crisis.

Was übrigens bedeutet, dass ich keine 80 werde, wenn das jetzt tatsächlich schon meine Lebensmitte ist. Die Statistik sagt mir aber, dass die durchschnittliche Lebenserwartung einer Frau in der Schweiz 85 Jahre beträgt.
Hmmm, muss mein Lebenswandel sein, eindeutig.

Im Ernst, es wird Zeit, Bilanz zu ziehen. Ich verspüre grad fürchterlich den Drang dazu. Vielleicht ist das normal, wenn man so langsam auf die 40 zugeht. Die magische 40, uuuuuuuhhhh!!!
Also, meine Bilanz ist: Ich bin nicht zufrieden. Nicht mit mir, nicht mit der Welt.
So hab ich mir das nicht vorgestellt.

Aber wie habe ich es mir denn vorgestellt?

Ich kann mich nicht erinnern. Ich glaube, als Kind oder Teenie habe ich nie über die nächsten fünf Jahre hinausgedacht. Alles andere war nicht interessant. 40-jährige waren höchstens so Leute wie meine Eltern. Das war gaaaaaaanz weit weg, darüber würde ich mir dann frühestens in 100 Jahren Gedanken machen, wenn ich dann auch mal 40 bin, vielleicht. Aber dann muss man sich ja eh keine Gedanken mehr machen, dann ist ja alles schon gelaufen. Denn irgendwie hat man so als Jungspund doch immer das Gefühl, dass mit den Jahren alles besser wird. Ja, irgendwann ist alles gut. Wenn man erwachsen ist, ist alles gut. Probleme und Ängste und Sorgen, die hat man nur in der Adoleszenz. Aber dann findet man irgendwann die Lösung und lässt alles Mühsame hinter sich und ist zufrieden.
Ja, ich glaub, so dachte ich in meiner Jugend.

Muahahahahaaaa - Faaail!


Natürlich ist mein Leben objektiv betrachtet gut. Also fangt gar nicht erst an mit eurem "Du häsch im Fall gar kein Grund zum dich beschwere!"
Jaja!
Ich bin kerngesund, verfüge über einen anständigen Intelligenzquotienten, habe einen Job, den sogar andere gerne hätten, nage nicht am Hungertuch, lebe im schönen TSÜÜÜÜRRRIIII, sehe einiges von der Welt, habe Menschen um mich herum, denen ich nicht scheissegal bin, kann hier schreiben, was ich will, habe gerade zwei Tafeln Schokolade gegessen und vorgestern kam mein neues MacBook an.

Was will ich also mehr?

Ja, irgendwie viel. Keine Ahnung, was. Aber wenn es nicht so wäre, würde ich ja einfach denken: "Cool, hoffentlich geht's immer so weiter." - allerdings denke ich vielmehr: "Und was kommt jetzt noch? Oh Gott, hoffentlich kommt überhaupt noch was! So kann es doch nicht weitergehen bis zum Tod! HELP!!"

Kennt ihr das? Diesen 1. Welt-Luxus-Schmerz?
In letzter Zeit quält er mich besonders.
Eben, midlife crisis.
Und dann finde ich alles doof. Den Job, die Welt, die Schokolade und das MacBook. Und am meisten mich.

Warum habe ich nicht alles ganz anders gemacht?
Warum bin ich nicht... Psychiaterin geworden? Regisseurin? Grafikerin fänd ich auch noch geil. Oder Meeresbiologin.
Warum bin ich nicht nach Australien ausgewandert? New York? Oh, Rio! Eine Weltreise hab ich auch nicht hingekriegt.
Wieso kann ich immer noch nicht Gitarre spielen? Geschäftsberichte entziffern? Ich kann kein Chinesisch und kein Russisch. Keinen Schrank zimmern. Nicht stricken. Nicht mal die Haare in einen Zopf flechten.
Wieso hab ich den Ex nicht geheiratet? Oder den Ex-Ex? 
Shit, so einen MBA hätt ich eben doch noch machen müssen. Oder wenigstens nochmal einen MAS. CAS. DAS. Ich brauch mehr Diplome!
Ich brauch ein Haus am Meer!
Ein Boot!
Einen Fiat Panda! (ich weiss nicht mal, wie der aussieht, aber klingt gut!)
Einen Labrador!
Ich müsste überhaupt an einem ganz anderen Punkt in meinem Leben sein! Ganz anders!

Dann wär alles gut!

Oder auch nicht. Vielleicht glaub ich das ja nur. Vielleicht würd ich mir auch als Psychiaterin oder Grafikerin jetzt Ende 30 die selben Gedanken machen.

Naja, ich werd's nie rausfinden. Also lebe ich meine Leben einfach weiter. Mit 85 ist dann eh alles egal. Ich sterbe mit oder ohne MBA.

Midlife crisis.
Sucks.