Ich weiss, ihr habt lange nichts mehr von mir gehoert.
Sorry.
Das hat damit zu tun, dass mein Leben zur Zeit so ziemlich perfekt schoen ist (auch wenn ich die Umlaute grad mit zwei Buchstaben schreiben muss, aber man kann halt nicht alles haben, haha!).
Suedafrika.
Das scheiss Dengue Fieber steckt mir bei der Landung noch immer ein bisschen in den Knochen, beziehungsweise im Magen. Aber wenigstens ist mir nicht mehr alleine schlecht. Am Flughafen in Johannesburg wartet naemlich eine Freundin aus der Schweiz auf mich. Wir waren beide noch nie in Afrika, jetzt fangen wir also mal mit "Afrika light" an, wie es ja heisst. Und erst noch in einem Mietwagen bei Linksverkehr - ausgerechnet ich, die das Autofahren schon in ihrem eigenen Land bei Rechtsverkehr wie die Pest meidet! Aber nach ein-, zweimal die falsche Einfahrt auf die Autobahn nehmen, zwei-, dreimal knapp eine Frontalkollision vermeiden, da auf die falsche Seite gekuckt und ca. 15mal den Scheibenwischer anmachen anstatt den Blinker, geht das Ganze schliesslich tipptopp.
Wir wollen auf Safari, ebenfalls Neuland fuer uns beide. Also geht es schnurstracks Richtung Krueger.
Ich stelle mir das in etwa so vor: Man faehrt zwei volle Tage quer durch den Park, haelt angestrengt Ausschau, verrenkt sich die Haelse, hofft und betet - und dann irgendwann mal, wenn man Glueck hat, sieht man irgendwo am Horizont einen Elefanten.
Scheisse - so geirrt hab ich mich echt noch nie in meinem Leben.
Schon vor dem ersten Camp tummeln sich an einem Wasserloch ganze Horden von Elefanten! Wir fallen fast in Ohnmacht, und ich schiesse mit meinem iphone 3352 Fotos, auf denen man fast nix sieht, da der Zoom ueberfordert ist. Wir koennen unser Glueck kaum fassen.
Als wir schliesslich in unserem Auto in den Park reinfahren, haben wir aber schon fast den naechsten Herzinfarkt: kaum haben wir das Tor hinter uns, schon stampft nur ein paar Meter vor uns eine Elefantenfamilie ueber die Strasse. Ich brauche den Zoom nicht mal mehr.
Wir sind total aus dem Haeuschen!
Jetzt wuensche ich mir eine Giraffe. Kaum gesagt, schon stehen da zwei direkt am Strassenrand, ganz unbeeindruckt an den Aesten eines Baumes kauend.
Zum Glueck haben wir die Autofenster geschlossen, denn unser voellig ueberdrehtes Gekreische haette auch noch den letzten Floh im Krueger vertrieben.
Jetzt kommen ganze Gruppen von Zebras, Impalas bis zum Umfallen, Warzenschweine ("PUUUMMBBAAAAAAAAA!!!!!!!"), sogar Nashoerner kommen sehr nah, ein Nilpferd latscht uns fast vor die Raeder, eine Hyaene pisst direkt neben uns demonstrativ ins Gebuesch, wir sehen Paviane, Wasserbueffel, Kudus, dann endlich die langersehnten Loewen, beim Fressen sogar, beim Bruellen, bei der Kindererziehung, Schakale, eine Wildkatze, eine Schildkroete (die unser Auto fuer ihr Mami haelt oder so, jedenfalls kriecht sie uns hinterher), sehr schoene, bunte Voegel, sehr haessliche, bunte Voegel - und immer wieder Elefanten, Elefanten, Elefanten. Und Impalas. Einzig der Leopard bleibt uns verwehrt, aber waer der jetzt auch noch aufgetaucht, dann haette ich Gott, Allah, Jehova, die Natur und das Schicksal wirklich fuer zuuuu guetig gehalten...
Wir fahren also von Camp zu Camp, und weil man mit dem Privatauto abends nicht mehr rausdarf und auch nicht zum Sonnenaufgang, buchen wir dafuer sogenannte Game Drives. Das sind Ausfluege mit einem Ranger in so einem Safarikarren, zusammen mit anderen Touris.
Das ist zwar ganz interessant, denn die Ranger sehen die Tiere oft viel frueher als wir Amateure und wissen besser, wo sie zu finden sind. Allerdings wird dann auch bei wirklich JEEEDEM Tier gestoppt, und das passt uns zwei verwoehnten Zueri-Tussen natuerlich gar nicht. Kaum schreit es irgendwo hinter uns "IMPALA!!" oder "ELEPHANT!!!!!", verdrehen wir nur genervt und gelangweilt die Augen und denken: "Hueren Afaenger...!"
Schoen auch, dass es auf diesen Game Drives immer selbsternannte Biologen und Wildlife-Experten dabei hat, die dir ungebeten die Welt erklaeren: nein nein, der Loewe fuehlt sich durch uns nicht gestoert, der nimmt unseren Wagen bloss als einziges grosses Tier wahr, dass ihm nicht gefaehrlich wird, und riechen kann er uns auch nicht, keine Angst... bla bla bla. Steig doch mal aus, dann wollen wir sehen, ob dich der Loewe JETZT riechen kann! Gaeb geile Fotos...
Ok, so wirklich in Gefahr fuehle ich mich tatsaechlich nie. Ausser in den eingezaeunten Camps. Dort tummeln sich naemlich Meerkatzen und Paviane, die genau wissen, dass wir Menschen gerne essen und trinken, und die von Besitzanspruechen und Hoeflichkeit einen Scheissdreck halten. Nun, meine Freundin und ich haben das mit dem selber Kochen auf dem kleinen Herd vor den Bungalows eh nur einmal versucht (und auch nur, weil es im ersten Camp kein Restaurant hatte, wir das aber nicht gewusst haben, und uns drum im Laden nur noch ein paar Buechsen mit Fertig-Spaghetti besorgen konntn, die aber nicht mal richtig warm wurden und nach ueberhaupt nichts schmeckten - soviel zu unseren Kochkuensten). Aber einmal haben wir eine franzoesische Familie als Nachbarn, die setzt sich am Morgen ganz gemuetlich und unwissend zum Fruehstueck auf die Veranda - und dann hoeren wir nur einen spitzen Schrei, und eine Sekunde spaeter hockt der Affe mit dem geklauten Toastbrot auf UNSERER Veranda... :-)))
Apropos Kochen: das koennen die Suedafrikaner. Ob edles Restaurant oder Fastfood-Kette: das Essen ist irgendwie immer angerichtet wie fuer ein Foodporn-Foto und schmeckt vorzueglich. Nach der Dengue-Magerphase in Asien stopfe ich mich voll, als gaeb's kein Morgen mehr.
Als unsere Zeit im Krueger abgelaufen ist, muessen wir fast heulen. Schweren Herzens fahren wir weiter, durch Swasiland in Richtung suedafrikanische Kueste. Wir leiden aber noch lange an der "Krueger-Krankheit", wie wir sie nennen: dauernd haben wir hinter dem Steuer das Gefuehl, es springe gleich ein Impala auf die Strasse. Wir schreien "Giraffe!!" und merken dann: ah, noe, nur ein abgestorbener Baumstrunk. Und in jedem groesserem Stein sehen wir einen Loewen.
Aber ja, gut, wenn schon keine Viecher mehr, dann wenigstens Meer und Party, denken wir.
Ok, Meer hat's, sogar wunderschoenes - aber sowas von arschkalt, dass wir das mit dem Baden grad ganz lassen. Jetzt verstehen wir auch, warum die Straende in Suedafrika immer so leer sind, trotz Sommer.
Und Party? Nun, wir merken ziemlich schnell: spaetestens um 22 Uhr macht hier alles dicht. Auch sind wir immer die einzigen Menschen auf der Strasse, jedenfalls nach Ladenschluss. "Was, ihr wollt ins Restaurant laufen?? Das geht im Fall mindestens fuenf Minuten!!" - wir werden bestaunt wie Ausserirdische.
Gut, in Plettenberg Bay schliesslich finden wir eine Bar mit sehr schlechter Euro-Dance-Musik ("I'm blue, dabelidi dabeldei"), die uns erst um halb 3 rausschmeisst. Wir amuesieren uns praechtig, und zur Strafe wird meiner Freundin das Handy geklaut. Gott, Allah, Jehova, die Natur und das Schicksal raechen sich jetzt wieder, nach so viel Gnade im Nationalpark.
Wir fahren weiter der Kueste entlang, machen aber noch einen Abstecher ins Hochland, in die Karoo. Dort hoffen wir, im Mountain Zebra National Park Cheetahs zu sehen - es bleibt aber bei Straussen und Zebras. Die Aussicht in den Bergen ist allerdings absolut unbezahlbar! Und das Essen wieder...!
Dann will ich mir in Suedafrika noch einen Kindheitstraum erfuellen. Nicht unbedingt Elefanten und Giraffen sind naemlich meine Lieblingstiere, sondern Haie. Grosse. Am besten Weisse. Und ich will sie gerne im Wasser sehen.
Wir fahren in der Naehe von Cape Town also raus auf einem Boot, chic in Ganzkoerper-Wetsuits eingequetscht. Jupp, jetzt bereue ich meine Fressorgien, denn das Outfit kaschiert kein einziges Fettpoelsterchen. Und dummerweise kann man in diese Wetsuits ja auch nicht reinpiseln, weil sie entgegen ihres Namens dicht sind - ein echtes Problem fuer mich, denn kaum beruehrt mein Koerper Wasser, muss ich auch schon dringend. Ein bitterboeses Naturgesetz.
Ja, ich habe mich hier gerade als In-die-Dusche-Pislerin geoutet, na und??
Man macht uns nicht soooo grosse Hoffnungen, denn offenbar liessen sich die Great Whites in den letzten Wochen nicht mehr blicken.
Aber wieder haben die zwei Zueri-Tussis Riesenglueck: zu fuenft kommen sie angeschwommen, 4 Meter lang im Schnitt! Ich huepfe grad entschieden als eine der ersten ins Kaefig neben dem Boot (damit versuche ich auch, ein bisschen Eindruck zu schinden bei meiner Freundin, denn anders als sie habe ich mich vor dem Bungee Sprung von der Bloukrans Bridge gedrueckt). Gut, das Wasser ist leider sehr trueb, man sieht nicht grade viel. Mit meiner Unterwasserkamera erwische ich auch nur einmal die Schwanzflosse und einmal die Kiemen. Vom Boot aus ist die Sicht bedeutend. Die Haie lassen sich auch nicht lumpen, schiessen aus dem Nichts neben uns hervor, ein bisschen wie in JAWS.
Aber der Kaefig muss trotzdem sein, denn so nahe komme ich wohl nie wieder an einen Weissen Hai, und dieser Gedanke macht mich ganz hibbelig. Auch ist es geil, wie der Kaefig schwankt, wenn der Hai direkt vor uns abdreht, nachdem er nach dem Koeder geschnappt hat. Ich fuehl mich ein bisschen mutig, haha.
Allerdings: Mut erfordern eigentlich nicht unbedingt die Riesenviecher im Wasser. Mut erfordert das Wasser an sich. Hatte ich schon erwaehnt, dass die Meere vor Suedafrika arschkalt sind?? Und ich meine ARSCHKALT!! AAARSCH!!! KAAAAALT!!!!!!!
Und hatte ich auch schon erwaehnt, dass ich im Wasser immer sofort piseln muss? Ja? Gut.
Unsere letzte Station ist Cape Town. Wir sind beide sofort verliebt. Was fuer eine Stadt an so einer fantastischen Lage! Das tuerkisblaue Meer einerseits, der herrliche Table Mountain mit der geilsten Aussicht andererseits.
Oh, und Clubs und Bars, die die ganze Nacht offen haben. Und das Essen, das Essen...
Suedafrika hat es echt gut mit uns gemeint. So why do all good things have to end?
Voellig depressiv steigen wir am Ende unseres Trips ins Flugzeug. Ich zusaetzlich mit mindestens 7 Kilo Uebergewicht. Und damit mein ich jetzt nicht das Gepaeck.
Fuer meine Freundin geht's zurueck nach Zuerich. Fuer mich nach Abu Dhabi.