Vor ein paar Tagen erledigte ich meine Einkäufe am Hauptbahnhof und hievte danach meine übervolle Papiertüte auf den Gepäckträger meines Velos. Ich bückte mich kurz, und schon war es passiert: die Tüte machte sich selbständig, plumpste upside down auf den Boden, und alle ihre Innereien verteilten sich auf dem Veloparkplatz vor der ehemaligen Sihlpost.
Logo, war's mir peinlich. Das ist schon was Intimes, wenn die ökologisch und diättechnisch inkorrekten Einkäufe einfach so frei für alle sichtbar werden! Die Kaki Persimon aus Spanien wollten gar nicht mehr aufhören zu rollen und kullerten fast unter ein Auto. Meine Schokobananen, die Ovo-Guetzli und die Toffifee schlidderten geräuschvoll übers Troittoir. Und mein hipper Bio-Seidentofu blieb noch halb in den Speichen meines Velos hängen.
Ich erntete desinteressierte bis spöttische Blicke. Alles eilte an mir vorbei und verlangsamte noch nicht mal den Schritt. Ich kroch hektisch über den dreckigen Asphalt und sammelte meine Schätze wieder zusammen, immer darauf bedacht, nicht zu viel Aufmerksamkeit auf mich zu lenken - was naturgemäss unmöglich ist, wenn man irgendwo auf Knien auf einem Veloparkplatz herumrutscht. Alle glotzten weiter, klar. Ich kann mir ziemlich trottelig und ertappt vor und betete innerlich: "Gott, Allah, Natur, Schicksal, bitte mach, dass das schnell vorbei ist!"
Und nach einer gefühlten Ewigkeit wurde ich schliesslich erhört, denn ich sah plötzlich zwei erlösende Hände, die mir meine Kaki, die Schoggi und das Pack mit den importierten Zucchetti (sorry, waren Aktion!) entgegenstreckten. Mir entfuhr ein Seufzer der Erleichterung und ich sah auf. Ein junger Mann stand vor mir, überreichte mir meine Sachen, nickte kurz mit einem schüchternen Lächeln auf den Lippen und ging dann wieder weiter. Ich konnte gerade noch ein mehr als ehrlich gemeintes "Mässi!" sagen.
Schnell war die (zum Glück noch intakte!) Papiertüte wieder voll, ich klemmte sie dieses Mal etwas vorsichtiger auf den Gepäckträger und fuhr nach Hause, das Herz pochend bis zum Hals, der Geist frohlockend, in der Überzeugung, eben die Bekanntschaft mit einem Engel gemacht zu haben.
Alles wird gut!
Und mit diesem Glauben an eine bessere Welt und das Gute im Menschen starte ich ins 2016.
Happy New Year euch allen!
Oh, und was ich noch sagen wollte: der junge, dunkelhäutige Mann, der mir da geholfen hat, war übrigens ein Ausländer.
Einfach noch so zum Schluss.
Feiert schön!
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