Lebensmittel shoppen in Zürich.
Es ist immer dasselbe Bild.
SIE stehen verdächtig lange vor der Auslage mit dem Frischgemüse. Mit den saisonalen Früchten. SIE, Frauen und Männer in dem Altersrange, indem man sich noch gehörig Mühe gibt, um äusserlich was herzumachen. SIE in skinny Jeans und gertenschlank. ER mit Hipsterbart und Nerd-Brille. Aufmerksam begutachten sie den Bio-Stangensellerie von allen Seiten, der schönste wandert ins Körbli, neben die Granny Smith und den Bund Basilikum. Dazu noch ein paar frische Bio-Tomaten, die passen so gut zum exquisiten italienischen Büffelmozzarella und dem sauteuren Bio-Olivenöl aus der Feinkostabteilung. Weiter zum Kühlregal und dort gezielt nach dem Bio-Nature-Joghurt (der grosse Becher), der Bio-Vollmilch und dem MSC-Seelachsfilet gegriffen. Auch ein Würfel Seidentofu muss mit. Und als Belohnung dann noch die Schoggiguetzli mit der Knospe drauf, aber nur EIN Päckli.
Zürcherinnen und Zürcher ernähren sich offensichtlich gerne gesund, exquisit und nachhaltig. Das sieht man ihnen auch an. Ein Freund von mir hat mal gesagt, es gäbe nirgends so viele (zu) schlanke Frauen wie in Zürich. Er steht auf molligere, er musste deshalb eine Auswärtige heiraten.
Gesundes, frisches, qualitativ hochwertiges Essen ist hip - klar, warum auch nicht? Wir können es uns hier schliesslich auch leisten und die Auswahl ist riesig.
Ja, das ist toll.
Denn SIE kochen offenbar auch gerne. Lieben es, stundenlang Gemüse zu schnippeln. Seidentofu in selbst gemachter Marinade einzulegen. Einen Apfel statt zwei Tafeln Schokolade als Dessert zu nehmen. SIE rühren die Salatsauce immer selber an, mit Bio-Mayo und Bio-Senf.
Ich nicht.
Ich kann nicht kochen und habe keine Geduld. Ich bin kein Feinschmecker, meine Geschmacksknospen spüren leider keinen Unterschied zwischen Bio und Gift. Ich liebe alles, was aus Dosen kommt. Was kein Verfallsdatum hat. Was sich easy mit Wasser in eine geniessbare Mahlzeit verwandelt. Und alles mit ganz viel Zucker und E-Nummern.
Früchte? Wääähh!! Die verfaulen bei mir regelmässig auf dem Küchentisch. Und sie liegen auch nur da, weil mich beim Einkaufen wieder mal kurz das schlechte Gewissen packte.
Du bist, was du isst.
Also, eigentlich bin ich tot.
Ok, nicht ganz, aber sicher ein Alien. Vom Planeten Knorr.
Denn so fühl ich mich im Coop jeweils zwischen IHNEN, diesen gesundheitsbewussten, schönen, hippen Zürcher Superköchen - ich, mit meinem Körbli voll Tiefkühllasagne, Instant-Nudelsuppe, Stocki und vier Tafeln Schokolade (sorry, die mit Marzipan gibt's nicht in Bio).