Ich meine, ja, ich liebe Zürich und lebe unglaublich gerne hier. Ich liebe Kleider und Schuhe, meinen Lippenstift und die Wimperntusche, meine Haarprodukte und Hautcrèmes, wie es sich für eine richtige Züri-Tussi eben auch gehört. Geh ich aus dem Haus, dann mach ich was her. Züri-Style.
Aber diese Stadt kann auch brutal anstrengend sein. Dieses ganze Szene-Hipster-Zukki-Hugo-Letten-Ichmacheimfallkunst-Gehabe. Gar nicht so einfach, da mitzuhalten. Ich bin sicher, ich bin nicht die einzige, die regelmässig in Selbstzweifeln versinkt, so à la "Scheisse, ich gehör nicht recht dazu, denn Hugo find ich gruusig und Kunst kann ich nicht und meine Bikini-Figur ist schon lange her!" Und dann fühlt man sich so voll wie der letzte Assi.
Ein typisch zürcherisches Luxus-Problem. Aber nicht verzagen: dagegen gibt es ein Rezept, dass ich selbst ausprobiert und für gut befunden habe (ja, ok, ich hab's ja schliesslich auch selbst kreiert, aber egal): wenn ich mal keinen Bock habe, mich an irgendwelche Vorgaben anzupassen, wenn mir jegliche Hippie-Kacke wieder mal tierisch auf den Geist geht, dann begebe ich mich einfach an den einzigen szenefreien und ehrlichen Ort in dieser Stadt:
Yeah, Baby!!
Nirgends kann man einfach so sich selbst sein wie zwischen Tiefkühlpizza, Frischgemüse und Wattestäbchen im Kreis 4! Denn dort herrscht neutraler Boden. Man muss sich niemandem anpassen, keine Angst haben, man könnte vielleicht aus der Reihe tanzen und sich in kein unbequemes Korsett zwängen. Der UBS-Banker in Anzug und Krawatte kauft im Coop genau so seine Schinken-Sandwich wie der versiffte Junkie sein Sixpack Budget-Bier, der bärtige Szenie sein Sushi und die Prostituierte in den Hotpants ihren Nastüechli-Vorrat. Friedlich stehen sie alle hintereinander in der Schlange vor der Kasse, keiner guckt den anderen komisch an - man guckt höchstens der Prostituierten mal unauffällig in den viel zu tiefen Ausschnitt.
Nirgends kann man einfach so sich selbst sein wie zwischen Tiefkühlpizza, Frischgemüse und Wattestäbchen im Kreis 4! Denn dort herrscht neutraler Boden. Man muss sich niemandem anpassen, keine Angst haben, man könnte vielleicht aus der Reihe tanzen und sich in kein unbequemes Korsett zwängen. Der UBS-Banker in Anzug und Krawatte kauft im Coop genau so seine Schinken-Sandwich wie der versiffte Junkie sein Sixpack Budget-Bier, der bärtige Szenie sein Sushi und die Prostituierte in den Hotpants ihren Nastüechli-Vorrat. Friedlich stehen sie alle hintereinander in der Schlange vor der Kasse, keiner guckt den anderen komisch an - man guckt höchstens der Prostituierten mal unauffällig in den viel zu tiefen Ausschnitt.
Leben und leben lassen. Gott, das ist so befreiend!!
Wenn also ausgerechnet an meinem freien Gammel-Tag Kühlschrank und WC-Papier-Rolle mal wieder leer sind, ich aber sooooooowas von zu faul bin um auf Züri-Tussi zu machen, dann weiss ich: Easy! Geh einfach in den Coop an der Langstrasse, musst dich dafür nicht mal anziehen, keine Sache!
Und so setz ich mich dann jeweils in meinen zu kurzen Trainerhosen, dem fleckigen Schlabber-Shirt und ohne Unterwäsche direkt vom Bett aufs Velo. Die Haare hängen mir in verfilzten Strähnen ins Gesicht, welches natürlich weder geschminkt noch gewaschen ist. Wenn es draussen regnet: scheissegal! Soll mir das Wasser doch überall runterlaufen, der nasse Velosattel auf meinem Hintern einen dunklen Fleck wie in die Hose gepisst hinterlassen - hey, ich geh in den Coop an der Langstrasse, so what??!!
Und tatsächlich: wenn ich dann so triefend und mit riesigen Augenringen und einer Frisur wie in die Steckdose gefasst und im Trainer und in meinen eleganten High Heels (das erste paar Schuhe, dass ich nach dem Aufstehen finden konnte) so noch im Halb-Koma in den Laden schlurfe, dann dreht sich niemand nach mir um und fragt sich: "Aus welcher Anstalt ist denn DIE ausgebrochen?". Weil er selber wahrscheinlich gerade noch beschissener aussieht. Oder weil es ihn einfach nicht interessiert. Weil der Coop keine Etikette fordert. Und das Beste am Ganzen: ich selber schäme mich auch nicht. Ich überlege mir keine einzige Sekunde, ob ich over- oder underdressed bin und was jetzt wohl die anderen Leute über mich denken und ob meine Trainerhosen mir einen fetten Arsch machen. Ich überlege mir das alles sonst noch oft, aber nicht im Coop an der Langstrasse.
Ja, ich fühle mich dort sogar so frei, dass ich manchmal mein Velo nicht mal abschliesse. So sehr glaube ich vor dem Coop an das Gute, das Ursprüngliche im Menschen. Jupp, ich weiss: selber schuld! Es kam deshalb auch schon mal vor, dass mein Velo verschwunden war, als ich mit meiner vollbepackten Papiertasche aus dem Laden kam. Bis jetzt fand ich es aber noch immer wieder. Meist nur ein paar Meter entfernt und im Besitz irgendeines/r Randständigen, der/die mir dann mit Schlafzimmerblick und Alkoholzunge klar machte, dass sei ganz klar sein/ihr Velo, das habe er/sie schliesslich gefunden. Bis jetzt ist es mir zum Glück aber noch immer gelungen, der betreffenden Person beizubringen, dass dem ganz klar nicht nicht so sei. Meinen Einkauf zu Fuss nach Hause tragen musste ich somit noch nie.
Der Coop an der Langstrasse - ich liebe ihn! Wahrscheinlich könnte ich dort auch völlig nackt an die Kasse treten, und der Verkäufer würde mich nur wie sonst auch immer freundlich aber bestimmt darauf hinweisen, dass ich das Körbli doch bitte nicht direkt neben seinen Scanner stellen, sondern lieber auf dem schmalen Simsli davor balancieren soll.
Herrlich!!
So sein wie man ist, einfach mal ein bisschen Assi, frei von allen Zwängen, das kann man in Zürich wohl wirklich nur in diesem Laden ungestraft. Ich jedenfalls komme jedes Mal besser gelaunt heraus als ich reingegangen bin. Denn bei jedem Einkauf wird mir wieder klar: Hey, du bist hier nicht der einzige Freak! Und vor allem nicht der schlimmste!
Bye bye, Selbsthass! Fuck you, Hippie-Kacke! In your face, Züri-Style!!
Kein anderer Ort in dieser Stadt schafft das bei mir sonst.
Ok, vielleicht noch der Denner an der Langstrasse.