Samstag, 4. Februar 2017

65 Der Neun-Minuten-Terror

Seid ihr auch Snoozer?
Ihr wisst schon, snoozing, diese Wiederholungsfunktion am Wecker - komisches Wort, klingt für mich eigentlich mehr nach Drogenmissbrauch, sich etwas in die Nase ziehen oder so, und nicht nach Aufwachen.
Aber wie auch immer: Ich jedenfalls bin Rekordsnoozer. Da kann mir aber keiner was: Jeden morgen snooze ich etwa zehn Mal!

Ich plane das auch ganz bewusst so ein, also, ich stelle den Wecker extra viiiieeeel zu früh, so rund eine Stunde vor der errechnet besten Aufstehzeit, die aber auch schon wahnsinnig grosszügig bemessen ist - würde ich sie einhalten, könnte ich wohl noch den ganzen Haushalt schmeissen, mich 14 Mal umziehen und in drei Pilatesstunden, bevor ich effektiv zur Arbeit aufbrechen müsste. 
Ratet mal, wie oft das vorkommt.
Genau: Gar nie.

Ich stelle den Wecker also wirklich nur so verdammt früh, weil ich weiss, dass ich noch zehn Mal snoozen werde, bis ich es aus dem Bett schaffe. Und darin bin ich echt diszipliniert, das muss ich schon sagen, das ziehe ich aber auch wirklich jeden Morgen knallhart durch, du!
Das sieht dann in etwa so aus:

Wecker klingelt das erste Mal (also, er klingelt nicht, er spielt einen Song aus meiner Playlist, der Wecker ist mein Iphone und der Song momentan "Royals" von Lorde, so richtig bedeutungsschwanger, man fühlt sich da grad sofort sehr wichtig, wenn man aufwacht).
Ich nehme das Handy, tippe glücklich auf den Snooze-Button und leg mich selig wieder schlafen, 
denn ich weiss ja, ich hab noch alle Zeit der Welt.

Neun Minuten später. Wecker klingelt das zweite Mal.
Das selbe Spiel wie vorhin.

Neun Minuten später. Wecker klingelt das dritte Mal.
Nochmals.

Neun Minuten später. Wecker klingelt das vierte Mal.
Und nochmals.
Ich überfliege noch kurz die Pushmitteilungen mit den jüngsten Trump-News, die mein Handy schon etwa 23 Mal haben aufschreien lassen. Macht mich aber auch nicht wacher. 

Neun Minuten später. Wecker klingelt das fünfte Mal.
Ich rechne schnell nach, wieviel Zeit mir noch bleibt, ansonsten gleiches Vorgehen wie vorhin.

Neun Minuten später. Wecker klingelt das sechste Mal.
Ich beschliesse, die Spülmaschine doch nicht am Morgen auszuräumen, wie ich mir eigentlich vorgenommen hatte und penne weiter.

Neun Minuten später. Wecker klingelt das siebte Mal.
Haare muss ich mir auch nicht waschen jetzt, kann ich doch am Abend. Zopf machen heute, das geht schon. Snooze-Button und gute Nacht.

Neun Minuten später. Wecker klingelt das achte Mal.
Jaaaaa, ich such mir heut einfach keine frischen Kleider raus, die von gestern liegen noch irgendwo, die tun's schon noch einmal.

Neun Minuten später. Wecker klingelt das neunte Mal.
Schminken kann ich mich auch im Zug.

Neun Minuten später. Wecker klingelt das zehnte Mal.
Kriegt man sofort Löcher, wenn man sich mal nicht die Zähne putzt am Morgen?


Neun Minuten später. Wecker klingelt das elfte Mal.
Scheisse, Snoozekontingent aufgebraucht. Ok, andere psychologische Massnahme: Wecker neu stellen, 15 Minuten hab ich noch, dann wird aufgestanden!

15 Minuten später. Wecker klingelt das zwölfte Mal.
Ok, draussen schneit und stürmt es, die Strassen sind vereist - ich geh trotzdem mit dem Velo an den Bahnhof, nicht mit dem Bus - geht schneller!
Snooze-Button.

Neun Minuten später. Wecker klingelt das dreizehnte Mal.
Jaaaaa, ist ja gut!!! Noch EIN EINZIGES MAL darf ich, dann steh ich auf! Versprochen! ICH SCHAFF DAS!!

Neun Minuten später. Wecker klingelt das vierzehnte Mal.
Ach, an diese Sitzung muss ich doch eigentlich gar nicht. Kann auch ne halbe Stunde später ins Büro kommen.

Neun Minuten später. Wecker klingelt das fünfzehnte Mal.
Braucht es mich heute überhaupt auf der Arbeit?

Neun Minuten später. Wecker klingelt das sechzehnte Mal.
Ja, tut es!

Jetzt schäl ich mich endlich aus dem Bett, und der Stress beginnt: fertig machen, Zähne putzen (ohne geht doch nicht), schminken (doch zu eitel um "nackt" an den HB zu fahren), doch neue Kleider anziehen (was denken denn sonst die Arbeitsgspändli??), merken, dass man das Velo ja gestern am Bahnhof gelassen hatte, also doch den Bus nehmen, am HB sich die Lunge aus dem Leib rennen, natürlich auf nüchternem Magen, in letzter Sekunde in den Zug hechten - und völlig kaputt und verschwitzt in einen Sessel sinken und weiterdösen, snoozen.

Ja, so sieht mein Morgen aus. Der Neun-Minuten-Terror.
Und ihr so?

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