Dienstag, 1. Dezember 2015

36 Der Rest ist Schweigen

Wer nicht Nettes zu sagen wisse, der solle lieber schweigen.

So sagt man doch, oder? Nun, ich hätte eigentlich ganz viel Nettes zu sagen. Ok, auch sehr viel Unnettes, ja.
Aber Gott, das Universum, die Natur, das Schicksal, das grosse Unbekannte, das viel mächtiger ist als wir alle oder wie wir es denn nun auch nennen wollen, lässt mich zur Zeit nicht. Es hat mir die ersten Viren dieses noch jungen Winters geschickt, und erst noch so richtig arschlochige. 

Jedenfalls bin ich seit drei Tagen stumm.
Nein, nicht ein bisschen heiser oder so. Das ist für Pussys. Ich meine stumm. So richtig STUMM. Aus die Maus.

Ich seh ja nicht in mich hinein, aber es fühlt sich so an, als seien meine Stimmbänder auf Schlauchboot-Grösse angeschwollen. Das würde auch erklären, warum meine Zunge nicht mehr so  richtig Platz hat in meinem Mund. Und jemand hat das Schlauchboot angezündet. Das würde denn auch den Schmerz erklären. 
Das ist schon fies, wenn man so ungewollt schweigen muss. Ich kann zur Zeit nicht mal mehr das Telefon abnehmen, denn der Anrufer würde sich in einem dieser Horrorfilme wähnen,  wo es im Hörer nur so unheimlich gurgelt und rhythmisch knackt. Also, sorry, liebe Bank, du musst bestimmt noch fünf weitere Male anrufen, um mir diesen Kredit schmackhaft zu machen. Und du, unbekannte Nummer aus Eritrea - nein, du nicht.

Besuch? Was soll ich mit dem? Gebärdensprache üben? Ich kann mich zur Zeit echt niemandem zumuten. Nicht nur, weil ich nicht reden kann, sondern auch, weil ich drei Tage nicht geduscht habe. Keine Stimme, keinen Bock. 

Arbeiten? Bisschen schwierig ohne Stimme, wenn man einen Kommunikationsberuf hat. Ein Fussballer kann auch nicht mit gebrochenen Beinen aufs Feld.
Ich konnte mich übrigens nicht mal telefonisch abmelden. Eben, wegen Horrorfilm und so. Aber ich  fügte dem Whatsapp an meinen Chef noch eine Voicemail bei. 
Seit da leidet er an Schlafstörungen. 

Beim Arzt anmelden? HAHA! Ich musste grad direkt vorbei und der Sprechhilfe pantomimisch mein Problem klar machen, so mit der Handkante über die Gurgel streichen, als würde ich mich köpfen wollen und mit dem Finger zuerst auf die Lippen zeigen und ihn dann so lehrerhaft verneinend schütteln, dazu kräftig die Stirn runzeln und weinerlich kucken - ehrlich, das nächste Mal nehm ich noch die weissen Handschuhe mit und mal mir das Gesicht an. 
Tja, der Arzt selber brauchte dann praktisch keine Zeichensprache mehr, er checkte mein Wehwehchen schon bei der Begrüssung, wohl weil sein freundliches "Grüezi!" nicht erwidert wurde. Aber er hatte dann leider auch nicht die Wunderspritze, auf die ich gehofft hatte.

Und so muss ich weiterhin die Fresse halten, inhalieren und auf ein Wunder hoffen. Der Rest ist Schweigen. 
Oder tippen, HAHA!






Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen