Dienstag, 13. Januar 2015

18 #jenesuispascharlie

Ich stelle mir das ja in etwa so vor: die islamistischen Arschloch-Terroristen an ihrer allwöchentlichen Sitzung. Der Fernseher läuft und zeigt, wie die Stars mit "Je suis Charlie"-Schildern über den roten Teppich stolzieren. Auf dem Tisch steht ein Laptop und dort flimmern die Twittermeldungen mit allen Solidaritätskundgebungen für die Opfer von Paris über den Bildschirm, Hashtag Je suis Charlie. Und rundherum verteilt liegen aufgeschlagene Zeitungen, die Bilder zeigen vom grossen Schweigemarsch in der französischen Hauptstadt, mit all den betroffen dreinblickenden Staatsoberhäuptern in der ersten  Reihe. Und dann die Terroristen so: "Ui nein, die halten jetzt alle  voll zusammen, kuck, die haben alle "Je suis Charlie" angeschrieben - jetzt sind wir am Arsch! Hören wir lieber auf!!"

I don't think so.

Nun, natürlich bin auch ich auf der Seite der Opfer von Charlie Hebdo und den anderen Attentaten in Paris. Und ja, auch ich bin der Meinung, Satire darf alles, ja, MUSS sogar bissig und fies sein. Nein, ich lasse mir den Mund auch nicht verbieten. Und Terror ist wohl die feigste und dümmste Art, seinem Unmut Luft zu machen.
Trotzdem beschleicht mich das untrügbare Gefühl, die Terroristen haben doch nur darauf gewartet, dass wir mit "Je suis Charlie"-Schildern durch die Strassen ziehen und den Schriftzug in unser Facebook-Profil setzen. So sind sie mit ihren Taten auf der ganzen Welt präsent und freuen sich wahrscheinlich auch noch darüber, wie wir ihre Opfer beweinen. Und darüber, wie scheinheilig wir  doch sind. Ich meine, ich finde es ja schon erstaunlich, wer alles plötzlich "Je suis Charlie" in seinen Online-Profilen stehen hat. Leute, die weder mit Satire, Medien noch Politik irgendetwas am Hut hatten zuvor, und die es einfach supercool finden, auf diesen Charlie-Zug aufzuspringen - genauso cool, wie die Ice Bucket Challenge damals oder Foodporn. Es ist immer das selbe: man macht es einfach, weil es alle machen. Die eigentliche Bedeutung der Sache geht dabei total unter.
Oder man macht es, weil man seinen Ruf aufpolieren und sich Aufmerksamkeit verschaffen will. Oder glaubt ihr tatsächlich, Netanjahu und Erdogan seien in Paris an vorderster Front mitmarschiert, weil ihnen die Karikaturisten so leid tun? In ihren Ländern wären solche Menschen schon längst im Kerker und ihre Zeitungen verboten.

Ja, DAS nenn ich Satire! REAL-Satire!
Wer auf "Je suis Charlie" verzichtet, muss sich aber schon fast rechtfertigen. "Ui, häsch du öppe kei Ahnig vo Meinigsfreiheit und so? Findsch du die Islamischte am End no guet??" - ja, logo. Weil ich nicht teilnehme an den Solidaritätskundgebungen oute ich mich grad selber als Terroristin. Sorry, dann distanziere ich mich aber lieber gleich mal hochoffiziell von diesen Arschloch-Terroristen, damit es auch ja kein Missverständnis gibt! Ich distanziere mich zusammen mit der gesamten arabischen Welt. Schliesslich muss die jetzt gefälligst beweisen, dass es in ihr nicht nur fanatische Islamisten gibt, sondern auch noch so ein paar ganz wenige anständige, moderate Muslime mit Hirn und Humor. 
Mussten wir uns in der westlichen Welt eigentlich auch kollektiv entschuldigen, als Islamhasser Breivik in Norwegen mal eben so 70 Jugendliche erschoss?

Die Attentate in Paris haben mich schockiert. Und mir Angst gemacht. Auf was müssen wir uns in Zukunft noch alles gefasst machen? Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen, auch ganz ohne "Je suis Charlie"-Schriftzug. 
Aber ich weiss nicht, über was ich mehr weinen soll: über die Toten? Die Unverfrorenheit der Täter? Das heuchlerische Getue der Politiker? Oder die Facebook- und Twitterprofile meiner Friends und Followers?

Ich habe kein Patentrezept gegen Extremismus und Terror. Aber manchmal denke ich, es ist besser, einfach mal die Klappe zu halten, wenn irgendwo Bomben hochgehen. Ansonsten gibt man den Tätern nur noch mehr Futter, und allen anderen mit Profilierungsneurosen grad auch. 
Die Toten beerdigen, die Täter bestrafen (falls noch möglich) - und dann einfach weiterfahren, wie bisher: Karikaturen zeichnen, Satire schaffen, sich lustig machen über Muslime, Christen, Juden, Buddhisten. Und ohne das vorher gross an die Glocke zu hängen, damit auch ja jeder sieht, was für ein vermeintlich toller, mutiger Typ man doch ist. 






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