Donnerstag, 31. Dezember 2015

38 Alles wird gut!

Vor ein paar Tagen erledigte ich meine Einkäufe am Hauptbahnhof und hievte danach meine übervolle Papiertüte auf den Gepäckträger meines Velos. Ich bückte mich kurz, und schon war es passiert: die Tüte machte sich selbständig, plumpste upside down auf den Boden, und alle ihre Innereien verteilten sich auf dem Veloparkplatz vor der ehemaligen Sihlpost. 

Logo, war's mir peinlich. Das ist schon was Intimes, wenn die ökologisch und diättechnisch inkorrekten Einkäufe einfach so frei für alle sichtbar werden! Die Kaki Persimon aus Spanien wollten gar nicht mehr aufhören zu rollen und kullerten fast unter ein Auto. Meine Schokobananen, die Ovo-Guetzli und die Toffifee schlidderten geräuschvoll übers Troittoir. Und mein hipper Bio-Seidentofu blieb noch halb in den Speichen meines Velos hängen. 
Ich erntete desinteressierte bis spöttische Blicke. Alles eilte an mir vorbei und verlangsamte noch nicht mal den Schritt. Ich kroch hektisch über den dreckigen Asphalt und sammelte meine Schätze wieder zusammen, immer darauf bedacht, nicht zu viel Aufmerksamkeit auf mich zu lenken - was naturgemäss unmöglich ist, wenn man irgendwo auf Knien auf einem Veloparkplatz herumrutscht. Alle glotzten weiter, klar. Ich kann mir ziemlich trottelig und ertappt vor und betete innerlich: "Gott, Allah, Natur, Schicksal, bitte mach, dass das schnell vorbei ist!"


Und nach einer gefühlten Ewigkeit wurde ich schliesslich erhört, denn ich sah plötzlich zwei erlösende Hände, die mir meine Kaki, die Schoggi und das Pack mit den importierten Zucchetti (sorry, waren Aktion!) entgegenstreckten. Mir entfuhr ein Seufzer der Erleichterung und ich sah auf. Ein junger Mann stand vor mir, überreichte mir meine Sachen, nickte kurz mit einem schüchternen Lächeln auf den Lippen und ging dann wieder weiter. Ich konnte gerade noch ein mehr als ehrlich gemeintes "Mässi!" sagen. 
Schnell war die (zum Glück noch intakte!) Papiertüte wieder voll, ich klemmte sie dieses Mal etwas vorsichtiger auf den Gepäckträger und fuhr nach Hause, das Herz pochend bis zum Hals, der Geist frohlockend, in der Überzeugung, eben die Bekanntschaft mit einem Engel gemacht zu haben. 
Alles wird gut!

Und mit diesem Glauben an eine bessere Welt und das Gute im Menschen starte ich ins 2016. 
Happy New Year euch allen!


Oh, und was ich noch sagen wollte: der junge, dunkelhäutige Mann, der mir da geholfen hat, war übrigens ein Ausländer. 
Einfach noch so zum Schluss. 
Feiert schön!

Dienstag, 15. Dezember 2015

37 Advent, Advent

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt.

Nein, Tausende sind's. 
Ganz Zürich glitzert und glänzt. Überall Lämpchen und Kerzen, leuchtende Sterne, goldene Lametta, auf Hochglanz polierte Christbaumkugeln, man muss die Augen etwas zukneifen, so sehr blendet es.
Häuser, Strassen, Bäume, sie alle tragen ein festlich buntes Gewand. Am Balkon des Nachbarn blinkt alljährlich der Plastik-Samichlaus mit dem Plastik-Rentier um die Wette. Die Schaufenster in den Geschäften strahlen noch heller als sonst und preisen unermüdlich ihre kostbaren Schätze. Wie goldener Honig locken sie die Fliegen an, und nicht wenige bleiben kleben.

Dazu der heimelige Klang von Glöckchen, die zu Dutzenden zusammen im Takt schwingen. Und engelsgleiche Kinderstimmen, die göttliche Weisen singen. (Hey, das reimt sich sogar!) Wham sind wieder da.
Der Duft von Glühwein und Zimt zieht durch alle Gassen und macht noch mehr Lust auf die üppigen süssen Verlockungen, die an jeder Ecke warten, um die Zungen zu verführen, Spitzbuben, Lebkuchen, Grittibänzen. 

Die Menschen, wohlig eingemummelt in wärmende Stoffe, eilen voll Vorfreude ihres Weges. Das selige Lächeln versteckt unter den dicken Schals in den Gesichtern, freuen sie sich auf das bevorstehende Fest, der Gedanke an die geschmückte Tanne, die Geschenke und das üppige Mahl im Kreise der Familie erfüllt ihre Herzen mit Liebe. 

Und über allem liegt wie ein majestätischer, schwerer Schleier diese eisige Kälte, die die Wangen in rosige Knospen und den Atem in kleine Wölkchen verwandelt. Die Luft ist klar und fest, man kann sie fast mit Händen greifen, wären diese nicht auch gefroren. 
Es riecht nach Schnee.

Und ich so: "Gimme a break! Wänn isch ändli wieder Summer??" 



Dienstag, 1. Dezember 2015

36 Der Rest ist Schweigen

Wer nicht Nettes zu sagen wisse, der solle lieber schweigen.

So sagt man doch, oder? Nun, ich hätte eigentlich ganz viel Nettes zu sagen. Ok, auch sehr viel Unnettes, ja.
Aber Gott, das Universum, die Natur, das Schicksal, das grosse Unbekannte, das viel mächtiger ist als wir alle oder wie wir es denn nun auch nennen wollen, lässt mich zur Zeit nicht. Es hat mir die ersten Viren dieses noch jungen Winters geschickt, und erst noch so richtig arschlochige. 

Jedenfalls bin ich seit drei Tagen stumm.
Nein, nicht ein bisschen heiser oder so. Das ist für Pussys. Ich meine stumm. So richtig STUMM. Aus die Maus.

Ich seh ja nicht in mich hinein, aber es fühlt sich so an, als seien meine Stimmbänder auf Schlauchboot-Grösse angeschwollen. Das würde auch erklären, warum meine Zunge nicht mehr so  richtig Platz hat in meinem Mund. Und jemand hat das Schlauchboot angezündet. Das würde denn auch den Schmerz erklären. 
Das ist schon fies, wenn man so ungewollt schweigen muss. Ich kann zur Zeit nicht mal mehr das Telefon abnehmen, denn der Anrufer würde sich in einem dieser Horrorfilme wähnen,  wo es im Hörer nur so unheimlich gurgelt und rhythmisch knackt. Also, sorry, liebe Bank, du musst bestimmt noch fünf weitere Male anrufen, um mir diesen Kredit schmackhaft zu machen. Und du, unbekannte Nummer aus Eritrea - nein, du nicht.

Besuch? Was soll ich mit dem? Gebärdensprache üben? Ich kann mich zur Zeit echt niemandem zumuten. Nicht nur, weil ich nicht reden kann, sondern auch, weil ich drei Tage nicht geduscht habe. Keine Stimme, keinen Bock. 

Arbeiten? Bisschen schwierig ohne Stimme, wenn man einen Kommunikationsberuf hat. Ein Fussballer kann auch nicht mit gebrochenen Beinen aufs Feld.
Ich konnte mich übrigens nicht mal telefonisch abmelden. Eben, wegen Horrorfilm und so. Aber ich  fügte dem Whatsapp an meinen Chef noch eine Voicemail bei. 
Seit da leidet er an Schlafstörungen. 

Beim Arzt anmelden? HAHA! Ich musste grad direkt vorbei und der Sprechhilfe pantomimisch mein Problem klar machen, so mit der Handkante über die Gurgel streichen, als würde ich mich köpfen wollen und mit dem Finger zuerst auf die Lippen zeigen und ihn dann so lehrerhaft verneinend schütteln, dazu kräftig die Stirn runzeln und weinerlich kucken - ehrlich, das nächste Mal nehm ich noch die weissen Handschuhe mit und mal mir das Gesicht an. 
Tja, der Arzt selber brauchte dann praktisch keine Zeichensprache mehr, er checkte mein Wehwehchen schon bei der Begrüssung, wohl weil sein freundliches "Grüezi!" nicht erwidert wurde. Aber er hatte dann leider auch nicht die Wunderspritze, auf die ich gehofft hatte.

Und so muss ich weiterhin die Fresse halten, inhalieren und auf ein Wunder hoffen. Der Rest ist Schweigen. 
Oder tippen, HAHA!






Freitag, 13. November 2015

35 Fett-Stress

Ich bin fett geworden.
Seriously.

Und kommt mir jetzt nicht mit: "Neeeein, neeeeiin, du siehst toll aus, willst du denn ein Hungerhaken sein?" (Ja, will ich!) oder: "Du bist ja gross, da verteilt sich doch alles schön..." (Ja, genau, vom Bauchnabel abwärts!)

Fett ist fett, da gibt's nichts dran zu rütteln!

Nein, echt, ich krieg nicht mal mehr alle meine Hosen zu. Und falls doch, seh ich aus wie ein Cupcake - Ranzen und Hüften quellen über den Bund. Lächerlich. Und unbequem. 
Ich weiss nicht, ob ich's mir einbilde, aber ich habe das Gefühl, sogar meine Unterhosen kneifen. Und meinen Lieblings-Mini kann ich auch grad im Schrank lassen, ausser ich tu so, als seien besonders breite Gürtel grad totaaaaal trendy.
Und der Blick in den Spiegel ist zur Zeit eine reine Qual! Ui, da bin ich total die Tussi, verrenke mich in alle Himmelsrichtungen (habt ihr THE EXORCIST gesehen? So ähnlich...) und betrachte jeden Winkel meines Körpers ganz genau. Dabei kommt es mir so vor, als sähe ich einem Hefekuchen im Ofen beim Aufgehen zu. Ich schwöre, aber da im Spiegel taucht jeden Tag eine neue Speckrolle auf! Ehrlich wahr!

Das nervt!
Aber ich bin selber schuld. Mein Problem ist das gute Leben: die ständige Reiserei mit den immer wieder neuen kulinarischen Verführungen. Essen gehen mit Freunden, am liebsten Pizza so gross wie ein Wagenrad oder einen Berg fettige Nudeln beim Asiaten. Danach noch eine Familienpackung Gummibärli im Kino. Das riesige Zmittags-Baguette beim Pendeln, natürlich mit Mayo und fettem Camembert (Salat essen im Zug? Viel zu umständlich!). Am Feierabend hilft dann eine Tafel Schokolade beim Entspannen. Und dazu hab ich sicher jeden zweiten Tag irgendeinen Grund, um mit irgendwem anzustossen  (dabei mag ich Alkohol nicht mal so, aber Cola Zero ist halt nicht so feierlich...).
Und jetzt noch das Schlimmste an allem: meine Faulheit. Für die hätte ich echt eine Goldmedaille verdient. Ein Bundesverdienstkreuz. Den Swiss Music Award. "And the Oscar for not doing anything goes to - FRAU BITTERBÖS!!"
Warum auch Sport treiben, wenn man schön im Bett liegen kann? Warum gesund kochen, wenn man auch einfach eine Packung Guetzli aufreissen kann?

Naja, jetzt hab ich mich auf Diät gesetzt - in ein paar Wochen passt mir der scheiss Mini wieder, BASTA!! Heisst also jetzt, nur noch eine statt zwei Tafeln Schokolade täglich. Das kleine, statt das grosse Käsesandwich. Cüpli statt Caipirinha.
Ein Fitnessabo hab ich mir auch geholt - MUUAAAHAHAHAHAAAAAA, ich lach mich tot!!! Das Geld hätte ich genau so gut in VW-Aktien anlegen können!

Naja, wenigstens hab ich die Gewissheit, dass mich mein Fett nicht umbringen wird. Gemäss medizinischer Definition bin ich nämlich der harmlose Typ BIRNE und nicht der böse APFEL. Heisst, ich werd wohl nicht von einem Herzinfarkt dahingerafft.

Jedenfalls nicht ausgelöst durch mein Fett. Vielleicht aber durch den Stress mit meinem Lieblings-Mini.

Freitag, 30. Oktober 2015

34 Es bimmelt, also bin ich

So. Erstmal möchte ich ganz herzlich Danke sagen, all jenen, die mir auf meinen letzten Post unzweideutige Messages, Mails und whatsapps geschrieben haben mit unzweideutigen Einladungen. Danke, wirklich. 
Damit hätte die Welt jetzt wohl ein grosses Problem weniger. Gott sei Dank.

(Nope!)

Aber damit wären wir auch gleich beim nächsten Thema: Kommunikation. Per Smartphone. 
Es ist ja tatsächlich so, dass sich unser Leben eigentlich über diese kleinen Computer definiert. 
Wenn es bimmelt, sind wir glücklich. Wenn nicht, dann nicht.
Weil: Viel Gebimmel = juppiiieee, ich bin beliebt. Wenig Gebimmel = ich könnt auch in drei Teilen unter dem Tram liegen und keiner würde mich bemerken.

Unser Selbstwertgefühl richtet sich nach der Anzahl SMS und whatsapps, die wir täglich kriegen. Also, jedenfalls kommt mir das so vor, wenn ich mich so umschaue: alle sind ja pausenlos über ihr iphone oder Samsung gebeugt, das MUSS ja wichtig sein, was da drin so geschieht.

Ok, ich nehme mich da auch nicht aus. Es bimmelt, also bin ich. 

Rede ich eigentlich so viel, wie ich am Tag Messages verschicke? Muss ich mal überprüfen, keine Ahnung.
Aber es ist halt auch viel einfacher, jemandem mal schnell eine Nachricht zu tippen, anstatt face to face mit ihm zu sprechen. Denn das kann echt anstrengend sein. Schliesslich muss man zuerst einen gemeinsamen Termin finden und so, und vielleicht hat man auch Schiss, jemandem etwas direkt ins Gesicht zu sagen, weil die Reaktion unangenehm sein könnte.
Wenn man stattdessen einfach ein whatsapp schickt, dann kann man das Handy auch ganz schnell wieder versorgen und sich die Antwort des Gesprächspartners erst dann zu Gemüte führen, wenn man wirklich Bock darauf hat. Und dann lauthals fluchen oder sich ganz heimlich freuen oder sich sonst so seine Sachen denken, ohne dass es der andere merkt. 
Easy peasy.

Allerdings ist es auch ein bisschen doof, wenn man keine direkte Reaktion und keine Mimik seines Gegenübers hat und so. Denn das führt leider leicht und oft zu Missverständnissen.

Vor allem wir Frauen haben das erkannt.
Oh Gott, wie oft bin ich schon mit Freundinnen zusammengesessen und hab Messages auf dem Smartphone-Bildschirmanalysiert? Wenn die Messages dann auch noch vom anderen Geschlecht kommen - Jessas, DOPPELT so schwierig!!!! 
Es gibt hier folgende Dinge, die dringend zu beachten sind:

Satzlänge: wichtig. Je länger, je besser. Wenn sich der Typ kurz fasst, dann ist sein Interesse klein - denn einer, der Interesse hat, nimmt sich auch Zeit, anständig lange Sätze zu schreiben, oder? Ganz klar!

Interpunktion: sehr wichtig. Stellt er auch mal Fragen mit Fragezeichen? Dann erwartet er ja sicher eine Antwort, ergo will er mit dir in Kontakt bleiben und interessiert sich für deine persönliche Meinung. Gar keine Satzzeichen? Abschiessen. 

Ordokraffie: knüpft grad an der fehlenden Interpunktion an. Wer eine normale Schulbildung genossen und trotzdem in jedem Wort drei Schreibfehler hat, der ist entweder Legastheniker, was ok wäre - oder aber er hat ein Gehirn so gross wie eine Blattlaus. Letzteres ist wahrscheinlicher, drum: abschiessen!

Emoticons: ui, ganz, GANZ wichtig!! Er fügt in seinen Messages keinen einzigen Smilie ein?? Kein Herzli? Nicht mal das herzige, lachende Gespenst oder den grinsenden Kackhaufen? Was für ein gefühlsloser Rüpel!! ABSCHIESSEN!!!!

Schreibfrequenz: DAS. IST. DAS. WICHTIGSTE. ÜBERHAUPT! Wie oft schreibt er? Jeden Tag 17 Mal? Antwortet er dir immer in unter 4 Minuten 30? Ja? Dann will er dich heiraten. Wenn nicht: AB. SCHIE. SSEN!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Scheisse, ich bin sicher, der erste whatsapp-Verkehr hat schon viele Beziehungen bereits im Keim erstickt (und wenn nicht, hat später dann der erste SEXUELLE Verkehr den Rest getan, haha!! Kleine Bemerkung am Rande...). Viele Männer wurden bereits vor dem ersten physischen Treffen virtuell zu Arschlöcher abgestempelt, dabei  fehlt ihnen vielleicht einfach nur das Talent  eines Schillers oder Shakespeares.

Hocken Männer eigentlich auch so in Rudeln über ihren Smartphones und nehmen die Messages ihrer Frauen auseinander? "Huch, jetzt hat sie sich ganze 10 Minuten Zeit gelassen, um mir zu antworten, und dann auch nur den Ok-Daumen geschickt - ohne Smilie! Sie hat also einen anderen, heeeeuuull...!" - I doubt it... 
Woher das wohl kommt? Sind Frauen einfach literarisch interessierter als Männer? Oder können Männer - 

Oh, sorry, ich muss jetzt aufhören, mein Handy bimmelt. Jemand denkt an mich. 





Montag, 12. Oktober 2015

33 Rollig

Manchmal hätte ich einfach gerne Sex. Nur das, nichts weiter.

Jupp, ich bin sicher, nach diesem einen Satz haben jetzt grad 10'000 mehr als sonst diesen Blog hier angeklickt - IHR GRÜSEL! Typisch!
Aber menschlich. Und ja, ist so: auch ICH bin nur ein Mensch, kaum zu glauben. Auch ich habe so meine primitiven Bedürfnisse.

Jaja, ich weiss, Sex zu haben in der Stadt Zürich ist nun wirklich nicht schwierig, auch ohne feste Beziehung (wahrscheinlich ist es dann sogar noch einfacher). Tinder, Facebook, Sportvereine, Vernissagen, die eigene Kontaktliste im iphone oder eine Bar nachts um 3 - man wird auf jeden Fall fündig, wenn man ein paarungswilliges Männchen oder Weibchen sucht. Und meistens muss man nicht einmal suchen, denn irgendwie hat man in seinem Umfeld ja doch immer irgend so ein Gschleick, dem man nur kurz einen Funk geben muss.

Ist bei mir auch nicht anders.
Ausser genau jetzt.

Und ich bin rollig. (Grossartiger Ausdruck, übrigens!)

Aber alle möglichen Geschlechtspartner sind irgendwie grad so saumässig beschäftigt, keiner hat Zeit und Musse. Sagen sie jedenfalls. Vielleicht servieren sie mich aber auch einfach gerade ab, wer weiss.
Und die bereits Abservierten kann ich auch nicht mehr aktivieren. Aus unterschiedlichen Gründen. Aber meistens ist es meine Würde. "Sorry, wir haben 234230 Monate nichts mehr voneinander gehört, weil du einfach ein riesiges Arschloch bist, aber jetzt bin ich gerade notgeil und dachte, vielleicht bis du ja in der Nähe..." - ¨ääähm, nope. Sex ja, aber ich will mich nachher noch im Spiegel anschauen können, ohne dass mir gleich das Kotzen kommt.
Mit dem Sex haben ist es ein bisschen wie mit dem Schuhe kaufen: wenn man grad ganz dringend ein Paar braucht, dann findet man natürlich keine passenden. Und Schuhe kaufen kann auch so verdammt anstrengend sein: man sucht und sucht die Regale im Laden ab, probiert Paar um Paar, und dasjenige, das einem am besten gefällt, hat's grad nicht in der passenden Grösse... Gut, ich könnte auch einfach rein in den Laden, das erste Paar Schuhe packen, egal, ob eine Nummer zu klein, geht ja schon irgendwie, zieh sie ja eh nicht so oft an, zahlen, raus. Aber dann nerv ich mich ja doch nur wieder, weil sie drücken oder zu teuer waren oder null zum neuen Kleid passen!

Nein, echt, man muss wirklich gerade in der perfekten Stimmung sein, um sich diesen furchtbar mühsamen Gang von Vögele zu Pasito zu Ochsner antun zu können, ohne dass man nicht ernsthaften psychischen Schaden davon trägt. Und Amok läuft.

Und zur Zeit habe ich halt einfach keinen Bock auf Schuhkauf. Auf Schuhe schon, aber nicht das Ganze drum herum. Tinder, Bars und Co. können mir grad gestohlen bleiben. Wenn ich noch EINE Velo-Uniform sehen, ein "Hey, wie gestaltest du dein Leben?" lesen, einen biergeschwängerten Atem in meinem Gesicht spüren oder die berühmte Katze im Sack zu Hause wieder enttäuscht in den Sack zurückpacken muss, falle ich in Ohnmacht! Und zwar aus Langeweile.

Übrigens auch, wenn ich's mir selber machen muss - also behaltet eure gut gemeinten Ratschläge grad mal schön für euch selber, falls ihr auch mal rollig (einfach zuuuuu geil, dieses Wort, echt! :-)) seid.
Booooring.

Ja, manchmal MAG man halt einfach nicht. Auch wenn's um die grundlegendsten, menschlichen Bedürfnisse geht. Kennt ihr das? Das ist, wie wenn man saumässig Hunger hat, aber zu faul zum Einkaufen ist und stattdessen zu Hause an der abgelaufenen Packung mit trockenen Guetzli knabbert. Schmeckt scheisse und nachher hat man noch mehr Hunger.

Jupp, so sieht's aus.
Ich hab Hunger, aber der Kühlschrank ist leer.
Ich hätte gern ein Paar schicke neue Sneakers, aber meine Grösse haben sie ja eh nie.

Ich will Sex, aber ohne trockene Guetzli und endlos nervige Shopping-Trips, ohne Katze im Sack.

Damn it. Rollig sein ist manchmal scheisse.

(Haha! "rollig"! Love it!!)







Mittwoch, 30. September 2015

32 KRACH! BUMM!! BÄMM!!!

Heute Morgen war ich im Krieg.

Links und rechts schlugen die Granaten ein. Ich konnte sie nicht sehen, aber deutlich hören und spüren, wie die Erde zitterte. 

BUMM!! BUMM!! BUMM!!

Regelmässig wie Hammerschläge.
Dann ächzten die hohen Gebäude über mir, sie neigten sich immer mehr zur Erde. Mit einem Krach brachen die Gemäuer ein, die Brocken stürzten geradewegs auf mich herab. Ich versuchte zu laufen, kam aber keinen Schritt vorwärts, war wie eingefroren. Schützend hielt ich die Hände über meinen Kopf und kniff die Augen zusammen.
Oh Gott, wenn ich jetzt sterben muss, dann bitte, lass es schnell und schmerzlos geschehen! 

PÄNG!!! WAMM!!! ZIUUUMMM!!!!
Ich hatte Glück: keines der Trümmer, das um mich herum in den Boden einschlug, traf mich. 

Dichter Staub wirbelte auf, ich hatte Mühe zu atmen, es würgte mich, die Sicht war getrübt.
Wo um Gottes Willen rannte ich hin? Rannte ich überhaupt?

IIIIIIIIIIIHHHHHHHHKKKKRRRRRRRRRRKKKKKKKK!!!!!!!!

Ein scharfes Geräusch von quietschendem Metall durchschnitt die Luft, es schmerzte in den Ohren. Ich sah durch die Wand aus Staub, wie irgendwo weit entfernt die Funken sprühten. 
Dann war da plötzlich irgendwas vor meinen Füssen, ein Stück Mauer oder so, ich stolperte, stürzte. Der Boden unter mir war in Bewegung, es rumorte wie bei einem Erdbeben. Irgendetwas bewegte sich auf mich zu, irgendetwas Grosses, Monströses. Es rollte unerbittlich heran und machte alles platt, was sich in seinem Weg befand. Ich hörte, wie es unter seiner gewaltigen Walze krachte und splitterte. Dazu pfiffen erneut Granaten durch die Luft und schlugen tiefe Krater in die Strasse, IIIIUUUUUUUUUHHHH BUUUMM!!!!!

Ich versuchte, auf allen vieren davon zu kriechen, mich irgendwo in Sicherheit zu bringen. Es kam immer näher, dieses Ding, der Krach wurde immer lauter, der Staub um mich herum irgendwie immer heisser, irgendwo brannte es. Ich krallte mich in die Trümmer am Boden, zog mich verzweifelt vorwärts, aber ich war nicht schnell genug... 

BÄÄÄÄÄÄMMMMMM!!!!!


Dann schreckte ich schweissgebadet im Bett auf und merkte: die Handwerker auf der Baustelle vor meinem Haus hatten wieder besonders früh mit der Arbeit begonnen. 

Mittwoch, 9. September 2015

31 An die Gutmenschen

Ha!
Es ist wieder mal so weit: eine neue Solidaritätswelle rollt über uns drüber.
Nach der Ice Bucket Challenge und Je suis Charlie sind jetzt die Flüchtlinge dran. Kaum geht man mal auf Facebook oder Twitter, schon starrt einem das tote Kind am türkischen Strand entgegen. Die Medien berichten pausenlos vom Chaos an der ungarisch-serbischen Grenze und auf den Inseln im Mittelmeer, aber die Friends wissen scheinbar nicht, dass man zu Hause auch Fernsehen, Internet und Radio hat, und deshalb posten sie sicherheitshalber mal eifrig die Links der Berichterstattung in den social media, es könnte sie ja sonst jemand verpassen. Man erhält reihenweise elektronische Einladungen und Aufrufe zu Demos und Spendenaktionen, dazu jede Menge Gefühlsausbrüche, manchmal auch rassistische, aber die werden nie unkommentiert stehengelassen und ihre Urheber unliked und unfriended.

Denn alle sind so schrecklich betroffen. Alle.

Schön. 
Es ist so einfach, sich als Gutmensch zu fühlen, nicht wahr? 
Ein kurzer Post auf Facebook. Ein Like unter eine Einladung zum Kleidersammeln - auch wenn man ja eh nicht hingeht. Unter ein Bild mit "Refugees welcome" - auch wenn man eigentlich froh wäre, gäbe es ein bisschen weniger Asylsuchende hier. Öffentlich seine Empörung äussern gegen die Chefs der EU - auch wenn man sonst nicht mal abstimmen geht und von Politik keine Ahnung hat. 
Aber alle anderen machen es ja schliesslich auch, und man muss doch zeigen, dass man sich total gut auskennt in dem, was da so geschieht auf der Welt, schliesslich sieht man das doch jetzt täglich im Fernsehen, diese Flüchtlingsströme, und was ihm Fernsehen stattfindet, ist richtig und wichtig und da muss man allen anderen doch klar machen, dass man voll mit dabei ist und das einfach nicht fair findet, was diese Flüchtlinge alles durchmachen müssen und dass einem das nicht egal ist, denn egal ist es doch nur der SVP und die SVP gut finden, das ist völlig uncool und gibt auch nicht so viele Likes auf Facebook.

Helft den Flüchtlingen, bitte. Ja, helft ihnen. Aber haltet die Klappe! Es geht hier nicht um euch, es geht um die, die unsere Hilfe dringend benötigen. Es interessiert keine Sau, was ihr hier für Gutmenschen seid, und in den Himmel kommt ihr auch nicht, nur weil andere fleissig eure Posts liken und retweeten und ein "Ich find's auch mega schrecklich! Mörgeli ist ein Arschloch!" darunter schreiben, beziehungsweise, ihr seid's ja schon, ihr lebt ja in der Schweiz. 
Helft ihnen. Und bitte auch, nachdem die Solidaritätswelle wieder verebbt ist. Denn ihr werdet es nicht glauben: Flüchtlinge gab es schon immer. Und sie gibt es auch, wenn die Medien nicht darüber 
berichten und eure Friends keine Links posten. 
Und jetzt kommt's noch ganz dick, sorry, dass ich euch eure eigenen heilen kleinen Welten vielleicht nun zerstöre, aber: eigentlich geht es überhaupt einem Grossteil der Menschen auf diesem Planeten so richtig scheisse. Sie haben nicht nur kein Facebook, sondern auch nichts zu Essen, keine Sicherheit, kein Dach über dem Kopf, keine medizinische Versorgung, keine Zukunft.

Und ja, tatsächlich, sie bräuchten IMMER unsere Hilfe.

Mittwoch, 26. August 2015

30 Nach rechts geswipet

Vor ein paar Tagen am Central: während ich so mein Velo abschliesse, sehe ich, wie neben mir ein Mann auf eine Frau zugeht, die dort vor dem Starbucks steht und wartet. Beide sind so Anfang 30. Er hat ein verhaltenes Lächeln im Gesicht, die Hände lässig in den Jackentaschen, und sie wirkt ein wenig überrascht: "Oh, hallo, Soundso, da bist du ja!"

Und spätestens da weiss ich: Oh-oohh, akward TINDER-DATE!!!

Schnell die üblichen drei Küsschen, er behält die Hände in den Taschen. Ich sehe dann ganz genau, wie ihr Blick ihn blitzschnell einmal von oben bis unten scannt - offenbar hat sie jemand anders erwartet. Und er blickt so ein bisschen peinlich berührt an ihr vorbei auf die Strasse, als wäre da grad was total Interessantes vorbeigefahren, ein goldenes Tram oder so.
Die beiden gehen davon, brav nebeneinander, mit einem kleinen Sicherheitsabstand dazwischen, und er immer noch mit den Händen in den Taschen. 

Ich verliere sie aus den Augen. Gott, ich wäre jetzt sooooo wahnsinnig gerne unsichtbar, um ihnen unbemerkt folgen und alles Weitere mitbekommen zu können! Ich kann mich aber nicht unsichtbar machen und ein kranker Stalker bin ich auch nicht, also muss ich mir den Rest des Dates in meiner Fantasie ausmalen:
Sie setzen sich also in ein Kaffee in der Nähe. Sie ist schon ein bisschen ernüchtert, denn irgendwie sah er auf den Tinder-Fotos besser aus als in Natura. Und auf denen hatte er auch noch Haare. 
Er hingegen findet sie heiss, blond war schon immer sein Fall. Aber dass die so klein ist? Um die 1.70m wär ihm lieber. Und dann nervt er sich auch noch, als sie sich ein Cüpli bestellt - so ein scheiss Tussi-Gesöff!, schiesst es ihm durch den Kopf. 
Er nimmt dafür einen frischen Pfefferminztee - und sie kriegt grad voll die Krise: Oh nein, so ein scheiss Gesundheitsapostel!
Das Gespräch dreht sich erst ums Wetter und den hinter sich gelassenen Arbeitstag. "Ah, interessant, ich wusste ja gar nicht, was Projektmanager so machen!"
"Ja, und wie ist das so als Sozialpädagogin, noch stressig?"
Seine Stimme hatte sie sich eigentlich ganz anders vorgestellt, irgendwie tiefer.
Ihm gefällt ihr Nagellack nicht. 

Das Gespräch geht in die nächste Phase: Familienverhältnisse.
Sie hat zwei ältere Brüder, das findet er noch cool. Vielleicht zwei neue Gspändli zum Zocken an der Konsole?
Er hat eine jüngere Schwester, beide sind bei der Mutter aufgewachsen. So viel Weiblichkeit hat ihm sicher gut getan, denkt sie sich, da kann er wenigstens mit Frauen umgehen. Nicht so wie die anderen Arschlöcher, mit denen sie sich in der Vergangenheit getroffen hat.

Sie bestellt eine Cola, er noch einen Pfefferminztee. Sie will ja nicht schon am ersten Tag unter dem Tisch liegen und leichte Beute für ihn sein, HA! Lieber aufpassen mit dem Alkohol. Er erklärt, dass er von Schämpis eben Sodbrennen bekomme. 
Sie überlegt sich, warum sie ihn im Tinder-Katalog damals eigentlich nach rechts geswipt hat. Ah ja, genau, weil er als einer der einzigen keine Fotos von sich beim Bergsteigen mit nacktem Oberkörper oder in engen Radlerhosen auf einem Mountainbike hatte.
Er überlegt sich dasselbe: nun ja, sie war eben blond und lachte so schön auf dem Bikini-Bild.

Sie fährt in den Ferien gern in den Süden, ans Meer. "Kälte, nein danke, da kannst du mich mit jagen!"
Er liebt das Skifahren. "Und die Polarlichter will ich auch mal noch sehen."

Langsam wird es spät. Man beschliesst, sich zu verabschieden und nach Hause zu gehen - also, jeder in sein eigenes. Bloss nicht schwach werden, denkt sie sich. Scheisse, denkt ER sich.
Klar, wolle man sich wiedersehen, unbedingt. "War cool, ja!"
Sie wartet drei Tage auf eine neue Nachricht von ihm. Dann schreibt sie selber. Sie treffen sich noch einmal, diesmal zum Essen.
Am dritten Date landen sie zusammen im Bett. Danach meldet auch sie sich nicht mehr.

Sie sind beide immer noch auf Tinder. Ihr Match besteht auch immer noch. Manchmal klickt einer den anderen an, um zu schauen, wann er zuletzt online war. Aber das ist auch schon alles.

Der Rest ist Swipen.





Freitag, 31. Juli 2015

29 Ich mache Schluss

Liebe Arschloch-Mücke

Wir müssen mal über unsere Beziehung sprechen. Sie ist nämlich leider einseitig: du liebst mich, aber ich liebe dich nicht. So geht das nicht weiter. 

Nacht für Nacht suchst du mich heimlich heim - wirklich, ich höre nicht mal mehr dein Surren, wie machst du das eigentlich?? Aber dass du in meinem Bett warst, das merke ich dann jeweils am Morgen, wenn das Erste, was ich nach dem Aufwachen mache, Kratzen ist! Jawoll, und zwar oft an Stellen, bei denen ich mich wirklich frage, wie du da rangekommen bist!! Ich meine, mal ehrlich, aber wie schaffst du es an meinen Arsch, wenn der doch mindestens unter zwei Lagen Stoff steckt?? Angesichts deiner Grösse (sorry!) glaube ich wirklich nicht, dass du Decken heben und Unterhosen ausziehen kannst!! Und auch wenn du das könntest: das macht man einfach nicht ohne Erlaubnis!! 
Ich fühle mich von dir vergewaltigt, ausgenützt und respektlos behandelt. Du kommst und gehst, wann es dir passt. Du bedienst dich an mir, wann du gerade Lust dazu hast. Du nimmst nur, aber gibst nichts. Du saugst mich aus bis auf die Knochen, wortwörtlich! 
Wegen dir musste ich übrigens schon mal mit einer auf Gummiboot-Grösse angeschwollenen Lippe arbeiten gehen, haha, danke vielmals!! Glaubst du, das mache Spass?? 
Ich habe dir schon so oft gesagt, dass ich das nicht will, aber das ist dir scheissegal, du egoistisches, respektloses Miststück! Wärst du nicht so verdammt schnell, ich hätte dir echt schon ein paar Mal deftig eins geklatscht, glaub mir das!!

Aber ich lasse es lieber erst gar nicht zu Gewalt kommen und mich so auf dein Niveau herab. Deshalb, liebe Arschloch-Mücke, habe ich nun beschlossen, diese seltsame Beziehung zwischen uns   auf diesem Weg offiziell zu beenden. Nimm diesen Brief als mein Kündigungsschreiben, ich gehe fristlos. Wir haben wirklich nichts gemeinsam, ich meine, Blut trinken und durch die Nacht fliegen, ist einfach nur CREEPY!!! Mach das bitte mit jemandem, der deine Fetische teilt und der sich gerne den ganzen Tag kratzt - ich bin das jedenfalls nicht.

Ich wünsche dir für den Rest deines Lebens (fünf Tage oder so?) noch alles Gute.

Liebe Grüsse,

B.

P.s.: Uufff, jetzt fühle ich mich wirklich grad erleichtert! Endlich wieder nackt pennen!!

Mittwoch, 15. Juli 2015

28 Nicht ohne mein Velo

So als gute Zürcherin habe ich selbstverständlich ein Velo.
Also, drei sogar.
Ok, nein, seit ein paar Wochen sind es nur noch zwei, denn eins wurde mir geklaut. Mein hässlichstes, ältestes, mein "Bahnhofsvelo", wie ich es liebevoll nannte, denn es diente tatsächlich nur dazu, mich jeden Tag an den Bahnhof und wieder zurück zu bringen. Es war schon in so desolatem Zustand, dass es mir nichts ausmachte, es vor den Gleisen irgendwo in eine winzige Lücke im gesamtzürcherischen Veloschwarm zu quetschen, bevor ich auf den Zug ging und es dann dort jeweils wieder mit aller Gewalt herauszubuxieren, wenn ich zurückkam, wobei es jedes Mal noch ein bisschen zerkratzter und kaputter war als vorher.

Aber die Velodiebe in Zürich schrecken auch vor einem uralten Haufen Schrott nicht zurück, so verzweifelt sind sie! Jedenfalls wollte ich eines Tages auf mein Bahnhofsvelo hinter dem Haus steigen - da war es nicht mehr da.
Es war nicht das erste Mal, dass mir ein Velo abhanden kam (Velodieb ist in der Stadt Zürich offenbar ein beliebter Beruf). Und es war auch nicht das erste Mal, dass es mir abhanden kam, nachdem ich es gerade vom Velomech für teures Geld noch einmal hatte fahrtauglich machen lassen. Diese scheiss Velodiebe haben zwar keine intakten Gehirnzellen, dafür den sechsten Sinn oder so!!
Jedenfalls hatte ich an meinem Bahnhofsvelo nur wenige Stunden zuvor noch das Bremskabel austauschen lassen. Mein Lieblingsmech im Kreis 4 riet mir dringend dazu - wenn ich die nächste Fahrt bergab noch überleben wollte. Für den gesamten Rest meiner Mühle hatte er aber nur Hohn und Spott übrig. Das Gestänge? Breche bald durch. Die Felgen? Die Zahl Acht sei ein Dreck dagegen. Das nervige Geräusch beim Pedalen? Das höre erst auf, wenn ich das Ding in den Müll schmeisse.
Aber wie das so ist: man macht das dann ja doch nicht. Man hängt ja daran. Man gibt sein Kind ja auch nicht weg, nur weil es potthässlich ist. Man hat ja ein Herz.

Aber ja, jetzt IST es weg.
Und der dreiste Dieb wird sich auf meinem Rosthaufen wahrscheinlich den Hals brechen. Ich stelle mir vor, wie er damit die Kornhausbrücke runterrast und das Vorderrad plötzlich schneller ist als er. Oder wie er plötzlich den Lenker in den Händen hält, aber ohne Velo dran.
Ich müsste lügen, würde ich sagen, diese Gedanken würden mein blutendes Herz kein bisschen erfreuen.
Ok, ich wünsche dem Velodieb jetzt nicht gerade den Tod, um Gottes Willen.
Aber auf die Fresse soll er fliegen!! So richtig böse!!! Und WEH soll es tun!!!! WEH!!!!!
HAVE FUN WITH MY BIKE, YOU BITCH!!!!!!!!!!!!!!!!

Jetzt hab ich also noch zwei Velos. Eines bringt mich wieder jeden Tag an den Bahnhof und zurück, schreckliche Geräusche inklusive.
Und das andere steht schon seit Jahren eingeschlossen in meinem Keller.
Es ist so unglaublich schön, jungfräulich, glänzend, sauber und intakt, dass ich es noch nie gefahren bin. Ich habe es mir damals gekauft, weil ich mich im Veloladen verliebt hatte in seine Schönheit, und jetzt ist es MEIN SCHATTTTZZZZZZZZZZ!!! Ich ergötze mich regelmässig an seinem Anblick, aber das Licht des Tages erblickt es nie. Denn kein Arschloch-Dieb dieser Welt soll sich an ihm vergehen können, kein anderes Velo es mit seinen dreckigen Pedalen zerkratzen und keine fremden, fettigen Hände seinen lupenreinen Sattel besudeln!

Zürich ist eine Velostadt. Aber nicht für alle Velos.





Freitag, 26. Juni 2015

27 Kacke

Es ist irgendwie schon fies, wenn dich der Hausarzt in die Sprechstunde der Gastroenterologie oder wie das heisst schickt. Weil da darfst du dann so peinlich genau Auskunft geben über deine Stuhlgewohnheiten - oh mann, so ein dämliches Wort, über deine KACKE halt. Sorry, aber ist doch wahr! 

Ja, da musste ich aber durch, und ich sass also da so in diesem Gastro-Dingsbums-Zimmer und wartete, bis dieser Gedärme-Spezialist kam und überlegte mir die ganze Zeit voll angestrengt, wie ich es denn schaffen könnte, dass dieses Interview über meine Kacke nicht ganz so peinlich ausfallen würde und was ich wohl am besten für Ausdrücke wählen sollte, damit das Ganze auch bitte nur voll sachlich rüberkäme und nicht so - äähm - intim halt. Und innerlich musste ich plötzlich mega lachen über diese ganze Situation, und ich stellte mir so vor: "Leck, so richtig, RICHTIG peinlich wäre es aber, wenn der Gastro-Dingsbums auch noch so ein richtig scharfer Typ wäre, so ein McDreamy (ich habe zwar keine einzige Folge von "Grey's Anatomy" gesehen), ein Adonis in Weiss, so ein Chippendale-Stripper im Arzt-Kostüm, das wär wirklich der Oberhammer, hahahahaaaaa!!"

Ja, und dann ging die Tür auf, und genau so einer kam rein und stellte sich mir mit seinem schönsten Lächeln vor und gab mir seine Adonis-Hand. Und er stellte mir so ziemlich genau all diese schlimmen Fragen über Kacke, die ich im Vorfeld schon richtig befürchtet hatte, so wann, wie, wieso, warum, wie oft, Form, Farbe, Geruch etc. Und als ich schon dachte, ich hätte es überstanden, kündigte er mir auch noch an, dass er da halt mal noch "reingucken " müsste (von oben oder unten hab ich verdrängt), und ich nickte die ganze Zeit nur und starrte in seine  unglaublich blauen Augen und versuchte, nicht rot zu werden. 

Und jetzt hoff ich einfach, dass Adonis-Gastro-Dingsbums bei meinen Untersuchungen dann krank oder verhindert ist, und seinen sehr unattraktiven Stellvertreter schickt. 

Kacke, im wahrsten Sinne des Wortes. 

Mittwoch, 3. Juni 2015

26 Ich bin dann mal weg

Wer in Züri lebt, nagt ja meistens nicht grad am Hungertuch. Vor allem, wenn er nicht noch eine Familie durchfüttern muss, so wie ich und die meisten in meinem Umfeld, zum Beispiel. Und wir wissen unser Geld auch sonst ganz gut auszugeben (also, ich meine das, was nach der horrenden Miete, dem Abo fürs Fitnessstudio und dem Eintritt in die Zukki noch übrigbleibt, haha!). Die meisten Kinderlosen, die ich kenne, sind nämlich exzessive Reisende. Das Wochenende in Barcelona, die Feiertage in Paris, das Konzert der Lieblingsband in Berlin, Shopping in New York und die langen Ferien dann noch in der Karibik. 

Jepp, genau so bin ich auch - nur schlimmer. 

Ich habe es tatsächlich geschafft, das letzte Jahr ganze 14mal in ein Flugzeug zu steigen, und das immer zu reinen Vergnügungszwecken. Das schlechte Gewissen meldete sich prompt: Was bin ich nur für eine verwöhnte Jetset-Bitch!! Mal schnell hübsch an den Stränden von Ländern faulenzen, deren Einwohner mit ihrem Lohn kaum den Bus von der Arbeit nach Hause berappen können oder eh schon ganz auf der Strasse leben oder Angst vor ihrer eigenen Regierung haben müssen - und dann wieder schnell zurück nach Züri, in meine heile Welt, bevor's brenzlig wird, weil man zu sehr über diese Umstände nachdenkt. Und ja, alles, was ich hinterlasse, ist ein riiieeeessseeenngrooossseeerr ökologischer Fussabdruck, hallelujah!
Ich nahm mir also echt vor, dieses Jahr etwas zurückzuschrauben - was dazu führte, dass ich meinen Flugrekord bis Sylvester sogar noch böse übertreffen werde (all die Reisen per Zug oder Auto nicht mit einberechnet, ups)!

Jupp, die Welt ist schlecht, ich sag's ja. Scheisse ungerecht ist sie, und dieser Fakt holt mich immer wieder ein, wenn ich unterwegs bin. 
Also, eben, eigentlich dauernd. 
Was dazu führt, dass mich so tolle Hotels, superteure Arrangements und perfekt organisierte Reisegruppen im klimatisierten Büssli richtiggehend abschrecken. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das zuletzt gemacht habe. Im Ausland lebe ich persönlich am liebsten bei und mit Einheimischen, falls möglich. Da hilft mir AirBnB oder mein Freundeskreis, der (auch bitzli typisch Züri) zum Glück ziemlich international ist. Oder ich komme bei Freunden direkt unter, denn die bleiben auch regelmässig mal irgendwo in der Ferne hängen. Tja, und dann ist mir auch ziemlich egal, wo sich diese Herberge befindet, ob Favela, schickes Haus mit Pool oder Zelt, da war schon alles dabei. 
Und nein, man stirbt im Fall nicht, wenn man mal keine Dusche hat und Sachen isst, die nicht 50mal geschält, abgekocht und desinfiziert wurden.

Also, meistens nicht, jedenfalls. 
Bisschen Ekzeme und Kotzereien gehören dazu, mein Gott, be a (wo)man!!
Ich bin auf Reisen also immer gerne da, wo es wehtut, wo das richtige Leben stattfindet - und das ist nunmal nicht im Luxusressort oder Familienhotel mit Zaun drum herum. 
Nun, Geschmäcker und Meinungen mögen ja verschieden sein, aber ich gebe zu, Ich hatte schon gewaltigen Streit mit Leuten, die mir so nonchalant darlegten: "Ich will das Schlechte gar nicht sehen auf der Welt, ich will nur das Schöne", und die Nachrichten schalten sie auch immer gleich ab, wenn es um Hunger oder Krieg geht. sorry, aber diese willkürliche Ignoranz von uns verwöhnten Westlern macht mich sowas von fuchsteufelswild! Dann kuck halt nicht hin, aber zelebrier deine Scheissegal-Haltung nicht auch noch so offensichtlich!

Dabei, klar, auch ich bin kein Gutmensch (wer ist das eigentlich und wann darf sich jemand so nennen? Böh). Auch ich komme nach Reisen immer wieder gerne nach Hause, in mein geliebtes Züri. Auch ich danke innerlich diesem riesigen Zufall, dass ich in die Schweiz, und nicht in einen Krieg oder Slum geboren wurde. Und ja, auch ich lebe in einer heilen Welt, das zeigt sich spätestens auf dem Rückflug, wenn ich sehe, dass mein Sitznachbar ein viiiieeeeelll grösseres und natürlich viiiieel schöneres Stück Kuchen auf seinem Tablett hat und ich für einen Moment ernsthaft überlege, ob ich es wohl unbemerkt austauschen könnte, wenn er grad mal nicht hinkuckt...

Probleme einer superverwöhnten Züritussi, ja. Schlimm.

Aber vielleicht zieht's mich ja grad deshalb immer wieder weg. Weil ich dieser heilen Welt entfliehen möchte. Weil ich auch ein bisschen Hunger leide. Hunger nach mehr. Mehr Leben, mehr Erfahrung - mehr anderem halt, auch wenn's weh tut.

Ich bin dann mal wieder weg. Tschüss!

Montag, 11. Mai 2015

25 Tschokolatschi

Was hatte ich in meinem letzten Post geschrieben? Ich verstecke meine Fettpölsterchen unter den Klamotten?

Naja, ok, schon manchmal. Aber ich gebe zu: das mache ich nur sehr ungern. Ich bin eine Frau, ich bin eitel, ich will nichts verstecken müssen. Ich will mich nackt vor dem Spiegel absolut super fühlen. Ich will in einem superknappen Bikini den Strand entlangrennen und nichts an meinem Arsch, meinen Beinen oder meinem Bauch bewegt sich, ja, natürlich will ich den perfekten Körper, hallo? So Gisele Bündchen-mässig, ganz klar!!

Ok, gut, das kann ich vergessen. Zu hohes Niveau. Ich geb mich also schon zufrieden mit einem normalgewichtigen Körper, an dem nicht zuviel hängt und schlabbert.
Denn um mich zu kasteien, bin ich einfach zu faul. Ich fresse zu gerne und hasse Sport.

Aber überall wird einem ja gepredigt, dass ohne Bewegung nichts läuft. Schon gar nicht in einer Stadt in Zürich, die ja irgendwie die schlankste der Welt ist oder so. Alle rennen hier rum in ihren Jogging-Outfits und Yoga-Matten, schwimmen quer durch den See oder erklimmen den Üetliberg zu Fuss. 
Nicht meins. 
Aber natürlich nagt auch an mir das schlechte Gewissen:
Was machst du denn, Bitterbös, wenn deine Gelenke total einrosten? Dein Herz verfettet? Wenn du voll die Rückenschmerzen kriegst? Oder nicht mehr die eine Treppe zu deiner Wohnung raufkommst, weil du keine Puste mehr hast? Und noch schlimmer: wenn du dann die einzige bist in Zürich, der es so geht???
 Also, und somit quäl ich mich dann eben doch ab und zu ins Fitness. Genauer gesagt ins Tanz-Studio, denn ohne Gruppenzwang geht's nicht. So ganz allein beim Bankdrücken würde ich mich schon nach drei Minuten wieder davonschleichen, aber inmitten einer Horde voll topmotivierter Zumba-Girls gibt's kein Entrinnen. Und auch den Augen des brasilianischen Instruktors (natürlich mit perfektem Sixpack und zwei stahlharten Pobacken, die ohne Anstrengung Nüsse knacken - was auch den Fakt erklärt, dass seine Kunden nur weiblich sind oder schwul) entgeht nichts: "Wo seien eure Hufte, schon in Pension??? Und wo ihr habt die Armen?? Zu Hause??? Keine Tschokolatschi mehr!!"
Ja, und dann sehe ich mich da in der verspiegelten Wand so rumhampeln, und es sieht leider überhaupt nicht so aus wie in dieser Zumba-Werbung im Fernsehen, wo der ganze Saal perfekt synchron mittanzt und alle die Schritte aus dem FF beherrschen und keiner einen Fehler macht. Ich bin zum Glück selten die Schlechteste, aber auch weit von der Besten entfernt. Meine Performance erinnert mich jeweils an eine Mischung aus Riverdance und Sackhüpfen. Und zum Glück übertönt die laute Latino-Techno-Musik mein verzweifeltes Geschnaufe.

Aber ja, es macht Spass. 

Also, manchmal. 

Ok, selten. 

Naja, es ist eigentlich ganz gut aushaltbar. 
Wenn man von dem ganzen Geschwitze absieht. Vom Brennen in den Oberschenkeln.  Und vom quälenden Gedanken, dass man jetzt doch eigentlich auch ganz gemütlich im Bett liegen könnte.

Einmal verirrte ich mich im Tanz-Studio in eine Stunde, unter dessen fancy-englischem Titel ich mir gar nichts vorstellen konnte. Aber ich merkte sehr bald: das musste übersetzt "Stirb langsam und qualvoll" heissen. Wir mussten da wie die Wilden auf so einen Stepper rauf- und wieder runtersteigen, rauf und runter, so ca. 53'981mal, die Knie gefälligst schön hochziehen, und natürlich im Takt der Musik, der nicht gerade langsam war. 
Und wer nun glaubt, das sei schon Folter genug - neeee-heeeeiiiiinnn, you wish! Zwischendurch mussten wir das Ganze noch mit Hanteln machen, rauf auf den Stepper, runter und dazu die Arme mit den Gewichten in alle Himmelsrichtungen strecken. 
Ich wollte wirklich sterben, und zwar freiwillig! Aber diesen Gefallen machte mir die Instruktorin nicht, denn ihre Palette an Folterinstrumenten war noch lange nicht aufgebraucht. Als nächstes mussten meine Leidensgenossinnen und ich uns auf so ein Gummiband stellen und die Enden bis unter die Brust hochziehen, und das auch mindestens 4302mal.
Als wir uns gegen Schluss dann endlich alle auf unsere Matten legten, schöpfte ich wieder Hoffnung, und meine Lebensfreude kehrte ein bisschen zurück. Aber ich freute mich zu früh, denn wir durften nicht ausruhen, sondern mussten Situps und Liegestütze machen.

Ich wusste gar nicht, dass ich so viele Muskeln habe, und dass die alle schmerzen können. Aber ich lernte das, am Tag darauf.

Aber ja, doch, es macht schon Spass. Moll. Sport ist schön.
Also, immer hinterher, wenn man rauskommt und sich zu Hause nackt vor dem Spiegel einbildet, man sehe nach einer Stunde Zumba schon die positiven Effekte. Und wenn man nicht mehr ganz so ein schlechtes Gewissen haben muss, wenn man sich mit zwei Tafeln Tschokolatschi aufs Sofa fläzt.



Mittwoch, 22. April 2015

24 Sommer und der Rest

Es ist ja schon geil: kaum geht nach einem gefühlt unendlichen grauen und arschkalten Winter die Sonne wieder auf, erreichen die Temperaturen knapp den zweistelligen Bereich über 0 und riecht es ein kleines bisschen nach Frühling - schon nehmen viele in dieser Stadt ihre Sommerkleider aus dem Schrank: Trägershirt, Flip-Flops, kurze Hosen und Röcke, dazu die obligate Sonnenbrille.
Und natürlich geniesst man nun auch wieder die Mittagspause draussen, kaut sein Sandwich an einem Tischchen auf dem Trottoir vor dem Café und geniesst auch sein Feierabendbier dort. Oder schleppt den Gasgrill auf den Balkon, um den ersten Cervelat des Jahres an der frischen Luft zu braten. Die ganz Mutigen gehen sogar schon zur Feuerstelle im Wald. Und die ganz ganz Mutigen springen  schon in die Limmat für einen erfrischenden (=tieffrierenden) Schwumm, und zwar nicht etwa im schützenden Neopren-Anzug, sondern in der Badehose.
In der NEUEN Badehose, wohl gemerkt, denn kaum zeigen sich ja die ersten Sonnenstrahlen, findet man in den Kleidergeschäften keine Jacken und Schals mehr, sondern nur noch Strandmode, T-Shirts, Hotpants und Sandalen.
"Entschuldigung, ihr händ doch da son es schöns, blaus Strickchleid gha..." - "Ou, Sie, das isch scho lang weg, das isch vo dä Winterkollektion gsi, jetzt hämmer d Summerchleider!"
Draussen ist es knapp 12 Grad, aber egal.
Und die neuen Klamotten müssen natürlich auch gleich vorgeführt werden, wahlweise zusammen mit dem fleissig trainierten Sommerbody, auf dem Laufsteg am See am besten, wo man sich auf dem mitgebrachten Tüechli auf der Chinawiese dem hellen Himmelskörper entgegenstreckt und den Schauer unterdrückt, der einem über die Haut läuft, wenn sich eine Wolke davorschiebt und es merklich kühler wird.

Ja, und wenn ich dann vorbeilaufe, so in meinem wattierten Kurzmantel, den Stiefeln und dem Schal, darunter die Fettpölsterchen versteckt, die ich mir über Weihnachten und Ostern angefressen habe (obwohl schokoladentechnisch bei mir eigentlich das ganze Jahr über Weihnachten und Ostern ist), bei jedem Windchen vor Kälte zitternd, ja, dann schallt es gleich von links und rechts in den grellsten Tönen: "Hey, neeeiiii, Bitterbööös, es isch im Fall huere warm!! Schwitzisch nöd?? Bisch chrank??!!"
Nein, bin ich nicht. Aber ihr seid es bald, all ihr hippen Frühlings-Sonnen-Anbeter in euren kleinen Fetzchen Stoff! Dann nämlich, wenn das Wetter von einem Tag auf den anderen wieder umschlägt, denn der April macht ja bekanntlich, was er will. Und plötzlich ist es wieder arschkalt und grau und es pisst, und dann höre ich sie alle klagen, ooohhh, Blasenentzündung, Grippe, Halsweh, Schnupfen!! Und der Frühling ist so schnell für sie vorbei, wie er begonnen hat, denn wahrscheinlich kommen sie gar nicht mehr aus dem Bett, bis das Wetter endlich konstant schön und warm bleibt, also bis im Juli oder so.

Für mich gibt es nur Heiss und Kalt, also Sommer und der ganze Rest. Die fette Jacke wird nicht in den Schrank gehängt, bis es draussen gegen die 30 Grad geht. Ich springe in kein Gewässer, wenn ich draussen vor Hitze nicht fast schmelze (und ehrlich gesagt ertrinke ich auch dann fast, weil ich mich vor lauter Schockstarre nicht mehr bewegen kann - übrigens auch im Hallenbad). Ich trinke meinen Kaffee an keinem Tischchen, auf den ein Baum oder ein Sonnenschirm Schatten werfen. Und das Träger-T-Shirt ziehe ich nur auf Reisen in den Tropen an oder in der Wüste.

Ja, man könnte tatsächlich behaupten, dass ich eine Memme bin. Ein "Gfröörli". Eine Tussi, eine Züri-Tussi.

Aber ich hab wenigstens nie Schmerzen beim Pissen.


Donnerstag, 2. April 2015

23 Lasst mich pennen

Zürich klönt. Alle sind müde. Jeder, den du triffst und mit "Hoi, wie gaaaaahhht's?" begrüsst, der hält dir einen Vortrag über seine Erschöpfungszustände. Das Wetter halt, jaja. Schlecht geschlafen. Zuviel Stress oder so. 
Und mir geht es genau gleich. Es gibt zur Zeit nur eine einzige Sache, in der ich wirklich gut bin, ja, sogar der Star, der Hero, da kann mir echt keiner was:

Und das ist Pennen.

Vor allem so seit Anfang Winter. Ich bin pausenlos am Arsch. Wirklich. Ich kann 14 Stunden pennen, 2 oder 7, das Gefühl ist immer dasselbe: leck, bin ich auf der Fresse!!! Ich sollte keine Marathons mehr laufen! Keine 4000er mehr besteigen! Keine wissenschaftlichen Arbeiten mehr schreiben bis tief in die Nacht!
Ah, Moment - das mach ich ja alles gar nicht...

Aber aus irgendeinem Grund bin ich einfach IMMER müde.
Sobald ich irgendwo irgendwie auch nur ein winziges Bisschen entspannen kann, fallen mir die Augen zu. Ich penne im Zug zur Arbeit, sobald mein Hintern den Sitz berührt. Der Zug ist übrigens immer fast einer später als der, den ich eigentlich hätte nehmen MÜSSEN, um pünktlich meine Schicht anzutreten. Aber ich komme morgens einfach nicht aus dem Bett, auch nach 15mal snoozen nicht.
Die Heimfahrt verpenn ich dann auch wieder. Ich schleppe ständig Zeitungen, Magazine und Bücher mit, um mich im Zug irgendwie zu beschäftigen, um eben mal NICHT einzuschlafen. Aber es wird immer mehr Lektüre und meine Tasche immer schwerer, ja, mittlerweile hab ich schon eine ganze fucking Bibliothek mit dabei, weil ich gar nicht erst zum Lesen komme! Erste Seite umgeblättert - Frau Bitterbös ist weg. Aus.

Ich penne im Job. Grossraumbüro, immer ein Gebrüll, Telefongeklingel, Druckergeknatter, Radiogeplapper - aber das stört mich nicht. In vermeintlich unbeobachteten Momenten kann ich meinen Kopf sinken lassen (die Hände lass ich dann immer extra noch so geschäftig auf der PC-Tastatur, damit auch ja niemand Verdacht schöpft) und kurz wegdriften. Peinlich wird's, wenn man dann so langsam vornüberkippt und sobald man's merkt, wieder aufschreckt. Aber ich bin mittlerweile schon so geschickt, dass ich auch das easy verstecken oder überspielen kann. 
An den Sitzungen sieht mein Gesicht so aus, als sei ich sehr aufmerksam anwesend und dabei, aber innerlich bin ich im Schlummerland. Ganz zu schweigen von den WC-Pausen. Nirgends lässt es sich so schön ungestört ein paar Minuten einnicken wie auf der Schüssel.
Und es ist übrigens auch nicht so, dass mich mein Job langweilen würde oder so, nein. Aber die Müdigkeit ist einfach stärker. 

Ich kann mittlerweile auch schon im Stehen pennen, ohne Scheiss. So im vollgestopften 31er-Bus. Ich halt mich an der Stange fest, schliesse kurz die Augen - und weg. 
Ah ja, und wenn ich nach Hause komme, egal, ob um 18 Uhr oder um 2 Uhr morgens, lege ich mich öfters einfach gleich in Strassenkleidern und geschminkt ins Bett, ich schaff's nicht mal mehr ins Bad. Am Morgen dann beim Blick in den Spiegel schaut mir jeweils ein Clown entgegen, so mit schwarz umrandeten Augen bis hinauf zu den Brauen und rotem Lippenstift, vom Kinn bis zu den Wangen. Hübsch. 
Und der Mundgeruch erinnert an eine Leichenhalle, in der das Kühlsystem ausgefallen ist, weil ich ja vor dem Schlafen nicht mal mehr die Zähne geputzt habe.

Ich penne in meiner Freizeit. Oh, toll, heute hab ich frei, was könnte ich denn so alles anstellen? Ah, ja, genau, im Bett bleiben, und zwar den ganzen Tag. 20 Stunden schlafen, und dazwischen höchstens  mal essen und aufs WC, das geht noch so knapp, aber sonst bloss nichts, wo man sich noch mehr bewegen muss, viiieeeelll zu anstrengend. 

Kurz: ich bin ein Zombie. Ich sehe so aus und fühle mich so. Mehr tot als lebendig. 

Erst dachte ich ja: es ist halt der Winter, kein Wunder, machen die Tiere Winterschlaf, die haben recht, die sind viel klüger als wir Menschen. Dann war der Winter vorbei und ich dachte: ganz klar, Frühjahrsmüdigkeit, easy. Das geht vorüber. 
Aber nee, geht es nicht. 
Also ging ich zum Arzt. Da muss doch irgendwas nicht mit mir stimmen! Der findet sicher was in meinem Blut, oder eben nicht, weil mir sicherlich gaaaanzz viel fehlt, so Eisen und Vitamine und Spurenelemente und Mineralstoffe und ich weiss nicht was. 
Dann kamen die Resultate:

Ich bin kerngesund.

Ich hätte nie gedacht, dass mir dieser Befund einmal sooo auf den Sack gehen würde. Gesund, seriously??!! Nicht mal zu wenig Eisen, nichts???!!! Dieser Arzt verarscht mich doch!!!! Und was mach ich jetzt???
"Sind Sie truurig, greizt, reged Sie sich schnell uuf?", fragt mich der Arzt. Nöö, nicht schneller als sonst. Motzen tu ich auch nicht mehr als immer. Bei mir wäre ja sowieso auch eher das Nicht-Motzen ein Anzeichen für suizidale Tendenzen, ich heisse Bitterbös, comprende?? Und ich bin nicht traurig, ich bin saumässig MÜDE, HERRGOTTNOCHMAL!!!!!!!!!!!

Was also könnte daran Schuld sein? Dasselbe wie bei all den anderen in dieser Stadt? Aber hey, ich bin mir sicher, ich bin noch viiieeeeeel müder als die! Ich kann viiieeeeeel länger pennen als die, da schlägt mich keiner, da bin ich voll der Hero!! Bei mir muss ganz sicher was ganz anderes dahinter stecken als bei allen anderen...

Ich muss darüber nachdenken.

Nach einem Mittagsschläfchen.


Sonntag, 15. März 2015

22 Sport ist Mord

Das Leben kann echt scheisse sein.
Vor allem dann, wenn man so des Nachts nach einem Spätdienst voll geschlaucht ist und nur noch nach Hause will, und einem dann im Zug, Tram und Bus eine Horde besoffener Fussball- oder Eishockey-Fans entgegenjohlt.

"FIII-NAAALLEEEEEEEEEEE!!!!!! OH-OOOOOOHHHHH!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!" - ja, schön, das muss man mir nicht mehr ins Ohr schreien, das weiss ich dank der 35 Push-Mitteilungen auf meinem Handy schon lange selber! Ausserdem: würde es mich so brennend interessieren, dann wäre ich selber im Stadion gewesen, comprende??
Ich bin ja der Meinung, dass jeder zahlende ÖV-Kunde ein Recht auf Ruhe hat. Gespräche in normaler Lautstärke sind voll ok. Aber wenn einem das Gegröle und Gelalle am Dösen hindert, dann ist das für mich eine klare Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention. 
Aber eigentlich ist die Lautstärke ja nicht mal das Schlimmste am Ganzen. Das Schlimmste ist der Geruch im Zug oder Bus. Diese alkoholgeschwängerte Luft überall, durchzogen mit Schwaden von altem Schweiss und fettigem Döner - WÄÄHH!!! GRAUENHAFT!!!!!!!!!!! 
Und so wie es riecht, sieht es dann auch aus: durch den Gang rollen halbleere Bierdosen, überall liegen dreckige Servietten und Fastfood-Verpackungen, auf den Sitzen klebt scharfe Sauce und wenn man ganz viel Pech hat, auch noch Kotze. Jedenfalls muss man höllisch aufpassen und den Platz zuerst akribisch überprüfen, bevor man sich hinsetzt. 
Wenn man sich denn überhaupt noch hinsetzen kann, denn meistens nimmt ja auch gleich das halbe Letzigrund den selben Zug oder Bus.
Und eine Beleidigung fürs Auge ist oft auch der Anblick der torkelnden Sportfanatiker selber. Vor allem, wenn sie im Volltenue ihrer Lieblingsmannschaft unterwegs sind, so von Kopf bis Fuss in blauweiss oder rotgelb oder was weiss ich gehüllt. Käppi, Schal (auch im Sommer!), T-Shirt, Armbänder, Hose und dazu noch eine Fahne. Jedem das Seine, aber hübsch geht anders. EIN Accessoire hätte auch gereicht, denke ich da immer, und erinnere mich an die Ratschläge in den Modeheften, die ich manchmal lese.

Und ja, ich weiss schon, jetzt heisst es sicher wieder, die scheisstussige Bitterbös ist halt so eine doofe Sporthasserin, die hat doch keine Ahnung von dieser Kultur! Stimmt aber nicht. 
Also, Ahnung habe ich zwar wirklich nicht. Aber ich finde Sport nicht blöd. Er interessiert mich einfach nicht. 
Ausserdem mag ich es im Fall auch nicht, wenn sich Leute von oben bis unten mit dem Schriftzug ihrer Lieblings-Band einkleiden oder so. Sieht genauso bescheuert aus.

Immerhin sind Musikfans aber noch angenehmer im ÖV als Sportfans. Ok, besoffen sind sie zwar meistens auch, wenn sie an ein Konzert gehen oder vor allem, wenn sie von einem kommen. Aber sie müssen wenigstens nicht dauernd den Namen ihres Objekts der Begierde in die Welt hinausschreien, so wie die Sportlis. 
 "ZÄTT-ÄSS-ZEEE-EEEEEEEEEEE!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! ÄF-ZE-ZÄÄÄ-ÄÄÄÄÄÄÄÄTT!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!" 
Das weiss ich doch sowieso schon, wenn ich euch anschaue, merci!! Und ihr müsst im ÖV vom Stadion nach Hause im Fall auch niemanden mehr anfeuern, gemerkt??
Ich meine, es steigt ja auch keiner nach einem Konzert in den Bus und brüllt: "RIIII-HÄÄ-NAAAA-AAAAAAA!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! RO-LLIIINNG-STOO-OOUUUUNNNSS!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!"

Fazit: Weder die Mannschaften, noch die Bands werden besser, wenn man besoffen im ÖV eine Sauerei veranstaltet und Parolen grölt. Und es gibt auch immer noch andere Menschen, die gerne nach Hause kommen wollen. Solche, ohne Fan-Tenues. Solche, die vielleicht müde sind und nicht das Glück hatten, den Abend im Stadion zu verbringen. Deren Geruchssinn nicht durch Alkohol betäubt ist.

Also, bitte: einfach ein bisschen mehr Contenance, ja?
Man nennt das Respekt. Das ist das, was die Sportler (und auch die Musiker) immer predigen.



Mittwoch, 4. März 2015

21 Die Lust am Ekel

Seien wir ehrlich: wir haben alle so unsere kleinen Vorlieben und Fetische, nicht wahr? So Dinge halt, die uns magisch anziehen, die ein gutes Gefühl in uns auslösen, denen wir nur schwer oder gar nicht widerstehen können. Ich bin da keine Ausnahme. 

Ich liebe Pickel.

Also, genauer Zysten. So Beulen auf der Haut halt, die man ausdrücken kann. AUSDRÜCKEN!!!! Oh mein Gott, was gibt es Schöneres, als wenn diese weissgelbe Masse wie ein Wurm aus der Pore schiesst, wie Mayonnaise aus der Tube quillt, wie zähe Lava aus dem Vulkan fliesst?? Und die Beule unter deinen Fingern fällt zusammen, und die Haut ist wieder flach - rot und mit Abdrücken deiner Fingernägel, aber flach! 
Ich weiss nicht, so einen Pickel auszudrücken, das ist irgendwie ein Gefühl der Erleichterung, eine Last fällt von einem ab, auch wenn es nicht die eigene schmerzende Zyste ist, die da geleert wurde. Es ist wie eine Art religiöse Reinigung, man hat etwas Böses entfernt, und jetzt ist man wieder pur und unberührt. Und glücklich.

Ja, klar, es mag eklig sein, so verstopfte Poren sind ja schliesslich nicht mit Rosen gefüllt, sondern mit Talg, Blut und Eiter. Pfui! Ich hab's ja sonst auch nicht so mit Körperflüssigkeiten. Jemand Fremdem den Hintern wischen zu müssen, eine Wunde versorgen oder im Mund an den Zähnen rumfummeln - no way, NEVER EVER!!! Aber mit so Pickeln ist das halt irgendwie was ganz Anderes, fragt mich nicht. Würde ich einem Fremden so einen fetten Buckel am Rücken aufstechen und dann ausquetschen, das gelbe Zeug spritzt in alle Richtungen und verteilt sich auf meinen Fingern, der Geruch von schwitziger Haut steigt mir in die Nase? JA, ohne mit der Wimper zu zucken!!!!
Natürlich drück ich auch gerne an mir selber rum - obwohl da kaum mehr was zu finden ist, denn dank einer Medikamentenkur bin ich meine Akne losgeworden (ja, es gibt Grenzen, wenn man dann aussieht wie eine Pizza ist Schluss mit lustig, Pickel-Liebe hin oder her). Aber trotzdem glaube ich regelmässig, Unebenheiten auf meiner Haut zu entdecken, die ich dann mit Nadel und Fingernägeln bearbeite und total enttäuscht bin, wenn sich dann doch herausstellt, dass es diesen Pickel nur in meiner kranken Fantasie gab. 

Ja, ein paar von euch mögen jetzt angewidert ihre Köpfe schütteln. Aber glaubt mir: ich bin nicht allein mit diesem zugegeben etwas aussergewöhnlichen Fetisch, das habe ich gemerkt. Im Internet gibt es ganze Websites, die sich nur dem Pickelausdrücken widmen! Sie stammen natürlich meistens aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten und sind ein wahres Paradies für Menschen wie mich!!!! Video um Video mit riesigen Beulen und Schlachtfeldern von Mitessern an allen nur denkbaren Körperteilen, die aufgeschnitten, aufgestochen, herausoperiert oder sonst irgendwie geschröpft werden, HERRLICH!!!! Manchmal muss man den Ton ausmachen, weil einem das schmerzverzerrte Stöhnen der Opfer und das ekelerregte Schreien der Operateure und Zuschauer auf den Geist geht, aber ansonsten ist es der pure Genuss! 
Meine Lieblingszysten sind die auf dem Rücken, da gibt es meiner Erfahrung nach die grössten und unangetastetsten Exemplare (sind mit den eigenen Händen auch schwer zu erreichen). Echt, da türmen sich manchmal richtige Tennisbälle unter der Haut, aus denen ergiessen sich literweise Mayonnaise über die bereitgelegten Taschentücher, und der "Besitzer" dann so: "Well, it has been there for 15 years or so, I don't know..." - wie bitte kann man so etwas Geiles so lange ignorieren??!! 
Zysten und Pickel an den Beinen mag ich wiederum nicht - ich weiss nicht, die Qualität des Poreninhalts ist da irgendwie einfach nicht so cool. Ihr seht, ich kenne mich aus.
Ich halte diese Vorliebe ja eigentlich geheim, weil's mir ein bisschen peinlich ist. Ausser gegenüber meinen festen Freunden, denn die mussten allesamt herhalten, damit ich mich mit meiner Sucht an ihnen austoben konnte (glücklicherweise waren die meisten von ihnen mit Pickeln auf dem Rücken gesegnet). Ich kann euch sagen: gefallen hat es keinem. Vielleicht war das jeweils auch der Trennungsgrund.
Ah ja, und einmal hatte ich einen Liebhaber, der hatte da seit Ewigkeiten eine Bilderbuchbeule an der Schulter, und ich machte ihn ein paar Mal darauf aufmerksam, so im Stil "Isch der das bewusst, ich glaub, du söttsch das wegmache lah, git suscht sicher e Bluetvergiftig, aber ich finde ja, extra wäg dem zum Dokter lohnt sich ja au nöd...", aber ich traute mich nie, meine wahren Absichten zu äussern, nämlich dass ich in das Ding ein Messer stecken und es dann genüsslich ausdrücken wollte. Das ist halt wohl der Unterschied zwischen einer Affäre und einer festen Beziehung. 
Und eben: grad hausieren muss ich mit meinen dreckigen kleinen Geheimnissen ja auch wieder nicht...

Aber dann, neulich an einem Raclette-Essen, kam das Pickelthema plötzlich irgendwie auf (wahrscheinlich ausgelöst durch den Anblick von geschmolzenem Käse) - und siehe da: meine anwesenden Freundinnen und Freunde entpuppten sich tatsächlich auch als Talg-Liebhaber!!! Und ich erfuhr, dass nicht nur ich zittrig werde, wenn im Tram eine Person vor mir sitzt, der eine überreife Zyste am Hals hat!!

Jetzt habe ich endlich Gleichgesinnte, mit denen ich die tollen Videos austauschen und über sie philosophieren kann. Und mit denen ich diskutieren kann, ob ich mich nicht doch noch zur Kosmetikerin oder Hautärztin umschulen lassen sollte - aber spezialisiert auf Zysten, bleibt mir bloss vom Leib mit Ausschlägen oder Falten, IGITT, EKELHAFT!!!! 

Dienstag, 10. Februar 2015

20 REG. DICH. NICHT. AAAAUUUUUFFFF!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Letztens sitz ich so im Bus 31, auf dem Weg nach Hause am Feierabend. Schräg hinter mir sitzt eine junge Frau, und sie spricht die ganze Fahrt über in ihr iphone, und zwar so laut, als müsste sie direkt von Zürich nach Kinshasa rufen, ohne Verstärker: "Heyyy, nääääiiii, reg di nöd uuf, gäääälll??!! Das isch nöd guet für d Gsundheit! Reg di nöd uuf, näi! Dänk eifach nid dra! Ganz jetzt is Bett und schlaf echli, gääll? Das lohnt sich nöd, sich ufrege."

Jep. 
Das ist ja so einer meiner Lieblings-Ratschläge überhaupt: "Reg di nöd uuf!" 
Klar, ganz toll! Wenn mich etwas negativ emotional berührt, wie bitte soll ich das denn verhindern?? Indem ich mir das ganz fest vornehme oder was??
Mir wird das Velo vor der Haustür geklaut. 
Ja, easy, nicht so schlimm, ist ja nur ein Velo. Ist ja nur MEIN Velo. DAS Velo, das ich gerade beim Mech hab aufrüsten lassen. Mit dem neuen, ergonomischen Gel-Sattel drauf. 

Ich werd für den Job abgelehnt, für den ich mich intern beworben hab. 
Pfffff, macht ja nichts, ich mag's dem Kollegen ja gönnen, der an meiner Statt das Rennen gemacht hat. Er kann zwar nichts und ist ein soziopathisches Arschloch, aber easy, ich freu mich für ihn. Ganz ehrlich. 

Mein Freund lässt mich für eine andere sitzen.
Aufregen? Ne-heeeiiinn, ganz sicher nicht!! Das ist schlecht fürs Herz und gibt Pickel! Also, lieber gehörnt und Single als Herzbeschwerden und Pickel, oder? Und ich meine, vielleicht ist seine Neue halt einfach viel hübscher und klüger als ich, wer kann es ihm da schon verdenken? Ist doch menschlich. Hauptsache, mein Ex ist glücklich. Das wünsch ich ihm. Echt jetzt. 

Meine Wohnung brennt ab. 
Naja, aufregen bringt all meine Dokumente, meine Kleider, Schuhe, Fotos, meinen sauteuren Designer-Kaffeetisch, mein ibook und mein ipad plus externe Festplatte ja auch nicht mehr zurück. Also einfach easy nehmen. Hauptsache ich lebe noch, auch wenn mein Leben jetzt scheisse ist. Kein Grund zu motzen, nein. Alles cool. Easy.

Comooooon!!!! Seriously??!! 
Wer bitte schafft es, sich in so einer Situation NICHT aufzuregen?? Ich meine, das ist genau so absurd, wie wenn man jemandem einen Witz erzählt und dann sagt: "Aber nöd lache, gäll? Lache bringt nüt, das git nur Falte um d Auge. Nöd lache, nääii nääääiiii! Das lohnt sich nöd."

Ich weiss ja, dass solche Ratschläge nur gut gemeint sind. Ein Ausdruck von Mitgefühl. Und ja, ich weiss auch, dass ich den Satz selber auch schon öfter gebraucht habe, wenn ich trösten wollte: "Reg di nöd uuf!" 

Wohlwissend, dass das gar nicht geht. 
Drum bitte künftig: SCHNAUZE!!!

Denn je mehr ich versuche, mich nicht aufzuregen, desto mehr GEHT IHR UND EURE RATSCHLÄGE MIR EINFACH SO RICHTIG MEGAMÄSSIG AUF DEN SACK, HUERESIECHGOPFERTELLIFUCKARSCHLOCHWICHSERSCHEISSENOMAL!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!






Donnerstag, 22. Januar 2015

19 Du bist, was du isst

Lebensmittel shoppen in Zürich.
Es ist immer dasselbe Bild.

SIE stehen verdächtig lange vor der Auslage mit dem Frischgemüse. Mit den saisonalen Früchten. SIE, Frauen und Männer in dem Altersrange, indem man sich noch gehörig Mühe gibt, um äusserlich was herzumachen. SIE in skinny Jeans und gertenschlank. ER mit Hipsterbart und Nerd-Brille. Aufmerksam begutachten sie den Bio-Stangensellerie von allen Seiten, der schönste wandert ins Körbli, neben die Granny Smith und den Bund Basilikum. Dazu noch ein paar frische Bio-Tomaten, die passen so gut zum exquisiten italienischen Büffelmozzarella und dem sauteuren Bio-Olivenöl aus der Feinkostabteilung. Weiter zum Kühlregal und dort gezielt nach dem Bio-Nature-Joghurt (der grosse Becher), der Bio-Vollmilch und dem MSC-Seelachsfilet gegriffen. Auch ein Würfel Seidentofu muss mit. Und als Belohnung dann noch die Schoggiguetzli mit der Knospe drauf, aber nur EIN Päckli. 

Zürcherinnen und Zürcher ernähren sich offensichtlich gerne gesund, exquisit und nachhaltig. Das sieht man ihnen auch an. Ein Freund von mir hat mal gesagt, es gäbe nirgends so viele (zu) schlanke Frauen wie in Zürich. Er steht auf molligere, er musste deshalb eine Auswärtige heiraten.

Gesundes, frisches, qualitativ hochwertiges Essen ist hip - klar, warum auch nicht? Wir können es uns hier schliesslich auch leisten und die Auswahl ist riesig. 

Ja, das ist toll. 
Denn SIE kochen offenbar auch gerne. Lieben es, stundenlang Gemüse zu schnippeln. Seidentofu in selbst gemachter Marinade einzulegen. Einen Apfel statt zwei Tafeln Schokolade als Dessert zu nehmen. SIE rühren die Salatsauce immer selber an, mit Bio-Mayo und Bio-Senf. 

Ich nicht. 

Ich kann nicht kochen und habe keine Geduld. Ich bin kein Feinschmecker, meine Geschmacksknospen spüren leider keinen Unterschied zwischen Bio und Gift. Ich liebe alles, was aus Dosen kommt. Was kein Verfallsdatum hat. Was sich easy mit Wasser in eine geniessbare Mahlzeit verwandelt. Und alles mit ganz viel Zucker und E-Nummern. 
Früchte? Wääähh!! Die verfaulen bei mir regelmässig auf dem Küchentisch. Und sie liegen auch nur da, weil mich beim Einkaufen wieder mal kurz das schlechte Gewissen packte.

Du bist, was du isst. 

Also, eigentlich bin ich tot. 
Ok, nicht ganz, aber sicher ein Alien. Vom Planeten Knorr.
Denn so fühl ich mich im Coop jeweils zwischen IHNEN, diesen gesundheitsbewussten, schönen, hippen Zürcher Superköchen - ich, mit meinem Körbli voll Tiefkühllasagne, Instant-Nudelsuppe, Stocki und vier Tafeln Schokolade (sorry, die mit Marzipan gibt's nicht in Bio).