Montag, 4. August 2014

8 Die harte Lektion der Arschlochbakterien

Ich war eine Zeit lang weg, habt ihr's bemerkt? Habt ihr euch schon gefreut? Nun, sorry, aber ich lebe noch - also, glaub ich jedenfalls.

Denn der Grund für meine Abwesenheit waren Bakterien. So richtig fiese. Arschlochbakterien halt. Ja, ich war krank, und zwar so richtig. Nicht hier ein bisschen Grippe oder Magen-Darm, ich war richtig, RICHTIG beschissen dran, so beschissen wie schon x Jahre nicht mehr in meinem Leben. Ich war so krank, dass ich mich nicht mal mehr darüber beschweren konnte. 
Und das will was heissen. 
Meine ganzen Alltagsproblemchen, meine Sörgelchen, meine Aufregerchen gerieten in den Hintergrund, weil es nur noch einen einzigen Fokus für mich gab: ich muss gesund werden. Sofort.

Aber jeder, der schon mal richtig doll krank war, oder einen Unfall hatte oder so, der weiss: sofort ist nicht. Gut Ding will Weile haben, und der Körper nimmt sich halt so seine Zeit, bis er sich wieder hergestellt hat. 

Also lag ich so total ungeduldig im Spital, mit meinem Fieber, meinen Schmerzen und meinem riesigen Anschiss. Und viel mehr als Liegen war auch nicht, grad das blühende Leben war ich ja nicht grad. Die meiste Zeit hoffte ich einfach, alle viere ausgestreckt auf dem Spitalbett: "Sterbt, ihr scheiss Bakterien, sterbt endlich!!" Und das brauchte schon meine ganze verbleibende Kraft. Aber von Erholen konnte keine Rede sein, wenn man irgendwelche Schläuche hat, die einem aus dem Handgelenk baumeln und an einer Flasche an einem Metallgestell enden. 
Das doofe Gestell. Es hat mir sämtliche Nächte ruiniert, sowie sämtliche Gänge aufs WC oder in die Spital-Cafeteria. Ich fühlte mich noch nie so verfolgt. Überall hin musste ich diesen dämlichen "Baum" mitschieben, und jedes Mal schaffte ich es mit meiner Schusseligkeit auch, mich in den Schläuchen zu verheddern. Noch nie in meinem Leben hatte ich mir sooo sehr die Einsamkeit  herbeigewünscht, mein ständiger Begleiter ging mir sowas von auf den Sack. 
Und wäre das nicht schon nervig genug, sorgten auch noch Ärzte und Pflegerinnen dafür, dass ich bestimmt keine Ruhe finden konnte. Die Tür in mein Vierer-Zimmer (scheiss Allgemein-Versicherung!!) ging ganz bestimmt zehnmal pro Stunde auf, und immer kam irgendwer rein, der mir Fieber messen, den Blutdruck nehmen (als ich die Zahlen auf dem Gerät sah, musste ich mich zuerst kneifen, um sicherzugehen, dass ich noch lebte) oder irgendwelche Spritzen und Pillen verabreichen wollte. Versteht mich nicht falsch, das Spital-Personal war fantastisch, sehr nett, kompetent und witzig. Und sie machten einfach ihren Job. Trotzdem konnte ich mich nie entspannen, auch, weil ich das Zimmer mit sehr heftigen Schnarcherinnen teilen musste. Und drum hielt sich meine Genesung auch in Grenzen. Zum Glück sahen das die Ärzte nach ein paar Tagen auch ein, und ich wurde aus dem Spital entlassen, damit ich in endlich Ruhe bei mir zu Hause vor mich hinsiechen konnte. 
Dort nahm ich dann auch brav meine Antibiotika weiter, damit die Arschlochbakterien auch ja alle schön VERRECKTEN! Ehrlich gesagt glaube ich, dass dabei auch Dinge im Körper gekillt werden, die eigentlich am Leben bleiben sollten, denn sobald die alten Leiden verschwanden, kamen neue hinzu. Juckreiz an den unmöglichsten Stellen, Schwindel, keine Energie für gar nichts, sämtliche Muskeln verspannt und das Schlimmste: Depressivität und wahnsinnige Genervtheit. 
Ich heulte also jeden Tag 239420mal, ohne Grund. Wenn im Fernsehen die Tagesschau lief, wenn ich denn Kühlschrank aufmachte, wenn ich ein whatsapp schrieb oder mir die Zähne putzte. Immer liefen mir die Tränen runter. Dazu kam mein superdünnes Nervenkostüm. Liess ich mal den Schlüsselbund fallen, fluchte ich schon wie eine alte Puffmutter. Ich konnte mich auch gar nie entscheiden, was ich essen wollte (als ich endlich wieder essen konnte und nicht mehr dauernd am Kotzen war), und das machte mich jedes Mal so wütend, dass irgendein Gegenstand an die Wand flog. UN. AUS. STEH. LICH. Ich geb's ja zu.

Anyway, das alles hat mir zu denken gegeben. Was gibt es Schlimmeres, als wenn der Körper nicht mehr so kann, wie man selber will? Wenn es mir so mies geht, dass ich mich echt nicht mal mehr bitterbös über die Nebensächlichkeiten eines Züri-Tussi-Lebens aufregen kann?
HORROR!!
Gesundheit ist alles, und weil ich ja sonst eigentlich immer gesund bin, muss man mir das wohl ab und zu wieder mal ins Gedächtnis rufen. Und zwar schmerzlich. Aber meine Bakterien waren Pipifax verglichen mit dem, was ich alles im Spital gesehen habe. Und auch, wenn ich echt sauer bin auf den, die oder das, der/die/das mir diese scheiss Krankheit eingebrockt hat und ich das nächste Mal viel lieber lebendig durch einen Fleischwolf gedreht werden will, als noch einmal diesen Mist durchstehen zu müssen - ich bin dankbar, durfte ich wieder gesund werden.

Ich hab die Lektion also wieder mal gelernt und zwar für laaaaaaaaaaaaange Zeit, hoffe ich - bitte!!  So kann ich mich wieder getrost meinen Luxusproblemchen widmen, dem Hedonismus, den social media, den nächsten Ferien, meinem kleinen, egoistischen Leben. Halt alldem, was gesunde Menschen so beschäftigt. 

Und ihr dürft mich von mir aus auch wieder anfeinden, liebe Mit-Zürcherinnen und Mit-Zürcher. 
Es ist mir wirklich ALLES lieber als diese verdammten Arschlochbakterien!

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